Nur für das Geld?

Ein nahezu unerschöpfliches Thema: Psychologische Betrachtungsweise der Sexarbeit
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Arum
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Beitrag von Arum »

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friederike hat geschrieben:
ähnliche Erlebnisse hatte ich als Anfängerin erst einmal (15 Gäste) und fühlte mich ähnlich "euphorisiert".
Das stimmt schon überein mit dem Gedanke, der mir heute morgen kam: Vielleicht ist eher die romantische Liebe das Placebo für die freie Lustentfaltung, und dabei auf Dauer (in grosser Mehrheit) weniger wirksam....


LG,

Arum
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

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Arum hat geschrieben:Vielleicht ist eher die romantische Liebe das Placebo für die freie Lustentfaltung, und dabei auf Dauer (in grosser Mehrheit) weniger wirksam....
Das trifft auf den sexuellen Teil und auch auf den Teil des "sich hingezogen Fühlens" mit Sicherheit zu. Der Mensch ist grundsätzlich genauso wenig monogam wie zölibatär veranlagt.

Aber der Mensch ist eben auch ein soziales Wesen und läßt sich daher mit seinem Sicherheitsbedürfnis manipulieren, so dass er Verhaltensregeln, die eigentlich nur für andere gewünscht werden (um seine eigenen Ängste vor Verlassenwerden zu beruhigen), auch für sich selbst akzeptiert.

So gesehen (tonge in cheek) wäre die Berufskombination Prostituierte und Psychotherapeutin die ideale Kombination: Wer am einen Angebot keinen Bedarf hat wird das andere umso dringender benötigen.

Liebe Grüße, Aoife
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Deswegen haben wir im Sexworker-only-Bereich das Vertiefungsthema:

Sexwork als heilsame bis therapeutische Tätigkeit:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3819

(Anmelden für SW-only auf der Portalseite.)





p.s.:
Hier eine 11-Punkte-Liste der versteckten Gründe warum Prostitution = Sex & Geld abgelehnt wird und sich daher die "Ausrede" entwickeln konnte/mußte 'mache es nur wg. des Geldes':
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=88634#88634

pipapo
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unter strenger Befolgung des Prinzips Stundenmiete.

Beitrag von pipapo »

Aoife hat geschrieben:  Berufskombination Prostituierte und Psychotherapeutin die ideale Kombination: Wer am einen Angebot keinen Bedarf hat wird das andere umso dringender benötigen
Über diese Verwandtschaft der beiden Berufe wurde viel geschrieben:

Ein Psychoanalyiker hat ein "variable Sitzungsdauer" eingeführt,
um das unbewußte Aufrechnen der Klienten zu unterbinden,
dieser nannte das Interpunktion, quasi einen (Schluss)punkt setzen.

In dem er das tut

"will er penterieren, anstatt penetiert zu werden.
Er agiert als Agent des Phallus.. als Gipfel des Symbolischen",

d.h des Bedeutsamen, der sozialen Ordnung.

aus
Verhandlungen im Zwielicht:
Momente der Prostitution in Geschichte und Gegenwart
Von Sabine Grenz

Im Kapitel
"unter strenger Befolgung des Prinzips Stundenmiete.
Über die unheimliche Beziehung der Psychoanalye zur Prostitution"


(lesbar in books.google.com)

lg

PS: Das erste Unterkapitel heißt:
"die älteste Therapie der Welt" :005

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Aoife
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Re: unter strenger Befolgung des Prinzips Stundenmiete.

Beitrag von Aoife »

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pipapo hat geschrieben:Über diese Verwandtschaft der beiden Berufe wurde viel geschrieben: ...
Ja klar - verwandt und gleichzeitig komplementär: Wer seine Natur ausreichend vergewaltigt um monogam zu leben wird früher oder später den Therapeuten brauchen.

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Arum
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Re: unter strenger Befolgung des Prinzips Stundenmiete.

Beitrag von Arum »

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pipapo hat geschrieben:
Über die unheimliche Beziehung der Psychoanalye zur Prostitution"
Das Wort 'unheimlich' lässt vermuten, dass der Autor es lieber anders gehabt hätte, und wohl nicht zufällig: Leitbild der gängigen Psychotherapie ist eben die heile Familie. Und damit ist eben (und leider) etwas ganz anderes gemeint als hier:

http://www.alternet.org/story/13648/?page=entire

The Virtues of Promiscuity

The latest anthropological research shows that female infidelity is good for the family, the community, and even the gene pool.

July 22, 2002 |


"Slutty" behavior is good for the species. That is the conclusion of a new wave of research on the evolutionary drives behind sexuality and parenting.

Women everywhere have been selflessly engaging in trysts outside of matrimony. And they have been doing it for a good long time and for excellent reasons. Anthropologists say female promiscuity binds communities closer together and improves the gene pool.

