Strauss-Kahn Sexualverbrecher?

Hier findet Ihr aktuelle Pressemeldungen, die nicht unbedingt etwas mit dem Thema Sexwork zu tun haben.
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friederike
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Beitrag von friederike »

@ariane,
Deinem Statement kann man sich nur anschliessen, schön gesagt!

LG,
Friederike

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Josef_K.
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Beitrag von Josef_K. »

Die heutige Sendung von Anne Will hat mich animiert, mal wieder vorbeizuschauen. Ich dachte mir schon, dass sich hier eine diesbezügliche Diskussion etabliert hat.

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich durch den Thread gelesen hatte - insbesondere einige längere Texte sind auf dem "Mini", vor dem ich gerade sitze, nur schwer zu lesen.

Sehr angenehm finde ich, dass nicht gleich unisono in das Horn geblasen wird, das etwa von Alice Schwarzer bei Will angestimmt wurde. War sie mir im Alter doch (fast) schon sympthisch, hat sie in der Sendung doch wieder alte Parolen reaktiviert.

Insbesondere ihre These, dass all diejenigen, die derzeit noch die unzweifelhft fortgeltende Unschuldsvermutung thematisieren, damit gleichzeitig unterstellen, dass das Zimmermädchen gelogen habe, ist mehr als abenteuerlich. Hatte ich ihr bisher zumindest einen messerscharfen Verstand zugebilligt, hat ihr heutiger Auftritt nur Kopfschütteln in mir ausgelöst.

Ich befürchte, dass ihr Verstand durch ihr großes Engagement im Fall Kachelmann gelitten haben könnte. Möglicherweise hat die intensive Beschäftigung mit diesem Fall bei ihr emotionale Prozesse ausgelöst, die den Verstand ein wenig vernebeln. Lässt man emotionale Nähe zu einer Prozesspartei zu, verschiebt sich temporär sicher schon die Wahnehmungin diese Richtung.

Persönlich weiß ich überhaupt noch nicht, was ich von den Anschuldigungen halten soll. Dass die gerade in einem Land wie den USA erhoben werden, erschwert die Einschätzung für mich deutlich ... stehe ich dem dortigen Rechtssystem doch eher skeptisch gegenüber.

So, nun hat mich die Mini-Tastatur genug gequält - mögliche Tippfehler bitte ich mir (der wegen eines Sehnenrisses momentan als "Einhandsurfer" im Netz unterwegs ist) nachzusehen.

Gut's Nächtle
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Aoife
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Beitrag von Aoife »

Schön wieder einmal von dir zu lesen, Josef!

Mir persönlich geht es gar nicht darum, ob die Anschuldigungen im konkreten Fall wahr sind. Sondern darum, was mit einer Gesellschaft, in der sie sehr gut wahr sein könnten, nicht stimmt.

Liebe Grüße & und gute Besserung, Aoife
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fraences
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Beitrag von fraences »

Alice Schwarzer und der Springteufel in der Hose

Im ARD-Talk sollte eigentlich über das Verhältnis von Männern, Macht und Sex geredet werden. Doch die Runde machte dem Ex-IWF-Chef den Prozess.


Silvio Berlusconi, Bill Clinton, Arnold Schwarzenegger. Und natürlich Dominique Strauss-Kahn, der ehemalige IWF-Chef, dem in New York die versuchte Vergewaltigung eines Zimmermädchens vorgeworfen wird.

Alice Schwarzer zu Gast bei Anne Will: Ihre Meinung zu Strauss-Kahn ist eindeutig

Sie alle waren oder sind noch mächtige Männer, die ein großes Problem eint: Eine Vorliebe für sexuelle Eskapaden, wegen der sie Ehe, Karriere, Ansehen und Respekt verspielt oder wenigstens schwer beschädigt haben. Der Springteufel im Hosenstall ist ihr übermächtiger Gegner.

Haben männliche Führungskräfte in Politik und Wirtschaft sich nicht mehr im Griff? Behandeln sie Frauen wie eine Ressource, immer verfügbar, man muss nur zugreifen? Und was heißt das eigentlich für ihre Vorbildfunktion?

Klar, dass Anne Will mit ihren Gästen darauf Antworten liefern wollte. Stattdessen wurde aber beim ARD-Talk die Moralkeule geschwungen. Hätte Strauss-Kahn mit im Studio gesessen – er wäre durch Worte grün und blau geschlagen worden.

"Für seine sexuellen Aggressionen bekannt"

Etwa von Alice Schwarzer. Die Frauenrechtlerin und „Emma“-Chefredakteurin kennt sich bestens aus mit prominenten Männern, die sich wegen Sexualdelikten vor Gericht verantworten müssen.

