ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
-
- PlatinStern
- Beiträge: 3836
- Registriert: 01.02.2007, 22:33
- Wohnort: nrw
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
wie schade, dass sich donacarmen immer wieder durch ihren ton negativ darstellen.
die zahlen sind beeindruckend und könnten zum nachdenken anregen,
wenn man nicht nach den ersten zwei beleidigungen genervt abschaltet.
die zahlen sind beeindruckend und könnten zum nachdenken anregen,
wenn man nicht nach den ersten zwei beleidigungen genervt abschaltet.
-
- Admina
- Beiträge: 7426
- Registriert: 07.09.2009, 04:52
- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe
RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Uhl: Verbesserter Schutz vor Zwangsprostitution und Menschenhandel zwingend erforderlich
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat am
Mittwoch ein Expertengespräch zum Thema “Mehr Schutz vor
Zwangsprostitution und Menschenhandel – Änderungsbedarf im
Prostitutionsgesetz” veranstaltet. Dazu erklärt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl:
“Das Expertengespräch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu
Zwangsprostitution und Menschenhandel hat eindeutigen Handlungsbedarf des Gesetzgebers aufgezeigt. In den Ausführungen der Sachverständigen wurde deutlich, dass insbesondere ein ordnungsrechtlicher Rahmen für
Prostitutionsstätten und eine Anzeigepflicht für Prostituierte
fehlen. Nur wenn wir diese Lücke schließen, können wir vor allem Minderjährige und Osteuropäerinnen wirksam vor sexueller Ausbeutung schützen.
Den seit längerer Zeit erkannten Änderungsbedarf müssen wir rasch angehen. Das unter Rot-Grün 2002 verabschiedete Gesetz hat Prostitution nicht entkriminalisiert, sondern der Kriminalität im Rotlicht-Milieu Vorschub geleistet. Wir müssen der Zwangsprostitution endlich einen Riegel vorschieben.”
http://www.mittelstandcafe.de/uhl-verbe ... 8885.html/
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat am
Mittwoch ein Expertengespräch zum Thema “Mehr Schutz vor
Zwangsprostitution und Menschenhandel – Änderungsbedarf im
Prostitutionsgesetz” veranstaltet. Dazu erklärt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl:
“Das Expertengespräch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu
Zwangsprostitution und Menschenhandel hat eindeutigen Handlungsbedarf des Gesetzgebers aufgezeigt. In den Ausführungen der Sachverständigen wurde deutlich, dass insbesondere ein ordnungsrechtlicher Rahmen für
Prostitutionsstätten und eine Anzeigepflicht für Prostituierte
fehlen. Nur wenn wir diese Lücke schließen, können wir vor allem Minderjährige und Osteuropäerinnen wirksam vor sexueller Ausbeutung schützen.
Den seit längerer Zeit erkannten Änderungsbedarf müssen wir rasch angehen. Das unter Rot-Grün 2002 verabschiedete Gesetz hat Prostitution nicht entkriminalisiert, sondern der Kriminalität im Rotlicht-Milieu Vorschub geleistet. Wir müssen der Zwangsprostitution endlich einen Riegel vorschieben.”
http://www.mittelstandcafe.de/uhl-verbe ... 8885.html/
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
*****
Fakten und Infos über Prostitution
-
- meinungsbildend
- Beiträge: 220
- Registriert: 13.05.2007, 15:27
- Wohnort: Bodensee
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
Was für ein doofes Geschwätz vom Uhl. Er will uns entkriminalisieren und uns aber wie Kriminelle registrieren lassen. So ein scheinheiliges Gelaber.
Entkriminalisiert sind wir dann, wenn wir die gleichen Rechte haben wie andere auch, die wir eindeutig nicht haben. Jeder unserer Fehltritte wird mit hartem Gefängnis bestraft wo andere, wenn es überhaupt Regelungen wie bei uns gibt, mit lächerlichen Bußgeldern weg kommen.
Schreddert erst die alten Paragraphen, ab da kann man von Entkriminalisierung reden.
Entkriminalisiert sind wir dann, wenn wir die gleichen Rechte haben wie andere auch, die wir eindeutig nicht haben. Jeder unserer Fehltritte wird mit hartem Gefängnis bestraft wo andere, wenn es überhaupt Regelungen wie bei uns gibt, mit lächerlichen Bußgeldern weg kommen.
Schreddert erst die alten Paragraphen, ab da kann man von Entkriminalisierung reden.
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1205
- Registriert: 01.09.2008, 18:26
- Ich bin: Keine Angabe
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

Leider trifft das nicht nur auf den Bereich des Prostitutionsgesetzes zu, sondern auf Alles wo Politiker mitmischen wollen - und im Rahmen der derzeitigen totalitären Demokratie sehen sie keinen Grund sich irgendwo zurückzuhalten.malin hat geschrieben:dieses zum teil bodenlos dumme politikergeschwätz mit seinen absurd hanebüchenen argumenten, ist wirklich unerträglich.
Solange Menschen sich dazu hergeben für Geld in Staatsdiensten den Wahnsinn umzusetzen und solange ein Großteil egozentrisch genug ist zu glauben das System sei in Ordnung solange es andere scheinbar mehr behindert als einen selbst, solange werden hahnebüchene Politikargumente nicht nach ihrem inhaltlichen Wert, sondern nur nach ihren erwarteten persönlichen Auswirkungen bewertet.
Erst wenn wir wieder begreifen dass wir das souveräne Volk sind und unsere Souveränität durch kein Wahlverfahren wie auch immer auf Berufspolitiker übertragen werden kann, erst dann kann wieder eine Gesellschaft entstehen, die sich an realen, nämlich menschlichen Bedürfnissen orientiert. Bis dahin werden wir damit leben müssen, dass (wie in diesem Fall exemplarisch die selbstbestimmte Prostitution) jede Art der unabhängigen Lebensgestaltung mit nicht der Wahrheit entsprechenden Argumenten kriminalisiert wird, um die Bedürfnisse der Wirtschaft besser erfüllen zu können.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Dr. Hans-Peter Uhl fordert SW Zwangsregistrierung
Das ungemütliche dabei ist, dass bei unseren Nachbarn in den Niederlanden auch gegen Sexworker-Registrierung protestiert werden muß:
www.change.org/petitions/stop-forced-re ... ex-workers
www.sexworkeurope.org/en/campaigns-main ... etherlands
http://petities.nl/petitie/nee-tegen-ge ... ekswerkers
Entweder ist das alles nur symbolische Politik aufkosten der sozio-sexuellen Minderheit der Sexworker, wo sich die Politiker als Macher und Saubermänner dem Wahlvolk präsentieren wollen, oder es ist eine tatsächliche Bedrohung für unsereins und das Menschenrecht auf sexuelle Ausdrucksweise ohne Staatsintervention. Die Lage ist leider so schwer eindeutig zu beurteilen...
Da ich auch nicht wirklich daran glaube, dass on-line Petitionen etwas bewirken, und ich auch Angst davor habe, dass wir nur eine Handvoll unterschriften bekommen, solange so eine Aktion nicht von einer großen Bewegung getagen ist, sollten wir uns mal Gedanken machen, welche sonstigen kreativen Aktionen wir gegen derlei Politikerstatements machen können...
Andererseits sieht man, in dieser Meldung hat eine Zeitung vom Lande lediglich eine PE der Partei abgedruckt inkl. Absender-Briefkopf der Bundestagsfraktion. Eine Meldung, die in einer seriöseren Zeitung und unhinterfragt so vermutlich und hoffentlich nicht zu finden ist.
Ausnahme ist natürlich Bayern und München, wo Sexworker-Registrierung bei der Polizei vor Arbeitsantritt bekanntlich Fakt ist. Und München-Mitte ist ausgerechnet der Bundestags-Wahlkreis von ihm. Und er war früher mal der Ordnungsamt-Chef in München.
So haben andere schonmal ihren Protest dargestellt:

Dr.jur. Hans-Peter Uhl (geb. 1944)
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Uhl
www.uhl-csu.de
Wir können ja mal was zum Thema Sexwork layouten...
www.change.org/petitions/stop-forced-re ... ex-workers
www.sexworkeurope.org/en/campaigns-main ... etherlands
http://petities.nl/petitie/nee-tegen-ge ... ekswerkers
Entweder ist das alles nur symbolische Politik aufkosten der sozio-sexuellen Minderheit der Sexworker, wo sich die Politiker als Macher und Saubermänner dem Wahlvolk präsentieren wollen, oder es ist eine tatsächliche Bedrohung für unsereins und das Menschenrecht auf sexuelle Ausdrucksweise ohne Staatsintervention. Die Lage ist leider so schwer eindeutig zu beurteilen...
Da ich auch nicht wirklich daran glaube, dass on-line Petitionen etwas bewirken, und ich auch Angst davor habe, dass wir nur eine Handvoll unterschriften bekommen, solange so eine Aktion nicht von einer großen Bewegung getagen ist, sollten wir uns mal Gedanken machen, welche sonstigen kreativen Aktionen wir gegen derlei Politikerstatements machen können...
Andererseits sieht man, in dieser Meldung hat eine Zeitung vom Lande lediglich eine PE der Partei abgedruckt inkl. Absender-Briefkopf der Bundestagsfraktion. Eine Meldung, die in einer seriöseren Zeitung und unhinterfragt so vermutlich und hoffentlich nicht zu finden ist.
Ausnahme ist natürlich Bayern und München, wo Sexworker-Registrierung bei der Polizei vor Arbeitsantritt bekanntlich Fakt ist. Und München-Mitte ist ausgerechnet der Bundestags-Wahlkreis von ihm. Und er war früher mal der Ordnungsamt-Chef in München.
So haben andere schonmal ihren Protest dargestellt:

Dr.jur. Hans-Peter Uhl (geb. 1944)
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Uhl
www.uhl-csu.de
Wir können ja mal was zum Thema Sexwork layouten...
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Dem Uhl contra gegen
Wie gefällt Euch dieses Gegen-Kampagnen-Motiv?

Expertenanhörung ProstG im zuständigen Bundesfamilienministerium s.o.:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=112481#112481
Veröffentlichung des geheimen Gutachtens, das strengere Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung fordert (Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages):
www.netzpolitik.org/2012/exklusiv-wir-v ... g-fordert/
Diese "Kriminalisierung" der Politiker lehnen die Politiker jedoch ab (s.o. RA Dr. Wolfgang Götzer (MdB, CDU/CSU, Landshut)). Bei einer "Kriminalisierung" von Sexwork scheinen sie keine Probleme zu haben.

Expertenanhörung ProstG im zuständigen Bundesfamilienministerium s.o.:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=112481#112481
Veröffentlichung des geheimen Gutachtens, das strengere Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung fordert (Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages):
www.netzpolitik.org/2012/exklusiv-wir-v ... g-fordert/
Diese "Kriminalisierung" der Politiker lehnen die Politiker jedoch ab (s.o. RA Dr. Wolfgang Götzer (MdB, CDU/CSU, Landshut)). Bei einer "Kriminalisierung" von Sexwork scheinen sie keine Probleme zu haben.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 04.10.2012, 13:11, insgesamt 3-mal geändert.
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe
Schwierig Marc,
ich verstehe sehr gut den Zorn, glaube aber aus diesen Gründen:

Können wir nicht mehr herausarbeiten, dass jeder betroffen ist, wenn es um Menschenrechte geht?
So wie der griffige Spruch "die Keime sind nicht am Geld" die Zwangsuntersuchung sachlich ad absurdum führt ohne sich mit persönlichen Angriffen auf ihre Befürworter aufzuhalten ... könnten wir etwa plakativ formulieren:
Auch bezahlter Sex ist und bleibt Sex - Geld gibt dem Staat keine Schnüffelerlaubnis in der Intimsphäre der Bürger - Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention ?
Liebe Grüße, Aoife
ich verstehe sehr gut den Zorn, glaube aber aus diesen Gründen:

kaum dass der etwas bewirken wirdAoife hat geschrieben:solange ein Großteil egozentrisch genug ist zu glauben das System sei in Ordnung solange es andere scheinbar mehr behindert als einen selbst

Können wir nicht mehr herausarbeiten, dass jeder betroffen ist, wenn es um Menschenrechte geht?
So wie der griffige Spruch "die Keime sind nicht am Geld" die Zwangsuntersuchung sachlich ad absurdum führt ohne sich mit persönlichen Angriffen auf ihre Befürworter aufzuhalten ... könnten wir etwa plakativ formulieren:
Auch bezahlter Sex ist und bleibt Sex - Geld gibt dem Staat keine Schnüffelerlaubnis in der Intimsphäre der Bürger - Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention ?
