Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen

Wie soll die Berufsbezeichnung lauten?

SexarbeiterIn
62
51%
SexdienstleisterIn
33
27%
Hure
14
11%
Prostituierte
13
11%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 122

Benutzeravatar
Ariane
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1330
Registriert: 14.03.2008, 12:01
Wohnort: Berlin
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Ariane »

Hatte nur das kleine Latinum. Meiner Kenntnis nach führt das Wort auf "prostituere" zurück, sich öffentlich ausstellen, zur Schau stellen, preisgeben.
Und "statuere" aufstellen.

Aufgestellt und ausgestellt, womit wir bei der Künstlerin in uns allen sind. :003
love people, use things - not the other way round

Benutzeravatar
bettyboop
wissend
wissend
Beiträge: 287
Registriert: 08.12.2011, 09:52
Wohnort: Freiburg i. Br.
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von bettyboop »


"Aufgestellt und ausgestellt, womit wir bei der Künstlerin in uns allen sind."


mag ich ;-) bin sogar echte Künstlerin!
Prostitution policy is plagued by bad numbers. Bad numbers and wild estimates. If there are millions of trafficking victims who counted them and where are they?

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Begriffsinterpretation und -hermeneutik

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Sich preisgeben" (Verkäuflichkeit) und "öffentlich ausstellen" (zu jedermans Verfügbarkeit) sind negativ besetzt im Kontext von Prostitution was insbesondere erkennbar wird beim Schimpfwortgebrauch "Prostitution". Dabei ist auch in diesen Details schon ersichtlich wie leicht sich die Bedeutung umdrehen kann (ein Glas ist halbleer bzw. halbvoll), wenn man bedenkt, dass für ein Tauschgeschäft und eine Dienstleistung beides eigentlich Selbstverständlichkeiten sind.


1. Um für eine Dienstleistung Kunden zu finden, muß man sie bewerben und ankündigen d.h. ausstellen können. Wer über besondere Leistungen verfügt, die er anderen zugänglich machen will, muß diese von sich bekanntgeben, sich outen. Sexworker müssen also im Wortsinne aus der Reihe hervor treten pro stituere oder gar hervorstechen, um auf sich und ihr Serviceangebot hinweisen zu können.

2. Um ein solches Angebot dann zur Grundlage für eine Verhandlung und einen Sexdienstleistungsvertrag machen zu können, muß man einer Leistung einen Preis geben. Das ist die neutrale bis positive Bedeutung von "preisgeben". Einer Leistung einen Geldwert zuzuordnen. Nicht mehr und nicht weniger.




Dass 'dem Sexuellen einen Preis zu geben' und 'das Sexuelle jedem anzubieten, der den Preis zu entrichten, bereit ist' zum stigmatisierten Tabubruch wird, ist dann wiederum erst der Fall, wenn man akzeptiert dass Teile der Gesellschaft Prostituton ausgrenzen, tabuisieren, stigmatisieren bis kriminalisieren bzw. als Chiffre für alles sozialschädliche zum Sündenbock machen...

Letzlich dreht sich diese ganze Wertungsmoral um die Begrifflichkeit und Abgrenzung von Handlungen im Kreis, und ist in kleinen Nuancen auf viele Begriffe verteilt abgespeichert in den Köpfen der (indoktrinierten und konditionierten) Menschen.

Wir dürfen nicht müde dabei werden öffentlich darauf hinzuweisen, dass die notwendige Grenzziehung nicht bei Preis, Geld, Verfügbarkeit und Sex liegt, sondern bei Ausbeutung, Grenzüberschreitung, Mißbrauch, Gewalt, Abspracheverletzung, Betrug und Menschenrechtsverletzung. Dadurch, dass wir Prostituierte offen über Sex, Sexpraktiken und Preise reden können, sind wir sehr sensibilisiert und kompetent Rechtsverletzungen im zwischenmenschlichen Bereich zu erkennen bzw. zu verhüten und somit deutlich zu unterscheiden von bevormundenwollenden bis entmündigenden Moralvorstellungen.


2007 www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=16129#16129

Benutzeravatar
friederike
Goldstück
Goldstück
Beiträge: 2190
Registriert: 07.12.2010, 23:29
Wohnort: Saarlouis
Ich bin: SexarbeiterIn

Re: Begriffsinterpretation und -hermeneutik

Beitrag von friederike »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Dadurch, dass wir Prostituierte offen über Sex, Sexpraktiken und Preise reden können, sind wir sehr sensibilisiert und kompetent Rechtsverletzungen im zwischenmenschlichen Bereich zu erkennen bzw. zu verhüten und somit deutlich zu unterscheiden von bevormundenwollenden bis entmündigenden Moralvorstellungen.
@Marc,
vielen Dank.

Darum geht es - die Unmoral blosszustellen, die sich als Sittsamkeit und Moral gibt. Die Unterdrückung der freien Sexualität anderer Menschen ist nichts anderes als eine totalitäre Diktatur.