Für die „Bild“-Zeitung beobachtet Schwarzer den Vergewaltigungs-Prozess gegen den Wetter-Moderator Jörg Kachelmann. Ihre Meinung zu „DSK“, wie Strauss-Kahn von Freunden und Feinden genannt wird: „Er ist seit Jahren für seine sexuellen Aggressionen bekannt. Gewalt macht ihn an!“


Das sagten die Gäste:
Peter Raue, Juraprofessor: „Gewisse Taten von Mächtigen werden heute schneller kommuniziert, aber Gewalt gegen Frauen gibt es überall."
.
Damit war der Skandal-Banker, dessen Prozess am 6. Juni beginnt, zumindest im Studiorund schon so gut wie schuldig gesprochen.

Es sei ein Skandal, ereiferte sich Schwarzer, dass Strauss-Kahns Frauengeschichten von Medien und Politik in Frankreich so lange totgeschwiegen worden seien. Schwarzer bezog sich auf zahlreiche Aussagen von Französinnen, die im Laufe der vergangenen Woche von früheren sexuellen Übergriffen des IWF-Chefs berichteten.

"Brünftiger Schimpanse“

Eine französische Journalistin sagte etwa, der heute 62-Jährige habe sich schon 2002 bei einem Interviewversuch auf sie geworfen wie ein „brünftiger Schimpanse“.

Politiker und ihre Sexskandale

Italiens Premier Silvio Berlusconi kokettiert gerne mit seinen Liebschaften. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten..
.„Mir kommt die Unschuldsvermutung hier ein wenig zu kurz“, hielt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft der sichtlich aufgebrachten Schwarzer entgegen. Ihr erster Gedanke sei ein Komplott gegen den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten gewesen – und das könne sie sich jetzt auch noch vorstellen.

Und selbst wenn „DSK“ schuldig wäre, hieße das noch lange nicht, dass alle Männer in Machtpositionen ein Problem mit Frauen hätten. Kraft weiter: „Mächtige Männer sind attraktiv für Frauen, das gehört zur Wahrheit auch dazu!“

Die SPD-Politikerin sieht das Problem eher in einer übersexualisierten Gesellschaft. „Das Wertesystem hat sich verändert, was man im Nachmittagsfernsehen heute sieht, gab es früher erst ab zehn.“ Eine Grenze dürfe aber auf keinen Fall aufgeweicht werden - die Grenze der Gewalt gegenüber Frauen.

Auch der Ex-Tagesthemen-Moderator und Frankreichkenner Ulrich Wickert sagte, dass Gewalt und Sex in unserer Gesellschaft zu große Bedeutung hätten. Er sagte aber auch: In Frankreich laufen die Dinge etwas anders.

Egal ob Jaques Chirac, Francois Mitterand oder eben Nicolas Sarkozy: Die Staatschefs unserer Nachbarn seien immer für eine Affäre gut – und das Volk habe bisher wenig dagegen gehabt. Nun ja, Affäre und Vergewaltigung sind dann doch zwei Paar Schuhe. Fand auch Anne Will, die den alten Kollegen liebevoll Uli nannte.

Die Opfer einer Vergewaltigung sind nicht ausreichend geschützt


Der "Spiegel"-Journalist und bekennende Katholik Matthias Matussek zeigte Mitleid mit Strauss-Kahn: „Auch ein Sünder hat noch ein Recht auf Gnade.“

Aber auch das klang wie ein Schuldspruch. Mattusek kritisierte dann noch die „rasende Vergeltungssucht“ der Amerikaner, die sich schon vor dem Prozess an der Zurschaustellung des Franzosen mit Handschellen auf dem Rücken im Gerichtssaal weideten.

Unterstützung gab ihm der Jura-Professor Peter Raue: „Ich finde es empörend, wie mit einem Mann, für den die Unschuldsvermutung gilt, umgegangen wird.“

Da musste Alice Schwarzer natürlich zwischengehen – und das mögliche Opfer im Fall Strauss-Kahn in den Vordergrund rücken. Das Zimmermädchen sei ja eine schwarze, alleinerziehende Mutter aus der Bronx, „womöglich Muslimin“. Größer könne die Kluft zwischen dem Sex-Banker und seinem Opfer ja gar nicht sein. „Und darum hat er es ja auch gemacht“, wegen des Machtgefälles, so Schwarzer.


Immerhin konnte sich die Runde noch darauf einigen, dass für Vergewaltigungsopfer in Deutschland mehr getan werden muss. Vor allem dann, wenn es endlich zum Gerichtsverfahren kommt, denn: „Einer Frau, die sich einem Vergewaltigungsprozess in Deutschland aussetzt, droht die Hölle“, sagte Jurist Raue. Ein starker Satz, der die Diskussion von jenseits des großen Teichs zurück nach Deutschland holte.

