Konzessionierung von Prostitutionsstätten?

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Kasharius
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RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten‘?

Beitrag von Kasharius »

@Aoife,

aber immer gerne. Ich jedenfalls werde mich im Rahmen meiner bescheidenen Mittel immer für selbstbestimmte Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen und SW einsetzen. Was letztere Betrifft gilt es aber auch immer wieder die Fakten im Auge zu behalten. Und da scheint es mir als würde das eingangs eingeführte Papier einiges etwas durcheinanderbringen. Nach meiner Einschätzung muss zwischen der Frage der sog. Konzessionierung, also der Implementierung berufs/gewerberechtlicher Regeln innerhalb der Prostitution einerseits und den Befugnissen der Polizei andererseits unterschieden werden. Es gibt hier Schnittmengen aber vollständig deckungsgleich sind die Probleme m.E. aber nicht; diesen Eindruck erweckt aber das Papier - ich mag mich irren... Klar ist aber auch: Wenn selbstbestimmte Prostitution ernst genommen wird, braucht es keine von dauermißtrauen geprägte jederzeitige "Besuchsmöglichkeiten" der Polizei sondern nur, wie in anderen Fällen auch bei vorliegen einer (konkreten) Gefahr. Auch dem dümmsten Politiker muss mittlerweile klar sein, das Prostitution eben nicht immer (nicht mal immer öfter!) gleichbedeutend ist mit (kriminellen ) sog. milieubedingten Begleiterscheinungen. Laßt sie alle einfach ihren Job gut machen, dann sind alle glücklich und niemandem passiert was.

Das ist meine Meinung!


Herzliche Grüße

Kasharius :006

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Aoife
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Re: RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten‘?

Beitrag von Aoife »

@Kasharius:

Bezüglich der Fakten schließe ich mich deiner Meinung an.

Bezüglich der Motivation zeigt allerdings dieser Zusammenhang:

          Bild
Kasharius hat geschrieben:Auch dem dümmsten Politiker muss mittlerweile klar sein, das Prostitution eben nicht immer (nicht mal immer öfter!) gleichbedeutend ist mit (kriminellen ) sog. milieubedingten Begleiterscheinungen. Laßt sie alle einfach ihren Job gut machen, dann sind alle glücklich und niemandem passiert was.
wenn er logisch zu Ende gedacht wird, dass "alle glücklich und niemandem passiert etwas" politisch offensichtlich unerwünscht ist - wenn die Weigerung das sachgerecht umzusetzen nicht auf Dummheit zurückzuführen ist, so muß Absicht dahinterstecken.

Auf nationaler Ebene ist da wohl nichts zu machen (weil der politische Wille nun einmal das Gegenteil anstrebt), daher wäre es vielleicht gut, wenn auch Behindertengruppierungen bei ihren Schattenberichten an UNO-Gremien auf die Verletzung ihres Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung durch die deutsche Gesetzgebung hinweisen würden.

Liebe Grüße, Aoife
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Doris67
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Beitrag von Doris67 »

Mich stört dabei, über die Abzocke hinaus, das ganze Prinzip: Sobald die Kommune, oder das Land, oder der Staat, als Zuhälter auftritt, befinden wir uns de facto in einer Konzessionierung von Sexarbeit. Und genau das sollten wir bekämpfen, denn wir wissen, wohin das führt.
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annainga
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RE: Lokalnachrichten: BONN

Beitrag von annainga »

ich bleib bei meiner meinung: die meinung der betroffenen frauen, die am straßenstrich arbeiten ist die wichtigste.

wenn das eingenommene geld tatsächlich für sicherheit und wohlfühlen am straßenstrich für die dort arbeitenden sexarbeiter bedeutet, finde ich es in ordnung.

dein zitat doris "das sollten wir bekämpfen, denn wir wissen, wohin das führt" nehme ich nicht an.

in einigen punkten habe ich eine andere meinung (die betrifft auch das düsseldorfer verfahren oder kondompflicht) und denke auch nicht, "dass es irgendwohin führt, was ich weiß".

im gegenteil finde ich es wichtig, dass ich anderer meinung sein darf und dennoch mich natürlich mit der gegenmeinung auseinander setze.

mir kommt es gerade so vor als gäbe es "eine richtige meinung", die alle "wissenden" sexarbeiter einen müsste. das ist aber nicht der fall und das recht auf eine eigene meinung hat jeder.

lieben gruß, annainga

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Beitrag von Doris67 »

annainga: Ich meinte damit, das wir hier in Frankreich nur zu gut wiisen wohin Konzessionierung von Sexarbeit führt, nämlich zu staatlich verordneter und überwachter Sklaverei. Genau das gab es hier nämlich über hundert Jahre lang bis 1946. Und dahin zurück will hier absolut keine Hure, egal wo und unter welchen Bedingungen sie arbeitet. Und ich glaube auch nicht, daß deutsche Sexarbeiterinnen darauf scharf wären.

