"Maischberger": Schafft Prostitution ab!

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
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Marc of Frankfurt
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Re: "welt online"

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Erstaunlich wie viele Studiofotos von der Maischberger-Produktion der Artikel in der Welt hat. Da scheint es einen richtigen schwunghaften Foto-Handel (mit Sexworker Fotos;) zu geben.



Wenn Schwarzer glaubt in D sei angeblich die Drehscheibe des Menschenhandels, dann liegt das vmtl. an solch verfälschenden Studien wie die von Prof. Axel Dreher, neulich von ARD-Panorama gesendet.



In einer Bildunterschrift zu Kyra heißt es: "Inzwischen glaubt sie kaum, dass ihr ein Ausstieg gelingen könnte..." Da klingt eine traurige Prostitutionswahrheit für viele alleinselbständige Vollerwerbssexworker an, vor der nur erfolgreiche Studentensexarbeiter_innen oder nur nebenberuflich tätige Gelegenheitssexworker strukturell geschützt zu sein scheinen.

Es wäre gut wenn wir das Sexworker Forum Modellpläne sammeln oder erarbeiten könnte, wie erfolgreiche Berufswechsel und Outplacements funktionieren (Geschäftsverkauf, Existenzneugründung, Jobvermittlung, Partnerschaft, Frühverrentung, Sozialhilfe), so wie wir auch recht erfolreich wie ich meine Einstiegsberatung leisten. Leider haben die vielen öffentlich-finanzierten Beratungsstellen, die bekanntlich keine erfahrenen Sexworker als Mitarbeiterinnen haben wollen, zu diesem heiklen Thema, was erst am Ende einer Sexarbeiterkarriere deutlich sichtbar wird bisher kaum positive Berichte oder Erfahrungen systematisch aufbereitet geschweige denn öffentlich weitergegeben z.B. an uns die Sexworker Community die das braucht und betrifft www.sexworker.at/exit





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Fragender
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Re: Feedback

Beitrag von Fragender »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben: In ihrer Position spiegelt sich m.E. die Spaltung der Frauen in Heilige und Huren. Die Hautgegner der Sexworker sind die Ehefrauen, die die Kontrolle über ihre Männer nicht polyamor teilen wollen.
Genau deswegen wüsste ich mal gerne, was denn wohl passieren würde, wenn Sexworkerinnnen nach Einführung einer Freierbestrafung anfangen würden, ihre Dienste gratis anzubieten, so dass die Anzahl der Männer, die das in Anspruch nehmen, sogar steigen würde. Ich vermute, dass es dann sehr schnell wieder erlaubt wäre, dafür zu bezahlen.
Wenn feministische Prostitutionsgegner das Frauenbild der Freier "die Sexarbeiterin als Loch" kritisieren
Wenn es um die Steigerung des Respekts vor Frauen geht, halte ich die Einmischung in Dinge, die einen nichts angehen, für denkbar ungeeignet. Mein Respekt vor Menschen, die das tun, hält sich jedenfalls in sehr engen Grenzen.
Gut fande ich die Kernaussage der Frauen-Fraktion: "Ein Vergewaltiger geht nicht ins Bordell". Das bestätigt auch das Profiling von Triebtätern oder Haßtätern, die sich nur als Freier tarnen, aber keine eigentlichen Prostitutionskunden sind, weil ihnen unsere Dienstleistungen nichts bringt. Das Argument vieler Männer oder Sexworker, dass entkriminalisierte oder legalisierte Prostitution Vergewaltigungen verhindere geht also an dieser speziellen Tätergruppe vorbei.
Da bin ich anderer Meinung. Im Gegensatz zu manchen Prostitutionsgegnern glaube ich zwar nicht, dass es den meisten Kunden um Macht statt um Sex geht und weiß sogar, dass es nicht allen Kunden darum geht, weil ich als Ausnahme schon ausreiche. Trotzdem halte ich es für gut möglich, dass manche der jetzigen Prostitutionskunden, die nach Einführung einer Freierbestrafung keine andere Möglichkeit mehr finden, an das heiß ersehnte Wohlgefühl zu gelangen, dann aus Frust zu Vergewaltigern werden, z.B. auch aus Rache, weil sie Frauen für das Verbot hauptverantwortlich machen.

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Marc of Frankfurt
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Gewaltfreie Aktion

Beitrag von Marc of Frankfurt »

> "ihre Dienste gratis anzubieten"

Genau das haben die Sexworker in Padua, Italien 2007 gemacht mit einem "Dienst-Abzeichen" für Gratis-Sexservice:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=15475#15475


Dafür braucht es aber eine gemeinsame Streik-Kasse, die Sexworker meist nicht haben, da sie im ungeschützten, kriminalisierten oder stigmatisierten Markt in verschärfter wirtschaftlicher Konkurrenz stehen.


Habe leider nicht mehr in Erinnerung wie das langfristig ausgegangen ist nach all dem vorläufigen Presse- und Medienrummel. Wäre klasse, wenn das einer für uns alle mal nachrecherchiert.


Könnt man mal eine SW Union Case-Study draus machen und dann evt. in Hamburg St. Pauli anwenden *lol*

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Re: Gewaltfreie Aktion

Beitrag von Fragender »

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Hallo Marc,
Marc of Frankfurt hat geschrieben: Dafür braucht es aber eine gemeinsame Streik-Kasse, die Sexworker meist nicht haben, da sie im ungeschützten, kriminalisierten oder stigmatisierten Markt in verschärfter wirtschaftlicher Konkurrenz stehen.
Mir ist durchaus bewusst, dass das schwierig durchzuführen wäre. Trotzdem bin ich mir sicher, dass die Verbotsforderer dadurch recht schnell der Heuchelei überführt werden könnten.

