EMMA fordert Prostitutionsverbot-Aktuelle Hetze gegen uns!
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@ Lady Tanja
...EMMA wird uns nicht verstehen, weil sie uns nicht verstehen WOLLEN.....
Das denke ich auch, weil sie mit diesen Argumenten ein bestimmtes Klientel "bedienen" und GELD verdienen wollen und das nicht wenig. Trotzdem ist es gut auch Kontra zu geben. Wer sich nicht wehrt, der kann leichter bevormundet werden.
...EMMA wird uns nicht verstehen, weil sie uns nicht verstehen WOLLEN.....
Das denke ich auch, weil sie mit diesen Argumenten ein bestimmtes Klientel "bedienen" und GELD verdienen wollen und das nicht wenig. Trotzdem ist es gut auch Kontra zu geben. Wer sich nicht wehrt, der kann leichter bevormundet werden.
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Stimmt, leider ist es Zeitverschwendung...Es geht nicht einmal ums verstehen. Die meisten aus dieser Ecke sind nicht bloss ignorant, sondern Sexarbeiterinnen gegenüber unverhelt feindlich eingestellt. Als ich es mal wagte im Emma-Forum absolut sachlich, ohne eine Spur der berechtigten Wut meine Meinung kundzutun, wurden ein paar meiner Kommentare ohne Erklärung zensiert. Gleichzeitig schrieb eine Foristin, "sie liesse sich von einer Nutte nichts sagen". Die sonst so schnell urteilende Moderatorin empfand dies anscheinend als angemessen, ebenso wie die restlichen Foristinnen...eine einzige Foristin, welche sich gegen diesen Kommentar stellte, wurde anschliessend selbst persönlich angegriffen. Ich habe schon längst die Illusion aufgegeben, dass solche Leute es eigentlich gut meinen, und nur zu wenig wissen...es gibt Menschen die meinen es vielleicht gut und müssten nur aufgeklärt werden, aber die findet man bestimmt nicht bei den Anhängern von Emma und Alice Schwarzer.Lady Tanja hat geschrieben:@Lara
Ich finde das toll, daß Du EMMA Kontra gegeben hast. Aber ich denke, daß Du mit weiteren Mails nur Deine Zeit verschwendest.
EMMA wird uns nicht verstehen, weil sie uns nicht verstehen WOLLEN.
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RE: EMMA fordert Prostitutionsverbot-Aktuelle Hetze gegen un
Die rumänische Übersetzung habe ich schon gemacht siehe:
Der Deutsche Text, damit möglichst alle es verstehen können.
„ ... schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht“
Liebe Kolleginnen,
ich bin wie Ihr Sexarbeiterin. Ich bin auch Vermieterin. Mir gehört das "Haus9" in Bremen. Dort arbeite ich mit vier weiteren rumänischen Kolleginnen.
Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel der Zeitschrift "Emma" gelesen. Die "Emma" wird von Feministinnen herausgegeben. Alice Schwarzer hat sie gegründet. Alice Schwarzer ist die bekannteste deutsche Feministin. Sie vertritt die Meinung vieler deutscher Feministinnen. Aber es gibt auch andere Feministinnen in Deutschland. Sie haben andere Meinungen. Die "Emma" und Frau Schwarzer haben Einfluss auf die deutsche Politik. Viele "Schwarzer-Feministinnen" haben politische Verantwortung in Deutschland. Die "Schwarzer-Feministinnen" wollen die Sexarbeit abschaffen. Sie wollen unsere wirtschaftliche Existenz zerstören. Dafür nennen sie Gründe. Zum Beispiel organisierte Kriminalität.
"Emma" will die Sexarbeit abschaffen, denn die Prostitutionsbrache wird "schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht", das steht hier:
http://www.emma.de/artikel/prostitution ... ern-317699
Ich will nicht, das Sexarbeit in Deutschland abgeschafft wird. Es stimmt nicht, dass die Sexarbeit von der organisierten Kriminalität beherrscht wird. Ich werde nicht von einer "Mafia" beherrscht. Ich gehöre nicht zur organisierten Kriminalität. Das gleiche gilt für die vielen Kolleginnen, die ich kenne und kennengelernt habe.
Auf den Artikel habe ich geantwortet. Hier:
http://www.emma.de/artikel/prostitution ... 699?page=1
@Marike hat darauf geantwortet. Die Chefredakteurin Frau Louis von der "Emma" hat mir auch geantwortet.