(Zur Konzessionierung siehe auch: http://www.donacarmen.de/?p=274 )
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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Aoife

das ist richtig. Gerade die UN_Behindertenrechtskonvention bietet da gute Möglichkeiten wenn gleich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung dort nicht explizit genannt ist; es klingt ein bischen in Artikel 25 BRK und natürlich in Artikel 2 an.

Hier mal der link zum Vertragstext

http://www.institut-fuer-menschenrechte ... rpd_de.pdf

Herzliche Grüße

Kasharius

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Lycisca
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Beitrag von Lycisca »

Kasharius hat geschrieben:das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung dort nicht explizit genannt ist
Tatsächlich ist dieses Recht schon viel früher anerkannt gewesen, nämlich 1993 in Rule 9, United Nations’ Standard Rules on the Equalization of Opportunities for Persons with Disabilities, und daher gewiss implizit unter den sozialen und kulturellen Rechten gem. Behindertenrechtskonvention enthalten.

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Lycisca

danke,sicher ein wichtiger und richtiger Hinweis. Aber man muss letztendlich völkerrechtlich immer über sieben Ecken argumentieren und die einfachen nationalstaatlichen Gerichte tun sich mit der Anwendung völkerrechtlicher Konventionen, wie eben auch mit der Behindertenrechtskonventin sehr, sehr schwer, wie wir ja alle wohl immer wieder leidvoll erfahren müssen.

Abver trotzdem danke für den Hinweis. :001

Kasharius

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fraences
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RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten?

Beitrag von fraences »

Bordelle sollen in Deutschland künftig ähnlich reglementiert werden wie Gaststätten.

Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" meldet, sollen noch vor der Bundestagswahl die Weichen für eine entsprechende Verordnung gestellt werden. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl schickte den Fraktionschefs von Union und FDP, Volker Kauder (CDU) und Rainer Brüderle (FDP), einen Vorschlag für eine Ergänzung der Gewerbeordnung.

In dem Text heiße es: "Wer eine Prostitutionsstätte betreiben will, bedarf der Erlaubnis." Die Union macht die Zustimmung der Liberalen zu diesem Punkt zur Bedingung für eine Einigung beim Kampf gegen Menschenhandel. Ohne die "Regulierung der Prostitutionsstätten" werde es "keine Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels geben", drohte Uhl. Hier ist die Bundesregierung fast zwei Monate in Verzug. Innenpolitiker der Union haben signalisiert, dass sie im Gegenzug dem Wunsch der Liberalen entsprechen, ausländischen Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, die Chance auf sicheren Aufenthalt in Deutschland in Aussicht stellen. Seit Wochen führen Innenpolitiker der Koalition sowie Vertreter des Wirtschafts- und des Innenministeriums Gespräche. In Koalitionskreisen wurden die Einigungschancen jetzt als "gut" bewertet.
www.neuesausbraunschweig.de/welt/deutsc ... g-brauchen
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Marc of Frankfurt
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MdB Uhl die christliche Speerspitze der Sexualitätskontrolle

Beitrag von Marc of Frankfurt »

> "Ohne die "Regulierung der Prostitutionsstätten" werde es "keine Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels geben", drohte Uhl."


Da erkennt man, wie unsere uralte Sexarbeits-Branche quasi in 'Sippenhaft' genommen wird, um einen politischen Deal zugunsten verschärfter aber fragwürdiger Sondermaßnahmen zur Prostitutionskontrolle durchzusetzen.

Und das alles geschieht aufkosten von Opfern von Menschenhandel (Menschenhandel = entartete (informelle) Migration). Die Opfer werden hier gleichsam ein zweites mal von der Politik geopfert !!! Solcher Politik geht es gar nicht um die Opfer, sondern um ihre Moral = Politik = Machtpostititon.

Es wird erkennbar, dass für das "moralische Gut" der Prostitutionseindämmung und -Bekämpfung, die sich hinter den CDU/CSU Vorschlägen zur 'Regulierung von Prostitutionsstätten' verbergen, sogar die Umsetzung einer längst fälligen EU-Direktive gegen Menschenhandel und für einen verbesserten Schutz von Opfern als politisches Faustpfand zweckentfremdet wird.

