Friederike, hast Du Lust, Deinen Leserbrieftext vielleicht hier einzustellen? Oder, falls er veröffentlicht wird, und Du Deinen angebenen Namen nicht mit Deinem Forumsnamen in Verbindung willst, vielleicht im SW-Only-Bereich?
Ich habe auch gerade einen Leserbrief verfasst - der erste meines Lebens ;-). Es war gar nicht so leicht, sich einen spezifischen Aspekt rauszupicken, anstatt einfach frustriert über das Gesamtwerk die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen.
Wenn Rückkehrerinnen aus Deutschland sich dazu entscheiden, wieder in der Prostitution zu arbeiten, dann vielleicht, weil es von ihren Möglichkeiten die ist, die ihnen noch am ehesten zusagt? Es gilt, diese Entscheidung - und das, was sie über die verfügbaren Alternativen aussagt! - ernst zu nehmen.
Solange es Armut in den osteuropäischen Herkunftsstaaten gibt, ist den Frauen mit besseren Arbeitsplätzen und faireren Bedingungen in der Sexarbeit (und die gibt es in Deutschland durchaus, ich habe in verschiedenen Betrieben unter guten edingungen gearbeitet) wohl eher gedient als mit mehr polizeilicher Kontrolle.
Die bisher konkret diskutierten Regulierungsvorschläge zielen aber eben nicht auf bessere Arbeitsbedingungen für Sexarbeiterinnen. Dienen sie am Ende eher dazu, Prostitution einzudämmen und ihr die Sichtbarkeit zu nehmen - und damit auch die migrantischen Kolleginnen und die Armutsprobleme ihrer EU-Herkunftsstaaten auszublenden, ohne damit auch nur einen Schritt in Richtung einer Lösung unternommen zu haben?
*Stephanie* hat geschrieben:
Sorry - mit dieser Propaganda hat der Spiegel auch der Glaubwürdigkeit des Journalismus und der Medien-Branche einen Bärendienst erwiesen.
Der SPIEGEL ist schon seit Jahren nur noch BILD für Besserverdiener, und sein Rechtsdrall wird immer stärker.
Laut ihrer dort veröffentlichten Biographie war sie u.a. wissenschaftliche Mitarbeiterin am GenderKompetenzzentrum der Humboldt-Universität zu Berlin. Direktorin dieses Kompetenzzentrums war bis 2010 Prof. Dr. Susanne Baer; mit deren Gleichheitsthesen setzt sich Frau Gugel u.a. in ihrer Diss. auseinander. Frau Baer ist jetzt Mitglied des Ersten Senates am Bundesverfassungsgericht:
Ich werde mit der Kollegin Gugel wohl mal einen fachlichen Austausch beginnen....!
Auch Holger Rettig vom UEGD wird im Spiegel kurz, und wie ich finde etwas zusammenhangslos, zitiert. Eine offizielle Stellungnahme des UEGD zu dem Spiegelartikel oder dem Beitrag in FRONTAL 21 gestern Abend im ZDF ist mir bisher nicht bekannt. Auch ihn werde ich mal nach seiner Meinung befragen und vielleicht kommt von dort ja auch noch eine offizielle Erklärung.
ganz schön mutig aber auch extrem cool - nur: Was bedeutet nach rechtlicher Prüfung...?
Kasharius grüßt
@Kasharius
Freut mich, dass es Dir gefällt. Ich habe es sowohl von Experten einer bekannten Satire-Zeitschrift als auch von einer Anwältin mit dem Fachgebiet Presserecht begutachten lassen. Vorbeugen, so sagt mein Cousin, ist besser als auf die Stiefel zu kotzen...
Gruß, Lemon
Always forgive your enemies; nothing annoys them so much. - Oscar Wilde
Wie ich sehe, haben wir ziemlich ähnliche Argumente und Beobachtungen herausgegriffen!
friederike hat geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Titelgeschichte "Bordell Deutschland" empfinde ich als unanständig und tendenziös - atemberaubend, wie hier mit individuellen Freiheiten und dem Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung umgegangen wird. Das macht mich wütend.
Als Studentin war ich zwei Jahre lang Prostituierte: freiwillig, selbstbestimmt und gerne. Das nehme ich als mein Grundrecht in Anspruch. Mit meiner Entscheidung bin ich auch keine Ausnahme: ich kenne viele Kolleginnen, auch die in der Titelgeschichte porträtierte sehr mutige Carmen gut und gehöre mit ihr zu den Unterstützerinnen der Sexworker-Organisation Deutschland. Ich will keine Ordnungskräfte in meinem Schlafzimmer. Ich will nicht, dass ein Mann sich schämen soll, weil er mit mir schläft, und schon gar nicht, dass er sich nach dem menschenrechtfeindlichen und perversen "schwedischen Modell" damit strafbar macht. Juristisch gesprochen: mein Grundrecht steht über den persönlichen Moralideen einer Frau Ekman oder Professor Gugel. Der Staat muss Zuhälterei bekämpfen, aber er darf nicht meine Freiheit und die meiner Kunden beschränken zur Bekämpfung eines bestehenden oder behaupteten Missstands, mit dem ich nichts zu tun habe. Grundrechte und individuelle Freiheiten sind in langen Jahren erkämpft worden, sie stehen nicht zur Disposition von totalitär gesinnten "Einmischerinnen" wie Frau Ekman.