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RE: "Menschen bei Maischberger" Thema: Schafft Pro

Beitrag von Fragender »

Ich schlage vor, bei einer Diskussion mitzumachen, bei der man nicht nur unter sich ist, z.B. hier:

http://forum.spiegel.de/f22/maischberge ... 56463.html

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Marc of Frankfurt
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Spiegel online

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Spiegel 14.03.2012

Maischberger-Talk zu Prostitution
Ein Königreich für echte Fakten!

Von Christoph Twickel
Talk-Runde bei Maischberger: Zank wie in den Neunzigern
Fotos
WDR

Ein Beruf wie jeder andere - oder Unterdrückung der Frau? Bei Sandra Maischberger stritten sich die Gäste über das Thema Prostitution so leidenschaftlich wie lange nicht mehr. Vor allem Alice Schwarzer war in ihrem Furor kaum zu stoppen, auch nicht von so etwas Lästigem wie Fakten.


Hui, da war Leben in der Bude! Und das ausgerechnet bei einem Thema, das im deutschen Talkshow-Geschäft seit Jahren als abgefrühstückt gilt: "Ob Billigsex oder Edelpuff: Schafft Prostitution ab!" Klingt nach neunziger Jahre? Lockt keinen mehr hinterm Ofen hervor? Pustekuchen! Bei Sandra Maischberger fielen sich die Gäste so leidenschaftlich ins Wort, als gäbe es "Schreinemakers live" noch und Klaus Kinski diskutiere mit Karin Struck über Abtreibung.


Tatsächlich hatte die Mode.ratorin eine Gästeschar um sich versammelt, deren Zusammensetzung schwer an die Neunziger erinnerte: Da gab's den braungebrannten Jürgen Rudloff, Betreiber des Mega-Puffs "Paradise" in Stuttgart, die selbstbewusste Prostituierte Kyra, die Sozialarbeiterin Sabine Constabel, den Grünen-Politiker Volker Beck - und? Fehlt da nicht jemand? Alice Schwarzer natürlich! In der zweiten Hälfte gesellte sich noch eine verheiratete Frau namens Regina Braun dazu, deren Ehe durch die Bordellbesuche ihres Mannes eine schwere Krise zu durchstehen hatte: "Da werden Familien zerstört, weil es so einfach ist in Deutschland, ins Bordell zu gehen."

Das war Talkshow wie früher! Gäste aus dem Milieu, Betroffene, Praktiker, ein Politiker und die "Emma"-Herausgeberin als unwidersprechliche Kämpferin wider die Unterdrückung der Frau. Das Problem: Die Gegenwart des Gewerbes, über das zu diskutieren war, passte so gar nicht zur Besetzung der Talkrunde, worüber denn auch bald weitgehend Einigkeit herrschte.

Die Sozialarbeiterin erklärte, die blonde Kyra, die von ihrem unabhängigen, auskömmlichen Hurendasein berichtete, könnte keinesfalls als repräsentativ gelten, denn etwa 80% der Prostituierten seien nichtdeutsch, die meisten kämen aus Osteuropa. Hier hätte Maischberger der Informationspflicht halber mal fallen lassen können, dass es keine repräsentativen Studien zum Thema gibt, dass solche Daten also Schätzungen sind.

Dennoch: Kyra mochte gerne zugestehen, dass sie die Ausnahme von der Regel ist. Und auch der reichlich defensive Grüne Beck widersprach nicht, als Constabel erklärte, das unter Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz sei auf die autonome deutsche Prostituierte zugeschnitten - und trage damit nicht den prekären Verhältnissen Rechnung, unter denen die nichtdeutsche Mehrzahl der Prostituierten heute in Deutschland arbeiteten.

Grüne als Prostitutions-Vorreiter?

Beck kam kaum dazu, einzuwenden, dass Migrantinnen auch in "haushaltsnahen Tätigkeiten" schlimme Ausbeutungsverhältnisse zu ertragen haben - da fuhr ihm Alice Schwarzer vehement über den Mund. Der Vorwurf: Die Grünen hätten Prostitution zu einem "Beruf wie jeden anderen" machen wollen, und auch die Rede von der "sexuellen Dienstleistung" sei der nackte Zynismus, denn in Wahrheit gehe es überhaupt nicht um Sex: "Es geht um Macht."

Sprich: Die Talkrunde kam über das empörte Durcheinandergeschnatter nicht hinaus, weil niemand zugegen war, die oder der Alice Schwarzer hätte Paroli bieten können. Bedauerlicherweise - denn die Law-and-Order-Position der "Emma"-Chefin zur Prostitution hat in Fachkreisen immer wieder heftigen Widerspruch provoziert und ist auch unter Feministinnen umstritten.

Bei Maischberger aber konnte Schwarzer relativ unwidersprochen die "Ächtung" der Prostitution fordern, Menschenhandel und Prostitution für "untrennbar miteinander verbunden" und Deutschland zur "Drehscheibe des Menschenhandels" erklären. Schützenhilfe bekam sie von Frau Constabel, die, legitimiert durch zwei Jahrzehnte Sozialarbeit beim Gesundheitsamt Stuttgart, zu berichten wusste, osteuropäische Prostituierte würden von ihren daheimgebliebenen Familien "wie ein EC-Automat" angesehen.


So gab es im Verlauf der Sendung eine Menge krasse Sprachbilder für den Umstand, dass das Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und den östlichen EU-Ländern sich auch auf dem Markt für sexuelle Dienstleistungen zeigt. Den bedenkenswertesten Satz über die armen osteuropäischen Frauen, zu deren Schutz Alice Schwarzer die Prostitution verbieten lassen will, sagte die deutsche Kollegin Kyra: "Die bringen diese Probleme ja schon mit, die sehen die Prostitution als Ausweg, da rauszukommen."

Dabei zeigen Sperrgebiets- oder Kontaktverbotsverordnungen für Freier schon heute, dass Illegalisierung vor allem dazu führt, dass Sexarbeit von öffentlichen Orten in dunkle Gewerbegebiete oder Hinterzimmer abwandert, was die Situation der Frauen nicht eben verbessert.