Das alles ist nur möglich, wenn man an den Mythos "Frauenhandel & Zwangsprostitution" glaubt, der Bestandteil von religiös-feministisch-fundamentalistischen Weltbildern ist und seit über 100 Jahren kultiviert wird ("White Slavery Moral Panic"), aber einer wissenschaftlichen Evidenz nicht standthält. Der Schein von Richtigkeit kann nur aufrechterhalten werden, durch Unterstellungen, verfälschende Verallgemeinserungen... und indem das Prostitutionsstigma angewendet wird um die Stimme der Sexworker zum Schweigen zu bringen.

Das politische Geschehen zeigt klar wes Geistes Kind dieser Politiker ist, der sich christlich-sozial schimpft aber manipulativen Studien sein Vertrauen schenkt (wie der von Cho/Dreher/Neumeyer, die er im Bundestag so männlich, retter- & heldenhaft zitiert hat).


Bild

www.sexworker.at/prostg
www.sexworker.at/migration = .../menschenhandel
www.bit.ly/bkazahlen





Statt Förderung von Sexarbeiter_innen und Prostitution:

"Wir in Bayern und in der CSU stehen für die Förderung von Familien Werte und christlichen Werten"

79 Landtags-Abgeordnete in Bayern beschäftigen Familienangehörige und auch Minderjährige auf Steuerzahlerkosten auch noch nach Verbot von 2000. 2013 waren es noch 17 CSU-Abgeordnete. MdL Georg Schmid versorgte seine Frau mit bis zu 5.500 Euro im Monat.

Gesamtwert Angehörigenbeschäftigung (Förderung Amigo-System)
ca. 33 Millionen EUR (35.000EUR/Jahr*12Jahre*79Abgeordnete) Bayern
www.br.de/nachrichten/liste-gehalt-verwandte100.html
www.spiegel.de/politik/deutschland/baye ... 97986.html

Gesamtwert Ehegattensplitting (Förderung Versorgungsehe) bundesweit
ca. 20 Millarden EUR/Jahr im Bund und ein Steuergeschenk bis zu 7.500 EUR/Jahr und Ehepartner
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=86122#86122

Gesamtwert Betreuungsgeld (Förderung Herdprämie) bundesweit
ca. 1,5 Milliarden EUR/Jahr ab 2007 und 1.200 EUR/Jahr pro Kind
http://de.wikipedia.org/wiki/Erziehungsgehalt

Gesamtwert aller Maßnahmen zur Familienförderung von Stadt, Land und Bund:
200 Milliarden EUR/Jahr
Gesamtevaluation:
www.bmfsfj.de/BMFSFJ/familie,did=195944.html

Bild

Schröder will alles so lassen, wie es ist
Von Katja Tichomirowa, 20.06.2013
http://www.berliner-zeitung.de/politik/ ... 73134.html
...



Bsp. für "Förderung Christlicher Werte"

- Mißbrauchskandal
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4571

- Kirchenfinanzierung
Kirche hat quasi-Monopol bei Sozialberatungsstellen für Prostituierte
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=91434#91434
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 21.06.2013, 07:28, insgesamt 2-mal geändert.

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fraences
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RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten?

Beitrag von fraences »

Schwarz-Gelb plant schärfere Vorschriften für Bordelle

Berlin - Im Kampf gegen den Menschenhandel plant die Regierungskoalition von Union und FDP schärfere Vorschriften für Bordelle. Nach Informationen der Welt sollen solche Häuser mit Hilfe einer geänderten Gewerbeordnung künftig strenger reglementiert werden.

Demnach soll für den Betrieb von Bordellen künftig eine Erlaubnis erforderlich sein. Sie soll befristet erteilt, mit Auflagen verbunden oder versagt werden können. Einen entsprechenden Gesetzentwurf wollen beide Parteien in der kommenden Woche abschließend verhandeln. Es geht darum, Betreibern von Bordellen oder bordellartigen Betrieben eine Erlaubnispflicht und eine Zuverlässigkeitsprüfung abzuverlangen - und Bordelle gegebenenfalls schließen zu können.