Dominique Strauss-Kahn geht gerade auch durch die Hölle, ob er sie selbst verschuldet hat, wird ein New Yorker Gericht bald zu klären haben. Die Anne-Will-Gäste am Sonntag haben sich schon mal als debattierfreudige Geschworene beworben. Zum Glück werden sie es nicht.
http://www.welt.de/fernsehen/article133 ... -Hose.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:Haben männliche Führungskräfte in Politik und Wirtschaft sich nicht mehr im Griff? Behandeln sie Frauen wie eine Ressource, immer verfügbar, man muss nur zugreifen? Und was heißt das eigentlich für ihre Vorbildfunktion?
Hier liegt wohl ein ganz wichtiger Aspekt, der zeigt, dass der derzeitige öffentliche Diskurs zu nichts führen kann, weil er von der falschen Fragestellung ausgeht.

Führungskräfte haben nun einmal Vorbildfunktion, müssen sie auch.

Der Versuch sie zu zwingen diese Vorbildfunktion besser zu erfüllen, sei es durch Gesetze oder auch nur durch allgemein behauptete Vorstellungen von "Sittlichkeit" muß das Gegenteil bewirken, und genau diesen Zustand beobachten und diskutieren wir jetzt. (Und weil das ein Naturgesetz ist lehne ich es auch ab, eine persönliche "Schuld" der Betreffenden zu diskutieren).

Wenn wir wirklich etwas zum Guten verändern wollen, so müssen unsere Fragen doch lauten:

Wie muß eine Gesellschaft aufgebaut sein, damit Führungskräfte ihre guten Eigenschaften einbringen können und dabei trotzdem Mensch bleiben dürfen?

und

Wie kann strukturell verankert werden, dass nach einem Neuanfang nicht wieder die gleichen narzißtisch gestörten Persönlichkeiten für Führungsaufgaben selektiert werden?

Die Geschichte zeigt, dass an diesen Fragen sämtliche bisherigen Revolutionen, von USA bis Irland, gescheitert sind. Weil nicht verhindert werden konnte, dass früher oder später Herrschaftswille erfolgreicher wurde als Herrschaftskönnen.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von ehemaliger_User »

Ich selbst fand es total daneben, erst sich lauthals über die öffentliche Vorführung des Strauss-Kahn zu beschweren und dann mehrmals die Bilder genau dieser Vorführung zu zeigen.

Auch völlig unverständlich: die Kritik an Frau Strauss-Kahn weil sie vorbehaltlos ihren Mann in Schutz nimmt und zu ihm steht. Genau das erwarte ich doch von einem Ehepartner, dass er zu mir hält - in Guten und in schlechten Zeiten. Und es geht uns nichts an, wie ein paar seine Beziehung lebt.

Im amerikanischen Rechtssystem ist die Vorführung eines Beschuldigten fester Bestandteil. Egal ob der muttmassliche Täter aus der Bronx kommt oder prominent ist. Gleichbehandlung nennt sich das. Die Staatsanwälte in den USA suchen im Gegensatz zu unseren Staatsanwälten auch nur belastendes Material, für Entlastendes ist der Angeklagte alleine zuständig.

Wenn ich in die USA reise muss ich einfach wissen, was mir passieren kann. Es zwingt mich niemand, in den USA einen Job anzunehmen oder dorthin zu reisen.

Nach unserem Rechtsempfinden und nach der europäischen Menschenrechtskonvention ist die Anprangerung rechtswidrig. Schlimm ist, dass offensichtlich amerikanische Verhältnisse Vorbild-/Nachahmerfunktionen weltheit haben. Und die USA sich bei diesem Thema nicht reinreden lassen.

Unsere Staatsanwälte bedienen sich auch immer mehr medialer Mittel wie der Fälle Kachelmann oder Zumwinkel gezeigt haben. Das muss dringend unterbunden werden, die Verhandlung ist öffentlich (Kontrolle!) - nicht die Ermittlungen. Das gilt aber auch für die Verteidiger!

Wenn in der
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Josef_K.
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Beitrag von Josef_K. »

Am besten gefallen hat mir Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Hielt ich sie bisher nicht als geeignete Besetzung, hat mich ihr Appell an die Rechtsstaatlichkeit sehr angesprochen.

Während Spitzenkräfte eines Unternehmens, die im Rahmen einer Gratifkation statt des städtischen Theaters lieber eine andere Einrichtung bevorzugt hatten (warum eigentlich nicht), von Anne W. aufs übelste vorgeführt wurden, entgegenete Frau Kraft, dass die Bewertung derartiger Vergnügungen einem Wandel in der Gesellschaft unterliege. Die Gesellschaft als solche sei heute viel toleranter als früher.