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1205
- Registriert: 01.09.2008, 18:26
- Ich bin: Keine Angabe
sehe ich auch so.
es liegt in der natur des menschen, dass sie sich in der regel nur dann ernsthaft für eine thematik interessieren, wenn sie sich in irgend einer form selbst betroffen wähnen.
wenn es gelingt diese verbindung zwischen sw-rechten und denen des "normal" bürgers herzustellen, haben wir meines erachtens die grösste aussicht auf erfolg.
es liegt in der natur des menschen, dass sie sich in der regel nur dann ernsthaft für eine thematik interessieren, wenn sie sich in irgend einer form selbst betroffen wähnen.
wenn es gelingt diese verbindung zwischen sw-rechten und denen des "normal" bürgers herzustellen, haben wir meines erachtens die grösste aussicht auf erfolg.
liebe grüsse malin
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Kampagnen Brainstorming
Mir gefällt der Satz von Aoife auch. Er ist aber evt. noch nicht sexy genug, um viral werden zu können und wir brauchen ein Bild oder Logo dazu.
Um nämlich diese gleiche Interessenlage mit allen Bürgern herzustellen zu können, müssen wir was finden, was gerade stärker ist als das ausgrenzende Tabu und Stigma was immer im Raum schwebt.
Bei meinem Uhl-Bild habe ich auf die Gleichheit der Bürger bezüglich "Verkäuflichkeit" bei Prostitution und Politik abgestellt. Es ist also nicht nur ein bashing auf eine Person.
Unsere Formulierungen muß sowohl rational für den Kopf und emotional fürs Herz zugleich sein.
Macht mal alle mit im Brainstorming, was für Aussagen und Slogans wir haben
und welche Fotos wir dazu verwenden können
Hier sind die Tools um das graphisch umzusetzen www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1734
Mein Uhl-Bild z.B. hiermit www.bighugelabs.com/motivator.php wo in der Fußzeile noch viele andere Werkzeuge sind. *have fun*
Um nämlich diese gleiche Interessenlage mit allen Bürgern herzustellen zu können, müssen wir was finden, was gerade stärker ist als das ausgrenzende Tabu und Stigma was immer im Raum schwebt.
Bei meinem Uhl-Bild habe ich auf die Gleichheit der Bürger bezüglich "Verkäuflichkeit" bei Prostitution und Politik abgestellt. Es ist also nicht nur ein bashing auf eine Person.
Unsere Formulierungen muß sowohl rational für den Kopf und emotional fürs Herz zugleich sein.
Macht mal alle mit im Brainstorming, was für Aussagen und Slogans wir haben
und welche Fotos wir dazu verwenden können
Hier sind die Tools um das graphisch umzusetzen www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1734
Mein Uhl-Bild z.B. hiermit www.bighugelabs.com/motivator.php wo in der Fußzeile noch viele andere Werkzeuge sind. *have fun*
-
- Admina
- Beiträge: 7426
- Registriert: 07.09.2009, 04:52
- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe

Wenn ich die in letzte Zeit gehäufte Propaganda Berichte lese und sie mit meine Erfahrung, (ich oute mich seit 30 Jahre) empfinde ich einen solchen großen Diskrepanz zu meinen gemachten Erfahrungen.malin hat geschrieben:wenn es gelingt diese verbindung zwischen sw-rechten und denen des "normal" bürgers herzustellen, haben wir meines erachtens die grösste aussicht auf erfolg.
Dies würde mir nochmal voll bestätigt, als ich in Frankfurt an die Bordellführung von Dona Carmen war.
Die Frauengruppe (ca.30 Frauen), die in an die Veranstaltung "Was Sir schon immer über Sexulpraktiken von Frauen in der Prostitution wissen wollten." teilgenommen haben, war der Grundtenor: "Wir sind hier hin gekommen, weil wir uns selbst einen Bild machen wollen über Sexarbeit und den Klischees in den Medien hinterfragen wollen."
Es haben 300 Frauen Schlange gestanden um ein Ticket für vier Bordelführungen (je 20 Personen) und zwei Mitmach-Schnupperkurs Table-Dance (je 6 Teilnemerinnen):
Als ich das Video von Robin Few (SWOP) sah, wie sie erzählte, wie sie mit der Aktivistenarbeit für SWOP anfing, das sie sich bei jedem Frauengruppe in ihre Region Kontakt aufnahm, dort Mitglied würde und sich als Sexworkerin outet. Mit eine Natürlichkeit, die sehr beieindruckend war.
Hier ein Bericht und das Video: Robin Few
http://maggiemcneill.wordpress.com/2012 ... robyn-few/
Liebe Grüsse, Fraences
Zuletzt geändert von fraences am 28.09.2012, 13:30, insgesamt 1-mal geändert.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
*****
Fakten und Infos über Prostitution
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1205
- Registriert: 01.09.2008, 18:26
- Ich bin: Keine Angabe
ach, ich bin bei sowas immer so schrecklich unkreativ.
aber ich würde den ansatz verfolgen, dass es auch menschen mit sexuellen neigungen abseits des mainstreams (one-night-stands/BDSM etc) in nicht allzu ferner zukunft blühen könnte, sich als registrierungs- und überwachungspflichtiges klientel in den fängen des staates wiederzufinden.
so a la: "sie hoffen auf der party heute abend jemanden kennenzulernen, und würden denjenigen gerne mit zu sich nach hause nehmen?
bitte versäumen sie es nicht, sich vorab bei dem für sie zuständigen sittendezernat registrieren zu lassen, und überprüfen sie im vorfeld, ob ihre wohnung dafür als beischlafstätte lizensiert und zugelassen ist.
denn nur so können wir sicherstellen dass die Jugend geschützt wird, und kein zwang im spiel ist"
aber ich würde den ansatz verfolgen, dass es auch menschen mit sexuellen neigungen abseits des mainstreams (one-night-stands/BDSM etc) in nicht allzu ferner zukunft blühen könnte, sich als registrierungs- und überwachungspflichtiges klientel in den fängen des staates wiederzufinden.
so a la: "sie hoffen auf der party heute abend jemanden kennenzulernen, und würden denjenigen gerne mit zu sich nach hause nehmen?
bitte versäumen sie es nicht, sich vorab bei dem für sie zuständigen sittendezernat registrieren zu lassen, und überprüfen sie im vorfeld, ob ihre wohnung dafür als beischlafstätte lizensiert und zugelassen ist.
denn nur so können wir sicherstellen dass die Jugend geschützt wird, und kein zwang im spiel ist"

liebe grüsse malin
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 892
- Registriert: 13.08.2010, 09:30
- Wohnort: Südbaden
- Ich bin: Keine Angabe
RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Obwohl ich die Fundamentalkritik am gegenwärtigen politischen System teilweise nachvollziehen kann, sehe ich daraus keine Konsequenz bzw. keine Hindernisse dafür, die Interessen der Sexworker / innen frei von jeder Polemik zu äussern.
So wie es hier auch Annaninga bei der hier kürzlich eingestellten Bekanntmachung von DonaCarmen anmerkte. Ich denke, dass auch hier vom Forum bei den politischen "Rädelsführern" in Deutschland (Bund und Länder) entsprechende Gegendarstellungen eingereicht werden, damit die Interessen der SW sich Gehör verschaffen.
Was bewirkt ein "Schattenbericht" an ein UNO-Gremium für einen Einfluss in der laufende Diskussion in Deutschland? Sicher ist es das Effektivste, wenn in einer höchstrichterlichen Entscheidung der Gesetzgeber entsprechend aufgefordert wird. Wer aber hat überhaupt die Möglichkeit dies durchzuziehen?
Es müssen immer wieder die berechtigten Interessen politisch/öffentlich dargestellt werden, Falschmeldungen richtig gestellt werden: kann sich dies Forum nicht auch in Deutschland zu zu einer Interessenlobby entwickeln? Es gibt da ein Sprichwort "Steter Tropfen höhlt den Stein".
Dies auch, wenn schlechte Erfahrungen gemacht wurden.
Gruß Jupiter
So wie es hier auch Annaninga bei der hier kürzlich eingestellten Bekanntmachung von DonaCarmen anmerkte. Ich denke, dass auch hier vom Forum bei den politischen "Rädelsführern" in Deutschland (Bund und Länder) entsprechende Gegendarstellungen eingereicht werden, damit die Interessen der SW sich Gehör verschaffen.
Was bewirkt ein "Schattenbericht" an ein UNO-Gremium für einen Einfluss in der laufende Diskussion in Deutschland? Sicher ist es das Effektivste, wenn in einer höchstrichterlichen Entscheidung der Gesetzgeber entsprechend aufgefordert wird. Wer aber hat überhaupt die Möglichkeit dies durchzuziehen?
Es müssen immer wieder die berechtigten Interessen politisch/öffentlich dargestellt werden, Falschmeldungen richtig gestellt werden: kann sich dies Forum nicht auch in Deutschland zu zu einer Interessenlobby entwickeln? Es gibt da ein Sprichwort "Steter Tropfen höhlt den Stein".
Dies auch, wenn schlechte Erfahrungen gemacht wurden.
Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Strategiediskussion SW-Emanzation
Ich bin dankbar, dass es so eine klar prononcierte Stimme wie die von Donna Carmen e.V. - Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, gibt.
Ist der Tonfall nicht vergleichbar mit Bitchism?
Und damit ein Akt der Emanzipation, der sogar bis heute unterdrückten Frau und Sexarbeit? Gibt es nicht geradezu eine Notwendigkeit die Dinge oder Mißstände so provokativ beim Namen zu nennen?
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=124378#124378
Wir haben ja mehere Wege die uns offen stehen und wo wir überall ein Eisen im Feuer haben
- bei unseren Kundenmännern leisten wir guten Service
- bei unseren Bekannten und der Familie sind wir aufrichtige, sympatische gute Menschen
- in der Hurenbewegung sind wir lautstarke Protestler und Mitstreiter_innen
- bei der UN sind wir fleißige Schattenbericht-Schreiber
- bei den Behörden und runden Tischen sind wir engagierte Input-Geber und Interessenvertreterinnen
- bei den Kolleg_innen sind wir unermüdliche Aufklärer_innen und Berater_innen
- bei den Agenturen und Arbeitgebern sind wir bisweilen renitente auf ihre Rechte pochende Mitarbeiter
- im Sexworker Forum sind wir gut vernetzte solidarische Kolleginnen
- im Freierforum sind wir clevere Webekund_innen und auf unserem Image selbstsicher bestehende Kauffrauen/-männer
- im öffentlich-politischen Feld nutzen wir Bitchism, Provokation und Protestkultur, um dem Mainstream-Denken Grenzen aufzuzeigen bzw. ein Umdenken herauszufordern oder von der nächsten Generation anzuregen...
- ...
Mag nach multipler Persönlichkeitstörung klingen, ist aber das allgemeine Los der meisten Sexarbeiter_innen in einer Welt, wo Prostitution bisher noch nicht allgemein anerkannt ist und es kein Anti-Diskriminierungsgesetz (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG) für SW bisher noch nicht gibt.
Richtig ist zweifellos, dass nur sozialer Einfluß die Dinge langfristig ändern kann. D.h. Sichtbarkeit, Selbst-Outing (coming out), beständige Klarstellungen in Öffentlichkeit und Presse, Vernetzung (öffentliche Briefe und Leserbriefe), Institutionalisierung (eigene Verbände, Kollektive, geoutete SW und Firmen, SW-Mitarbeiter bei Beratungsstellen...) ...
Die Schwulenbewegung hat das vorgemacht und der schwule Manfred Bruns, pensionierter Bundesanwalt am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreutz erster Klasse für seine Verdienste um die Emanzipationsbewegung der Schwulen und Lesben, ist ein beredtes Beispiel was diese Arbeit für eine Lebensaufgabe darstellt. Er hat den www.LSVD.de mitgegründet und ist die wesentliche Kraft hinter den zahlreichen Veröffentlichungen und fast wöchentlichen Presserklärungen, Gegendarstellungen oder Klarstellungen, die versendet wurden währened der letzten 20 Jahre.

Manfred Bruns (mitte), 77 Jahre, erhält im Rathaus Osnabrück den 21. Gay Courage Preis 2012
www.de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Bruns
Ist der Tonfall nicht vergleichbar mit Bitchism?
Und damit ein Akt der Emanzipation, der sogar bis heute unterdrückten Frau und Sexarbeit? Gibt es nicht geradezu eine Notwendigkeit die Dinge oder Mißstände so provokativ beim Namen zu nennen?
