Angst vor "Chaos in Bordellen"
SN Print | 28.02.2014
Kriminalisiert? Das Finanzministerium will Prostituierte teilweise als Angestellte einstufen. Nun fürchten Bordellbetreiber, sich kollektiv wegen Zuhälterei strafbar zu machen.
Wien (SN-resch, schli). Muss das Arbeitsmarktservice künftig Sexarbeiterinnen vermitteln und wäre das dann Zuführung zur Prostitution? Werden Bordellbetreiber künftig durch das Steuerrecht dazu gezwungen, den Tatbestand der Zuhälterei zu erfüllen?
Die Rotlichtszene versucht derzeit in einer PR-Kampagne gegen neue Vorschriften der Finanzverwaltung zu mobilisieren. Von „Katastrophe“ ist die Rede und davon, dass die bisher „geordnete“ Prostitution in den Bordellen in die Illegalität abrutschen würde.
Grund der Aufregung: Die Finanzverwaltung versendet Mitteilungen an Bordellbetreiber, wonach ab 1. April die Einkünfte aus der Tätigkeit von Sexdienstleisterinnen „gemäß den tatsächlichen Verhältnissen“ zu besteuern sind. Die Betreiber einschlägiger Lokale befürchten deshalb, dass künftig alle Sexdienstleisterinnen als Angestellte angemeldet werden müssen, da auch ein klarer Kriterienkatalog der Finanz existiert, der Sexarbeit in Bordellen, Animierlokalen und Saunaclubs als nicht selbstständige, angestellte Tätigkeit charakterisiert.
Warum das so problematisch ist? Aus Sicht von Betreibern und auch Sexarbeiter-Beratungsstellen macht sich automatisch strafbar, wer eine Prostituierte anstellt. Denn das ist Zuhälterei – und die ist in Österreich verboten. Das ist auch der Grund, warum Prostituierte bisher alle eine offiziell selbstständige Tätigkeit ausübten. So sieht es auch Christian Knappik, Sprecher des Vereins Sexworkerforum, so sieht man es bei der Salzburger Prostituiertenberatung PIA, so sieht es Richard Schweiger, Geschäftsleiter einer der größten heimischen Bordellketten. Unisono sprechen sie von einem „absurden Vorgehen“ der Finanz, welches „Chaos in den Bordellen“ auslösen würde.
Konkret teilten die Finanzbeamten jetzt schriftlich mit, dass etwa das Vorhandensein einer Bar für eine unselbstständige Tätigkeit spreche, ebenso einheitliche Preise in einem Bordell, oder der Umstand, dass die Frauen ihre Arbeitszeiten an den Öffnungszeiten des Hauses orientierten.
Für ein Angestelltenverhältnis spreche demnach auch, wenn der Sexualkontakt an der Bar angebahnt werde. Alles Merkmale, die freilich auf praktisch jeden Vergnügungsbetrieb der Rotlichtbranche zutreffen, Laufhäuser vielleicht teils ausgenommen.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums betonte, es gebe eine steuerrechtliche Definition der Nichtselbstständigkeit und eine arbeitsrechtliche. „Wir beurteilen nur die steuerrechtliche.“ Diese steuerrechtliche Beurteilung „zwingt keine Sexdienstleisterinnen in ein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis, sondern zielt ausschließlich darauf ab, nach den tatsächlichen Verhältnissen in einem Bordellbetrieb zu besteuern“ Die Rechtsmeinung des Finanzministeriums ist aber jedenfalls: Man kann unselbstständig in einem Bordell arbeiten – der Betreiber fällt deshalb noch nicht zwangsläufig unter den Zuhälterei-Paragrafen. Im Hintergrund des Vorgehens der Finanz steht eine Entscheidung des VwGH, vor dem ein Bordellbetreiber mit der Anfechtung der Lohnsteuerpflicht einer Prostituierten abblitzte.
Eine Vermittlung von Sexarbeiterinnen durch das AMS wird es jedenfalls nicht geben. Eine Sprecherin des AMS erklärte den SN, dass dies schon von der Frage der Zumutbarkeit der offenen Stellen abhänge. Die Tätigkeit dürfte nicht sittenwidrig, gesundheitsgefährdend oder gesundheitsschädlich sein und müsse kollektivvertraglich entlohnt werden. Schon aufgrund der Sittenwidrigkeit könne und werde es keine Vermittlung von Sexdienstleisterinnen durch das AMS geben.
http://search.salzburg.com/display/sn01 ... 1-51442228
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Jetzt ist dann Alles klar..... Besonders klar ist, dass das die Aufhebung der Sittenwidrigkeit von sexuellen Dienstleistungen noch nicht bis in allen Orten Österreichs durchgedrungen ist....
Irgendwie muss man sich das auf der Zunge zergehen lassen: Das Finanzamt meint, dass eine Versteuerung als Nichtselbstständige von "Neuen Selbstständigen" durchaus vereinbar ist, also mit Jemand den man nicht soziailversicherungstechnisch anmelden kann.... Das die Betroffenen dann im Niemandsland angesiedelt sind (oder vielleicht dann doppelt Steuern abführen müssen) dürfte Niemand interessieren. Das damit auch jede sozailversicherungsrechtliche Absicherung den Bach runter gehen würde, ist auch nur ein Nebengeräusch.
Wenn man sich dann zum Thema bei der Arbeiterkammer schlau machen möchte, so fällt einem gleich beim ersten Satz
"ArbeitnehmerInnen erhalten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Diese Einkünfte unterliegen der Lohnsteuer (Einkommensteuer). Der Arbeitgeber hebt die Lohnsteuer ein und führt sie direkt an das Finanzamt ab." folgende Frage ein.... Wer ist der Arbeitgeber einer SexarbeiterIn??? Wieso soll Lohnsteuer fällig sein, für Jemand, der keinen Lohn (schon gar nicht vom Betreiber) erhält??? Kassiert jetzt eine SexarbeiterIn im Namen und Auftrag des Arbeitsgebers von KundInnen den "Lohn" - oder doch nicht im Auftrag? Müsste dann nicht der Kunde??? Sie muss einen Teil Ihres erzielten Umsatzes an den Betreiber abliefern? Und ist aber nicht weisungsgebunden? Denn dann wäre es ja wieder Zuhälterei.... Und wer entscheidet über die Höhe des abzuführenden Betrages? Geht es dann Phi mal Daumen....? Denn die Lohnsteuer wird verdienstabhängig berechnet... (Freigrenzen nicht vergessen!)
Bei der Geschichte wäre wirklich einiges zu klären - Vor Allem gehört geklärt, wann die Jenigen, die es betrifft (die zahlen sollen!!!) dann endlich informiert werden. Bisher sind keine entsprechenden Informationen an die SexarbeiterInnen raus gegangen. Speziell darüber informiert, dass sie ihre Steuernummer zurückgeben sollten und eigentlich doch nicht als Selbstständig gelten.....