"Vielleicht ist es ja wichtig, dass es Prostituierte gi

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Gast

Re: Achtsame Arbeit geht nur mit Selbstachtung

Beitrag von Gast »

Nobbi56 hat geschrieben:Allerdings wäre es noch besser, man/n würde noch viel öfter die "Mauer des Schweigens" durchbrechen und sich selbstbewusst und aktiv für eine Liberalisierung der Prostitution, natürlich begleitet durch abgesicherte soziale und rechtliche Rahmenbedingungen für alle Huren und Callboys, die ihnen ein selbstbestimmtes ausüben ihres Berufs gewährleisten, eintreten - denn nur auf diese Weise könnte man die gesamtgesellschaftliche Stimmung beeinflussen. Nur, da müssen wir Männer und Freier uns leider an den eigenen Schw...- äh, die eigene NASE fassen: wer von uns ist schon mutig genug, sich im Familien-, Bekannten-, Freundes- oder Kollegenkreis offen und ehrlich zu seinem "Freiertum" zu bekennen? Die größte Stärke der Schwarzers und Konsorten ist nicht ihre große Klappe (ihre intellektuelle Potenz schon gar nicht :003 ), sondern dass SIE ständig (medien)präsent sind und geschickt ihre Agitpropkampagnen vermarkten, während die "schweigende Mehrheit" dem Business zwar Jahr für Jahr einen zweistelligen Milliardenumsatz beschert, ansonsten aber ... eben schweigt. Tja, und bekanntlich: "Weil die Klugen immer nachgeben, wird die Welt von den Dummen regiert!"
Hallo Norbert!

Dein Beitrag spricht mir aus der Seele! Hoffentlich gibt es bald wieder etwas von dir zu lesen!

Bussi aus Zürich

Naomi

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Marc of Frankfurt
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Coming out der Freier 1(2)

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wie aber kann es weitergehen, ein Anfang und Keim wachsen...






Was muss passieren, damit Freier selbstbewußt für ihre Rechte auf ihre Vergnügungen eintreten


:001 Es ist ein großer Schritt, sog. innere Coming-out, sich zu erlauben Prostituierte zu besuchen und so seine sexuelle Lust zu leben. Was braucht es für den zweiten Schritt, das sog. äußere Coming-out, um sich auch den Mitmenschen zu zeigen?

:001 Müßte es erst ein Zwangsouting geben, wie damals in der Schwulenszene (Rosa von Praunheim outet Alfred Biolek und andere), bevor mutige Freier zum Selbstouting den notwendigen Mut haben (Berliner Oberbürgermeister Wovereit, FDP Parteivorsitzender Westerwelle)?

:001 Muß es erst mal eine etablierte, funktionierende starke Männerbewegung mit vielen Männergruppen geben (nicht zu verwechseln mit den bestehenden Männerbünden:-), bevor einzelne aktiv werden und sich outen (vgl. damaliges Spiegeltitelblatt: Frauen outen sich "ich habe Abgetrieben")?

:001 Muß es erst eine Kriminalisierung und Verfolgung geben wie das schwedische Prostitutions-dienstleistungs-kaufverbot, die frühere Homosexuellenverfolgung (in Deutschland: StGB § 175) oder die Christenverfolgung im alten Rom, damit der notwendige Druck zum Selbsterhalt durch Revolte aufgebaut ist?

:001 Braucht es erst eine überwindung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern (Mit Anti-Diskriminierungs-Gesetze, Quotierung, Gleichstellungsbeauftragte und Gendermainstreaming das Patriachat überwinden), damit die Ausgleichsmechanismen auf dem sexuellen Sektor aufhören können?

:001 Muß erst die künstliche Befruchtung zu hauptsächlichen Nachwuchsmethode etabliert sein, um die sexuelle Selektion d.h. den Wettbewerb um die besten Gene unter den Testosteron-getriebenen Individuen zu erübrigen?

:001 Wieviel Wohlstand und Muße muß die Gesellschaft haben, damit Frauen und Männer sich dem Lernen widmen können, verständnisvoller miteinander zu reden und sich gegenseitig in ihrer Andersartigkeit umfassender akzeptieren zu können, damit mehr Toleranz und Freiheit für alle möglich wird?