LG,
Friederike

Benutzeravatar
nicole6
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 2333
Registriert: 11.09.2009, 13:01
Wohnort: München
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

Beitrag von nicole6 »

´...die Unmoral blosszustellen, die sich als Sittsamkeit und Moral gibt....´
dazu gibt es von Charles Fourier ein gutes Buch, das er 1820 schrieb,
das aber erst 1967 veröffentlicht wurde:
aus der neuen Liebeswelt.
Da vertritt er genau die Aussage von Frederike:
`... Die Unterdrückung der freien Sexualität anderer Menschen ist nichts anderes als eine totalitäre Diktatur...´

Nicole

Benutzeravatar
friederike
Goldstück
Goldstück
Beiträge: 2190
Registriert: 07.12.2010, 23:29
Wohnort: Saarlouis
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von friederike »

:-)
danke!

Friederike

Benutzeravatar
Ariane
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1330
Registriert: 14.03.2008, 12:01
Wohnort: Berlin
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

Beitrag von Ariane »

Ja, die Friederike ist schon eine Gute.
love people, use things - not the other way round

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Google Trend als Vergleich

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Frag Google

www.google.de/trends/explore#q=sex%20wo ... ord&cmpt=q



( Keywords für Suchmaschinenoptimierung (SEO) testen )

Benutzeravatar
MaryAthens
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 22
Registriert: 18.11.2016, 17:41
Ich bin: Keine Angabe

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von MaryAthens »

Hi. Ich finde das garnicht so einfach mich da zu entscheiden. Ich habe über 30 Jahre als 'Prostitutierte' gearbeitet. So habe ich immer für mich selber formuliert. Hure, na ja. Das wort ansich finde ich ja noch nichtmal schlecht. - Damit hätte ich leben können, wenn es nicht gleichzeitung ein Schimpfwort wäre.

Sexarbeiterin ist ziemlich neu für mich. Und ich finde es nicht klangvoll, nicht attraktiv, - klar benutze ich es heute auch hin und wieder. Aber es ist auch ein allgemeiner Begriff, der Telefonsex, Striptease etc einschließt. Es definiiert für mich nicht, dass ich Sex für Geld mit einem andere Menschen habe. Das Wort rutscht mir auch nicht so leicht von den Lippen... Vielleicht bin ich zu alt oder zu einfgefahren mit den alten Begriffen.

Trotzdem, die Unterhaltung, die hier entstanden ist, ist sehr interessant und regt auch mich an drüber nachzudenken.

Danke! Mary

Moonlight
GoldStern
GoldStern
Beiträge: 533
Registriert: 29.05.2008, 03:33
Wohnort: Deutschland
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Moonlight »

          Bild
MaryAthens hat geschrieben:Vielleicht bin ich zu alt oder zu einfgefahren mit den alten Begriffen.
geht mir auch so Mary, früher war es gang und gebe das man gesagt hat, man ist eine Hure... oder Prostituierte...
Ist ja auch nichts schlimmes bei...
LG Moonlight

Wenn nicht jetzt - wann dann?

Benutzeravatar
friederike
Goldstück
Goldstück
Beiträge: 2190
Registriert: 07.12.2010, 23:29
Wohnort: Saarlouis
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von friederike »

Finde ich auch ...

Benutzeravatar
MaryAthens
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 22
Registriert: 18.11.2016, 17:41
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von MaryAthens »

Danke, das beruhigt mich!

Benutzeravatar
Ursa Minor
wissend
wissend
Beiträge: 299
Registriert: 08.01.2016, 22:18
Wohnort: Schweiz
Ich bin: Außenstehende(r)

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Ursa Minor »

Ich finde die Bezeichnungen "Hure" oder "Prostituierte" auch nicht schlimm.
Wird leider in der Umgangssprache eher negativ besetzt.
Einzig relevant ist, wie die individuelle Person die diesen Beruf ausübt bezeichnet werden möchte.

Benutzeravatar
MaryAthens
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 22
Registriert: 18.11.2016, 17:41
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von MaryAthens »

In meinem Fall hätte ich gesagt:

"Ich bin eine Prostituierte, die als Callgirl arbeitet." Punkt. - Damit wäre ich ganz zufrieden (gewesen).

Heute würde ich sagen: "Ich war eine Prostituierte, die zum Schluss als Callgirl gearbeitet hat."