Ihrer Einschätzung nach liege die Grenze zur Verwerflichkeit nach aktueller Betrachtunsweise da, wo Gewalt beginne. Das hatte sie durch einige Sätze dann noch untermauert, wobei sie auch angemerkt hat, sich auf die Diskussion gründlich vorbereitet habe. Also wohl kein Statemant, das ihr mal eben so "rausgerutscht" ist, wenn ich das richtig einschätze.

Für die Ministerpräsidentin eines großen Bundeslandes in meinen Augen eine bedeutsame und mutige Aussage!

Der Rest (auch U. Wickert) hat sich in meinen Augen mehr schlecht als recht geschlagen. Statt einer fachlich fundierten Diskussion erinnerte nich das eher an Stammtischniveau. Wie üblich stellte sich der Talk von Anne Will als sehr entbehrlich dar. Aber man schaut es halt - frei nach dem Motto "die Hoffnung stirbt zuletzt".

Bis denne
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Beitrag von Ariane »

Danke Josef K., dass du die Sendung für mich mit angeschaut hast (ich kann sie nicht ertragen) und mich auf die Äußerung von Frau Kraft aufmerksam gemacht hast.
Und schön, dich gelegentlich hier zu lesen, insbesondere unter deinen doch erschwerten Bedingungen, nämlich im Kampf mit deinem Computer.*g*

liebe Grüße
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Beitrag von ehemaliger_User »

Schlimm ist nur, dass solche Sendungen aus unseren GEZ-Gebühren finanziert werden. Und es offensichtlich viele Menschen gibt, die sich das reinziehen. Und glauben.
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Beitrag von Ariane »

Opium fürs Wahlvolk bzw. Brot und Spiele. Die Strukturen ändern sich auch in 2000 Jahren nicht. Bei der Dummheit und Bösartigkeit gibt es allerdings keine Grenzen, nach unten.
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Beitrag von Aoife »

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Ariane hat geschrieben:Opium fürs Wahlvolk bzw. Brot und Spiele. Die Strukturen ändern sich auch in 2000 Jahren nicht.
Sehe ich nicht ganz so negativ. In den letzten 2000 Jahren wurden die Strukturen ja auch geändert.

Deine "Nuttenrepublik" sehe ich übrigens als wertvollen philosophischen Ausgangspunkt, wenn Herrschaft mit sozialem Stigma verbunden wäre wären wir die ganzen unfähigen malignen Narzißten in der Führungsebene los, die hätten dann ja keine Motivation mehr, solche Posten anzustreben.

Ebenso würde das Gehorchen aus verständnisloser Hochachtung wegfallen.

Nur wie dieser Zustand strukturell implementiert werden könnte, dazu habe ich noch keine Idee.

Liebe Grüße, Aoife
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Marc of Frankfurt
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dahinterstehende "Marktgesetze"

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das Zimmermädchen war gewerkschaftlich organisiert


One very important fact has been largely absent from the coverage of the sexual assault case against Dominique Strauss-Kahn, the former head of the International Monetary Fund (IMF) and, until latterly, leading candidate to be the next president of France. The hotel housekeeper whom he allegedly assaulted was represented by a union.

The reason that this is an important part of the story is that it is likely that Strauss-Kahn's alleged victim might not have felt confident enough to pursue the issue with either her supervisors or law enforcement agencies, if she had not been protected by a union contract.

...

There is a special irony to this situation given Dominique Strauss-Kahn's prior position. The IMF, along with other pillars of the economic establishment, has long pushed for reducing the rights of workers at their workplace. Specifically, they have pushed countries around the world to adopt measures that weaken the power of unions. The IMF has also urged western European countries to eliminate or weaken laws that prevent employers from firing workers at will. These laws, along with unions, are seen as "labour market rigidities" that prevent labour markets from operating efficiently.
www.guardian.co.uk/commentisfree/cifame ... ahn-unions





SW Gewerkschaften
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4508

Nachtrag:
Bild
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 22.11.2011, 18:00, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von ehemaliger_User »

Passt nicht direkt hier rein:

Aus einem Urteil gegen 3 Vergewaltiger:

Mädchen abgefüllt und vergewaltigt

"Aufgrund des Täter-Opfer-Ausgleichs und weil die Angeklagten alle inzwischen erfolgreich im Berufsleben stehen, setzte das Gericht die Strafen auf drei und vier Jahre zur Bewährung aus."

Die Täter hatten die junge Frau mit Alkohol wehrlos gemacht und sich dann an ihr vergangen.

Ich hoffe nur, dass die Krankenkasse des Opfer die Täter in Regress nimmt.