Volker Beck mühte sich etwas halbherzig, Schwarzer dieses Argument entgegenzuhalten - doch eine ernsthafte Debatte kam nicht zustande. Stattdessen gab's kindische Polemiken wie "Gehen Sie doch einfach mal an den Bahnhof, Herr Beck!"

Und am Ende waren sich die durch den Bordellbesuch des Mannes tief verletzte Frau Braun und Alice Schwarzer einig: Wären sexuelle Dienstleistungen verboten und geächtet, wäre der Gatte brav zu Haus geblieben. "Ihr Ehemann wäre vermutlich nicht ins Bordell gegangen", so Schwarzer. "Er lebt aber in einem Land, wo es heißt: Wieso, es ist doch nichts dabei!"

Ein Königreich für einen Faktencheck!


www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,821231,00.html

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Lady Tanja
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Beitrag von Lady Tanja »

Ich habe in dem Moment die Segel gestrichen, als Frau Schwarzer keifend Herrn Beck mit folgendem Satz ins Wort fiel: "Nun lassen Sie mich gefälligst ausreden!"

Da bin ich doch lieber schlafen gegangen, um heute für all die braven Ehemänner wieder verfügbar zu sein. *grins*

PS: Kyra hat sich wacker geschlagen

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Marc of Frankfurt
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Schlaue FAZ

Beitrag von Marc of Frankfurt »

FAZ.NET-Frühkritik

„Eine Lesbe [Alice Schwarzer] streitet mit einem Schwulen [Volker Beck] über heterosexuelle Prostitution“
schrieb Volker via Twitter.

14.03.2012 · „Ob Billigsex oder Edelpuff: Schafft Prostitution ab!“

Ein heikles Thema in der Talkshow „Maischberger“. Das hätte ein gewisses Abstraktionsvermögen gebraucht. Aber das ist wohl zu viel verlangt.

Von Frank Lübberding


„Papa, ich bin gestern beim Arbeitsamt gewesen. Der Beruf der Prostituierten scheint gut zu mir zu passen.“ „Hast Du denn die Unterlagen über die Ausbildung schon mitgebracht?“, so die Antwort des wenig erstaunten Vaters. Prostitution als Beruf könnte in Deutschland auf eine Ausbildungsordnung wohl nicht verzichten.

[Genau *lol* Sexworker Academy: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=25036#25036 Anm.]

Dieser Vater hieße aber sicherlich nicht Jürgen Rudloff. Auf eine ähnliche Frage der Journalistin Alice Schwarzer über einen fiktiven Berufswunsch seiner Tochter meinte er: „Es würde mir das Herz zerreißen.“ [Damit outet er sich insgeheim als Prostitutionsgegner in dem Sinne, dass er nicht wirklich auf Seiten der Sexworker steht, sondern ein reiner Geschäftemacher ist.]

Es war gestern Abend bei Sandra Maischberger der interessanteste Moment gewesen. Rudloff ist ein braun gebrannter Mann in teuren Anzügen – und wirkt wie ein typischer Vertreter jenes Bürgertums, wo alles passabel zu sein scheint: Die Frau, die Kinder, die Insignien des Wohlstands. Passabel ist halt nur nicht die Branche, in die er tätig ist. Während er seine Kinder auf die Waldorf-Schule schickt, wo, wie Frau Schwarzer zurecht betonte, die Würde des Menschen das zentrale Thema ist, würde es ihm das Herz zerreißen, wenn seine Tochter das ausübte, womit er sein Geld verdient. [Das hat die Anwältin für Frauenemanzipation Schwarzer genial aus ihm herausgelockt.]

Als vor zehn Jahren die Sittenwidrigkeit der Prostitution aufgehoben worden ist, hat Rudloff ein profitables Geschäftsmodell entwickelt. Es funktioniert wie ein Börsenplatz. Er stellt die Infrastruktur für Käufer und Verkäuferin zur Verfügung, sogar die Steuerproblematik wird auf ähnliche Weise gelöst. Die Frauen zahlen bei ihm 25 Euro Pauschalsteuer am Tag. Es handelt sich um eine Quellensteuer, ähnlich funktioniert die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge.


Am Schreibtisch oder an der Theke?

An dieser Stelle hätten Frau Maischberger und ihre Gäste für eine Minute schweigen sollen. Eine Aussage wirken lassen, bevor man sie zerredet. Es wurde nämlich die Widersprüchlichkeit dieses Themas Prostitution deutlich. In unseren liberalen Gesellschaften sind in den vergangenen 30 Jahren fast alle gesellschaftlichen Tätigkeiten über Märkte organisiert worden.

Die Idee hinter der Entkriminalisierung der Prostitution passte durchaus in diesen Zeitgeist. Die Sittenwidrigkeit als Anspruch des Staates auf die Durchsetzung von Vorstellungen über die richtige Lebensweise seiner Bürger war obsolet geworden.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck brachte das zum Ausdruck: „Mir geht es als Gesetzgeber nicht um Moral, sondern um die Arbeitsbedingungen von Prostituierten.“ Es geht um die Regulierung eines Marktes, der vorher schon existierte, nur über kriminelle Milieus organisiert worden war. In der Drogenpolitik wird das in gleicher Weise diskutiert. [Und dort gibt es jetzt die Beweise aus Portugal, dass Entkriminalisierung im Drogenmarkt funktioniert.]


Jemand wie Rudloff hat diesen neuen Markt entsprechend genutzt.

Er ist eine Konsequenz dieser Politik. Genauso wie die Forderung von Beck, die Gewerbeaufsicht an Stelle der Polizei mit der Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben zu beauftragen. Märkte brauchten schon immer eine Regulierung seitens des Staates, wenn sie funktionieren sollten. Die Prostitution ist in der Beziehung nicht anders zu bewerten als jede andere Dienstleistung. Für einen Ökonomen wäre das ganz banal, wenn er denn am Schreibtisch sitzt und nicht an der Theke im Etablissement von Herrn Rudloff. Dann könnten andere Überlegungen eine Rolle spielen.