:001 Mehr institutionelle Unterstützung bekommen von öffentlichen Organisationen für Fachtagungen und (Freier-)Forschung. www.freiersein.de

:001 Es mehr mutige männliche Vorbilder geben wie Nobbi, die Klartext reden, sich zeigen bei Veranstaltungen und in den Medien oder sogar wie in den Niederlanden in Freier-Gruppen aktiv werden (Man/Vrouw&Prostitutie 1986 - M.V.P. Amsterdam, Freier-Foren könnten ein Schritt dazu sein).

:001 ...






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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 09.01.2007, 20:42, insgesamt 4-mal geändert.

Nobbi56

warum ist Sexarbeit überhaupt diskreditiert?

Beitrag von Nobbi56 »

Marc of Frankfurt hat vor den Gefahren gewarnt, die von der gesellschaftlichen Diskreditierung der Sexarbeit ausgehen. Unabhängig davon, ob man diese Sorgen teilt oder nicht, bleibt ja die Frage im Raum, wehalb ein Berufsstand, nach dessen Dienstleistungen tagtäglich eine millionenfache Nachfrage besteht, der Jahr für Jahr einen zweistelligen Milliardenbetrag umsetzt, der Arbeitsplätze schafft, die Konjunktur ankurbelt und das Steuersäckel füllt und von dem - im Gegensatz zu so "ehrbaren" Professionen wie Waffenfabrikanten, (Gammel)fleischproduzenten, Pharmaabzockern, korrupten Politikern, unfähigen Managern und Tabakindustrie - keinerlei Gefahrenpotential für die Volkswirtschaft oder -gesundheit ausgeht, mit so viel Ressentiments zu kämpfen hat und nicht einmal annähernd den Respekt und die Anerkennung erfährt, die ihm angesichts der objektiven Faktenlage zukäme!

Nun, nach meiner Überzeugung ist - in Anlehnung an das bekannteste Werk des zu Recht zitierten Rosa von Praunheim - schlechterdings zu konstatieren: Nicht die Hure ist das Problem, sondern die Gesellschaft, in der sie lebt!

Denn indem Prostituierte ihren Lebensunterhalt überwiegend oder sogar ausschließlich damit verdienen, dass sie Sexualität praktizieren, befinden sie sich gewissermaßen permanent in einer "gesellschaftlichen Hochrisikozone" und sind latenter, bisweilen sogar virulenter sozialer Anfeindung und Diffamierung ausgesetzt. Um zu verstehen, warum das so ist, muss man sich vergewärtigen, dass Sexualität und alle damit zusammenhängenden Aspekte des menschlichen Verhaltens - ungeachtet der letztlich nicht zu einem wirklichen und bleibenden Bewusstseinswandel führenden "Aufklärungskampagnen" der 60er- und 70er-Jahre - nach wie vor ein gesellschaftliches Tabuthema ist, das in merkwürdig ambivalenter Weise stark verzerrt in der öffentlichen Wahrnehmung reflektiert wird:

Einerseits wurde Sexualität historisch unter dem (auch in weltlichen Staaten nicht zu unterschätzenden!) Einfluss des Judentums und der daraus abgeleiteten monotheistischen Religionen, also Christentum und Islam (in deren Philosophie das Körperliche, als das dem Verfall preisgegebene Vergängliche, gegenüber der als unsterblich postulierten Seele ohnehin a priori als inferior gilt) funktional auf den Fortpflanzungszweck reduziert und nur in diesem Kontext, als "Mittel zum Zweck", anerkannt: wer andauernd bumst, um andauernd Nachwuchs zu produzieren, gilt - zumal in Zeiten der Renaissance der "geheiligten Familie" - als Vorbild für einen guten Christenmenschen und zugleich einen guten Staatsbürger, erfüllt er doch sowohl die Forderung "Seid fruchtbar und vermehrt euch!" als auch die des Bundesfinanzministers nach mehr Steuereinnahmen und Entlastung der Rentenkassen. Wer dagegen andauernd bumst, um ("nur") andauernd Spaß zu haben, gilt bestenfalls - bei den wenigen wirklich aufgeklärt und fortschrittlich eingestellten Menschen - als mutiger Freigeist und bekennender Hedonist, schlimmstenfalls aber - was leider die Regel ist - als leichtlebig, treulos und unsolide, oder gar krankhaft veranlagt! Wieder einmal zeigt sich: wenn zwei Menschen das Gleiche tun, ist es noch längst nicht dasselbe! Dass Sexualität einen vorrangigen Selbstwert hat, dass sie zur Ausprägung einer reifen und ausgeglichenen Persönlichkeit ungeachtet aller sozial "aufgepfropfter" Implikationen durch Beziehungen oder gar Fortpflanzung von essentieller Wichtigkeit ist, ist eine Erkenntnis, die sich leider selbst im vermeintlich aufgeklärten Abendland allenfalls in den psychologischen und medizinischen Fakultäten, aber bei weitem noch nicht beim "einfachen Mann auf der Straße" durchgesetzt hat!