Benutzeravatar
hapebe
wissend
wissend
Beiträge: 261
Registriert: 15.09.2010, 18:29
Wohnort: Wien
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

Beitrag von hapebe »

Ich möchte euch zustimmen bei euren letzen Posts.
Das Problem ist nicht das Wort oder die Bezeichung, sondern die Art, wie es verwendet wird.
Heute werden viele Worte als Waffe verstanden und genutzt. Alles wird negativ gesehen oder dargestellt.
Alles wird auf die Goldwaage gelegt. Kleine Fehler der Wortwahl sofort zensiert oder verurteilt.
Schade, wo soll das noch hinführen.
„Ein Atom ist leichter zu zertrümmern als ein Vorurteil“ (Albert Einstein)

Benutzeravatar
Andreas R.
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 27
Registriert: 10.02.2017, 17:00
Wohnort: Berlin
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Andreas R. »

Als ich Anfang des letzten Jahres anfing, mich gezielt mit dem Thema Sexarbeit zu beschäftigen und sehr schnell begonnen habe, in diesem Bereich politisch und solidarisch aktiv zu werden, war genau das eine der ersten Fragen, die ich bei einem Infogespräch in der Hydra Beratungsstelle der Mitarbeiterin gestellt habe.
Wie wollen Prostituierte genannt werden und wie auf keinem Fall?

Es war schnell klar, Schlampe und Nutte sind reine Schimpfworte. Okay, das wußte ich schon vorher.
Viele selbstbewußte Prostituierte, die auch als Aktivistinnen in der "Hurenbewegung" tätig sind, also etwa als Mitglieder von Vereinen wie Hydra, Madonna, Dona Carmen&Co, bezeichnen sich selbst oft als stolze Huren.
Wenn allerdings ein Außenstehender Hure sagt, kann es auch als Schmpfwort gemeint werden.
Sexarbeiterin ist ein sehr politischer Begriff. Stellt er doch dar, dass Sexarbeit Arbeit ist. Woraus natürlich ein politischer Anspruch entsteht. Für Aktivistinnen ist das völlig okay und gut, nur muss man berücksichtigen, dass viele Prostituierte eben nicht politisch aktiv sind und einfach nur ihren Job machen wollen. Die verstehen sich dann wohl oft weniger als Sexarbeiterinnen, vielmehr eben als Prostituierte.

Im übrigen, noch eins. Zwangsprostitution ist gar keine Prostitution. Echte Prostitution muss immer freiwillig erfolgen, ist somit eine Arbeit/Dienstleistung. Ein legales Geschäft. Zwangsprostitution ist all das nicht, es ist einfach für mich ein Sammelbegriff für Kriminalität und Verbrechen. Da aber dieser Begriff suggeriert, dass Zwangsprostitution eine besondere Form von Prostitution ist, lehne ich den Begriff ab.

Benutzeravatar
MaryAthens
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 22
Registriert: 18.11.2016, 17:41
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von MaryAthens »

'Zwangsprostitution ist Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung'.

Mir stößt es auch immer auf, wenn das Wort Prostitution mit etwas Negativem behaftet wird.
So erst kürzlich in einem Zeitungsbericht:"Sozialarbeiterin erzählt Schülern über das dreckige Geschäft der Prostitution."
Da ist mir innerlich der Kragen geplatzt!
Aber das ist die Presse. Leider!!!

Aber auch wenn das Wort oft mit schlimmen Dingen in Zusammenhang gebracht wird, bleibe ich für mich bei dem Wort Prostituierte.
Zum Glück wird es eher selten als direktes Schimpfwort benutzt. Wahrscheinlich aber nur, weil es zu lang ist...

Benutzeravatar
Andreas R.
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 27
Registriert: 10.02.2017, 17:00
Wohnort: Berlin
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Andreas R. »

Deswegen der Begriff Hure. Die anderen will ich gar nicht nennen.
Ich weiß, dass sich manche Prostituierte selbst als stolze Huren bezeichnen. Find ich toll. Wirkt sicher auf manche, die völlig falsche Vorstellung von Prostitution haben, provokativ. 'Wie kann sich eine ausgebeutete Prostituierte nur stolze Hure nennen?!'
Ich finde es toll, wenn sie das machen. Es gibt absolut keinen Grund, sich dieses Berufes zu schämen. Sie machen eine tolle Arbeit, bieten eine wichtige Dienstleistung an, die wirklich gebraucht wird.
Aber ich selber für mich bevorzuge auch eher den Begriff Prostituierte oder Sexarbeiterin. Da ich ein Außenstehender bin, weiß man ja nicht unbedingt in jedem Fall, dass ich den Begriff Hure keineswegs als Schimpfwort benutze.
Und dass selbst der Begriff Prostituierte negativ besetzt wird, das liegt wohl insgesamt an den Klischees und Vorurteilen, die es gegenüber diesen Beruf leider gibt.

Lara Freudmann
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 88
Registriert: 16.07.2014, 23:14
Wohnort: Bremen
Ich bin: SexarbeiterIn

RE: Wie soll die Berufsbezeichnung lauten

Beitrag von Lara Freudmann »

Toate temele de la @Delhidating sunt publicitate
Trebuie de a fie sters

Benutzeravatar
Lucille
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 715
Registriert: 23.07.2011, 14:28
Wohnort: Frankfurt
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von Lucille »

SPAM !?!

Bitte alle Posts und Verlinkungen von Delhidating kontrollieren und löschen wie Lara bereits schrieb, Danke.