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=124378#124378
Wir haben ja mehere Wege die uns offen stehen und wo wir überall ein Eisen im Feuer haben
- bei unseren Kundenmännern leisten wir guten Service
- bei unseren Bekannten und der Familie sind wir aufrichtige, sympatische gute Menschen
- in der Hurenbewegung sind wir lautstarke Protestler und Mitstreiter_innen
- bei der UN sind wir fleißige Schattenbericht-Schreiber
- bei den Behörden und runden Tischen sind wir engagierte Input-Geber und Interessenvertreterinnen
- bei den Kolleg_innen sind wir unermüdliche Aufklärer_innen und Berater_innen
- bei den Agenturen und Arbeitgebern sind wir bisweilen renitente auf ihre Rechte pochende Mitarbeiter
- im Sexworker Forum sind wir gut vernetzte solidarische Kolleginnen
- im Freierforum sind wir clevere Webekund_innen und auf unserem Image selbstsicher bestehende Kauffrauen/-männer
- im öffentlich-politischen Feld nutzen wir Bitchism, Provokation und Protestkultur, um dem Mainstream-Denken Grenzen aufzuzeigen bzw. ein Umdenken herauszufordern oder von der nächsten Generation anzuregen...
- ...
Mag nach multipler Persönlichkeitstörung klingen, ist aber das allgemeine Los der meisten Sexarbeiter_innen in einer Welt, wo Prostitution bisher noch nicht allgemein anerkannt ist und es kein Anti-Diskriminierungsgesetz (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG) für SW bisher noch nicht gibt.
Richtig ist zweifellos, dass nur sozialer Einfluß die Dinge langfristig ändern kann. D.h. Sichtbarkeit, Selbst-Outing (coming out), beständige Klarstellungen in Öffentlichkeit und Presse, Vernetzung (öffentliche Briefe und Leserbriefe), Institutionalisierung (eigene Verbände, Kollektive, geoutete SW und Firmen, SW-Mitarbeiter bei Beratungsstellen...) ...
Die Schwulenbewegung hat das vorgemacht und der schwule Manfred Bruns, pensionierter Bundesanwalt am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreutz erster Klasse für seine Verdienste um die Emanzipationsbewegung der Schwulen und Lesben, ist ein beredtes Beispiel was diese Arbeit für eine Lebensaufgabe darstellt. Er hat den www.LSVD.de mitgegründet und ist die wesentliche Kraft hinter den zahlreichen Veröffentlichungen und fast wöchentlichen Presserklärungen, Gegendarstellungen oder Klarstellungen, die versendet wurden währened der letzten 20 Jahre.

Manfred Bruns (mitte), 77 Jahre, erhält im Rathaus Osnabrück den 21. Gay Courage Preis 2012
www.de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Bruns
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Action-Kit gegen Regulierung
Information Pack on proposed Sex Industry Regulation
Aufklärungs-, und Aktions-Kit der Sexworker in NSW, Australien (Sydney) zu einer geplanten Gesetzesverschärfung mit Lizensierung und SW-Registrierung:
PDF: www.sexworker.at/phpBB2/download.php?id=1104 (English)
Neue Gesetzesvorschläge bedrohen dort die erfolgreiche und weltweit modellhafte Entkriminalisierung seit 1995 zurückzudrehen.
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=124856#124856
Gerade weil wir in Deutschland nicht so einen volksnahen Anhörungsprozess zu haben scheinen mit einer eigenen Behördenstelle wie in Australien www.betterRegulation.nsw.gov.au , benötigen wir dringend auch solche Informationsmaterialien und Aktion-Kits auf Deutsch (und den Sprachen der Gastarbeiter_innen;), damit alle Sexarbeiter_innen die brisante politische und rechtliche Lage und drohenden Veränderungen in Deutschland verstehen können, um sich einzumischen und Gehör zu finden.
Die kommenden Prostitutionstage und Events in Bochum und Frankfurt sind eine Gelegenheit dies im Detail abzusprechen:
BO www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=9882
F www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=119580#119580
Aufklärungs-, und Aktions-Kit der Sexworker in NSW, Australien (Sydney) zu einer geplanten Gesetzesverschärfung mit Lizensierung und SW-Registrierung:
PDF: www.sexworker.at/phpBB2/download.php?id=1104 (English)
Neue Gesetzesvorschläge bedrohen dort die erfolgreiche und weltweit modellhafte Entkriminalisierung seit 1995 zurückzudrehen.
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=124856#124856
Gerade weil wir in Deutschland nicht so einen volksnahen Anhörungsprozess zu haben scheinen mit einer eigenen Behördenstelle wie in Australien www.betterRegulation.nsw.gov.au , benötigen wir dringend auch solche Informationsmaterialien und Aktion-Kits auf Deutsch (und den Sprachen der Gastarbeiter_innen;), damit alle Sexarbeiter_innen die brisante politische und rechtliche Lage und drohenden Veränderungen in Deutschland verstehen können, um sich einzumischen und Gehör zu finden.
Die kommenden Prostitutionstage und Events in Bochum und Frankfurt sind eine Gelegenheit dies im Detail abzusprechen:
BO www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=9882
F www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=119580#119580
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1330
- Registriert: 14.03.2008, 12:01
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
Es ist schön Marc, dass du etwas einforderst, was bereits in der Mache ist, wie ich gestern abend ja hier bekannt gab. Und unerträglich, dass du es ignorierst. viewtopic.php?p=124837#124837
Wie volksnaher kann es nur sein, wenn öffentlich zugängliche Veranstaltungen auch im Bundestag anstehen, zu denen man sich nur anmelden muss? Aber ich schreibe den Link jetzt hier nicht rein, sonst gibt es wahrscheinlich Randale und die brauchen wir wirklich nicht, um ins Gespräch mit möglichst vielen Abgeordneten zu kommen. Sorry, aber ich hab hier kein Vertrauen, hier bestimmte Infos reinzustellen, da ich damit rechne, das noch mehr Porzellan zerschlagen wird. Und das schadet der Verhandlungsposition und Glaubwürdigkeit jedes und jeder Aktivistin, die sich darum bemühen, positiv auf die Novellierung einzuwirken.
Ich gehe davon aus, dass auch dieser Beitrag ins Nirvana verschoben wird. Its mirrored.
Und ich gehe euch solange auf den Sack, bis meine kritischen Beiträge ins Licht der Öffentlichkeit gelangen. Und glaubt mir, ein bisschen Pluralismus schadet dem Image dieses Forums weniger als die bisherige Gangart.
Wie volksnaher kann es nur sein, wenn öffentlich zugängliche Veranstaltungen auch im Bundestag anstehen, zu denen man sich nur anmelden muss? Aber ich schreibe den Link jetzt hier nicht rein, sonst gibt es wahrscheinlich Randale und die brauchen wir wirklich nicht, um ins Gespräch mit möglichst vielen Abgeordneten zu kommen. Sorry, aber ich hab hier kein Vertrauen, hier bestimmte Infos reinzustellen, da ich damit rechne, das noch mehr Porzellan zerschlagen wird. Und das schadet der Verhandlungsposition und Glaubwürdigkeit jedes und jeder Aktivistin, die sich darum bemühen, positiv auf die Novellierung einzuwirken.
Ich gehe davon aus, dass auch dieser Beitrag ins Nirvana verschoben wird. Its mirrored.
Und ich gehe euch solange auf den Sack, bis meine kritischen Beiträge ins Licht der Öffentlichkeit gelangen. Und glaubt mir, ein bisschen Pluralismus schadet dem Image dieses Forums weniger als die bisherige Gangart.
love people, use things - not the other way round
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Sexworker Statement
Unsere Kollegin Ariane hat die Lage zur ProstG-Reform/Verschärfung zusammengestellt und ausgearbeitet. Vielen herzlichen Dank.
Gesetzesnovellierung trifft Realität
Der Forderungskatalog sieht vor:
1.) Erlaubnispflicht von betreibergeführten Prostitutionsstätten
2.) Meldepflichten über/von SexarbeiterInnen
3.) Prävention übertragbarer Krankheiten (Nachweis der Durchsetzung einer Kondompflicht von Betreiberseite)
4.) Sanktionsmöglichkeiten bei Betrieb einer Prostitutionsstätte bezogen auf Verstösse bei 1.-3.
5.) grundsätzliche Vermutung abhängiger Beschäftigung, Scheinselbständigkeit in betreibergeführten Prostitutionsstätten, Präzisierung der Weisungsfreiheit
6.) Anhebung des Schutzalters für Sexworker von 18 auf 21 Jahre
7.) Für die Durchsetzung der Erlaubnispflicht und die Überprüfung der Betreiber, wird das
Bundeszentralregistergesetz dahingehend geändert, dass den Behörden uneingeschränkt Auskunft der Antrag Stellenden einholen kann
Versuch einer Interpretation und Ergänzungen zu den einzelnen Forderungen im Überblick
zu 1.) Die Erlaubnispflicht ist ein Lizensierungsmodell für Prostitutionsstätten: Erlaubnispflicht/Genehmigungspflicht bedeutet, das über eine reine Anzeigepflicht des Gewerbes hinaus, eine Genehmigung nur unter bestimmten Auflagen erteilt wird oder bestehende Betriebe, die sie nicht erfüllen, schliessen müssen.
Die gewerberechtliche Einordnung einer Prostitutionsstätte als Gewerbebetrieb wurde bislang durch das noch geltende Sittenwidrigkeitsverdikt “der Unsittlichkeit Vorschub leisten” behindert, weshalb die betreibergeführten Prostitutionsstätten nicht dem Gewerberecht zugeordnet wurden und offiziell als Zimmervermietungen geführt werden.
Gewerbezulassungen wurden in der Vergangenheit und Gegenwart schon regelmässig versagt; unter Zuhilfenahme des Baurechts sowie der Begründung “sozial unwertiger” Arbeit, z.B. in Baden-Württemberg. Das Sittenwidrigkeitsverdikt ist in der Praxis als auch in der aktuellen Rechtsprechung und Literatur immer noch in Kraft.
Die Einordnung ins Gewerberecht macht die Definition von Auflagen und Kriterien notwendig, wie sie auch anderen Gewerben unterliegen. Hinzu kommt die Definition einer Prostitutionsstätte, die je nach Kriterien auch die selbständige Wohnungsprostitution treffen würde, ob alleine werkelnd oder mit Kolleginnen, die sich den gleichen Auflagen wie z.B. Betreiber von Laufhäusern oder Grossbordellen unterwerfen müssten und damit ein Hinderungsgrund wäre, Sexwork als Selbständige legal auszuüben und sie verstärkt zu kriminalisieren. Wäre sie bspw. nicht in der Lage, ein polizeiliches Führungszeugnis zu erhalten (z.B. durch frühere Verstösse gegen die Sperrbezirksverordnung) könnte sie legal der Prostitution in einer Wohnung nicht nachgehen. Sie müsste ausweichen auf Bordell, Strassenstrich oder Escortagentur oder unter illegalisierten Umständen ihrer Tätigkeit nachgehen. Einer Normalisierung als selbständig ausgeübte Erwerbstätigkeit würde diese Praxis im Wege stehen. Zementiert würde ihre Kriminalisierung und wäre von den ursprünglichen Zielen des ProstG und der Legalisierung als Ziel weit entfernt.
zu 2.) Meldepflichten für alle SexarbeiterInnen innerhalb und ausserhalb betreibergeführter Prostitutionsstätten
Das bedeutet im Prinzip Zwangsregistrierung von SexarbeiterInnen, mit dem Ziel permanenter lückenloser Erfassung und Überwachung aller SexarbeiterInnen.
(In den Niederlanden ist nach der bereits bestehenden Einführung der Erlaubnispflicht für Agenturen und Bordelle, ab 2013 ist die Zwangsregistrierung aller SexarbeiterInnen geplant.)
Meldepflichten und ihre Umsetzung sind bspw. in Berlin in betreibergeführten Prostitutionsstätten längst gang und gäbe; auch bei der Abführung der durch Betreiber eingetriebenen Pauschalsteuer haben Betreiber darüber nachweislich Buch zu führen, über die Anmeldung der Neuzugänge und Abmeldungen von SexarbeiterInnen. Der Künstlername muss im Fall einer Kontrolle der steuerrechtlichen Anmeldung des Realnamens der SexarbeiterIn zuordnenbar sein.
Problem ist, dass SexarbeiterInnen, von denen viele mobil sind und häufig touren, bislang kaum bei den ganzen Sonderverordnungen und Sondergesetzen durchblicken können. Nachvollziehbar.