So steht es in einem Entwurf des CSU-Innenexperten Hans-Peter Uhl, der der Zeitung vorliegt: Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller, dessen Stellvertreter oder der Betriebsleiter die für den Betrieb einer Prostitutionsstätte erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zudem soll die Erlaubnis für Bordelle künftig befristet erteilt oder mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Kundschaft, der Prostituierten, der Beschäftigten, der Gesundheit der Bevölkerung oder der Bewohner eines Betriebs- oder Nachbargrundstücks vor Gefahren oder im Interesse des Jugendschutzes erforderlich sei. Die Einschränkungen sollen auch dann möglich sein, falls der Betrieb erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit, die Prostituierten oder die Beschäftigten befürchten lasse. Als Prostitutionsstätte sollen Bordelle, Laufhäuser, bordellartige Betriebe und Firmen gelten, die einen Bezug zu gewerbsmäßigen sexuellen Dienstleistungen haben.

Dazu soll auch die Anmietung einer Wohnung zum Zweck der gewerbsmäßigen Ausübung der Prostitution gehören. Der FDP geht das Papier aber noch nicht weit genug. Sie hat deshalb eine Arbeitsgruppe zu dem Thema eingerichtet. Deren Leiter ist der FDP-Bundestagsabgeordnete Martin Lindner aus Berlin. Änderungen der Gewerbeordnung sind nach Ansicht von Experten und Opferschutzorganisationen nur ein kleiner Teil dessen, was geändert werden müsste. Ob eine größere Lösung in dieser Koalition noch möglich ist, ist allerdings fraglich. Denn schon zu Uhls Vorschlägen äußerte sich das für die Gewerbeordnung zuständige Wirtschaftsministerium von Philipp Rösler (FDP) gegenüber der Welt zurückhaltend: Die Beratungen innerhalb der Fraktionen dauern an, ein abschließendes Meinungsbild steht noch aus.


http://unternehmen-heute.de/news.php?newsid=176217
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Beitrag von Lady Tanja »

Wie bezeichnend, daß der Artikel unter der Rubrik "Kriminalität" läuft.

No comment!

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Beitrag von Tilopa »


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Beitrag von Tilopa »


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Beitrag von ehemaliger_User »

Der komplette taz-Artikel:

Die Betroffenen in den Fokus rücken

OPFERSCHUTZ Kann man mit restriktiven Gesetzen gegen Prostitution die sexuelle Ausbeutung von Migrantinnen eindämmen? Nein, sagen Expertinnen

AUS BERLIN SIMONE SCHMOLLACK

Stichtag war der 6. April. Bis zu diesem Tag sollte Deutschland dafür sorgen, dass Frauen wie Mona hierzulande besser geschützt werden. Mona, die aus Bulgarien kommt und in Berlin als Hure arbeitet. Nicht ganz freiwillig, wie sie sagt: sie sei ein Opfer von Menschenhändlern.

Wenn Mona heute in Deutschland zur Polizei gehen und dort um Hilfe bitten würde, kann es ihr passieren, dass sie zwar gegen die Zuhälter aussagt. Aber danach selbst zusehen muss, wie sie zurechtkommt. Zugespitzt formuliert: Die Behörden schöpfen bei ihr Informationen ab, um an Menschenhändler und Schlepper ranzukommen - und "entsorgen" dann die Quelle.

Dass das vielfach so läuft, wissen deutsche Nichtregierungsorganisationen und Beratungsstellen, bei denen die Betroffenen Hilfe suchen. Das wissen PolitikerInnen hierzulande. Und das wissen Beamte in Brüssel. Deshalb hat die EU 2011 eine Richtlinie mit einer schlichten Bezeichnung erlassen: 2011/36/EU.

Diese Vorgabe, die Menschenhandel bekämpfen und Opfer schützen will, sollte Deutschland bis zum 6. April umsetzen. Passiert ist seitdem nichts, auch in den meisten anderen EU-Ländern nicht. Darüber ist EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström "enttäuscht".

Malmström hat diese Zahlen vor Augen: 23.632 Frauen, Männer und Kinder sollen allein zwischen 2008 und 2010 innerhalb Europas verschleppt und zu Prostitution und Arbeit gezwungen worden sein. Das Bundeskriminalamt hat 2011 in Deutschland 482 Ermittlungsverfahren im Bereich des "Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung" abgeschlossen.

Enttäuscht ist auch Neile Tanis. Die Juristin ist Geschäftsführerin des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK). Bei den Beratungsstellen, die beim KOK organisiert sind, kommen Frauen wie Mona an, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Neile Tanis war froh, als sie das EU-Papier gelesen hatte. Zum ersten Mal überhaupt werden die Betroffenen in den Fokus gerückt. Den Satz, der das vorgibt, kann man leicht überlesen: "Die Opfer des Menschenhandels … sollten vor sekundärer Viktimisierung … während des Strafverfahrens geschützt werden."