Nach solchen Urteilen kann ich verstehen, warum ein ehemaliger Staatsanwalt sagte, er würde einer Frau von einer Anzeige abraten wenn Aussage gegen Aussage steht. Und in dem genannten Fall war die Tat unbestritten!

Für das Opfer ist ein wichtiger Lebensabschnitt zerstört worden - und die Täter werden geschützt.

Das Gericht hat anderen potentiellen Gewalttätern deutlich gemacht, dass eine Vergewaltigung wenns dumm läuft, 4.000 EUR kostet...
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Beitrag von Josef_K. »

Passt auch nicht (ganz) hier hin:

Das Suppenhuhn von der Emma redet sich gerade bei Illner um Kopf und Kragen. :003
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Re: dahinterstehende "Marktgesetze"

Beitrag von Aoife »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:The IMF, along with other pillars of the economic establishment, has long pushed for reducing the rights of workers at their workplace.
Und dass das dem IMF trotz vorhandenen Gewerkschaften gelungen ist zeigt, dass Gewerkschaften nicht die Lösung des Problems sein können.

Einer der Gründe, warum ich dieses Mißerfolgsmodell im Sinn einer neu aufzubauenden Sexworkergewerkschaft nicht mittrage.

Gewerkschaften, und damit sind wir eigentlich und unabsichtlich doch wieder beim Thema, zeigen als "begrenzte Revolutionen" die gleiche Problematik wie gesamtstaatliche Revolutionen: Kaum dass sie etabliert sind entwickeln sie eine Hierarchie, die wieder "Funktionären" im wahrsten Wortsinn den roten Teppich ausbreiten. Und wer wie DSK (und all die anderen, für die er in dieser Diskussion als Beispiel steht) im Interesse einer glänzenden Karriere hervorragend funktioniert, der vergewaltigt die Natur, auch und zuerst seine eigene Natur. Wen wundert's, dass Vergewaltigung, sexuelle wie wirtschaftliche, zu seinem Normalzustand wird?

Solange wir den Mechsanismus nicht kennen, mit dem diese Entwicklung verhindert werden kann, ist eine Gewerkschaftsgründung ebenso kontraproduktiv wie eine große Revolution. Bis dahin wird sich der jahrhunderte alte Zyklus wiederholen: Die Mehrheit wird so lange ausgebeutet, bis sie es nicht mehr aushält und die ausbeutende Minderheit an der nächsten Laterne aufknüpft. Woraufhin sich dann eine neue ausbeutende Minderheit etabliert und das Spiel von vorne losgeht. Ob diese ausbeutende Minderheit IMF + Auftraggeber oder Gewerkschaftsfunktionäre oder Genosse Führungskader heißt ist mir relativ gleichgültig.

Dass wir aufgrund der Verarmung sogar der europäischen Mehrheit kurz vor diesem Punkt eines Gewaltausbruchs stehen genügt nicht um Hoffnung zu machen. Solange das grundlegende Problem wie nach einer Zeit der Gewalt die Ausbildung einer neuen Ausbeuterklasse verhindert werden kann nicht gelöst ist verursacht das Alles mehr Leiden als Nutzen.

Der Gewaltausbruch wird früher oder später kommen, ob wir das jetzt gut finden oder nicht. Und die hier versammelte Intelligenz anzuregen einen Weg zu finden, wie das diesmal wenigstens auch zum Erfolg führen kann war mein Anliegen mit diesem thread. "Mehr vom Alten" haben wir seit Jahrhunderten, und wenn das ein erfolgreicher Weg wäre hätten wir keinen Anlaß nach Verbesserungen zu suchen.

Nur für diejenigen die das Thema wirklich vertiefen wollen kann ich diesen Klassiker empfehlen:
http://www.amazon.de/Golden-Bough-Relig ... 677&sr=8-1
Hier gibt es eine reichhaltige Sammlung von Historischen Gesellschaftsformen, in denen die Herrschenden keineswegs souverän waren, teilweise sogar nach heutigen Maßstäben übermäßig verantwortlich gehalten wurden, beispielsweise Könige, die für eine Mißernte getötet wurden. So etwas würde man ja nicht mehr vernünftigerweise anstreben, jedoch denke ich eine Erweiterung des Horizonts über die übliche Propaganda "das war schon immer so" kann nicht schaden. Herrscher, die sich alles erlauben können, die gottgleich hochgeachtet werden (heutzutage mit dem Mythos der Wahl gerechtfertigt) sind keineswegs ein Naturgesetz. Und der europäische spätneuzeitliche Versuch das frühneuzeitliche feudalistische Machtgefüge unverändert zu lassen und nur durch gewählte statt vererbte Amtsträger personell zu besetzen hat zu genau den Problemen geführt, mit denen wir jetzt zu kämpfen haben - einschließlich IMF und Gewerkschaften.