..
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Aoife
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Re: unter strenger Befolgung des Prinzips Stundenmiete.

Beitrag von Aoife »

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Arum hat geschrieben:Leitbild der gängigen Psychotherapie ist eben die heile Familie.
Unter Anderem. Das ist auch der Grund dafür, dass ich hier im Forum schon mehrfach vor Kassenpsychotherapie gewarnt habe.

Psychotherapie ist entweder manipulativ oder ineffektiv.

Es gehört viel Vertrauen und Motivation dazu, um die Manipulation überhaupt zuzulassen. Motivation bezieht sich zum Großteil auf den Leidensdruck, auf die Erwartungen des Klienten, dass es ihm durch die Therapie besser gehen wird. Die Situation ist schon schwierig genug, wenn Klient und Auftraggeber die selbe Person sind.

Wenn aber der Auftrag-(=Geld-)Geber die Gemeinschaft in Form der Kassen ist, so besteht eine massive Gefahr, dass die Motivation des Klienten dazu mißbraucht wird, ihn statt zum Wohlfühlen zum Funktionieren zu manipulieren.

Selbst wenn es einzelne TherapeutInnen gibt, die die entsprechende menschliche Größe haben, zwischen Geld- und Auftraggeber unterscheiden zu können, das durch die gefährliche Struktur gesunderweise vorhandene Mißtrauen des Klienten wird auch hier den Weg in die Erfolglosigkeit sehr viel wahrscheinlicher machen als eine erfolgreiche (im Sinn des Klienten) Manipulation.

Und die Mehrzahl der Kassentherapeuten ist nicht einmal so weit, sondern dient ihrem Geldgeber. Mit dem "Erfolg" dass man Menschen trifft, die schon mehrere Therapien hinter sich haben, teilweise auch 'unerwünschtes' Verhalten haben ablegen können, sich dabei jedoch kein bißchen besser fühlen als vorher - somit nur manipuliert wurden im gesellschaftlich erwünschten Sinn zu funktionieren.

Deshalb habe ich auch im Zürich study thread solchen Wert daraug gelegt, sog. "Störungen" als "Besonderheiten" darzustellen. Das von der 'offiziellen = kassenbezahlten Psychotherapie' angestrebte Leitbild des roboterartigen Funktionierens in einer hochpathologisch moralisierenden Gesellschaft ist noch deutlich gestörter als die angeblichen Störungen der Diagnoseschlüssel. "Wohlbefinden" oder "besser gehen" werden nur manipulativ zur Motivation des Klienten vorgespiegelt - kein einziges Kassenformular fragt nach diesen echten Therapieerfolgen, nur die Arbeitsfähigkeit wird zur Erfolgskontrolle ständig erfragt.

Und wer eine solche Therapie nicht nötig hat, weil er aufgrund seiner erzieherischen Traumatisierung schon ausreichend funktioniert, ist keineswegs als "gesünder" anzusehen.

Wem das jetzt etwas OT erscheint: Der direkte Vergleich der Beziehungen von (typischen) Kassentherapeuten und Prostituierten zu ihren jeweiligen Klienten zeigt, wer von beiden nur für das Geld tätig ist.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von ehemaliger_User »

@Aoife

Kann Deinen Satz "Psychotherapie ist entweder manipulativ oder ineffektiv" nicht stehen lassen, habe andere Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel bei Suchterkrankungen. Da hat keine Manipulation stattgefunden, denn die Ziele waren den Patienten klar.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

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Beitrag von Aoife »

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ehemaliger_User hat geschrieben:@Aoife

Kann Deinen Satz "Psychotherapie ist entweder manipulativ oder ineffektiv" nicht stehen lassen, habe andere Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel bei Suchterkrankungen. Da hat keine Manipulation stattgefunden, denn die Ziele waren den Patienten klar.
Ist jetzt wirklich estwas OT, aber der Klarheit halber:

Sollte das tatsächlich ohne Manipulation auf anderen Ebenen zur Heilung ausgereicht haben, so war die "Therapie" zwar nicht manipulativ, jedoch ineffektiv.

Denn wenn der kognitive Aspekt "die Ziele waren den Patienten klar" bereits vorhanden war und dieses alleine ausgereicht hat, um ohne weitere Manipulationen eine entsprechende Verhaltensänderung zu verursachen, welcher Effekt bliebe dann noch der Therapie zuzuschreiben?

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wenn man vergleicht, welche Angebote und Serviceinfrastruktur es für Ärzte gibt und für Sexworker nicht gibt, sieht man was es für hervorragende Leistungen, Motivationen und GRÜNDE für die Arbeit als Arzt gibt.