Dieser Passus sei wichtig, sagt Neile Tanis. Da gibt es zum Beispiel die nigerianischen Betroffenen. Einen Aufenthaltsstatus haben die etwa 28 Frauen nicht. Den bekommen sie nur, wenn sie in einem Strafverfahren gegen Zuhälter und Menschenhändler aussagen. "Manche solcher Prozesse dauern bis zu drei Jahre", sagt Tanis: "Während dieser Zeit stehen die Frauen stark unter Druck." Betroffene aus Drittstaaten bekommen kaum psychotherapeutische und finanzielle Hilfe, manche müssen sogar die Dolmetscher in den Verfahren selbst bezahlen.

Als die EU-Richtlinie vor zwei Jahren erlassen wurde, reagierte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) prompt. Sie wollte das Prostitutionsgesetz, das die rot-grüne Bundesregierung 2002 verabschiedet und damit die Sittenwidrigkeit des Sexgewerbes abgeschafft hat, verschärfen. "Prostitutionsstätten", wie Wohnungen und angemietete Zimmer im Sexgewerbe heißen, sollten künftig eine Konzession haben müssen. So wie Kneipen, Cafés, Dönerbuden. Damit ist Schröder gescheitert.

Gut so, findet Juanita Rosita Henning vom Prostituiertenverein Dona Carmen in Frankfurt am Main. Hinter dem Vorstoß steckte, wie sie es formuliert, "eine repressive Wende in der Prostitutionspolitik". Sie sagt: "Es geht weniger darum, Zwangsprostitution zu bekämpfen, als Prostitution an sich zu reglementieren. Eine These, die Neila Tanis teilt: "Menschenhandel und gewöhnliche Prostitution sind zwei verschiedene Dinge."

Axel Dreher sieht das anders. Der Wirtschaftsprofessor von der Universität Heidelberg hat in einer Studie festgestellt, dass Länder, in denen Prostitution erlaubt ist, stärker im Fokus von Menschenhändlern ständen als andere. In Schweden, wo seit 1999 Sexgeschäfte verboten sind, gibt es öffentlich keine Prostitution mehr. Aber möglicherweise im Verborgenen. Experten warnen: Wenn etwas im Verborgenen stattfindet, ist Aufklärung noch schwerer.
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Beitrag von Tilopa »

Focus unter Berufung auf den Welt-Artikel: https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 02460.html

Und N24 hat auch dort abgeschrieben: http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Polit ... andel.html
Zuletzt geändert von Tilopa am 31.05.2013, 20:40, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Tilopa »

...und im Donaukurier erfährt man noch Folgendes:

"Die Grünen wiederum signalisierten Gesprächsbereitschaft. 'Wenn Volker Kauder es ernst meint, könnte man zusammenkommen. Wir fordern seit langem, Prostitutionsstätten unter gewerbliche Aufsicht zu stellen', sagte Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der 'Neuen Presse'. Mit dem einst von der rot-grünen Koalition beschlossenen Prostitutionsgesetz war die Sittenwidrigkeit dieses Gewerbes abgeschafft worden. Damit wurden auch die Rechte der Prostituierten gestärkt."

http://www.donaukurier.de/nachrichten/t ... 76,2765066

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fraences
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RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten?

Beitrag von fraences »

Gewerberecht fürs Gewerbe

Im Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution will die schwarz-gelbe Koalition eine Erlaubnispflicht für Bordelle einführen


BERLIN - Die schwarz-gelbe Koalition will schärfer gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution vorgehen. Die Union will aussagebereiten Zwangsprostituierten ein Bleiberecht zusichern. In diesem Punkt signalisieren auch die Grünen Zustimmung.

Nach Informationen aus Koalitionskreisen ist Anfang der Woche eine Einigung zu erwarten. „Wir können nicht länger hinnehmen, dass gerade in Deutschland die Rechte von Frauen so missachtet werden und dass unser Land zur Drehscheibe für Menschen- und Frauenhandel in Europa geworden ist. Das ist ein Skandal“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Die Entwicklung, die zunehmend von Sicherheitsbehörden und Experten beklagt werde, sei „nicht zuletzt“ auf die rot-grünen Gesetzesreformen zurückzuführen, die Prostitution zulasten der Frauen legalisiert habe.