Liebe Grüße, Aoife
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Arum
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Re: dahinterstehende "Marktgesetze"

Beitrag von Arum »

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Aoife hat geschrieben:       Und wer wie DSK (und all die anderen, für die er in dieser Diskussion als Beispiel steht) im Interesse einer glänzenden Karriere hervorragend funktioniert, der vergewaltigt die Natur, auch und zuerst seine eigene Natur. Wen wundert's, dass Vergewaltigung, sexuelle wie wirtschaftliche, zu seinem Normalzustand wird?
...Na ja......

Aber wie es eben so ist, hier im Forum werden von einigen Leuten nun mal gerne grosse ideologischen Worte benutzt, meiner bescheidenen Meinung nach Euere zentrale Schwachstelle....

Ich gebe mal ein Beispiel. Der IWF hat noch unter dem Vorsitz von DSK meinem Land, den Niederlanden, dringend davon abgeraten, am sogenannten Hypothekenzinsenabzug festzuhalten, weil er nur die Reichen bevorteilt, dem Staat im Jahr mehrere Milliarden kostet, und der jetzt dazu führt, dass unsere rechte Regierung einen Grossangriff auf die Künste, psychiatrische Patiente, Behinderte und und und veranstaltet, die jetzt für diese Milliarden aufkommen sollen. Da werden Leistungen im grossen Stil gestrichen. Der IWF hat also gerade dem zuvorkommen wollen. Also wer 'vergewaltigt' da wen?

Die Welt ist eben etwas weniger schwarzweiss, als hier im Forum oft geglaubt...

Und jetzt zum Fall DSK.

Wie es scheint, lief auch da ganz etwas Anderes, und es wird immer interessanter sich zu fragen, wieso denn diese Frau mit derartigen Zeugenaussagen gekommen sein dürfte:


Spektakuläre Wende im Fall Strauss-Kahn

Von Marc Pitzke, New York


Im Verfahren gegen den Ex-IWF-Chef deutet sich eine Sensation an: Die Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn könnte platzen, berichtet die "New York Times", an den Aussagen der Belastungszeugin seien Zweifel aufgetaucht. Jetzt wollen seine Anwälte kurzfristig eine Freilassung erwirken.


Im New Yorker Sex-Verfahren gegen Ex- IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn scheint eine Wende bevorzustehen. Strauss-Kahns Anwalt Ben Brafman bestätigte SPIEGEL ONLINE, sein Mandant werde an diesem Freitag zu einer Anhörung vor dem New Yorker Supreme Court erscheinen. Nach Angaben Brafmans will die Verteidigung eine Erleichterung des Hausarrests erreichen.

Nach Angaben der "New York Times" könnte die Anklage wegen versuchter Vergewaltigung und sexueller Nötigung platzen, da die Staatsanwaltschaft mittlerweile erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers und damit der einzigen Belastungszeugin habe. Die Frau stehe womöglich mit "kriminellen Aktivitäten" in Verbindung. Es werde erwogen, die Anklage fallenzulassen.


Strauss-Kahn ist der versuchten Vergewaltigung angeklagt, er soll im Mai ein Zimmermädchen des New Yorker Luxushotels Sofitel zu sexuellen Handlungen gezwungen haben. Er hat stets seine Unschuld beteuert, nachdem der Druck zu groß wurde, legte er seinen Posten als Chef des Internationalen Währungsfonds nieder. Seit Ende Mai steht er unter Hausarrest, er darf das gemietete Townhouse in Manhattan nicht verlassen, musste eine Kaution von sechs Millionen Dollar hinterlegen. Außerdem muss er eine elektronische Fußfessel tragen und für die enormen Kosten seiner Zwangsverwahrung - 250.000 Dollar im Monat - selbst aufkommen.

"Kurz vor dem Kollaps"

Strauss-Kahns nächster Gerichtsauftritt sollte eigentlich erst am 18. Juli sein. Doch sein Anwalt Brafman erklärte nun, für Freitag sei kurzfristig ein Termin anberaumt worden. Zum Anlass sagte er, die Verteidigung werde beantragen, die Kautionsbedingungen für Strauss-Kahn zu erleichtern. Über die Hintergründe äußerte er sich nicht.


Diese "erleichterten Konditionen" könnten nach Informationen der "NYT" eine sofortige Freilassung bedeuten. Strauss-Kahn müsste zwar seinen Reisepass hinterlegen, könnte sich aber innerhalb der USA frei bewegen. Richter Michael Obus hat darüber das letzte Wort. Dieser Antrag würde darauf hindeuten, dass sich die Ermittlungen klar zugunsten Strauss-Kahns gewendet haben.