Am fehlenden guten Willen hat es nicht gelegen

Diese anderen Überlegungen wurden in Maischbergers Talkrunde durchaus drastisch formuliert. Beck sprach zwar von der „besonderen Spezifität dieses Jobs“, aber Sabine Constabel, Sozialarbeiterin am Stuttgarter Gesundheitsamt, fand doch deutlichere Worte: „Ich bin für die Freier ein Stück Fleisch mit einem Loch.“ So zitierte sie eine ihrer Klientinnen. Sie benannte jene unzähligen Frauen, vor allem aus Osteuropa, die seit der Öffnung der Grenzen in einem Gewerbe arbeiten müssen, das für sie zumeist durch Zwang, Gewalt, Verachtung und archaische Ausbeutungsverhältnisse gekennzeichnet ist. Frau Schwarzer benannte das so: „Diese Frauen sind für ihre Familien ein EC-Automat, der Geld ausspuckt.“

Das Gesetz der rot-grünen Koalition zielte dagegen auf deutsche Prostituierte, während das Gewerbe heute von 25 Jahre alten Osteuropäerinnen mit drei Kindern bestimmt werde, so Frau Constabel. Insofern wirkte es wie das Sinnbild einer Politik, die „in Deutschland die Handlungsautonomie von Menschen stärken“ wollte, „die im Prostitutionsgewerbe arbeiten“, um dann hilflos der Globalisierung gegenüber zu stehen. Aber man konnte Volker Beck den guten Willen nicht absprechen.


Man will wirklich nicht alles wissen

Dieses von Beck präferierte Modell der sozialen Marktwirtschaft fand sich bei Maischberger in der 30 Jahre alten Prostituierten Kyra wieder. Sie ist selbstbewusst, sonst wäre sie nicht in der Sendung gewesen, und arbeitet selbstbestimmt, also ohne Zuhälter oder zugunsten anderer Leute. Vom Klischee der Armutsprostitution konnte bei ihr nicht die Rede sein. Sie [Sexarbeiterin Kyra] war gewissermaßen das Äquivalent zum schwäbischen Facharbeiter, der beim Daimler schafft.

Frau Schwarzer und Frau Constabel bemühten sich, Kyra als einen Ausnahmefall zu beschreiben.

Nur konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier trotzdem jene Ambivalenz reaktualisiert wird, die seit Freud das bürgerliche Selbstverständnis über Sexualität bestimmt. Wo die Zivilisation im Gegensatz zu unseren archaischen Trieben gedacht wird. Allein aus dem Grund gibt es einen Widerwillen dagegen, den intimsten Akt des Menschen einer Marktlogik unterzuordnen, wo der Geschlechtsverkehr endgültig nur noch als Zahlungsverkehr zu beschreiben ist.

Frau Schwarzers Plädoyer für ein faktisches Verbot der Prostitution setzt zwar an dem Begriff der Menschenwürde an, aber sie fragte interessanterweise Kyra nicht, ob sie sich auch als jenes Stück Fleisch mit einem Loch fühle, von dem Frau Constabel sprach.

Das blieb Regina Becker vorbehalten. Ihr Mann hatte die Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen. Nun wissen wir durch die Arbeit des deutsch-amerikanischen Historikers Peter Gay viel über Liebe und Sexualität im 19. Jahrhundert. Seine bahnbrechende Arbeit beruhte unter anderem auf die Auswertung von Tagebüchern. Am Beispiel von Frau Becker konnte man sehen, warum es sinnvoll ist, wenn die Intimsphäre von Menschen erst mit einer gewissen Verzögerung öffentlich gemacht wird. Man will wirklich nicht alles wissen. Aber sie formulierte einen interessanten Satz: Über die Sexualität von Frauen werde nur noch im Zusammenhang mit Prostituierten gesprochen.


Sie kann bestimmt auf Männer verzichten

Frau Schwarzer sollte ihr ein Buch schicken: „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen.“ Schwarzer betrachtete die Sexualität schon immer als den entscheidenden Baustein zur Frauenemanzipation, ob nun mit oder ohne Zahlungsverkehr. Das Buch hat seine Verdienste. Männer können heute wirklich nur noch bei Prostituierten machen, was sie wollen, und bei einer Kyra wird selbst das nicht mehr möglich sein. [*lol*]

Aber wie formulierte es Volker Beck kurz vor der Sendung über Twitter? „Eine Lesbe streitet mit einem Schwulen über heterosexuelle Prostitution.“ Mit der Lesbe ist Frau Schwarzer und mit dem Schwulen er selbst gemeint. Aber geht es Frau Schwarzer wirklich nur um Prostitution? Oder nicht doch um Heterosexualität als Vehikel zur Unterdrückung der Frau? Man könnte den Eindruck haben, dass Frau Schwarzer in der Beziehung mittlerweile die falsche Gesprächspartnerin ist. Sie kann bestimmt auf Männer verzichten.

Vielleicht fragt Frau Maischberger sie aber in einer anderen Sendung danach? Selbst die „Bild“-Zeitung wäre für Frau Schwarzer neuerdings eine passable Adresse. Die zahlt übrigens besser als die ARD. Und das wäre bestimmt nicht unter der Würde von Frau Schwarzer. Ganz sicher.


www.faz.net/aktuell/feuilleton/faz-net- ... 83552.html
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.03.2012, 15:25, insgesamt 2-mal geändert.

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Marc of Frankfurt
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Irrwege des Feminismus'

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Frau Schwarzer hat evt. anstatt ihr eigenes Coming-out hinzubekommen, über Jahre hinweg sublimiert und gegen die heterosexuellen Männer via Feminismus gekämpft.