Ausserdem wurde ihnen häufig vorgegaukelt, dass eine allgemeine Steueranmeldung unter bürgerlichem Namen entfällt und ihre Steuerschuld nach Entrichtung einer Pauschalsteuer automatisch abgegolten sei, weshalb sich dann Sexworker keine Quittungen für ihre entrichtete Pauschalsteuer beim Betreiber ausstellen liessen, der bereits jetzt schon als verlängerter Arm des Finanzamts fungiert. Dies ohne Gesetzesgrundlage.
Der Informationsgrad, Kommunikation von Information in die Szene hinein, aber auch am Arbeitsplatz vor Ort ist teils unterirdisch. Am Ticketautomaten Bonn am Strassenstrich ist die Sexarbeiterin nicht von Steuerschuld befreit, wenn sie das Steuer-Ticket bezahlt; dort ist die Steuer zu Beginn ihres Arbeitstages (besser Nacht, da die Arbeit dort erst ab 20h erlaubt ist) im voraus zu leisten, auch wenn sie keinen einzigen Kunden hat. Soweit mir bekannt, gibt es selbst bis heute bei manchen Finanzämtern Probleme in der Steuerermittlung, da Direktiven offenbar undurchsichtig für viele Sachbearbeiter sind und Informationen dazu uneindeutig weitergegeben werden. Dies führt regelmässig zu Verständigungsproblemen zwischen SexarbeiterInnen und Finanzamt, obwohl sie Steuererklärungen ordnungsgemäss und vollständig abgegeben haben.
Es ist unter 2.) auch von der Meldepflicht für selbständige, “ausserhalb” sog. Prostitutionsstätten tätige Sexarbeiter die Rede:
Schon jetzt führen die unterschiedlichen zuständigen Kontrollbehörden meist gemeinsam Kontrollen durch, inkl. polizeilicher Registrierung. Selbst bei der gewerberechtlichen Zuordnung als Prostitutionsstätte wäre nicht davon auszugehen, dass nur das Gewerbe- oder Finanzamt kontrolliert. Sexworker müssten sich zukünftig auch weiterhin Kontrollen gefallen lassen, auch durch Zoll und Kripo. Dies bedeutet die Kriminalisierung der gesamten Branche.
Kontrollen der Meldepflicht ist jetzt bereits gelebte Praxis: Kontrollbehörden wie der Zoll suchen regelmässig, oft zusammen mit einem Beamten des Gewerbeamts, Sexworker in der Wohnungsprostitution auf bzw. finden routinemässig diese Kontrollen auch in allen anderen Bereichen der Sexarbeit statt, in Bordellen und Hotels. Hier wird teilweise mit sog. “Scheinfreiern” und “Milieuaufklärern” gearbeitet, auch um Escorts in Hotels innerhalb eines Sperrbezirks zu locken, die meist weniger aus Risikobereitschaft, sondern aus Uninformiertheit in die Falle tappen. Mit Verwarnungen, Bussgelder bis zu Haftstrafen ist im Wiederholungsfall zu rechnen. Dies gilt auch für die folgende Forderung und Sanktionsmöglichkeiten.
zu 3.) Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten d.h. bundesweite Einführung einer Kondompflicht in Prostitutionsstätten (plus Nachweis ihrer Durchsetzung auf Betreiberseite: wie soll diese Unmöglichkeit umgesetzt werden? Wie überprüfen, was konkret im Zimmer vonstatten geht, Intimkontrolle durch Kameras? Lügendetektortest?
Dies nach Vorbild der bayerischen Hygieneverordnung, die generell Sex ohne Kondome in der Prostitution verbietet. Laut meiner Kenntnisse ist die Nachfrage nach ungeschütztem Sex in Bayern konstant gleich geblieben, trotz Verordnung. Aus Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts ist nicht zu erkennen, inwieweit sich die Kondomverordnung auf ein geändertes Sexualverhalten in der Prostitution ausgewirkt hat, es lässt sich kein Effekt ableiten und keine empirisch belegbare Aussage finden, wonach die Verordnung zu einer Verringerung oder Erhöhung von sexuell übertragenen Krankheiten geführt hätte. Professionelle SexarbeiterInnen schätzen den Wert ihrer Gesundheit und gehören zu den achtsamsten Frauen in der Bevölkerung, eben weil ihre Gesundheit ihr Kapital ist und sie sich gar keine Erkrankungen leisten können. In doppelter Hinsicht.
Eine Kondompflicht ist nicht nur ein Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung. Sie öffnet Tore für falsche Anschuldigungen in der anonymen Internetwelt, was ein Escort ihre Reputation nicht nur kosten kann, sondern in diesem Fall Ermittlungen wegen strafbarer Handlungen auslöst.
Denunziation auch durch Lügen ist leider im Internet jetzt schon anzutreffen, teils von der Konkurrenz motiviert, um eine Mitbewerberin auszuschalten. Da die Kontrollbehörden nicht nur Bordelle und Wohnungen, auch sämtliche einschlägigen Internet-Portale und virtuelle Anbahnungsstätten im Visier haben, wo Sexarbeiter Werbung schalten, würde dies Wasser auf die Mühlen einer anonymen Denunziantenkultur spülen und zu Konvulsionen führen, d.h. Falschaussagen und Anprangerung unsafer Praktiken bei Escorts. Ihre Verhandlungsposition und Rechte im Netz, auch dagegen vorzugehen, noch weiter geschwächt.
Die Massnahme ist als Erziehungsmassnahme zur Pflege der “Volksgesundheit” überflüssig und eine Scheinmassnahme, um Aktivismus vorzutäuschen und natürlich, um zu Verunsicherungen zu führen. Regelmässige Gesundheitschecks sind für Sexarbeiterinnen selbstverständlich und dürfen nicht verpflichtend sein. Dies geht auch aus der gut begründeten Erklärung gegen die Kondompflicht in der Evalution des ProstG hervor. Idealerweise kann nur mit Information, Selbstverantwortung, Aufklärungsarbeit argumentiert werden und vor allem muss der Zugang zu gesundheitlichen Dienstleistungen für alle SexarbeiterInnen gewährleistet sein.
Insbesondere für MigrantInnen mit ungeklärten Aufenthaltsstatus in- und ausserhalb der EU-Staaten. Die Praxis zeigt, dass sich SexarbeiterInnen international Kontrollen und Reglementierungen zu entziehen suchen und dann der Zugang für Prävention und zu Gesundheitsdiensten so gut wie ausgeschlossen ist.
Hinzuweisen ist auch auf die Verstärkung des Stigmas, indem man der Öffentlichkeit diese “Scheinsicherheit” vorzugaukeln möchte, dabei SexarbeiterInnen generell als “VirenverbreiterInnen” inkriminiert und Vorurteile verfestigt. Das Gegenteil ist die Realität, so die Berichte aus den Gesundheitsämtern. Hinzu kommt, dass die Verantwortung für das Gesundheits- und Ansteckungsrisiko allein auf die SexarbeiterInnen verschoben wird.
In dieser Logik müsste man weiter fragen: Wer schützt die Gesellschaft vor sich selbst, vor dem Lotterleben gg ihrer Bürger, One-Night-Stands mit wechselnden Partnern? Die SexarbeiterInnen müssen traditionsgemäss den Sündenbock spielen, um über die Infektionsraten von STI/HIV und anderer übertragbarer Krankheiten ausserhalb der Sexarbeit abzulenken. Eine Totalüberwachung der gesellschaftlichen Sexualität ist ethisch nicht wünschenswert, aber Sexworker müssen sich das gefallen lassen?
Prostitution untersteht seit Abschaffung des sog. “Bockscheins”, also verpflichtender Untersuchung, seit 2001 dem Infektionsschutzgesetz, dass auf freiwillig wahrzunehmende Hilfsangebote setzt, da man aus der Vergangenheit gelernt hat. Auch das Zwangsuntersuchungen menschenrechtswidrig sind.
Aus der Forschung zu STI/HIV-Prävention geht international hervor, dass der Zugang zu Gesundheitsdiensten vorhanden sein muss und freiwillig genutzt wirksamer sind als die Einschränkung dazu. Erfolgversprechend ist evidenzbasierte Community Arbeit, Peer2Peer, internationale Best Practice Projekte, wo Sexworker als Experten in die Szene hineinwirken. Repressive Massnahmen zeigen nur eins: kein Vertrauen und kein Zugang mehr für soziale und gesundheitliche Dienste und damit höhere Ansteckungsrisiken.
Kommentare zu den Forderungen in 4. 5. und 7. führe ich an dieser Stelle erst einmal nicht aus. In 4. und 7. werden die Sanktionen bei Nichterfüllung von Auflagen für Betreiber und die für 1.) erforderliche gesetzliche Änderung erwähnt.
Ein wichtiger Punkt in 5.) ist die in Prostitutionsstätten wie Bordelle, Laufhäuser, Clubs nun grundsätzlich unterstellte abhängige Beschäftigung einer Sexarbeiterin, die Beweislast des Gegenteils obliegt dem Betreiber, wenn ich es richtig verstehe, der ihre selbstständige Tätigkeit dort beweisen muss. Hier versucht man eine ihrem Wesen nach selbständige Arbeit in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu zwingen, weil es in der Vergangenheit so wenig Interesse an Arbeitsverträgen gab. Tatsache ist, dass das Verständnis einer herkömmlichen Vollzeit-Erwerbstätigkeit auf Sexwork übertragen wird, die Lebensrealität eine andere ist. Die allermeisten arbeiten ja gerade wegen der zeitlichen Flexibilität in diesem Job, viele mieten sich nur für wenige Tage ein Zimmer, die meisten sind mobil.
zu 6.) Anhebung des gesetzlichen Mindestalters für SexarbeiterInnen auf 21 Jahre
Ziel: “Minderjährigen-Prostitution” zu verhindern.
Die in Deutschland geltende Volljährigkeit von 18 Jahren und die Erreichung der vollen Geschäftsfähigkeit, sogar die Idee einer Einführung eines Wahlrechts ab 16 Jahren, scheint im Zusammenhang von Sexarbeit keine Rolle zu spielen und damit ist die freie Berufswahl hier eingeschränkt.
Es ist schon schon längst gelebte Praxis, dass ein Betreiber, der eine 18-Jährige in seinen Räumen arbeiten lässt, unter Zuhälter- und Menschenhandelsverdacht steht und mit permanenten Kontrollen zu rechnen hat. Weshalb es jetzt schon realiter so ist, dass erst ab 21 Jährige und Ältere üblicherweise dort anzutreffen sind oder auf Agenturseiten gelistet. Betreiber wollen nicht mit permanenten Überprüfungen leben, der den normalen Geschäftsbetrieb empfindlich stört. Es ist also in ihrem eigenen Interesse, keine Kontrollen im Haus zu haben, also auch keine Minderjährigen. Als Kunde macht sich bereits jeder strafbar, der eine Person unter 18 Jahren für sexuelle Dienstleistungen entlohnt. Dies würde dann folglich auch auf 21 erhöht.
Meine vorläufige Einschätzung der Gesetzesnovellierung:
Die Folgen der Legalisierung der Prostitution werden einleitend mit der Zunahme von Verbrechen im Zusammenhang von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel gebracht und insinuieren einen Zusammenhang zwischen mangelnden Kontrollmöglichkeiten zum Zwecke der Verbrechensbekämpfung, um erweitere Kontrollbefugnisse durchzusetzen.
Ziel der Novellierung des Prostitutionsgesetzes soll es auch sein, steuerliche Mehreinnahmen aus der Prostitution zu erzielen.
Man verspricht sich durch erweiterte Kontrollbefugnisse grössere Erfolgschancen in der Verbrechensbekämpfung sowie Schwarzarbeit und Missbrauch von Sozialleistungen besser zu verfolgen, “illegalisierte” Prostitution auszuheben (die Wunschvorstellung ist vor dem Hintergrund klammer Kassen und Pleite-Kommunen nachvollziehbar, die sich am Finanzmarkt verspekuliert haben und schon lange die Infrastrukturpolitik vernachlässigt, dafür sich mit Leuchtturmprojekten verhoben haben. Auch sind eklatante Steuerrückgänge in den Kommunen zu verzeichnen, die auf eine Vielzahl politisch verschuldeter Ursachen rückführbar sind).