Frau Louis meint, ich würde die "Emma" nicht verstehen. Nur ein Teil der Sexarbeit wäre in der Hand der organisierten Kriminalität, antwortet sie mir. Kann ich nicht lesen? Bin ich dumm? In der "Emma" stand: d i e Prostitutionsbranche wird von organisierter Kriminalität beherrscht. Da stand nicht: Teile der Sexarbeit werden von der organisierten Kriminalität beherrscht. Frau Louis macht sich sehr dumm, wenn sie diesen Unterschied nicht versteht. Oder sie denkt, ich bin dumm und sie kann mich an der Nase herumführen. Kann sie nicht. Ich lasse mich nicht erniedrigen.
Und @Marike schreibt sogar Rumänisch. Hier ihr Deutscher Text:
Frau Freudmann, wenn es eine Stigmatisierung in Deutschland gibt, ist sie wie folgt: eine Frau aus Rumänien gilt hier als Ware, als eine billige Ware, die man sexuell ausbeuten kann. Wenn Sie nun dort angekommen sind, selber Frauen auszubeuten in Ihrem Bordell, so wundert mich gar nichts mehr. Aber dass Sie im Namen so vieler Frauen die verkauft, konsumiert, seelisch traumatisiert sind, die Prostitution als Vergewaltigung empfinden und daran zerbrechen, eine Maschinerie, die Sie auch in Gang halten, das ist der Gipfel der Dreistigkeit. Übersetzen Sie ruhig mehr aus EMMA!
Danke für die Übersetzung. @Marike bezeichnet mich als eine Ausbeuterin. Für @Marike bin ich eine Kriminelle. Ausbeutung von Sexarbeiterinnen ist eine Straftat (StGB180a, Ausbeutung von Prostituierten). Ich bin eine Kriminelle, weil ich Zimmer an Kolleginnen vermiete? Wo sollen meine Kolleginnen arbeiten? Auf der Straße? Das dürfen sie nicht. Das ist illegale Prostitution (§ 184e Ausübung der verbotenen Prostitution). Fast überall in Deutschland. Das ist eine Straftat. Wer mehrfach erwischt wird, muss zurück nach Rumänien. Darf für Jahre nicht wieder nach Deutschland.
Denkt @Marike, ich verdiene viel Geld? Denkt sie, ein Haus zu betreiben kostet nichts? Wer hat es genehmigen lassen? Was hat das gekostet? Wer hat es umgebaut? War das umsonst? Wer bezahlt Renovierungen, Strom, neue Möbel? Bekomme ich das geschenkt? Wer bezahlt Werbung für das Haus? Wer kümmert sich um neue Gesetze? Wer übersetzt das ins Rumänische? Ist das alles umsonst? Ich beute meine Mieterinnen aus? Was für eine Beschuldigung! Was für eine Beleidigung!
Ich habe @Marike und Frau Louis geantwortet. Frau Louis auf Deutsch, @Marike auch auf Rumänisch. Ich habe das an "Emma" geschickt. "Emma" hat meine Antworten nicht veröffentlicht. Kritisieren darf Frau Louis mich. Mich an der Nase herumführen auch. @Marike darf mich beleidigen. Antworten darf ich nicht.
Das hatte ich @Marike geschieben:
@Marike
Ihre Friseurin schneidet Ihnen die Haare. Das tut sie. Sie ist keine Ware.
Ich biete sexuelle Dienstleistungen an. Das tue ich. Ich bin keine Ware.
Ich bin eine Ware, ein Ding analysieren Sie, also kein Mensch mehr.
Das ist schlimm, was Sie da sagen, wie ich bewertet werde.
In meinem Heimatdorf wurden Menschen umgebracht von Deutschen.
Sie waren Juden. Wurden als Ungeziefer bezeichnet, als minderwertig.
Ich soll ein Ding sein? Das ist ernst gemeint?
Weil ich Sex als Beruf habe?
Ich bin Sexarbeiterin. Ich vermiete an Kolleginnen.
Sie sagen, ich hätte begonnen selber Frauen auszubeuten.
Ich beute niemanden aus. Wieso sagen Sie das?
Haben Sie dafür Beweise? Dann zeigen Sie mich an.
Keine Beweise? Dann wäre das üble Nachrede. Eine Straftat.
Wo sind Ihre Beweise?