"spätestens als Frau Schwarzer "Vom Winde verweht" als Quelle nutzte, wars eh vorbei." schreibt einer bei FB.

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Aoife
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Re: Schlaue FAZ

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Nur konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier trotzdem jene Ambivalenz reaktualisiert wird, die seit Freud das bürgerliche Selbstverständnis über Sexualität bestimmt. Wo die Zivilisation im Gegensatz zu unseren archaischen Trieben gedacht wird. Allein aus dem Grund gibt es einen Widerwillen dagegen, den intimsten Akt des Menschen einer Marktlogik unterzuordnen, wo der Geschlechtsverkehr endgültig nur noch als Zahlungsverkehr zu beschreiben ist.
Leider hebt sich im Gegensatz zum mathematischen Vorzeichenfehler der doppelte Denkfehler dieser bürgerlichen Argumentation nicht auf.

Zum einen ist es ja schon eine fehlerhafte Entscheidung zu glauben am Modell der gesammelten freud'schen Märchen könne man menschliche Realität beschreiben.

Aber selbst wenn wir im Gedankenexperiment diesen Rahmen einmal akzeptieren, so kann die Angst vor archaischen, sich keiner ausgedachten Logik unterordnenden Trieben natürlich nicht als gültige Begründung gesehen werden für die absurde Angst ausgerechnet der Sexualtrieb könnte der Marktlogik zum Opfer fallen.

Vielmehr ist gerade im Gegenteil die Panik, dass es da etwas geben könnte, das sich nicht dem bürgerlichen Wahnsystem unterordnen lässt der treibende Grund um unlogische Argumentationen zu erfinden, um alles was sich gerechter- und realistischerweise nicht marktlogisch beherrschen läßt kaputt zu machen.

Sachlich gesehen liegen die diskutierten Probleme überhauptnicht bei der Frage ob Intimität Aufgabenbereich einer normalen beruflichen Dienstleistung sein kann oder ob sie darüber "erhaben" sein soll - in diesem falschen Rahmen kann jede Diskussion sich nur im Kreis bewegen und jede aus ihr gezogene Konsequenz ist schädlich.

Nur die Einsicht und Akzeptanz dass es weite Bereiche menschlichen Erlebens und Handelns gibt, die sich grundsätzlich jeder ideologischen Beeinflußbarkeit entziehen kann hier weiterhelfen. Es geht gar nicht darum Sexualität vor der realen Unterordnung unter eine wie auch immer philosophierte Marktlogik zu schützen, da eine solche Unterordnung realistischerweise gar nicht auftreten kann. Es muss vielmehr darum gehen die Menschen vor dem mittels struktureller Gewalt ausgeführten Versuch zu schützen, ihre Sexualität zum "rechtmäßigen" Ausbeutungsobjekt finanzieller Begehrlichkeiten zu machen. Und von Schmiergeldflüsse erzwingenden Regulierungsversuchen über Umdefinieren zum steuerpflichtigen "normalen Beruf" bis zur Freierbestrafung - bei all dem handelt es sich um den offenkundigen Versuch die Sexualität andere finanziell auszubeuten.

Lassen wir den unrealistischen freud'schen Rahmen einmal weg, so zeigt sich dass die Sexualität so erhaben ist, dass sie einen Schutz vor der Verbindung mit Geldflüssen überhaupt nicht nötig hat. Der ist keineswegs geeignet sie irgendeiner Marktordnung unterzuordnen. Alle Probleme kommen aus dem unheiligen Versuch das anders zu sehen, illegalerweise marktlogische Prinzipien anzuwenden obwohl es sich um sexuelle Handlungen handelt.

Die Intimsphäre wird durch eventuelle Geldflüsse keineswegs weniger intim - sondern umgekehrt, Geldflüsse im Rahmen der Intimsphäre sind kein legitimes Objekt öffentlichen Interesses.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: "Menschen bei Maischberger" Thema: Schafft Pro

Beitrag von annainga »

in der sendung gab es eine bemerkenswerte, souveräne diskussionsteilnehmerin, das war die sexarbeiterin "kyra". ich bin fasziniert wie ruhig, intelligent, klar und besonnen sie an dieser diskussion teilgenommen hat.

in meinen augen war sie die einzige die gesprächskultur hat und die tatsachen der sexarbeit klar und richtig sieht.

am meisten aufgeregt hat mich die "betrogene ehefrau" und wiederum auch am meisten leid getan.

die war noch so hochgradig aufgebracht und verletzt, dass sie unter der gürtellinie austeilte.

was öfter genannt wurde, sexarbeiterinnen würden als "stück fleisch mit loch gesehen und benutzt werden", fand ich sehr beleidigend. sowohl für mich als sexarbeiterin als auch für den kunden.

die diskussion hat mich ganz schön mitgenommen, dass sexarbeit als so schlimm angesehen wird, so degradiert wird und in den schmutz gezogen wird, das ist schlimm. das fühlt sich sehr schlimm an.

lieben gruß, annainga

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RE: "Menschen bei Maischberger" Thema: Schafft Pro

Beitrag von Femina »

Annainga, wer sich so ausdrückt und so denkt, ist von uns so weit entfernt, daß uns das gar nicht berühren kann.
Ich sitz da nur vorm Fernseher und schüttel mit dem Kopf.
Aber mich berührt das gar nicht. Mit so Menschen haben wir doch sowieso nichts zu tun.

Mich regte am meisten die undisziplinierte Alice Schwarzer auf. Sie dünkt sich so klug und ist sowas von daneben, das war direkt widerlich.

Kyra war granatenmäßig super.
Eine würdige Vertreterin der ganzen Sache.
Sie wurde auch entsprechend von den Kameras hofiert. Klasse!
Liebe Grüße, Femina
Träume, die wir leben, machen uns zu dem, was wir sind.