Prostitution/Sexarbeit wird weiterhin kriminalisiert. Es wird suggeriert, dass trotz hoher Kontrolldichte durch das jetzige Prostitutionsgesetz und die Neufassung der Zuhälter- und Menschenhandelsparagrafen eine Strafverfolgung kaum möglich sei, obwohl die konsequente Anwendung des geltenden Strafrechts für die Verbrechensbekämpfung durchaus ausreichend ist. Ein in dieser Hinsicht verstandenes Prostitutionsgesetz und seine Novellierung, entzieht den Grundgedanken der Gesetzgeber, das Rechtsgeschäft zwischen Dienstleisterin und Kunde auf eine solide Grundlage zu stellen und die (soziale) Anerkennung der SexarbeiterInnen zu unterstützen und zu fördern, damit an einer Entkriminalisierung und Entstigmatisierung von Sexarbeit mitzuwirken, die die Integration ins Wirtschaftsleben erleichtern soll, Sexworker als Rechtspersonen auszuweisen, auch um Rechtsansprüche einklagbar zu machen und soziale Teilhabe zu ermöglichen.
Durch eine Erweiterung der Kontrollbefugnisse auf alle Prostitutionsstätten und einer von verschiedenen Interessengruppen geforderten Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte, die damit auch Art. 13GG berührt (Unverletzlichkeit der Wohnung), also ein Grundrecht berührt, wird u.a. auch von der bisherigen Kontrolldichte abgelenkt und davon, dass bereits die allermeisten SexarbeiterInnen eine vorzeigbare Steuernummer haben. Die Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte ist hier diffus. In 2) (Meldepflicht) steht, dass ausserhalb einer betreibergeführten Prostitutionsstätte tätige Prostituierte zur Vorlage aller “entsprechenden Nachweise” verpflichtet sind. Zur Anzeige ihrer Tätigkeit wird die finanzamtliche Anmeldung sowie ein Kassenbuch u.ä. gemeint sein, um Einkünfte und versteuerbares Einkommen nachvollziehbar zu machen. Diese Meldepflicht besteht ja bereits.
Wahnwitzige Spekulationen über die Zahl der in der Sexarbeit tätigen Menschen, über tägliche und jährliche Kundenkontakte im öffentlichen Diskurs, führen zu einem völligen Realitätsverlust, was Vorstellungen über die Einnahmenseite betrifft. Die wenigsten SexarbeiterInnen, die ihr Haupteinkommen aus Sexarbeit bestreiten, arbeiten täglich, Woche für Woche und durchgehend. Ob im Niedrig-Preis-Segment, im mittleren oder im Hochpreissegment: Sexarbeit bedeutet mit zunehmender Honorarhöhe meist weniger Kundenkontakt, Preisanpassungen spielen bei regionalen Einkommensunterschieden eine grosse Rolle auch die Mitbewerber-Situation vor Ort. Unabhängig von der Prostitutionsstätte arbeiten die meisten in Teilzeit, manche 2 Tage die Woche, wo man sich zunächst einmal nur verfügbar hält und auch nichts über reale Kundenkontakte aussagt. Und überall, selbst im niedrigpreisigen Segment gibt es Leerzeiten, Kundentermine werden gefakt bzw. gecancelt. Es ist keineswegs davon auszugehen, dass selbständige SexarbeiterInnen im Regelfall sehr hohe Verdienste erzielen. Bei manchen wird ein gewisses Existenzniveau erreicht und dient dazu, den Lebens- oder Familienunterhalt ergänzend oder vollständig zu bestreiten, andere liegen noch darunter und können ihren Lebensunterhalt durch Sexarbeit alleine kaum bestreiten. Viele SexarbeiterInnen haben Familie, sind Mütter, MigrantInnen. Auch halten sich viele reisende SexarbeiterInnen nicht fortwährend in Deutschland auf, sondern arbeiten unregelmässig und verbleiben dann für einige Zeit wieder im Herkunftsland. Man kann es vergleichen mit Montage oder der Arbeit auf einer Bohrinsel. Sexarbeit ist weitgehend durch eine hohe Fluktuation und kurze Aufenthaltszeiten in dem Job gekennzeichnet, wenige arbeiten über lange Zeiträume in diesem Job. Die unglaublichen Steuerschätzungen kommen dadurch zustande, da man Bewertungskriterien an Sexarbeit anlegt, die man an sonstige Berufstätigkeiten und freie Berufe anstellt, die von einer durchgehenden Vollzeitbeschäftigung ausgehen (die Zeiten des Verfügbarhaltens, Leerzeiten, wird dabei nicht mitgedacht, die mit dieser Tätigkeit zweifelsohne verbunden sind).
Selbst im Hochpreissegment sind hohe Honorare nur von wenigen durchsetzbar und Termine eher übersichtlich, Dienstleistungen im mittleren und unteren Preissegment werden eher angefragt. Schätzungen lassen sich seriös überhaupt nicht erheben. Zieht man Zimmermieten/Miete für Arbeitswohnung, Werbung, Sicherheitsmassnahmen, die zum Service von Betriebsstätten, teils Agenturen gehören, ab, reduzieren sich die Realeinkünfte noch einmal um ein wesentliches. Selbständige SexarbeiterInnen, ob in Teil- oder Vollzeit, können regionale Durchschnittspreise am ehesten durchsetzen, wenn sie keine zusätzliche Arbeitswohnung anmieten (meist wg. der hohen Mietkosten im Gewerbebereich) und sich fortwährend verfügbar halten, was der Lebenswirklichkeit der meisten AnbieterInnen nicht entspricht. Werbung für sexuelle Dienstleistungen ist zwar in Deutschland verboten, das Geschäft wird aber weiterhin über Online- und/oder Offline-Werbung abgewickelt, die Anzeigenpreise sind im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbranchen durchschnittlich überhöht. Zieht man Ausgaben für Arbeitsutensilien, Garderobe, Kommunikationsmittel, Transportkosten ab, orientieren sich die Einkünfte realistisch betrachtet in einem Bereich, wo keine hohen Steuerabgaben durchschnittlich zu erwarten sind. Ich spreche hier von Durchschnittserfahrungswerten, nicht nur meiner eigenen. D.h. der Staat vermutet bei SexarbeiterInnen unrealistische Einnahmen, die jeder Lebenswirklichkeit widersprechen. Dies entspricht den regelmässigen Einkommensspekulationen über Anbieterinnen in Freierforen.
Die Ausweitung der Kontrollbefugnisse für Vergnügungs- und Prostitutionsstätten ergänzt sich mit der aktuellen Novellierung des Baugesetzbuches, das u.a. ein Ziel vorsieht: Prostitutionsstätten leichter bei der Gewerbezulassung auszuschliessen. Dies bedeutet eine Verdoppelung der Regulierung (+ Erlaubnispflicht). Erlaubnispflicht bedeutet, das über eine reine Anzeigepflicht des Gewerbes hinaus, eine Genehmigung nur unter bestimmten Auflagen erfolgen kann, mit Schliessungsandrohung. Genehmigungspflichtig bedeutet auch bauliche Auflagen zu erfüllen, über Sicherheit- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Verordnungen im Brandschutz, Hygiene, Zimmergrösse, Auflagen, wie sich in Wien aktuell zeigt, nur von den wenigsten realisiert werden können und es derzeit zu einer “Marktbereinigung” kommt, d.h. nur die wenigsten bestehenden Lokalitäten können die Auflagen erfüllen, mit der Konsequenz, dass viele Sexworker arbeitslos werden, wenn sie nicht abtauchen und unter bedeutend schwierigen Bedingungen werkeln werden. Wovon auszugehen ist.
Geprüft wird neben dem Leumund des Betreibers (Strohmänner oder Strohfrauen gibt’s aber schon jetzt häufig in sämtlichen Gewerben, die als Geschäftsführer eingesetzt werden), insofern greift diese Forderung nach meiner jetzigen Einschätzung ins Leere, ausser Kontrollbefugnisse auf selbständige Wohnungsprostitution zu erweitern. Eine Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte würde in diesem Zusammenhang bedeuten, dass entsprechende Auflagen für betreibergeführte Prostitutionsstätten von Solo-selbständigen SexarbeiterInnen garnicht zu leisten wäre, was zwei Konsequenzen zur Folge hätte: die Zurückdrängung selbständiger Wohnungsprostitution und die Etablierung einer Zwei-Klassen-Prostitution. Jene, die die Auflagen erfüllen und ein Grossteil, der es nicht kann. Das bedeutet, dass SexarbeiterInnen in der freien Wahl ihres Arbeitsortes so eingeschränkt werden und in Arbeitsbereiche gezwungen würden, wo sie nicht arbeiten wollen. Alternativ abtauchen, in wenig Schutz versprechende Bereiche, die die Arbeitsbedingungen verschlechtern, Ausbeutungsverhältnisse unterstützen und den Zugang zu ihnen mit Information und Prävention erschweren bis verunmöglichen, wie es schon jetzt teils der Fall ist. Also, dass ein Grossteil zwangsläufig illegalisiert wird, alternativ: sie verlieren ihren Arbeitsplatz.
Man kann jetzt schon von einer Überregulierung im Zusammenhang mit Sonderverordnungen, Sondergesetzen, Sondersteuern und Sonderzonen im Zusammenhang mit Prostitution sprechen, die dazu führt, dass es wenig legale Räume selbständigen Arbeitens gibt. Die Ausweitung gesetzgeberischer Befugnisse (legislative overreach) bedeutet schon jetzt, die Kapazitäten der Exekutive für Überwachung und Kontrolle zu überfordern, deren Aufwand in kaum einem Verhältnis zu Resultaten steht und unglaubliche Kosten verschlingt. Die Logik der weiteren Überschreitung der Kapazitätsgrenzen durch noch mehr Kontrolle erschliesst sich mir nicht.
Cui bono?
In wirtschaftlicher Hinsicht betrachtet gewinnt immer nur die Bank und das sind in diesem Fall Bordelle und Clubs, die die Auflagen erfüllen und Grossbordelle, die Investment anlocken. In dieser Perspektive wäre es sicher lohnenswert, wenn es die vielen Kleinunternehmerinnen und kleine Wohnungsbordelle nicht mehr geben würde, insbesondere dort, wo ein hohes Marktangebot existiert; Arbeitsbedingungen gelten, die nicht durch Sonderverordnungen zu arg eingeschränkt sind. Zudem muss man auf die grossen regionalen Gefälle zwischen reichen und armen Regionen und einer ärmeren Bevölkerung sowie auf das Stadt/Land-Gefälle schauen. Sonderverordnungen, die Prostitution beispielsweise in kleinen Städten und Kreisen nicht erlaubt, führt entweder zu illegalisierter Arbeit oder zu einem Run auf die Grossstädte.
Wenn sämtliche Arbeitsorte illegalisiert werden und durch Regulierungen selbständige Sexarbeit zunehmend verunmöglicht wird (ausser im Hotel, das noch nicht als Kontaktanbahnungsstätte oder Prostitutionsstätte gilt), bleibt für die überwiegende Mehrheit an SexarbeiterInnen nur noch Strasse oder Bordell, Alleinprostitution in der Wohnung unter illegalisierten Bedingungen. Gleichzeitig findet man in den meisten Grossstädten Situationen vor, wo der Strassenstrich komplett verboten wird, um die “sichtbare Prostitution” zurückzudrängen, die Gentrifizierungsbefürwortern und Anwohnern gefällt, die sich belästigt fühlen. Durch die Verbote verschwinden allerdings nicht die Frauen, Männer, Transgirls am Strassenstrich, sie wechseln nur die Standorte oder tauchen ab, arbeiten unter riskanteren Bedingungen und werden kaum noch erreichbar für soziale Dienste und Prävention.
Es ist jetzt schon so, dass bspw. in Städten mit unterschiedlichen Sperrbezirksverordnungen teils Wohnungsprostitution, H/H Besuche kriminalisiert, baurechtliche Verordnungen die selbständige Ausübung der Tätigkeit ausserhalb erlaubter Zonen unmöglich macht, Arbeitszeiten vorgegeben werden (Beispiel Bonn). Wien zeigt auch, dass die Zonierungen des Strassenstrichs dazu führen, dass die Sexworker sich mit ihren Kunden vom Strassenstrich zwangsläufig in illegalisierte Räumen bewegen müssen, wo die Kontrollfalle zuschnappt.