Andererseits beruht die Tabuisierung der ausschließlich lustbestimmten Sexualität und Abwertung als "unsittlich" auf einer irrationalen Überhöhung als physische Manifestation von Liebe und Zuneigung, wodurch Sexualität - der Begriff wird nicht von ungefähr häufig als Synonym für "körperliche Liebe" ge-, besser gesagt: missbraucht - mit einer glamourösen Aura von Altruismus, Romantik und mittelalterlicher Minne versehen wird! Auch mit dieser Verklärung einer ursprünglich sehr irdischen und archaischen Angelegenheit zu einer Art heiliger Gral der innigen zwischenmenschlichen Verbindung wird der Wesencharakter der Sexualität gründlich missverstanden, denn wiederum wird sie nicht als sich selbst genügende und autonome menschliche Verhaltensweise begriffen, sondern einem fremden, vorrangigen Zweck untergeordnet, wird sie durch diese Instrumentalisierung zum fremdbestimmten Werkzeug eines außer ihr angelegten "höheren" Gutes degradiert. In diesem Verständnis hat nur Recht auf Sex, wer den auch liebt, den er vögelt, Sex ohne Liebe gilt dagegen als suspekt, illegitim und wird abgelehnt. Wer andauernd mit seiner Ehefrau - oder mindestens festen Freundin - bumst, gilt als liebender Ehemann/Partner oder (je nach Gusto) potenter Hengst, wer andauernd mit einer Hure bumst, gilt als pervers, beziehungsunfähig, unsolide, oder gar krankhaft veranlagt! Wenn zwei das Gleiche tun...

Ein "Nebenprodukt" dieser Romantisierung ist zudem, dass jede Kommerzialisierung radikal abgelehnt wird, weil in der "staatstragenden" Ethik Sexualität lediglich als Annex von Liebe gesehen und dieses höchste der menschlichen Gefühle dem Zugriff des "schnöden Mammons" entzogen werden muss. Sex ohne Liebe ist demzufolge schon eine "Sünde", aber Sex für Geld ist eine schiere Todsünde...

Hier schließt sich der Kreis: Eine Hure praktiziert Sex weder aus Liebe noch zwecks Familienplanung, sondern vorrangig als Erwerbsgrundlage. Im Sinne des vorgenannten gesellschaftlichen Unverständnisses bezüglich der wahren Natur von menschlicher Sexualität, welches sich sowohl in der religiös-kulturell tradierten Leugnung ihrer physiologischen Autonomie als auch in der romantisch verbrämtem Leugnung ihrer emotionalen Unverbindlichkeit äußert und ihr jeden Dienstleistungsbezug strikt abspricht, begeht die Prostituierte permanent einen gleich dreifachen Tabubruch. Dieses in den Augen der herrschenden Meinung "unbotmäßige Verhalten", die vermeintliche Weigerung, sich den allgemeinverbindlichen moralischen Normen zu unterwerfen, führt in einer von Scheinheiligkeit durchsetzten Gesellschaft, die Toleranz ständig predigt, aber nur selten praktiziert, nahezu zwangsläufig zu Ausgrenzung, Missachtung und geringschätziger Behandlung seitens der "anständigen" Bürgerinnen und Bürger (was, nota bene, nicht wenige der genannten Bürger keineswegs davon abhält, sich regelmäßig der Dienste einer Hure zu erfreuen - frei nach dem Moto: doppelt ist mehr als einfach, also ist Doppelmoral mehr als Moral :005 ...)