Die vordergründige Diskussion verstellt den Blick auf den eigentlichen Skandal, nämlich das Wohlstandsgefälle nach Osteuropa hin und die ärmlichen Lebensperspektiven der Menschen dort. Welches Leben wird denn in Bulgarien oder Rumänien einer jungen Frau, einer ausgebildeten Lehrerin zum Beispiel angeboten? In den tristen Vorstädten und Dörfern mit 300 Euro Monatseinkommen alt werden, das ist die Option. Die Frauen, die ich kennengelernt habe, sind weder dumm noch hilflos, sie handeln durchaus rational, wenn sie in die Rotlichtszenen Westeuropas gehen. Mit dieser Realität setzt sich die SPIEGEL-Geschichte nicht auseinander. Übrigens kehrt auch die beschriebene Sina wieder aus Rumänien zurück in die Prostitution, ohne Zwang. Bei den zitierten "Studien" des Professor Dreher handelt es sich um voreingenommene Auftragswerke mit wilden Spekulationen ohne fundierte Grundlage - man muss dieses "Material" halt einmal lesen. Ähnliches gilt für so viele der zitierten Äußerungen der Titelgeschichte. Zuhälterei und Menschenhandel sind strafbar, man kann dagegen vorgehen, es gibt Straftatbestände wie die Bildung krimineller Vereinigungen - der Staat ist keineswegs machtlos. Aber diese Bedenken sind ohnehin nur vorgeschoben, die "Moralistin" Ekman gibt es offen zu: Prostitution passt ihr einfach nicht, deshalb glaubt sie sich berechtigt, sich in das Leben anderer Menschen "einzumischen".
Die andere Gewährsträgerin Frau Professor Gugel klagt, "in Deutschland gelte jeder als prüde und moralisierend, der sich gegen die Legalisierung ausspreche". Ja, Gottseidank ist das so, und man möchte hinzufügen: "totalitär und unanständig" auch noch.
Mit freundlichen Grüßen,
Friederike W., 23 Jahre, Berlin
"Bordell Deutschland"Prostituierte beschweren sich über “Spiegel”-Artikel
“Anti-Prostitutions-Hetze.”
Berlin – Nach der “Spiegel”-Titelstory mit der Überschrift “Bordell Deutschland” hat es zum Teil heftige Kritik von betroffenen Frauen gegeben. Das Magazin stelle sich “in die breite Front medialer Anti-Prostitutions-Hetze”, teilte der “Doña Carmen e.V.” in Frankfurt am Main mit.
In dem Artikel würden ausländische Prostituierte “missbraucht, um das Prostitutionsgewerbe als kriminell, bestenfalls als völlig dereguliert erscheinen zu lassen”, heißt es von der Selbsthilfeorganisation, die seit 1998 für die Rechte von “Sexarbeiterinnen” und insbesondere für die vollständige Legalisierung von Prostitution eintritt.
Dabei sei die Razzien- und Kontrolldichte im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe angeblich so hoch wie in keinem anderen Wirtschaftszweig. Nach Angaben des Vereins wurden in den Jahren 2000 bis 2009 im Zuge von 223 Großrazzien im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe in etwa 410 Städten und Gemeinden rund 4.000 Prostitutionsstätten und damit etwa 20.000 Frauen kontrolliert.
Auch eine vom “Spiegel” für die aktuelle Ausgabe interviewte “Escort-Dame” meldete sich auf ihrem Blog öffentlich zu Wort. Anstatt auf ihre Argumente einzugehen, habe das Magazin konsequent versucht, ein persönliches Bild von ihr zu zeichnen, so die Frau, die sich “Carmen” nennt und auch in der Piratenpartei für ihre Position engagiert. Die Redaktion des Magazins habe in einem zur Verfügung gestellten Bild ihr Dekolleté nachträglich ausgeleuchtet und sie im Text als “hilfebedürftige” Person dargestellt, die sie keineswegs sei.
Sonja Dolinsek von Menschenhandel Heute spielt laut Twitter mit dem Gedanken, dem Spiegel einen Leserbrief zukommen zu lassen und überlegt, andere Organisationen als Mitunterzeichner zu gewinnen. Vielleicht möchte ihr hier jemand, der diesbezüglich besser vernetzt ist als ich, unsere Unterstützung antragen?
"Spiegel"-Titelgeschichte über Prostitution in der Kritik
Quelle: wuv.de
"Früher konnten Menschen, über die wir schreiben, Leserbriefe schicken oder
mit Protestschildern vor das Verlagsgebäude ziehen, wenn sie nicht
einverstanden waren. Heute müssen wir uns daran gewöhnen, dass die
Betroffenen ihre eigene Sicht der Dinge in Blogs oder sozialen Medien
darstellen." Das schreibt "Spiegel"-Autor Sven Becker in einem Blogbeitrag
über die Diskussion, die sein Artikel über die Escort-Dame Carmen ausgelöst
hat.