Von sämtlichen Sonderverordnungen ist der Haus-/Hotel-Bereich ebenfalls betroffen. Nicht nur in München. Sperrbezirk Dortmund: dieser gilt für den Strassenstrich, bislang nicht für die Wohnungsprostitution und sonstige “Kontaktanbahnungsstätten” wie Bars oder Cafés, aber an der Erweiterung wird mit der Novellierung ja gefeilt. Oder Hamburg St. Georg (Kontaktverbotsverordnung, die Frauen am Strassenstrich sowie Kunden bei Kontaktanbahnung sanktioniert, um die Sperrbezirksordnung durchzusetzen). Trotzdem wollen und können die Sexworker nicht ausweichen, da sie sich im urbanen Raum geschützt fühlen und an wichtige soziale Dienste angeschlossen sind. Diese Politik geht eindeutig mit der Aufwertungspolitik der Innenstädte einher, und hier möchte man alle sog. Trading-Down Effekte ausschliessen. Das heisst auch, soziale Notlagen unsichtbar machen zu wollen.
Die Konsequenz der fortschreitenden Kontrolle über den öffentlichen Raum und Kriminalisierungspolitiken: Sexworker arbeiten illegal, müssen mit Bussgeldern, auch Haftstrafen rechnen, oder tauchen ab, in Randgebiete und unbekannte Orte, und werden für Information, soziale und gesundheitliche Dienste, Präventionsarbeit kaum noch ansprechbar. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dürften bekannt sein. In der Suche nach Arbeitsorten war und ist die Szene immer schon erfinderisch gewesen. Prostitutionsverbote und Massnahmen ihrer “Eindämmung” hat niemals zum Verschwinden, sondern nur zur Verlagerung des Geschäfts in unbekannte Orte geführt.
Die bisherige Legalisierung bedeutete bislang, eine nach Ländern und Kommunen unterschiedliche, mehr schlecht als recht umgesetztes ProstG, die auf lokaler Ebene zu einer Überregulierung führten und mit Hilfe des Baurechts die selbständige und legale Ausübung der Prostitution weitgehend behindert oder einschränkt.
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -realitat/
.
Gesetzesnovellierung trifft Realität
- Die Gesetzesnovellierung des Prostitutionsgesetzes/Bundesratsvorlage:
Quelle: www.bundesrat.de/cln_171/nn_2034972/Sha ... pdf/314-10
Begründung (Auszüge):
“Die mit der Legalisierung der Prostitution notwendigerweise einhergehende Reduktion polizeilicher und ordnungsrechtlicher Eingriffsmöglichkeiten birgt für Prostituierte nicht hinnehmbare Gefahren für Leben, Gesundheit und körperliche oder seelische Unversehrtheit und begründet zudem das hohe Risiko starker wirtschaftlicher Abhängigkeit von Bordellbetreibern und Zuhältern.
Die bestehenden Ermächtigungsgrundlagen für Polizei und Ordnungsbehörden reichen nicht aus, um Prostituierte vor menschenunwürdiger Behandlung zu schützen und ein effektives präventives, aber auch repressives Vorgehen gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Schwarzarbeit im Rotlichtmilieu zu gewährleisten.
Es besteht ein erhebliches strukturelles Machtgefälle zwischen Zuhältern und Bordellbetreibern auf der einen und Prostituierten auf der anderen Seite, welches sowohl die Bildung angemessener Marktpreise als auch zumutbarer Arbeitsbedingungen grundsätzlich verhindert.”
“Aufgrund der vorherrschenden Intransparenz und der Parallelstrukturen im Prostitutionsmilieu ist die Summe der dem Staat vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nicht sicher abzuschätzen.
In der Begründung zum Entwurf des Prostitutionsgesetzes wird auf Schätzungen Bezug genommen, wonach in der Prostitution jährliche Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe erzielt werden.”
Der Forderungskatalog sieht vor:
1.) Erlaubnispflicht von betreibergeführten Prostitutionsstätten
2.) Meldepflichten über/von SexarbeiterInnen
3.) Prävention übertragbarer Krankheiten (Nachweis der Durchsetzung einer Kondompflicht von Betreiberseite)
4.) Sanktionsmöglichkeiten bei Betrieb einer Prostitutionsstätte bezogen auf Verstösse bei 1.-3.
5.) grundsätzliche Vermutung abhängiger Beschäftigung, Scheinselbständigkeit in betreibergeführten Prostitutionsstätten, Präzisierung der Weisungsfreiheit
6.) Anhebung des Schutzalters für Sexworker von 18 auf 21 Jahre
7.) Für die Durchsetzung der Erlaubnispflicht und die Überprüfung der Betreiber, wird das
Bundeszentralregistergesetz dahingehend geändert, dass den Behörden uneingeschränkt Auskunft der Antrag Stellenden einholen kann
Versuch einer Interpretation und Ergänzungen zu den einzelnen Forderungen im Überblick
zu 1.) Die Erlaubnispflicht ist ein Lizensierungsmodell für Prostitutionsstätten: Erlaubnispflicht/Genehmigungspflicht bedeutet, das über eine reine Anzeigepflicht des Gewerbes hinaus, eine Genehmigung nur unter bestimmten Auflagen erteilt wird oder bestehende Betriebe, die sie nicht erfüllen, schliessen müssen.
Die gewerberechtliche Einordnung einer Prostitutionsstätte als Gewerbebetrieb wurde bislang durch das noch geltende Sittenwidrigkeitsverdikt “der Unsittlichkeit Vorschub leisten” behindert, weshalb die betreibergeführten Prostitutionsstätten nicht dem Gewerberecht zugeordnet wurden und offiziell als Zimmervermietungen geführt werden.
Gewerbezulassungen wurden in der Vergangenheit und Gegenwart schon regelmässig versagt; unter Zuhilfenahme des Baurechts sowie der Begründung “sozial unwertiger” Arbeit, z.B. in Baden-Württemberg. Das Sittenwidrigkeitsverdikt ist in der Praxis als auch in der aktuellen Rechtsprechung und Literatur immer noch in Kraft.
Die Einordnung ins Gewerberecht macht die Definition von Auflagen und Kriterien notwendig, wie sie auch anderen Gewerben unterliegen. Hinzu kommt die Definition einer Prostitutionsstätte, die je nach Kriterien auch die selbständige Wohnungsprostitution treffen würde, ob alleine werkelnd oder mit Kolleginnen, die sich den gleichen Auflagen wie z.B. Betreiber von Laufhäusern oder Grossbordellen unterwerfen müssten und damit ein Hinderungsgrund wäre, Sexwork als Selbständige legal auszuüben und sie verstärkt zu kriminalisieren. Wäre sie bspw. nicht in der Lage, ein polizeiliches Führungszeugnis zu erhalten (z.B. durch frühere Verstösse gegen die Sperrbezirksverordnung) könnte sie legal der Prostitution in einer Wohnung nicht nachgehen. Sie müsste ausweichen auf Bordell, Strassenstrich oder Escortagentur oder unter illegalisierten Umständen ihrer Tätigkeit nachgehen. Einer Normalisierung als selbständig ausgeübte Erwerbstätigkeit würde diese Praxis im Wege stehen. Zementiert würde ihre Kriminalisierung und wäre von den ursprünglichen Zielen des ProstG und der Legalisierung als Ziel weit entfernt.
zu 2.) Meldepflichten für alle SexarbeiterInnen innerhalb und ausserhalb betreibergeführter Prostitutionsstätten
Das bedeutet im Prinzip Zwangsregistrierung von SexarbeiterInnen, mit dem Ziel permanenter lückenloser Erfassung und Überwachung aller SexarbeiterInnen.
(In den Niederlanden ist nach der bereits bestehenden Einführung der Erlaubnispflicht für Agenturen und Bordelle, ab 2013 ist die Zwangsregistrierung aller SexarbeiterInnen geplant.)
Meldepflichten und ihre Umsetzung sind bspw. in Berlin in betreibergeführten Prostitutionsstätten längst gang und gäbe; auch bei der Abführung der durch Betreiber eingetriebenen Pauschalsteuer haben Betreiber darüber nachweislich Buch zu führen, über die Anmeldung der Neuzugänge und Abmeldungen von SexarbeiterInnen. Der Künstlername muss im Fall einer Kontrolle der steuerrechtlichen Anmeldung des Realnamens der SexarbeiterIn zuordnenbar sein.
Problem ist, dass SexarbeiterInnen, von denen viele mobil sind und häufig touren, bislang kaum bei den ganzen Sonderverordnungen und Sondergesetzen durchblicken können. Nachvollziehbar.
Ausserdem wurde ihnen häufig vorgegaukelt, dass eine allgemeine Steueranmeldung unter bürgerlichem Namen entfällt und ihre Steuerschuld nach Entrichtung einer Pauschalsteuer automatisch abgegolten sei, weshalb sich dann Sexworker keine Quittungen für ihre entrichtete Pauschalsteuer beim Betreiber ausstellen liessen, der bereits jetzt schon als verlängerter Arm des Finanzamts fungiert. Dies ohne Gesetzesgrundlage.
Der Informationsgrad, Kommunikation von Information in die Szene hinein, aber auch am Arbeitsplatz vor Ort ist teils unterirdisch. Am Ticketautomaten Bonn am Strassenstrich ist die Sexarbeiterin nicht von Steuerschuld befreit, wenn sie das Steuer-Ticket bezahlt; dort ist die Steuer zu Beginn ihres Arbeitstages (besser Nacht, da die Arbeit dort erst ab 20h erlaubt ist) im voraus zu leisten, auch wenn sie keinen einzigen Kunden hat. Soweit mir bekannt, gibt es selbst bis heute bei manchen Finanzämtern Probleme in der Steuerermittlung, da Direktiven offenbar undurchsichtig für viele Sachbearbeiter sind und Informationen dazu uneindeutig weitergegeben werden. Dies führt regelmässig zu Verständigungsproblemen zwischen SexarbeiterInnen und Finanzamt, obwohl sie Steuererklärungen ordnungsgemäss und vollständig abgegeben haben.
Es ist unter 2.) auch von der Meldepflicht für selbständige, “ausserhalb” sog. Prostitutionsstätten tätige Sexarbeiter die Rede:
- “Außerhalb einer betreibergeführten Prostitutionsstätte tätige Prostituierte sind zur Anzeige ihrer Tätigkeit und – auf Verlangen zum Vorzeigen entsprechender Nachweise zu verpflichten.”
Schon jetzt führen die unterschiedlichen zuständigen Kontrollbehörden meist gemeinsam Kontrollen durch, inkl. polizeilicher Registrierung. Selbst bei der gewerberechtlichen Zuordnung als Prostitutionsstätte wäre nicht davon auszugehen, dass nur das Gewerbe- oder Finanzamt kontrolliert. Sexworker müssten sich zukünftig auch weiterhin Kontrollen gefallen lassen, auch durch Zoll und Kripo. Dies bedeutet die Kriminalisierung der gesamten Branche.
Kontrollen der Meldepflicht ist jetzt bereits gelebte Praxis: Kontrollbehörden wie der Zoll suchen regelmässig, oft zusammen mit einem Beamten des Gewerbeamts, Sexworker in der Wohnungsprostitution auf bzw. finden routinemässig diese Kontrollen auch in allen anderen Bereichen der Sexarbeit statt, in Bordellen und Hotels. Hier wird teilweise mit sog. “Scheinfreiern” und “Milieuaufklärern” gearbeitet, auch um Escorts in Hotels innerhalb eines Sperrbezirks zu locken, die meist weniger aus Risikobereitschaft, sondern aus Uninformiertheit in die Falle tappen. Mit Verwarnungen, Bussgelder bis zu Haftstrafen ist im Wiederholungsfall zu rechnen. Dies gilt auch für die folgende Forderung und Sanktionsmöglichkeiten.
zu 3.) Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten d.h. bundesweite Einführung einer Kondompflicht in Prostitutionsstätten (plus Nachweis ihrer Durchsetzung auf Betreiberseite: wie soll diese Unmöglichkeit umgesetzt werden? Wie überprüfen, was konkret im Zimmer vonstatten geht, Intimkontrolle durch Kameras? Lügendetektortest?
Dies nach Vorbild der bayerischen Hygieneverordnung, die generell Sex ohne Kondome in der Prostitution verbietet. Laut meiner Kenntnisse ist die Nachfrage nach ungeschütztem Sex in Bayern konstant gleich geblieben, trotz Verordnung. Aus Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts ist nicht zu erkennen, inwieweit sich die Kondomverordnung auf ein geändertes Sexualverhalten in der Prostitution ausgewirkt hat, es lässt sich kein Effekt ableiten und keine empirisch belegbare Aussage finden, wonach die Verordnung zu einer Verringerung oder Erhöhung von sexuell übertragenen Krankheiten geführt hätte. Professionelle SexarbeiterInnen schätzen den Wert ihrer Gesundheit und gehören zu den achtsamsten Frauen in der Bevölkerung, eben weil ihre Gesundheit ihr Kapital ist und sie sich gar keine Erkrankungen leisten können. In doppelter Hinsicht.