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RE: "Menschen bei Maischberger" Thema: Schafft Pro

Beitrag von annainga »

ich habe mit denen zu tun, denn ich bin politisch ein klein wenig aktiv und muss mich diesen personen stellen.

ich kann die argumente der gegenseite verstehen, die verletzung der ehefrau, die sichtweise von frau schwarzer, denn die dunkle seite der sexarbeit ist groß. machtmißbrauch, demütigung, widersprüche kenne ich auch.

das macht mich ja gerade so mißmutig.

nur - es gibt eben auch die andere seite: sexarbeit als dienstleistung, die unter respektvollen und selbstbestimmten bedingungen ausgeübt und in anspruch genommen wird.

und die wurde überhaupt nicht erwähnt.

aber wie gesagt, die kyra war toll und verherrlichte sexarbeit nicht, sondern beschrieb sie sehr realistisch.

lieben gruß, annainga

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malin
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Beitrag von malin »

was mich bei all diesen sendungen zum thema massiv stört, ist der ewig gleiche ablauf in nahezu identischer besetzung.

da gibt es immer ein bis zwei grundsätzliche prostitutionsgegner, eine sozialarbeiterin die vom abgrundtiefen elend der zwangsprostitution zu berichten weiss, eine quotenhure die von den restlichen anwesenden nicht ernst genommen wird, und gerne noch ein polizeichef der die mangelnde kontroll- und razzienbefugnis beklagt.
dann quasseln alle durcheinander, fallen sich gegenseitig ins wort und am schluss hat keiner dem anderen wirklich zugehört.

aber man kann sich dann ja zumindest darauf einigen, dass dieser job ja doch schon irgendwie sehr pfui ist und meistens auch noch hochkriminell, es auf jeden fall viel mehr kontrollen braucht und das ganze am besten eh ganz verboten werden sollte, weil dann ginge es den armen ungebildeten huren gleich wesentlich besser.

und bei keiner der sendungen die ich je gesehen habe kam auch nur mit einem wort zur sprache, wie belastend und traumatisierend für die betroffenen frauen eigentlich die soziale ausgrenzung, die rechtlichen unklarheiten und die zum teil menschenverachtende polizeiliche willkürpraxis im (arbeits)alltag ist.
jedem tun die frauen ja angeblich so sehr leid, aber diese problematik wird erstaunlicherweise von niemandem gesehen bzw. soll wohl auch nicht im tv thematisiert werden.
aber vermutlich geht man davon aus, dass menschen die ja eh den lieben langen tag "ihren körper verkaufen" und die seele gleich mit dazu, sich von derlei kleinigkeiten nicht gross stören lassen.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Lady Tanja
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Faker

Beitrag von Lady Tanja »

und bei keiner der sendungen die ich je gesehen habe kam auch nur mit einem wort zur sprache, wie belastend und traumatisierend für die betroffenen frauen eigentlich die soziale ausgrenzung, die rechtlichen unklarheiten
Du sprichst mir aus der Seele. Danke.

Ein weiterer Aspekt, der nie zur Sprache kommt:

Was mich an meinem Beruf manchmal wirklich stört und an meinen Nerven zehrt, sind NICHT die Gäste.
Die Gäste sind nämlich in ihrer Mehrzahl respektvoll, nett, und wissen meine Dienstleistung zu schätzen.

Wenn sich mal einer wie ein "Freier" benimmt, dann wird er auch so behandelt, und mit dem dezenten Hinweis entlassen, daß er sich beim nächsten Mal eine andere SW suchen kann.

Was mich wirklich nervt, sind die Faker!

Männer, die uns anrufen und beschimpfen.
Männer, die ohne Verabschiedung wieder den Hörer auflegen, wenn man am Telefon nicht ihr Kopfkino bedient.
Männer, die uns mit schmutzigen, respektlosen E-Mails und SMS bombardieren.
Männer, die Termine machen und nicht erscheinen.

Das geht mir an die Substanz, wenn ich einen schlechten Tag habe.

Dann fühle ich mich ausgeliefert, hilf- und machtlos.

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Marc of Frankfurt
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Re: Faker und Telefon-Verkauf-Tipps

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Was mich wirklich nervt, sind die Faker!
Ich vermute das ist der Grund, warum Nur-Escort zu sein relativ attraktiv ist, obwohl man viele Prozente vom Kundengeld abgeben muß und meist nicht direkt erfährt was der Kunde will und wie die eigene Dienstleistung angepriesen und vermarktet wurde. Escorts lassen sich also fertig abgeschlossene Kundenauftäge vermitteln (Agenturarbeit ist die Form der arbeitsteilig, organisierten Sexarbeit, was bei der Prostitution vom Prinzip her eher verboten ist wegen dem traditionellen Zuhälterei-Verdikt).

Umgekehrt gibt es diese negative Erfahrung, die wir beim Telefondienst manchmal machen, also beim Verkaufen, der ein wesentlicher Teil der Arbeit, der Sexarbeit ist, auch wenn es eben kein Sex ist und von vielen garnicht wahrgenommen wird (Die juristische Aufteilung der Geschäftstätigkeit heißt 1. Verkaufen und 2. Liefern/Leisten).