Die Polizei habe deshalb keine Möglichkeit mehr, in der Szene genauer hinzusehen. Kauder hat sich im Grundsatz mit FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle darauf verständigt, dass Bordelle eine gewerberechtliche Genehmigung beantragen müssen. „Ich bin optimistisch, dass wir uns in der kommenden Woche einigen können, um diesen unerträglichen Zustand im Sinne der missachteten Frauen zumindest etwas zu verbessern.“ Ein Gesetzentwurf, den kommende Woche die Fraktionsspitzen beraten, sieht eine „Erlaubnispflicht“ und die „Möglichkeit für gesetzliche Auflagen“ bei der Zulassung von Bordellbetrieben vor.

Damit wird das 2001 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Prostitutionsgesetz eingeschränkt. Es sollte die Arbeitsbedingungen der Frauen verbessern. Zuhälterei ist seitdem nur noch strafbar, wenn sie „ausbeuterisch“ ist. Das ist aber schwer nachzuweisen, weil die meisten Frauen schweigen, Osteuropäerinnen, weil sie oft Angst haben, dass in ihren Heimatländern ihre Familien bedroht werden. Mehr als zehn Jahre später kritisieren Polizei und Justiz, dass die erhoffte Wirkung der Liberalisierung nicht eingetreten sei. Stattdessen sei es schwieriger geworden, Zwangsprostitution, Menschenhandel und Ausbeutung zu verfolgen.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck teilt diese Einschätzung nicht. „Das Gesetz hat nicht zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geführt“, sagte Beck dieser Zeitung. „Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien hat vorübergehend dazu geführt, dass es mehr Menschenhandelsopfer aus diesen Ländern gab.“ Seit einigen Jahren sei der Menschenhandel nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes jedoch rückläufig. Nach Schätzungen gibt es in Deutschland mindestens 3000 Bordelle und bordellartige Betriebe, vermutlich liegt die Zahl noch deutlich höher. Nicht zuletzt wegen der liberalen Gesetzeslage ist Deutschland der größte Markt für käufliche Liebe in Europa.

Noch bis vor wenigen Wochen waren Gesetzesverschärfungen in der Bundesregierung höchst umstritten. Innen,- Justiz- und Wirtschaftsministerium blockierten sich gegenseitig. Das Innenministerium wollte mit Blick auf ein Bleiberecht ein Schlupfloch für Zuwanderung verhindern, das Wirtschaftsministerium sträubte sich gegen Änderungen beim Gewerberecht. Offensichtlich haben die Chefs der Regierungsfraktionen sich auf eine gemeinsame Linie geeinigt, die auf eine Genehmigungspflicht und eine Zuverlässigkeitsprüfung hinausläuft. Die Bundesregierung steht allerdings unter Druck. Sie hat es versäumt, eine EU-Richtlinie gegen Menschenhandel fristgerecht zum April umzusetzen.

Bei einer Zulassungspflicht würden die Grünen im Grundsatz mitziehen. „Wenn Volker Kauder es ernst meint, könnte man zusammenkommen. Wir fordern seit Langem, Prostitutionsstätten unter gewerbliche Aufsicht zu stellen.“ Dann, so Beck, könnten die Behörden Hygiene und Arbeitsbedingungen prüfen und auch kontrollieren, ob Frauen ausgebeutet werden. Die Grünen wollen allerdings keine Regelung zulasten der selbstständig arbeitenden Prostituierten. Beck begrüßte auch, dass Kauder Offenheit für ein Bleiberecht zeigt. Dazu liege ein Gesetzentwurf der grünen Fraktion vor. Beck: „Opferschutz muss in diesem Fall vor Abschiebung stehen. Hier muss Herr Kauder nur zustimmen“. (Von Frank Lindscheid)


www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag ... l-die.html
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RE: Konzessionierung von Prostitutionsstätten?

Beitrag von Melanie_NRW »

Der gesetzte Link existiert nicht mehr...

Der hier klappt:

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... l-die.html

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Beitrag von Kasharius »

Ich bin aber sehr gespannt, ob die das mit zwingend gebotener Beteiligung des Bundesrates noch hinkriegen, den rum tricksen im Sinne von Aufspalten des Gesetzes in einen Zustimmungspflichtigen und einen Nichtzustimmungspflichtigen Gesetztesentwurf dürfte hier schwierig sein. Aber wachsam sein sollte man....

Kasharius grüßt