"Sich preisgeben" (Verkäuflichkeit) und "öffentlich ausstellen" (zu jedermans Verfügbarkeit) sind negativ besetzt im Kontext von Prostitution was insbesondere erkennbar wird beim Schimpfwortgebrauch "Prostitution". Dabei ist auch in diesen Details schon ersichtlich wie leicht sich die Bedeutung umdrehen kann (ein Glas ist halbleer bzw. halbvoll), wenn man bedenkt, dass für ein Tauschgeschäft und eine Dienstleistung beides eigentlich Selbstverständlichkeiten sind.
1. Um für eine Dienstleistung Kunden zu finden, muß man sie bewerben und ankündigen d.h. ausstellen können. Wer über besondere Leistungen verfügt, die er anderen zugänglich machen will, muß diese von sich bekanntgeben, sich outen. Sexworker müssen also im Wortsinne aus der Reihe hervor treten
pro stituere oder gar hervorstechen, um auf sich und ihr Serviceangebot hinweisen zu können.
2. Um ein solches Angebot dann zur Grundlage für eine Verhandlung und einen Sexdienstleistungsvertrag machen zu können, muß man
einer Leistung einen Preis geben. Das ist die neutrale bis positive Bedeutung von
"preisgeben". Einer Leistung einen Geldwert zuzuordnen. Nicht mehr und nicht weniger.
Dass 'dem Sexuellen einen Preis zu geben' und 'das Sexuelle jedem anzubieten, der den Preis zu entrichten, bereit ist' zum stigmatisierten Tabubruch wird, ist dann wiederum erst der Fall, wenn man akzeptiert dass Teile der Gesellschaft Prostituton ausgrenzen, tabuisieren, stigmatisieren bis kriminalisieren bzw. als Chiffre für alles sozialschädliche zum Sündenbock machen...
Letzlich dreht sich diese ganze Wertungsmoral um die Begrifflichkeit und Abgrenzung von Handlungen im Kreis, und ist in kleinen Nuancen auf viele Begriffe verteilt abgespeichert in den Köpfen der (indoktrinierten und konditionierten) Menschen.
Wir dürfen nicht müde dabei werden öffentlich darauf hinzuweisen, dass die notwendige Grenzziehung nicht bei Preis, Geld, Verfügbarkeit und Sex liegt, sondern bei Ausbeutung, Grenzüberschreitung, Mißbrauch, Gewalt, Abspracheverletzung, Betrug und Menschenrechtsverletzung. Dadurch, dass wir Prostituierte offen über Sex, Sexpraktiken und Preise reden können, sind wir sehr sensibilisiert und kompetent Rechtsverletzungen im zwischenmenschlichen Bereich zu erkennen bzw. zu verhüten und somit deutlich zu unterscheiden von bevormundenwollenden bis entmündigenden Moralvorstellungen.
2007
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=16129#16129