Eine Kondompflicht ist nicht nur ein Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung. Sie öffnet Tore für falsche Anschuldigungen in der anonymen Internetwelt, was ein Escort ihre Reputation nicht nur kosten kann, sondern in diesem Fall Ermittlungen wegen strafbarer Handlungen auslöst.
Denunziation auch durch Lügen ist leider im Internet jetzt schon anzutreffen, teils von der Konkurrenz motiviert, um eine Mitbewerberin auszuschalten. Da die Kontrollbehörden nicht nur Bordelle und Wohnungen, auch sämtliche einschlägigen Internet-Portale und virtuelle Anbahnungsstätten im Visier haben, wo Sexarbeiter Werbung schalten, würde dies Wasser auf die Mühlen einer anonymen Denunziantenkultur spülen und zu Konvulsionen führen, d.h. Falschaussagen und Anprangerung unsafer Praktiken bei Escorts. Ihre Verhandlungsposition und Rechte im Netz, auch dagegen vorzugehen, noch weiter geschwächt.
Die Massnahme ist als Erziehungsmassnahme zur Pflege der “Volksgesundheit” überflüssig und eine Scheinmassnahme, um Aktivismus vorzutäuschen und natürlich, um zu Verunsicherungen zu führen. Regelmässige Gesundheitschecks sind für Sexarbeiterinnen selbstverständlich und dürfen nicht verpflichtend sein. Dies geht auch aus der gut begründeten Erklärung gegen die Kondompflicht in der Evalution des ProstG hervor. Idealerweise kann nur mit Information, Selbstverantwortung, Aufklärungsarbeit argumentiert werden und vor allem muss der Zugang zu gesundheitlichen Dienstleistungen für alle SexarbeiterInnen gewährleistet sein.
Insbesondere für MigrantInnen mit ungeklärten Aufenthaltsstatus in- und ausserhalb der EU-Staaten. Die Praxis zeigt, dass sich SexarbeiterInnen international Kontrollen und Reglementierungen zu entziehen suchen und dann der Zugang für Prävention und zu Gesundheitsdiensten so gut wie ausgeschlossen ist.
Hinzuweisen ist auch auf die Verstärkung des Stigmas, indem man der Öffentlichkeit diese “Scheinsicherheit” vorzugaukeln möchte, dabei SexarbeiterInnen generell als “VirenverbreiterInnen” inkriminiert und Vorurteile verfestigt. Das Gegenteil ist die Realität, so die Berichte aus den Gesundheitsämtern. Hinzu kommt, dass die Verantwortung für das Gesundheits- und Ansteckungsrisiko allein auf die SexarbeiterInnen verschoben wird.
In dieser Logik müsste man weiter fragen: Wer schützt die Gesellschaft vor sich selbst, vor dem Lotterleben gg ihrer Bürger, One-Night-Stands mit wechselnden Partnern? Die SexarbeiterInnen müssen traditionsgemäss den Sündenbock spielen, um über die Infektionsraten von STI/HIV und anderer übertragbarer Krankheiten ausserhalb der Sexarbeit abzulenken. Eine Totalüberwachung der gesellschaftlichen Sexualität ist ethisch nicht wünschenswert, aber Sexworker müssen sich das gefallen lassen?
Prostitution untersteht seit Abschaffung des sog. “Bockscheins”, also verpflichtender Untersuchung, seit 2001 dem Infektionsschutzgesetz, dass auf freiwillig wahrzunehmende Hilfsangebote setzt, da man aus der Vergangenheit gelernt hat. Auch das Zwangsuntersuchungen menschenrechtswidrig sind.
Aus der Forschung zu STI/HIV-Prävention geht international hervor, dass der Zugang zu Gesundheitsdiensten vorhanden sein muss und freiwillig genutzt wirksamer sind als die Einschränkung dazu. Erfolgversprechend ist evidenzbasierte Community Arbeit, Peer2Peer, internationale Best Practice Projekte, wo Sexworker als Experten in die Szene hineinwirken. Repressive Massnahmen zeigen nur eins: kein Vertrauen und kein Zugang mehr für soziale und gesundheitliche Dienste und damit höhere Ansteckungsrisiken.
Kommentare zu den Forderungen in 4. 5. und 7. führe ich an dieser Stelle erst einmal nicht aus. In 4. und 7. werden die Sanktionen bei Nichterfüllung von Auflagen für Betreiber und die für 1.) erforderliche gesetzliche Änderung erwähnt.
Ein wichtiger Punkt in 5.) ist die in Prostitutionsstätten wie Bordelle, Laufhäuser, Clubs nun grundsätzlich unterstellte abhängige Beschäftigung einer Sexarbeiterin, die Beweislast des Gegenteils obliegt dem Betreiber, wenn ich es richtig verstehe, der ihre selbstständige Tätigkeit dort beweisen muss. Hier versucht man eine ihrem Wesen nach selbständige Arbeit in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu zwingen, weil es in der Vergangenheit so wenig Interesse an Arbeitsverträgen gab. Tatsache ist, dass das Verständnis einer herkömmlichen Vollzeit-Erwerbstätigkeit auf Sexwork übertragen wird, die Lebensrealität eine andere ist. Die allermeisten arbeiten ja gerade wegen der zeitlichen Flexibilität in diesem Job, viele mieten sich nur für wenige Tage ein Zimmer, die meisten sind mobil.
zu 6.) Anhebung des gesetzlichen Mindestalters für SexarbeiterInnen auf 21 Jahre
Ziel: “Minderjährigen-Prostitution” zu verhindern.
Die in Deutschland geltende Volljährigkeit von 18 Jahren und die Erreichung der vollen Geschäftsfähigkeit, sogar die Idee einer Einführung eines Wahlrechts ab 16 Jahren, scheint im Zusammenhang von Sexarbeit keine Rolle zu spielen und damit ist die freie Berufswahl hier eingeschränkt.
Es ist schon schon längst gelebte Praxis, dass ein Betreiber, der eine 18-Jährige in seinen Räumen arbeiten lässt, unter Zuhälter- und Menschenhandelsverdacht steht und mit permanenten Kontrollen zu rechnen hat. Weshalb es jetzt schon realiter so ist, dass erst ab 21 Jährige und Ältere üblicherweise dort anzutreffen sind oder auf Agenturseiten gelistet. Betreiber wollen nicht mit permanenten Überprüfungen leben, der den normalen Geschäftsbetrieb empfindlich stört. Es ist also in ihrem eigenen Interesse, keine Kontrollen im Haus zu haben, also auch keine Minderjährigen. Als Kunde macht sich bereits jeder strafbar, der eine Person unter 18 Jahren für sexuelle Dienstleistungen entlohnt. Dies würde dann folglich auch auf 21 erhöht.
Meine vorläufige Einschätzung der Gesetzesnovellierung:
Die Folgen der Legalisierung der Prostitution werden einleitend mit der Zunahme von Verbrechen im Zusammenhang von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel gebracht und insinuieren einen Zusammenhang zwischen mangelnden Kontrollmöglichkeiten zum Zwecke der Verbrechensbekämpfung, um erweitere Kontrollbefugnisse durchzusetzen.
Ziel der Novellierung des Prostitutionsgesetzes soll es auch sein, steuerliche Mehreinnahmen aus der Prostitution zu erzielen.
Man verspricht sich durch erweiterte Kontrollbefugnisse grössere Erfolgschancen in der Verbrechensbekämpfung sowie Schwarzarbeit und Missbrauch von Sozialleistungen besser zu verfolgen, “illegalisierte” Prostitution auszuheben (die Wunschvorstellung ist vor dem Hintergrund klammer Kassen und Pleite-Kommunen nachvollziehbar, die sich am Finanzmarkt verspekuliert haben und schon lange die Infrastrukturpolitik vernachlässigt, dafür sich mit Leuchtturmprojekten verhoben haben. Auch sind eklatante Steuerrückgänge in den Kommunen zu verzeichnen, die auf eine Vielzahl politisch verschuldeter Ursachen rückführbar sind).
Prostitution/Sexarbeit wird weiterhin kriminalisiert. Es wird suggeriert, dass trotz hoher Kontrolldichte durch das jetzige Prostitutionsgesetz und die Neufassung der Zuhälter- und Menschenhandelsparagrafen eine Strafverfolgung kaum möglich sei, obwohl die konsequente Anwendung des geltenden Strafrechts für die Verbrechensbekämpfung durchaus ausreichend ist. Ein in dieser Hinsicht verstandenes Prostitutionsgesetz und seine Novellierung, entzieht den Grundgedanken der Gesetzgeber, das Rechtsgeschäft zwischen Dienstleisterin und Kunde auf eine solide Grundlage zu stellen und die (soziale) Anerkennung der SexarbeiterInnen zu unterstützen und zu fördern, damit an einer Entkriminalisierung und Entstigmatisierung von Sexarbeit mitzuwirken, die die Integration ins Wirtschaftsleben erleichtern soll, Sexworker als Rechtspersonen auszuweisen, auch um Rechtsansprüche einklagbar zu machen und soziale Teilhabe zu ermöglichen.
Durch eine Erweiterung der Kontrollbefugnisse auf alle Prostitutionsstätten und einer von verschiedenen Interessengruppen geforderten Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte, die damit auch Art. 13GG berührt (Unverletzlichkeit der Wohnung), also ein Grundrecht berührt, wird u.a. auch von der bisherigen Kontrolldichte abgelenkt und davon, dass bereits die allermeisten SexarbeiterInnen eine vorzeigbare Steuernummer haben. Die Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte ist hier diffus. In 2) (Meldepflicht) steht, dass ausserhalb einer betreibergeführten Prostitutionsstätte tätige Prostituierte zur Vorlage aller “entsprechenden Nachweise” verpflichtet sind. Zur Anzeige ihrer Tätigkeit wird die finanzamtliche Anmeldung sowie ein Kassenbuch u.ä. gemeint sein, um Einkünfte und versteuerbares Einkommen nachvollziehbar zu machen. Diese Meldepflicht besteht ja bereits.
Wahnwitzige Spekulationen über die Zahl der in der Sexarbeit tätigen Menschen, über tägliche und jährliche Kundenkontakte im öffentlichen Diskurs, führen zu einem völligen Realitätsverlust, was Vorstellungen über die Einnahmenseite betrifft. Die wenigsten SexarbeiterInnen, die ihr Haupteinkommen aus Sexarbeit bestreiten, arbeiten täglich, Woche für Woche und durchgehend. Ob im Niedrig-Preis-Segment, im mittleren oder im Hochpreissegment: Sexarbeit bedeutet mit zunehmender Honorarhöhe meist weniger Kundenkontakt, Preisanpassungen spielen bei regionalen Einkommensunterschieden eine grosse Rolle auch die Mitbewerber-Situation vor Ort. Unabhängig von der Prostitutionsstätte arbeiten die meisten in Teilzeit, manche 2 Tage die Woche, wo man sich zunächst einmal nur verfügbar hält und auch nichts über reale Kundenkontakte aussagt. Und überall, selbst im niedrigpreisigen Segment gibt es Leerzeiten, Kundentermine werden gefakt bzw. gecancelt. Es ist keineswegs davon auszugehen, dass selbständige SexarbeiterInnen im Regelfall sehr hohe Verdienste erzielen. Bei manchen wird ein gewisses Existenzniveau erreicht und dient dazu, den Lebens- oder Familienunterhalt ergänzend oder vollständig zu bestreiten, andere liegen noch darunter und können ihren Lebensunterhalt durch Sexarbeit alleine kaum bestreiten. Viele SexarbeiterInnen haben Familie, sind Mütter, MigrantInnen. Auch halten sich viele reisende SexarbeiterInnen nicht fortwährend in Deutschland auf, sondern arbeiten unregelmässig und verbleiben dann für einige Zeit wieder im Herkunftsland. Man kann es vergleichen mit Montage oder der Arbeit auf einer Bohrinsel. Sexarbeit ist weitgehend durch eine hohe Fluktuation und kurze Aufenthaltszeiten in dem Job gekennzeichnet, wenige arbeiten über lange Zeiträume in diesem Job. Die unglaublichen Steuerschätzungen kommen dadurch zustande, da man Bewertungskriterien an Sexarbeit anlegt, die man an sonstige Berufstätigkeiten und freie Berufe anstellt, die von einer durchgehenden Vollzeitbeschäftigung ausgehen (die Zeiten des Verfügbarhaltens, Leerzeiten, wird dabei nicht mitgedacht, die mit dieser Tätigkeit zweifelsohne verbunden sind).