Solche Telefon-Verkaufs-Erlebnisse können wie du richtig beschreibst sehr emotional an einem zehren. Ich sehe da auch die SWBO Gefahr. Was kann man tun:

Tipps & Links:
- Sich eine Telefonistin leisten (400Eur)
- Anrufweiterleitung, Partner-sim-card
- Z.B. einen preiswerten Callcenter Service aus Indien
- eine Mehrwertdienst-Rufnummer zulegen
- Mehrstufig Kunden auswählen
- Z.B. Anzeige/Empfehlung > Homepage/Profil > Bandansage > Mehrwertnummer/Dirketnummer > Vorgespräch am neutralen Ort > Sexsession
- sich eine Fortbildung oder Buch gönnen zum Thema "Telefonmarketing"
- Kunden bei Leistungsbetrug anzeigen (SW Inkasso)
- investieren und hochpreisiger / exklusiver arbeiten
- Faker und Klingler sind arme Teufel, die wollen zwar aber trauen sich nicht (Geiz, Geldmangel?). Ihnen gilt es zu verzeihen, auch wenn sie uns weh getan haben...
- Das sind Kosten und seelische Energien, die wir vorher quasi schon abschreiben müssen, so wie Werbekosten (ich denke das wäre ein Punkt für unsere zukünftige Sexworker Akademie).
- nicht isoliert alleine Arbeiten sondern mit Kollegin eigenen Club eröffnen
- SWBO burn out vorbeugen


Dieses strukturelle Ohnmachtsgefühl am Telefon, wo der andere anonym einfach lügen kann (und kostenlose erotische Gesprächszeit sich erschleichen kann = erotischer Schwarzfahrer) oder schimpfen und auflegen kann, kann sich bei uns subjektiv leicht vermischen mit dem anderen allgemeinen negativen Gefühlen etwa zur strukturellen Ohnmacht wie sie der sozialen Situation von Sexworkern in der Gesellschaft entspricht.

Damit wir da unverletzt ohne SWBO langfristig durch kommen braucht es viel Selbstsicherheit (whore power), Reflexion (evt. Supervision, oder mit Kolleg_innen am Sexworkerstammtisch) oder einen positiven privaten Ausgleich (z.B. vom oder mit dem Lebenspartner)...

Aber das mit Sexworker Beziehungen und Familie ist wieder so ein anderes Problemfeld - ohjehmine

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Lady Tanja
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Beitrag von Lady Tanja »

Tipps & Links:
- Sich eine Telefonistin leisten (400Eur)
- Anrufweiterleitung, Partner-sim-card
- Z.B. einen preiswerten Callcenter Service aus Indien
- eine Mehrwertdienst-Rufnummer zulegen
- Mehrstufig Kunden auswählen
- Z.B. Anzeige/Empfehlung > Homepage/Profil > Bandansage > Mehrwertnummer/Dirketnummer > Vorgespräch am neutralen Ort > Sexsession
- sich eine Fortbildung oder Buch gönnen zum Thema "Telefonmarketing"
- Kunden bei Leistungsbetrug anzeigen (SW Inkasso)
- investieren und hochpreisiger / exklusiver arbeiten
- Faker und Klingler sind arme Teufel, die wollen zwar aber trauen sich nicht (Geiz, Geldmangel?). Ihnen gilt es zu verzeihen, auch wenn sie uns weh getan haben...
- Das sind Kosten und seelische Energien, die wir vorher quasi schon abschreiben müssen, so wie Werbekosten (ich denke das wäre ein Punkt für unsere zukünftige Sexworker Akademie).
- nicht isoliert alleine Arbeiten sondern mit Kollegin eigenen Club eröffnen
- SWBO burn out vorbeugen
Hi Marc,

mit den Tipps kann ich nun überhaupt nichts anfangen, weil sie für mich so gar nicht zutreffen.

Meine Gäste wollen sich garantiert nicht mit einer Telefonistin, sondern mit mir unterhalten.
Und dazu haben sie m.E. auch das Recht.

Nach Abitur, Ausbildung und 10 Jahren im soliden Bürojob als Kauffrau bin ich durchaus in der Lage, mich am Telefon angemessen auszudrücken (Telefonmarketingkurse habe ich in meinem normalen Beruf übrigens gehabt).

Im Leben gäbe es bei mir keine 0900-Nummer...das riecht förmlich nach Abzocke.
Meine Klientel würde das nicht akzeptieren

Ich habe eine eigene, sehr aussagekräftige HP

Mit 200 / Stunde arbeite ich m.E. recht hochpreisig

Als Dominastudiobetreiberin ist auch der Tipp, mit einer Kollegin gemeinsam etwas zu eröffnen, für mich nicht zutreffend.

17 Jahre als SW...und immer noch kein Burn Out.

Mangelndes Selbstbewußtsein habe ich nun auch nicht, und regen Austausch mit Kolleginnen habe ich auch.

Meine Ehe ist auch so gar kein Problemfeld.

...

Fakern ist es egal, ob sie eine hochpreisige, intelligente, sich gut darstellende SW nerven....die rufen einfach irgendeine Nummer an, die sie im Netz finden.

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Ariane
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Beitrag von Ariane »

@Lady Tanja; ich kann dir zu deinem vorletzten und letzten Beitrag nur umfänglich zustimmen.

Seitdem ich wenig Werbung mache und mein öffentliches Auftreten nach und nach geändert habe, die dem Spuk ziemlich erfolgreich ein Ende machten, kommen wenig Anrufe rein, was der Sinn des Ganzen war. Und die sind im Regelfall seriös. Auch habe ich meine Telefonnummer von meiner Website genommen und man kann mich für einen Erstkontakt nur noch über Email kontaktieren. Unbekannte Nummern ignoriere ich nun und bei Anrufunterdrückung ging ich eh nie ran, ausser bei exakt zeitlicher Absprache für einen Anruf mit einem Kunden. Desweiteren durchforste ich derzeit sämtliche Portale, die mich ohne meine Kenntnis gelistet haben und bitte um Löschung. Bei Portalen, wo ich mich tatsächlich gelistet hatte, wird die Rufnummer gelöscht.