Die "NYT" berichtete unter Berufung auf zwei "gut platzierte Justizquellen", der Fall stehe "kurz vor dem Kollaps, weil die Ermittler erhebliche Lücken in der Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens entdeckt haben". Dieser Eindruck werde obendrein dadurch verstärkt, dass diese Ermittlungen nicht im Auftrag der Verteidigung getätigt worden seien, sondern der Staatsanwaltschaft.

Zwar hätten forensische Tests "zweifelsfreie Beweise" gefunden, dass es zwischen Strauss-Kahn und der Frau zum Sexualverkehr gekommen sei, so die "NYT" weiter. Doch selbst die Staatsanwaltschaft nehme inzwischen Abstand von ihrer Kronzeugin, auf deren Aussage allein die Anklage fußt: Seit ihrer anfänglichen Behauptung habe die 32-jährige Frau aus Guinea, deren Identität bisher geheimgehalten wurde, "wiederholt gelogen".


So habe das Zimmermädchen laut "NYT" einen Tag nach dem inkriminierten Vorfall mit einem inhaftierten Mann telefoniert. In dem Telefonat, das aufgezeichnet worden sei, habe sie besprochen, welche Vorteile sie "von der Weiterführung der Vorwürfe" gegen Strauss-Kahn haben könnte. Ihr Telefonpartner, der wegen Besitzes von 400 Pfund Marihuana in Haft sitze, habe in den vergangenen zwei Jahren rund 100.000 Dollar auf das Bankkonto des Zimmermädchens überwiesen, berichtet die "NYT" weiter. Auch hätten die Ermittler Unstimmigkeiten im Asylantrag der Frau gefunden.


"Es ist ein Schlamassel"

Strauss-Kahns Anwälte hatten angekündigt, die Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens zu hinterfragen. Auch hatte Brafman vor Gericht angedeutet, bei der Begegnung sei es zu einvernehmlichem Sexualverkehr gekommen.

Verteter der Staatsanwaltschaft trafen sich den Angaben zufolge am Donnerstag mit Strauss-Kahns Anwälten, um sie über die jüngsten Erkenntnisse zu unterrichten. Sie hätten "Probleme mit dem Fall", zitierte die "NYT". Die Anklage überlege nun, "die Vorwürfe des Kapitalverbrechens fallenzulassen". Eine Option sei es, dass sich Strauss-Kahns eines Vergehens schuldig bekenne. Das würde die Verteidigung aber wohl kaum akzeptieren. "Es ist ein Schlamassel", sagte einer der Beteiligten der "NYT". "Ein Schlamassel auf beiden Seiten."


http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0 ... 99,00.html
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Marc of Frankfurt
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Skandal DSK und Strukturproblem SW Forum

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Eine Kabale zu vermuten, war der erste Impuls von mir und sicher vielen anderen. Es bleibt also spannend.

Danke fürs mal wieder vorbeischauen und posten.





off topic:
Arum hat geschrieben:hier im Forum werden von einigen Leuten nun mal gerne grosse ideologischen Worte benutzt, meiner bescheidenen Meinung nach Euere zentrale Schwachstelle
Danke für diese Feedback.

Eine Ideologie oder Haltung ist eine Ersatzreligion oder Orientierung für Volk und das eigene Selbst. Es ist zugleich Schutzpanzer (Lotuseffekt gegen den sonst vorherrschenden prostitutionsfeindlichen Diskurs) und Vision um ganzheitlich (politisch) handlungsfähig sein zu können in schwerem Umfeld und komplexer Welt. Sexwork hingegen ist eine rein wirtschaftliche Tätigkeit.

Dass manche Meinungen hier so hervorstechen liegt m.E. sicher auch, aber nur teilweise, an persönlichen Gründen. Vieles liegt an der gewachsenen Struktur, die auf wenigen Schulteren ruht. Vielmehr ist die Abwesenheit bzw. Unsichtbarkeit der Mehrheit der Sexworker und Kunden (für die Nichtsexwork-Mehrheit) das wesentliche Kennzeichen. Auch ich bedauere das sehr, kann es aber immer besser verstehen.

Sexworker zeigen sich (und riskieren ein Outing) primär und definitionsgemäß nur dann, wenn sie im pot. Kundenkontakt sind, aus dem wir existenzsichernden-wirtschaftlichen Nutzen ziehen. (Daher existiert eine Moral Hazard Konstellation, welche zum schlechten Ruf der Prostitution beiträgt.)