Allein dadürch läßt sich schon die Formulierung und internalisiert abwertende Gedankenfigur "nur fürs Geld" erklären. Für Sexworker gibt es eben anscheinend nur die wenigen sog. Negativgründe: Zwang, Nymphomanie... und verbleibend: "nur fürs Geld". Für Ärzte gibt es dagegen zahlreiche Positivgründe: gute Ausbildung, Status, Anerkennung, eingebunden sein, Krankheiten besiegen, Menschen helfen. Oder ist es etwa ein anerkannter öffentlich kommunizierter guter Grund Menschen bei unbefriedigend gelebtem Sexualtrieb oder Berührungs- und Zärtlichkeitsdefiziten zu helfen?

Wie man unser Berufsbild und unsere Arbeitsprobleme auch betrachtet, man kommt immer wieder im Kreis an den Ausgangspunkt die Stigmatisierung zurück (Sexualkontrolle >> Putophobie).

Weil Sex und Berührung als privat und unentgeltlich definiert sind, ist der Sexworker ein Tabubrecher, der nicht dazugehört. Mit allen den bekannten und im Forum umfassend dokumentierten negativen Folgen...

pipapo
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Beitrag von pipapo »

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Aoife hat geschrieben:          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:@Aoife

Kann Deinen Satz "Psychotherapie ist entweder manipulativ oder ineffektiv" nicht stehen lassen, habe andere Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel bei Suchterkrankungen. Da hat keine Manipulation stattgefunden, denn die Ziele waren den Patienten klar.
Denn wenn der kognitive Aspekt "die Ziele waren den Patienten klar" bereits vorhanden war und dieses alleine ausgereicht hat, um ohne weitere Manipulationen eine entsprechende Verhaltensänderung zu verursachen, welcher Effekt bliebe dann noch der Therapie zuzuschreiben?

Liebe Grüße, Aoife
Ich sehe die Manipulation - aber im Sinne und Interesse des Klienten, schließlich gibt es Therapeuten
mit Kenntnis des Unbewußten und die erkennen sog. Rationalisierungen und die soll der Klient dann auch erkennen
und in seinem "Begehren" weiterkommen.
Quasi - man läßt sich gerne und mit Gewinn manipulieren.

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Arum
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Beitrag von Arum »

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pipapo hat geschrieben:           und die soll
Ja, genau, 'die soll': da fängt die Manipulation schon an... Und wehe, er macht nicht mit..
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Joachim Ringelnatz

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RE: Nur für das Geld?

Beitrag von Aoife »

@pipapo:

Ich kann mich nicht erinnern, einen Vorstellungsthread von dir gesehen zu haben. Wenn es einen gibt, dann verzeih mir, jedoch macht es praktisch jetzt keinen Unterschied daran, dass ich nicht weiß, wie deine Hintergründe sind.

Jedenfalls denke ich du hast völlig Recht, dass man sich gerne zum eigenen Vorteil manipulieren läßt - sofern der Vorteil auch als solcher, und vor allem als "eigener" empfunden und erhofft wird. Ich hoffe, dass wir ehemaliger_User zumindest dahingehend überzeugen konnten, dass Manipulation bei jeder erfolgreichen Therapie stattfinden muß, und keineswegs an sich etwas Schlechtes darstellt.

Das Problem liegt vielmehr darin: Objektiv ist bei vielen Kassentherapien der Klient zwar durch die erwarteten Vorteile motiviert, das outcome zeigt aber, dass nicht zum Vorteil des Patienten sondern zum Vorteil der Umgebung, die sich an seinem Verhalten gestört hat, therapiert wurde. Wie gesagt, ich kenne deine Hintergründe nicht. Wenn du vom Fach sein solltest (deine Erklärungen zum kognitiven Therapieprozess könnten darauf hinweisen), so kennst du mit Sicherheit genügend AnorektikerInnen, die nach mehreren Therapien zwar essen, sich jedoch damit keineswegs wohl fühlen. Und BorderlinerInnen, die zwar nicht mehr (oder deutlich weniger) ritzen, denen es aber psychisch unverändert Sch... geht. Das sind IMHO keine Therapien, die die Motivation, aus der heraus der Klient sich hat manipulieren zu lassen, auch nur annähernd erfüllt haben.

Und subjektiv ist die Bereitschaft sich manipulieren zu lassen ohnehin immer ambivalent, und im typischen kassentherapeutischen setting, in dem auf Rechnung der Allgemeinheit gearbeitet wird, kann das Mißtrauen gegenüber der Manipulation im Fremdauftrag ganz leicht so überhand nehmen, dass Unbewußtes die Mitarbeit verweigert.