Zu allem Überfluss hat der weitaus größte Teil der Sexarbeiter, nämlich die weiblichen unter ihnen, mit der Bürde des Patriarchats zu kämpfen, das der weiblichen Sexualität nicht den gleichen Stellenwert und die gleiche Bedeutung einräumt wie der männlichen: Ein Mann, der viele Frauen hat, gilt als attrativ, interessant und erfolgreich, eine Frau, die viele Männer hat, dagegen als mannstolle Nymphomanin - oder eben "Hure" (sic!): Wenn zwei ... na, Ihr wisst schon :002

Wer der These zustimmt, dass eine Gesellschaftsordnung um so humaner ist, je mehr Menschen sie ermöglicht, ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu führen, der muss kompromisslos einen Staat fordern, der Prostitution - gemeint ist hier selbstverständlich immer und ausschließlich die freiwillige, selbst gewählte Prostitution, während jede Form von Zwangsprostitution einschließlich ausbeuterischer Zuhälterei stringent unterbunden und ausgemerzt werden muss, da sie einen unerträglichen Verstoß gegen elementares Menschenrecht darstellt - nicht nur toleriert, sondern darüber hinaus, zumindest durch Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen und wirtschaftliche sowie rechtliche Absicherung - unterstützt und bejaht! Denn für viele Menschen kommt das Ausleben ihrer sexuellen Neigungen und Bedürfnisse eine vitale Bedeutung bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu. Vielfach sind sie - aus ganz unterschiedlichen Gründen - auf Prostituierte angewiesen, um in den Genuss dieser für ihre Selbstverwirklichung unverzichtbaren Handlungen zu gelangen. Prostituierte leisten dadurch einen veritablen und sehr wertvollen Beitrag für das Maß an Lebensqualität, das eine Gesellschaft ihren Individuen einräumt. (NB: Dass es in Schweden über den Anstieg von Gewalttaten gegen Frauen hinaus (bisher) zu keinen größeren sozialen Verwerfungen gekommen ist, beruht allein auf dem Umstand, dass dort die Prostitution keineswegs abgeschafft wurde, nicht einmal laut Expertenschätzungen zurückgegangen ist, sondern sie sich lediglich auf der Strafverfolgung nicht oder nur schwer zugängliche Bereiche wie das Ausland (einschl. osteuropäischer Schiffe außerhalb der schwedischen Hoheitsgewässer), Geheim- und verdeckte Wohnungsprostitution u. ä. verlagert hat: so, wie während der Prohibition in den USA schwarz gebrannt wurde, wird jetzt eben in Schweden "schwarz gehurt"...mit vergleichbaren negativen Folgen, natürlich :009 !)

Eine rein rationale Analyse führt somit unweigerlich zur Bejahung und Förderung von (freiwilliger und geregelter) Prostitution als ein wichtiger Garant gesellschaftlicher Stabilität - ganz im Sinne der richtigen Thesen von Annie Sprinkle! Nur leider zeigt ein Blick in die täglichen Nachrichten, dass unsere Welt alles andere als von rein rationaler Verhaltensweise bestimmt ist :eusa_doh ...


LG Norbert

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Lovara
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Beitrag von Lovara »

lieber Nobbi!
wann habt ihr eure nächste wahl?
i bürger ein und wähle dich!

wir haben sicher extrem viele gscheite beiträge in unserem forum, aber der schlägt alles.
du hast dich, meiner meinung nach, selbst übertroffen.

meine hochachtung.
lg LOVARA
es gibt nur wenige, die es ehrlich meinen

sixela
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Beitrag von sixela »

Lieber Nobbi!

Wärest du ein bekannter Psychologe oder noch besser Soziologe vom Schlage eines Robert Girtler (der in Österreich bekannteste, der aber so etwas genau genommen aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur so gar nicht schreiben würde, obwohl er sich häufig mit Prostituierten befasst hat), dann könntest du spielend Meriten in wisschenschaftlichen Journalen oder durch Veröffentlichung eines Essays in einem einschlägigen Buch verdienen. So erfreust du uns wenigstens in so einem Forum mit deinen Überlegungen, was ja um nichts schlechter ist. Diese brilliante Zusammenfassung der Problematik verdient jedenfalls größere Verbreitung. Auch ich werde versuchen, mehr Leute, die auch was in unsere Richtung ändern könnten, darauf aufmerksam zu machen.

Liebe Grüße nach Berlin :006
sixela
Die Welt ist umso freier, je weniger Religion und je mehr Sex praktiziert wird