Erotischer Kundendialog ist nunmal die verlangte Kernkompetenz von alleinselbständigen SW. Dieses Rollenmodel steht einer Solidarisierung, Gewerkschafts-, Berufsverbandsbildung und Foren-Belebung leider entgegen. Zudem gibt es hier einen Zwang zur Ehrenamtlichkeit, weil Professionalisierung der Unabhängigkeit willen abgelehnt wird (werden muß. Ablehnung von innen geht zusammen mit Ablehnung von außen). Das bedingt eine Selektion von Engagement nur von eher ressourcenstarken Leuten, was auf Politik generell zutrifft, solange nicht alle durch ein bGE abgesichert sind.

Darüber hinaus kommunizieren die meisten Sexworker bekanntlich weniger gerne effizient über Querty-Tastaturen, sondern nutzen lieber Body-Language *lach* und ziehen das privat-menschliche dem anonym-öffentlichen vor.

Es zerreißt Sexworker bisweilen geradezu in dem Spannungsfeld intim-privat-existenzsichernd und ökonomisch-öffentlich-steuerfahndungs-und-polizei-überwacht stehen zu müssen.

Letztlich gar nicht so unähnlich wie hier, zwischen privatem Sex im Hotelzimmer (Einvernehmlichkeit unterstellt) und Verlust von beruflicher Existenz und öffentlichem Ansehen, wenn Anschuldigungen über schlimme Taten an die Öffentlichkeit gelangen.

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Re: dahinterstehende "Marktgesetze"

Beitrag von Aoife »

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Arum hat geschrieben:Aber wie es eben so ist, hier im Forum werden von einigen Leuten nun mal gerne grosse ideologischen Worte benutzt, meiner bescheidenen Meinung nach Euere zentrale Schwachstelle....

Die Welt ist eben etwas weniger schwarzweiss, als hier im Forum oft geglaubt...
Tut mir leid Arum, ich weiß eben nicht, wie ich das ausdrücken soll, dass auch du nicht ideologische schwarz-weiß-Malerei darin sehen musst ...

Tatsächlich wollte ich die theoretischen Hintergründe beschreiben, die statistisch zu den beobachtbaren Fakten führen.

Es lag mir fern, *jeden* erfolgreichen Menschen als Vergewaltiger der natürlichen Gegebenheiten darzustellen, ebenso wie ich von Anfang an eine Vorverurteilung von DSK abgelehnt habe.

Nur in der Mehrzahl ist das nun einmal die zugundeliegende Psychodynamik - ob sich das in manchen Einzelfällen nicht bestätigt ist irrelevant.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von Aoife »

Ein auch im Ganzen schöner Artikel (English)

http://www.guardian.co.uk/commentisfree ... logue-rape

dessen Fazit ich hier direkt einfügen möchte:

The DSK scandal has rocked the world: it has brought into question issues of sex, power, race, class and gender. It is not simply a matter of winning or losing this particular case. The stakes are much higher. This case is a defining moment, a signifier of the direction we move in – towards transformation or more abuse and loss.

Vielleicht versteht an hand dessen der eine oder andere, warum ich das Thema hier diskutieren wollte, ohne dass ich eine Vorverurteilung von DSK damit verbunden hätte, und weshalb auch die jetzt folgenden juristischen Entwicklungen ("kann eine Frau, die in ihrem Leben schon einmal unehrlich war, überhaupt vergewaltigt werden?") letztlich nichts zur Sache tut.

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RE: Strauss-Kahn Sexualverbrecher?

Beitrag von friederike »

Dieser Artikel im "Guardian" ist allerdings erstaunlich einseitig. "It misses the point", denn er hätte wenigstens einige Gedanken auf die andere Seite der Medaille verwenden sollen: wie kann ein Mann vor solchen Anklagen besser geschützt werden?

Nach allem, was man bisher weiss, ist diese Frau ja nicht "in ihrem Leben schon einmal unehrlich gewesen", sondern hat direkt und relevant für diesen Fall gelogen, ähnlich übrigens wie die "Dame" im Kachelmann-Fall. DSK ist ein immenser Schaden zugefügt worden, und man muss sich fragen, wie das in den Fällen ausgeht, wo sich der Beschuldigte eben keinen Superanwalt leisten kann.

In diesen Fällen, wo es um Geschehnisse ohne Zeugen geht und wo zwischen Einverständnis und Zwang die Unterscheidung zweifelhaft sein mag, kommt man an der Überprüfung der Glaubwürdigkeit wohl nicht vorbei. Es wäre natürlich schlimm, wenn man beispielsweise annähme, Prostituierte können praktisch gar nicht vergewaltigt werden, weil sie ja ohnehin nicht glaubwürdig sind usw. Aber die prominenten Fälle der Vergangenheit bieten eigentlich keinen Anlass, dergleichen zu unterstellen.