Nach Erscheinen des Magazins am 27. Mai 2013 mit dem Artikel über Carmen
veröffentlichte diese einen Kommentar, in dem sie Becker und dem "Spiegel"
vorwirft, sich nicht an Absprachen gehalten zu und unausgewogen berichtet
zu haben. Carmen engagiert sich in der Piratenpartei für die Rechte von
Sexarbeitern und baut mit Kolleginnen und Kollegen eine Lobbygruppe auf.
Wie aus ihrem Kommentar hervorgeht, erhoffte sie sich einen Artikel über
die politischen Rahmenbedingungen von Prostitution. Sie wolle keine
Geschichte über sich und ihr Privatleben, zitiert sie aus einer E-Mail, die
sie Becker vor dem ersten Treffen geschickt habe.
In dem "Spiegel"-Text aber geht es auch um ihr Leben jenseits der
Prostitution und um ein Treffen, das zwischen ihr und dem Journalisten in
einem Berliner Café stattfand. "Alle biographischen Details stammen von
ihrer Website, ich habe sehr genau darauf geachtet, dass ihre Privatsphäre
gewahrt bleibt. Ich hatte Carmen den groben Verlauf des Textes vor
Erscheinen schriftlich geschildert. Ihr muss also klar gewesen sein, dass
es ein Text über sie wird", schreibt Becker im "Spiegel"-Blog. "Bei der
Wahrheit bleiben", mahnt er an und äußert sich auch zum Vorgehen bei der
Zitate-Abstimmung. Zunächst wollte er Carmen offenbar mit Berliner
Dialektfärbung zitieren, worüber sie sich in ihrem Kommentar empört. Was
sie aber nicht schreibt, ist, dass ihre Worte im Magazin auf Hochdeutsch
wiedergegeben sind. "Als Leser muss man denken, dass sie - gegen ihren
Willen - mit Berliner Akzent zitiert wird."
Auch stört sich die Escort-Dame daran, dass ein von ihr zur Verfügung
gestelltes Foto verändert wurde. Sie wirft der Bildredaktion des "Spiegel"
vor, ihr "Dekolleté ordentlich ausgeleuchtet" zu haben, Becker widerspricht
im "Spiegel"-Blog: Nur das Gesicht sei verdunkelt worden, um Carmens
Privatsphäre zu schützen.
Mit der restlichen Kritik könne Becker leben, schreibt er, zitiert aber
seinen Kollegen Ole Reißmann von "Spiegel Online", der auf Twitter schrieb:
Der Artikel über Carmen erschien im Rahmen der Titelgeschichte "Bordell
Deutschland – Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert". Auch
für die Titelgeschichte hagelt es Kritik von verschiedenen Seiten. Der
Anwalt Thomas Stadler etwa wirft dem Spiegel Tendenzjournalismus vor und
auch das Online-Magazin "Menschenhandel heute" findet, dass der "Spiegel"
die Auseindersetzung zum Thema "Menschenhandel" nicht weiter voranbringt.
SPIEGEL TV mach ich voraussichtlich nächste Woche. Ich war ziemlich strikt (Fragen vorab zuschicken etc), worauf der Knabe meinte, sie seien ja nicht RTL, sondern der Spiegel, objektive Berichterstattung, bla, bla. Ich bekam einen dezenten Hustanfall am Telefon und meinte, das bräuchten sie in ganz Deutschland keiner Hure mehr zu erzählen ... ;) Fand er nicht ganz so lustig wie ich.
Aber ja, wenn es jetzt nicht noch Terminprobleme gibt, dann mach ich's.
Nymphe hat geschrieben:... worauf der Knabe meinte, sie seien ja nicht RTL, sondern der Spiegel, objektive Berichterstattung, bla, bla. Ich bekam einen dezenten Hustanfall am Telefon und meinte, das bräuchten sie in ganz Deutschland keiner Hure mehr zu erzählen ... ;) Fand er nicht ganz so lustig wie ich...
@friederike, wunderschöner Brief. Danke.
@Nymphe, gute Antwort, die sicher wirkt.
Jetzt das ganze auf English als 2. Tsunami-Welle nochmal durchs globale Dorf getrieben: www.spiegel.de/international/germany/hu ... 02533.html
(4 Seiten ohne den Teil über Carmen)
Das ist Futter für die Prostitutionsgegner-Trolle in der ganzen Welt. Können wir da bitte auch gemeinsam versuchen Steine ins Medien-Getriebe zu werfen. Denn sonst kommt das demnächst wieder auf uns zurück als Echo, wenn US-NGOs mit viel Geld oder Redner hier auftreten...
Habe mir erlaubt, deinen Text im Spiegel-Forum zu posten, lieber Marc, weil ich gerade zu Matsche in der Birne war, um mir selber was einfallen zu lassen.
Den Rechtschreibfehler mit den "sex worker's & migrant's diverse experiences" solltest du bei Gelegenheit eventuell noch korrigieren, denn mit den fehlenden Apostrophen musste ich irgendwie viermal lesen, was du überhaupt meinst. Bin aber eben auch gerade Matsche im Kopf.