Bei der Körpermedizin gibt es diese Gegensätzlichkeit nicht, im Fall eines Meniskusrisses, eines Magengeschwürs oder einer Gallensteinerkrankung beispielsweise gehen ja Arbeitsfähigkeit und Lebensfreude im Fall einer Heilung gemeinsam nach oben. Bei vielen psychischen Problemen ist das nicht so, oft wird durch eine psychische Gesundung das stumpfe Funktionieren im industriellen Produktionsprozess sogar verschlechtert. Suchterkrankungen stellen jedoch wohl eine Zwischenform dar, auch bei ihnen gehen gesellschaftliche und individuelle Interessen oft parallel, so dass dass sie sich zur Erläuterung der typischen Probleme einer Psychotherapie auf Kassenkosten IMHO nicht besonders eignen.

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malin
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Beitrag von malin »

ach, ich finde gerade die therapien bei suchterkrankungen zeigen die schwächen der therapie-industrie sehr gut auf.
auch hier ist es ja so: ziel ist immer die abstinenz und im besten falle eine eingliederung in die anerkannte arbeitswelt.
das persönliche glück und die lebensfreude des patienten spielen keine rolle.

die langzeit erfolgsquote in der therapie mit suchtkranken ist minimal, und sollte es in wenigen fällen tatsächlich gelingen eine abstinenz des suchtmittels auf dauer zu erreichen, ist diese in allen fällen die ich persönlich erleben durfte um den preis einer mehr oder minder stark ausgeprägten depression und/oder suchtverlagerung erkauft.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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RE: Nur für das Geld?

Beitrag von Aoife »

Stimmt sicherlich, Malin.

Es ging mir nur um die Motivation zur Therapie. Wer beispielsweise weiß, dass er bei weiterem Alkoholkonsum seine Leber so schädigt, dass er nicht mehr lange leben wird, und dabei aber selbst weiterleben will, hat aus dieser Wurzel eine Motivation, die mit den gesellschaftlichen Wünschen übereinstimmt.

Würde man ihm die Therapie mit dem Argument psychischen Wohlbefindens verkaufen, so hätten wir Gemeinsamkeiten mit anderen Psychotherapien im gesellschaftlichen Auftrag.

Deshalb meine ich, dass Suchtbehandlung eine Zwischenstellung einnimmt - das heißt nicht dass sie im Allgemeinen gut laufen würde, sondern nur, dass die Widersprüche bei anderen "Krankheits"bildern noch deutlicher hervortreten.

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Beitrag von ehemaliger_User »

@Malin

In den von Dir geschilderten Fällen war die Therapie wohl nicht sehr erfolgreich. Die Therapien, die ich kenne, hatten das klare Ziel: Lebensfreude ohne Suchtmittel. Und ich kenne einige, bei denen es so ist.

Wenn Manipulation gleichgesetzt wird mit "es geschieht etwas Unbekanntes mit mir" kann ich Aoifes Argumente nachvollziehen.
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Beitrag von Aoife »

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ehemaliger_User hat geschrieben:Wenn Manipulation gleichgesetzt wird mit "es geschieht etwas Unbekanntes mit mir" kann ich Aoifes Argumente nachvollziehen.
Ja, ich fasse den Begriff sogar noch weiter, im Sinn von Watzlawick's "man kann nicht 'nicht manipulieren'" - selbst wenn ich weiß, was mit mir geschieht, schließt das eine Manipulation keineswegs aus.

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ehemaliger_User hat geschrieben:Die Therapien, die ich kenne, hatten das klare Ziel: Lebensfreude ohne Suchtmittel. Und ich kenne einige, bei denen es so ist.
Wunderbar, so soll es sein :003

Und ich schließe ja keineswegs aus, dass Kassentherapien für den Klienten hilfreich sein können - und in Fällen mit gleicher Zielrichtung der individuellen und der gesellschaftlichen Motivation wohl besonders häufig.

Dort jedoch, wo Widersprüche zwischen dem Wunsch des Klienten nach Wohlbefinden und dem Wunsch der Gesellschaft, er möge unauffällig funktionieren bestehen, dort wird leider allzu oft entsprechend den Vorgaben des Geldgebers "therapiert". Und in diesen Fällen sehe ich die Tätigkeit des Therapeuten sehr viel mehr als "nur für das Geld" als die Tätigkeit einer Prostituierten, die in ihrem Eingehen auf ihren Gast nur ihre persönlichen Grenzen achtet, ohne motiviert zu sein "für das Geld" einen unterschwelligen Fremdauftrag durchzusetzen.

Unter diesem Aspekt hab ich das Thema in diesem thread hier angesprochen. Die Ehrlichkeit, dem Klienten nach Möglichkeit das geben zu wollen, wofür er gekommen ist, ist im Prostitutionsbereich (und auch in der selbstbezahlten Psychotherapie) bedeutend häufiger zu finden als im Kassentherapiebereich.

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