Selbst im Hochpreissegment sind hohe Honorare nur von wenigen durchsetzbar und Termine eher übersichtlich, Dienstleistungen im mittleren und unteren Preissegment werden eher angefragt. Schätzungen lassen sich seriös überhaupt nicht erheben. Zieht man Zimmermieten/Miete für Arbeitswohnung, Werbung, Sicherheitsmassnahmen, die zum Service von Betriebsstätten, teils Agenturen gehören, ab, reduzieren sich die Realeinkünfte noch einmal um ein wesentliches. Selbständige SexarbeiterInnen, ob in Teil- oder Vollzeit, können regionale Durchschnittspreise am ehesten durchsetzen, wenn sie keine zusätzliche Arbeitswohnung anmieten (meist wg. der hohen Mietkosten im Gewerbebereich) und sich fortwährend verfügbar halten, was der Lebenswirklichkeit der meisten AnbieterInnen nicht entspricht. Werbung für sexuelle Dienstleistungen ist zwar in Deutschland verboten, das Geschäft wird aber weiterhin über Online- und/oder Offline-Werbung abgewickelt, die Anzeigenpreise sind im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbranchen durchschnittlich überhöht. Zieht man Ausgaben für Arbeitsutensilien, Garderobe, Kommunikationsmittel, Transportkosten ab, orientieren sich die Einkünfte realistisch betrachtet in einem Bereich, wo keine hohen Steuerabgaben durchschnittlich zu erwarten sind. Ich spreche hier von Durchschnittserfahrungswerten, nicht nur meiner eigenen. D.h. der Staat vermutet bei SexarbeiterInnen unrealistische Einnahmen, die jeder Lebenswirklichkeit widersprechen. Dies entspricht den regelmässigen Einkommensspekulationen über Anbieterinnen in Freierforen.
Die Ausweitung der Kontrollbefugnisse für Vergnügungs- und Prostitutionsstätten ergänzt sich mit der aktuellen Novellierung des Baugesetzbuches, das u.a. ein Ziel vorsieht: Prostitutionsstätten leichter bei der Gewerbezulassung auszuschliessen. Dies bedeutet eine Verdoppelung der Regulierung (+ Erlaubnispflicht). Erlaubnispflicht bedeutet, das über eine reine Anzeigepflicht des Gewerbes hinaus, eine Genehmigung nur unter bestimmten Auflagen erfolgen kann, mit Schliessungsandrohung. Genehmigungspflichtig bedeutet auch bauliche Auflagen zu erfüllen, über Sicherheit- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Verordnungen im Brandschutz, Hygiene, Zimmergrösse, Auflagen, wie sich in Wien aktuell zeigt, nur von den wenigsten realisiert werden können und es derzeit zu einer “Marktbereinigung” kommt, d.h. nur die wenigsten bestehenden Lokalitäten können die Auflagen erfüllen, mit der Konsequenz, dass viele Sexworker arbeitslos werden, wenn sie nicht abtauchen und unter bedeutend schwierigen Bedingungen werkeln werden. Wovon auszugehen ist.
Geprüft wird neben dem Leumund des Betreibers (Strohmänner oder Strohfrauen gibt’s aber schon jetzt häufig in sämtlichen Gewerben, die als Geschäftsführer eingesetzt werden), insofern greift diese Forderung nach meiner jetzigen Einschätzung ins Leere, ausser Kontrollbefugnisse auf selbständige Wohnungsprostitution zu erweitern. Eine Erweiterung des Begriffs Prostitutionsstätte würde in diesem Zusammenhang bedeuten, dass entsprechende Auflagen für betreibergeführte Prostitutionsstätten von Solo-selbständigen SexarbeiterInnen garnicht zu leisten wäre, was zwei Konsequenzen zur Folge hätte: die Zurückdrängung selbständiger Wohnungsprostitution und die Etablierung einer Zwei-Klassen-Prostitution. Jene, die die Auflagen erfüllen und ein Grossteil, der es nicht kann. Das bedeutet, dass SexarbeiterInnen in der freien Wahl ihres Arbeitsortes so eingeschränkt werden und in Arbeitsbereiche gezwungen würden, wo sie nicht arbeiten wollen. Alternativ abtauchen, in wenig Schutz versprechende Bereiche, die die Arbeitsbedingungen verschlechtern, Ausbeutungsverhältnisse unterstützen und den Zugang zu ihnen mit Information und Prävention erschweren bis verunmöglichen, wie es schon jetzt teils der Fall ist. Also, dass ein Grossteil zwangsläufig illegalisiert wird, alternativ: sie verlieren ihren Arbeitsplatz.
Man kann jetzt schon von einer Überregulierung im Zusammenhang mit Sonderverordnungen, Sondergesetzen, Sondersteuern und Sonderzonen im Zusammenhang mit Prostitution sprechen, die dazu führt, dass es wenig legale Räume selbständigen Arbeitens gibt. Die Ausweitung gesetzgeberischer Befugnisse (legislative overreach) bedeutet schon jetzt, die Kapazitäten der Exekutive für Überwachung und Kontrolle zu überfordern, deren Aufwand in kaum einem Verhältnis zu Resultaten steht und unglaubliche Kosten verschlingt. Die Logik der weiteren Überschreitung der Kapazitätsgrenzen durch noch mehr Kontrolle erschliesst sich mir nicht.
Cui bono?
In wirtschaftlicher Hinsicht betrachtet gewinnt immer nur die Bank und das sind in diesem Fall Bordelle und Clubs, die die Auflagen erfüllen und Grossbordelle, die Investment anlocken. In dieser Perspektive wäre es sicher lohnenswert, wenn es die vielen Kleinunternehmerinnen und kleine Wohnungsbordelle nicht mehr geben würde, insbesondere dort, wo ein hohes Marktangebot existiert; Arbeitsbedingungen gelten, die nicht durch Sonderverordnungen zu arg eingeschränkt sind. Zudem muss man auf die grossen regionalen Gefälle zwischen reichen und armen Regionen und einer ärmeren Bevölkerung sowie auf das Stadt/Land-Gefälle schauen. Sonderverordnungen, die Prostitution beispielsweise in kleinen Städten und Kreisen nicht erlaubt, führt entweder zu illegalisierter Arbeit oder zu einem Run auf die Grossstädte.
Wenn sämtliche Arbeitsorte illegalisiert werden und durch Regulierungen selbständige Sexarbeit zunehmend verunmöglicht wird (ausser im Hotel, das noch nicht als Kontaktanbahnungsstätte oder Prostitutionsstätte gilt), bleibt für die überwiegende Mehrheit an SexarbeiterInnen nur noch Strasse oder Bordell, Alleinprostitution in der Wohnung unter illegalisierten Bedingungen. Gleichzeitig findet man in den meisten Grossstädten Situationen vor, wo der Strassenstrich komplett verboten wird, um die “sichtbare Prostitution” zurückzudrängen, die Gentrifizierungsbefürwortern und Anwohnern gefällt, die sich belästigt fühlen. Durch die Verbote verschwinden allerdings nicht die Frauen, Männer, Transgirls am Strassenstrich, sie wechseln nur die Standorte oder tauchen ab, arbeiten unter riskanteren Bedingungen und werden kaum noch erreichbar für soziale Dienste und Prävention.
Es ist jetzt schon so, dass bspw. in Städten mit unterschiedlichen Sperrbezirksverordnungen teils Wohnungsprostitution, H/H Besuche kriminalisiert, baurechtliche Verordnungen die selbständige Ausübung der Tätigkeit ausserhalb erlaubter Zonen unmöglich macht, Arbeitszeiten vorgegeben werden (Beispiel Bonn). Wien zeigt auch, dass die Zonierungen des Strassenstrichs dazu führen, dass die Sexworker sich mit ihren Kunden vom Strassenstrich zwangsläufig in illegalisierte Räumen bewegen müssen, wo die Kontrollfalle zuschnappt.
Von sämtlichen Sonderverordnungen ist der Haus-/Hotel-Bereich ebenfalls betroffen. Nicht nur in München. Sperrbezirk Dortmund: dieser gilt für den Strassenstrich, bislang nicht für die Wohnungsprostitution und sonstige “Kontaktanbahnungsstätten” wie Bars oder Cafés, aber an der Erweiterung wird mit der Novellierung ja gefeilt. Oder Hamburg St. Georg (Kontaktverbotsverordnung, die Frauen am Strassenstrich sowie Kunden bei Kontaktanbahnung sanktioniert, um die Sperrbezirksordnung durchzusetzen). Trotzdem wollen und können die Sexworker nicht ausweichen, da sie sich im urbanen Raum geschützt fühlen und an wichtige soziale Dienste angeschlossen sind. Diese Politik geht eindeutig mit der Aufwertungspolitik der Innenstädte einher, und hier möchte man alle sog. Trading-Down Effekte ausschliessen. Das heisst auch, soziale Notlagen unsichtbar machen zu wollen.
Die Konsequenz der fortschreitenden Kontrolle über den öffentlichen Raum und Kriminalisierungspolitiken: Sexworker arbeiten illegal, müssen mit Bussgeldern, auch Haftstrafen rechnen, oder tauchen ab, in Randgebiete und unbekannte Orte, und werden für Information, soziale und gesundheitliche Dienste, Präventionsarbeit kaum noch ansprechbar. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dürften bekannt sein. In der Suche nach Arbeitsorten war und ist die Szene immer schon erfinderisch gewesen. Prostitutionsverbote und Massnahmen ihrer “Eindämmung” hat niemals zum Verschwinden, sondern nur zur Verlagerung des Geschäfts in unbekannte Orte geführt.
Die bisherige Legalisierung bedeutete bislang, eine nach Ländern und Kommunen unterschiedliche, mehr schlecht als recht umgesetztes ProstG, die auf lokaler Ebene zu einer Überregulierung führten und mit Hilfe des Baurechts die selbständige und legale Ausübung der Prostitution weitgehend behindert oder einschränkt.
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -realitat/
.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Sexworker Expertise zur aktuellen Lage
Hier die gesamte Artikelübersicht von Ariane:
I Netzwerke und warum ich tu, was ich muss
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -ich-muss/
II Gesetzesnovellierung trifft Realität
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -realitat/ siehe letztes posting
III Daten & Fakten
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... en-fakten/
IV Task Force für Sexworker
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... sexworker/
V Handlungsempfehlungen
https://nuttenrepublik.wordpress.com/20 ... fehlungen/
VI Ich klage an
https://nuttenrepublik.wordpress.com/20 ... -klage-an/
__
Wer Links von anderen Blogs und Foren kennt wo die Diskussion zeitgleich stattfindet, bitte hier auch verlinken. Danke.
I Netzwerke und warum ich tu, was ich muss
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -ich-muss/
II Gesetzesnovellierung trifft Realität
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... -realitat/ siehe letztes posting
III Daten & Fakten
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... en-fakten/
IV Task Force für Sexworker
http://nuttenrepublik.wordpress.com/201 ... sexworker/
V Handlungsempfehlungen
https://nuttenrepublik.wordpress.com/20 ... fehlungen/
VI Ich klage an
https://nuttenrepublik.wordpress.com/20 ... -klage-an/
__
Wer Links von anderen Blogs und Foren kennt wo die Diskussion zeitgleich stattfindet, bitte hier auch verlinken. Danke.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
interner Link
Gesetzesänderungen werden meist mit Zahlen und Statistiken begründet, weil die die Aura ausstrahlen exakt zu sein und somit unanfechtbar.
Der Link führt zu den aktuellen Zahlen vom BKA und es wird diskutiert wie problematisch oder unvollständig diese Angaben sind, um als Grundlage für eine sog. "evidenzbasierte" an Fakten orientierte Politik zu dienen.
BKA Menschenhandel-Zahlen 2011:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=125247#125247
Der Link führt zu den aktuellen Zahlen vom BKA und es wird diskutiert wie problematisch oder unvollständig diese Angaben sind, um als Grundlage für eine sog. "evidenzbasierte" an Fakten orientierte Politik zu dienen.
BKA Menschenhandel-Zahlen 2011:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=125247#125247
-
- PlatinStern
- Beiträge: 1127
- Registriert: 20.06.2012, 10:16
- Wohnort: Strasbourg
- Ich bin: SexarbeiterIn
Sibylle Berg
Und jetzt entdecken auch noch Kolumnenschreiberinnen die Prohibition der Sexarbeit, na toll: http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 61615.html
Mitglied der Confédération Nationale du Travail