Zuvor hatte ich eh schon Bürostunden eingerichtet, wo ich nur begrenzt erreichbar war. Wenn jemand wirklich Interesse hat, wird sich die Mühe machen, mir eine Email zu schreiben.
Auf irgendwelche Spinner, die einem die Laune verhageln, habe ich natürlich auch keine Lust und sämtliche Nummern sind mehrfach geblacklistet. Nicht nur bei mir, sondern in versteckten Bereichen von Foren, wo nur Anbieterinnen Zugang haben oder im Tausch untereinander. Ich denke, dies ist alles eine sehr effektive Strategie, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Natürlich sind dann sehr kurzfristige Dates nicht machbar, aber ich bin eh nicht jederzeit abrufbar. Dies schont ebenfalls die Nerven. In dieser Weise entspannt kann man sich dann auch auf die nächste Verabredung freuen.

@malin
 Bild
malin hat geschrieben: und bei keiner der sendungen die ich je gesehen habe kam auch nur mit einem wort zur sprache, wie belastend und traumatisierend für die betroffenen frauen eigentlich die soziale ausgrenzung, die rechtlichen unklarheiten...
Diese Form der Diskriminierung haben wir ja schliesslich selbst zu verantworten, wenn wir schon in diesem "Milieu" arbeiten, so wahrscheinlich die Denke der Moralisten.
Man benutzt Sexarbeiterinnen nur für Einschaltquoten und Auflage. Gelegentlich nützt es Frauen, die irgendwelche Aussteiger-Bücher vorstellen oder Betreibern von Clubs und Agenturen, wenn sie sich in die Öffentlichkeit stellen.
Im übrigen gibt es für Journalisten keine Anlaufstation für kompetente Sexworker (z.B. Öffentlichkeitsarbeit einer Interessenvertretung), die bereit sind, sich kompetent zu ihrem Job zu äussern, zu rechtlichen Fragen etc. Auskunft zu geben. Anfragen kommen regelmässig bei Beratungsstellen rein und man sucht dann händeringend nach auskunftswilligen Sexworkern (z.B. zum Thema Prostitutionsgesetz), die natürlich auch Gesicht zeigen.

Erschwerend hinzu kommt, dass die allermeisten Journalisten über wenig Ressourcen, Zeit und Vollmachten verfügen, ein Thema differenziert aufzuarbeiten und darzustellen. Zum Schluss entscheidet die Redaktion, was geht und was geht nicht. Und hier sind Entscheidungsspielräume von Redaktionschefs vorhanden, die widerum an Vorgaben gebunden sind. Und das heisst Quote oder Schlagzeile.
Nur mit Aufklärung hat das ganze fast nichts zu tun; Sexworker werden im Regelfall wie Freaks ausgestellt, von der selbstbestimmten Sexarbeiterin will wahrscheinlich auch die Mehrheit der Öffentlichkeit nichts wissen, weil dies ganz persönliche Irritationen erzeugen würde, im eigenen Frauenbild, im Umgang mit dem Partner in Beziehungen (Versorger-Ehe) und das gültige Sexualstigma insgesamt berührt.

Da ist es einfacher, über die "armen Nutten" als Opfer ihrer selbst zu sprechen und sie für ihre "Missratenheit" öffentlich bluten zu lassen. Dieses Klischee dient gleichzeitig als Blitzableiter (Sündenbockfunktion) für andere Dysfunktionalitäten, über die man sich als Zuschauer selbst lieber nicht Rechenschaft geben möchte.
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Lady Tanja
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Beitrag von Lady Tanja »

@Ariane

Der von Dir beschriebene Weg ist wirklich konsequent. Wow!

Eine derartige "Radikalität" kann ich mir leider (noch) nicht leisten.

Ich bevorzuge zwar auch den Erstkontakt per Mail, habe aber dennoch meine Tel Nr sowohl auf der HP als auch in den Werbeportalen.

Auch ich schalte das Telefon außerhalb meiner Bürozeiten aus.

Meine Erfahrung ist, daß Anrufer ab 19 Uhr nicht ernzunehmen sind. Darum schalte ich das Handy dann aus.

Ich nehme Anrufe ohne Rufnummernerkennung an, vergebe aber im leisesten Zweifelsfall an der Seriösität des Anrufers lieber keinen Termin oder nur dann, wenn ich eh gerade im Studio vor Ort bin, und sonst nichts zu tun habe.

Mit ein paar geschickten Nachfragen am Telefon kann ich längst herausfiltern, wie ernsthaft der Anrufer interessiert ist.

Terminverarscher habe ich nur ganz ganz selten; im letzten Jahr (!) waren es insgesamt 5 oder 6 Zeitgenossen.

Diese Terminfaker sind bei mir nicht das große Problem, ich habe ein ziemlich gutes Gespür für diese Art der Anrufer.

Es stört mich dennoch sehr, wenn ich höflich die Fragen eines (ebenfalls) höflichen Anrufers beantworte, und dieser dann mitten im Gespräch auflegt. Das ist so unglaublich respektlos.

Und natürlich nervt es, wenn an einem Tag das Handy 20x klingelt, und ich dank eingespeicherter Nummer weiß, daß es sich um Arsch 17 oder Depp 34 handelt.

Ich ignoriere diese Anrufe natürlich, trotzdem kann ich es mir nicht leisten, das Handy komplett abzuschalten.
Schließlich könnte ja auch Matthias 3 oder Frank 7 anrufen.

Nach so vielen Jahren der Sexarbeit habe ich glücklicherweise einen sehr großen Pool an zuverlässigen Stammgästen, die sich an meine Regeln halten.

Meine dankbaren und zuverlässigen Gäste sind es, die mir an Verarschungstagen immer noch den Glauben an die Männerwelt erhalten.

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Beitrag von Aoife »

          Bild
Lady Tanja hat geschrieben:Und natürlich nervt es, wenn an einem Tag das Handy 20x klingelt, und ich dank eingespeicherter Nummer weiß, daß es sich um Arsch 17 oder Depp 34 handelt.
Kannst du eingespeicherte Nummern nicht blockieren, oder ihnen zumindest individuelle Ruftöne zuweisen?

Dann nimm doch einfach für solche Fälle einen geräuschlosen Rufton auf :002

Liebe Grüße, Aoife
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