Ich bin keine Ware! Ich bin ein Mensch! Ich bin keine Ausbeuterin!
Sie tragen die Nase sehr hoch. Beleidigen sie mich nicht.
Schützen sie mich vor denen, die sagen, ich sei eine Ware.
Gegen Kunden, die mich schlecht behandeln, kann ich mich selbst wehren.
Was denkt Ihr, Kolleginnen aus Rumänien und aus allen anderen Ländern dieser Welt? Gefällt Euch, was die "Emma" will und schreibt? Ist das richtig und gut? Nein? Dann antwortet der "Emma". Meldet Euch an und schreibt. Auf Deutsch, auf Rumänisch oder in Eurer Sprache!
Danke
Der Deutsche Text, damit möglichst alle es verstehen können.
„ ... schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht“
Liebe Kolleginnen,
ich bin wie Ihr Sexarbeiterin. Ich bin auch Vermieterin. Mir gehört das "Haus9" in Bremen. Dort arbeite ich mit vier weiteren rumänischen Kolleginnen.
Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel der Zeitschrift "Emma" gelesen. Die "Emma" wird von Feministinnen herausgegeben. Alice Schwarzer hat sie gegründet. Alice Schwarzer ist die bekannteste deutsche Feministin. Sie vertritt die Meinung vieler deutscher Feministinnen. Aber es gibt auch andere Feministinnen in Deutschland. Sie haben andere Meinungen. Die "Emma" und Frau Schwarzer haben Einfluss auf die deutsche Politik. Viele "Schwarzer-Feministinnen" haben politische Verantwortung in Deutschland. Die "Schwarzer-Feministinnen" wollen die Sexarbeit abschaffen. Sie wollen unsere wirtschaftliche Existenz zerstören. Dafür nennen sie Gründe. Zum Beispiel organisierte Kriminalität.
"Emma" will die Sexarbeit abschaffen, denn die Prostitutionsbrache wird "schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht", das steht hier:
http://www.emma.de/artikel/prostitution ... ern-317699
Ich will nicht, das Sexarbeit in Deutschland abgeschafft wird. Es stimmt nicht, dass die Sexarbeit von der organisierten Kriminalität beherrscht wird. Ich werde nicht von einer "Mafia" beherrscht. Ich gehöre nicht zur organisierten Kriminalität. Das gleiche gilt für die vielen Kolleginnen, die ich kenne und kennengelernt habe.
Auf den Artikel habe ich geantwortet. Hier:
http://www.emma.de/artikel/prostitution ... 699?page=1
@Marike hat darauf geantwortet. Die Chefredakteurin Frau Louis von der "Emma" hat mir auch geantwortet.
Frau Louis meint, ich würde die "Emma" nicht verstehen. Nur ein Teil der Sexarbeit wäre in der Hand der organisierten Kriminalität, antwortet sie mir. Kann ich nicht lesen? Bin ich dumm? In der "Emma" stand: d i e Prostitutionsbranche wird von organisierter Kriminalität beherrscht. Da stand nicht: Teile der Sexarbeit werden von der organisierten Kriminalität beherrscht. Frau Louis macht sich sehr dumm, wenn sie diesen Unterschied nicht versteht. Oder sie denkt, ich bin dumm und sie kann mich an der Nase herumführen. Kann sie nicht. Ich lasse mich nicht erniedrigen.
Und @Marike schreibt sogar Rumänisch. Hier ihr Deutscher Text:
Frau Freudmann, wenn es eine Stigmatisierung in Deutschland gibt, ist sie wie folgt: eine Frau aus Rumänien gilt hier als Ware, als eine billige Ware, die man sexuell ausbeuten kann. Wenn Sie nun dort angekommen sind, selber Frauen auszubeuten in Ihrem Bordell, so wundert mich gar nichts mehr. Aber dass Sie im Namen so vieler Frauen die verkauft, konsumiert, seelisch traumatisiert sind, die Prostitution als Vergewaltigung empfinden und daran zerbrechen, eine Maschinerie, die Sie auch in Gang halten, das ist der Gipfel der Dreistigkeit. Übersetzen Sie ruhig mehr aus EMMA!
Danke für die Übersetzung. @Marike bezeichnet mich als eine Ausbeuterin. Für @Marike bin ich eine Kriminelle. Ausbeutung von Sexarbeiterinnen ist eine Straftat (StGB180a, Ausbeutung von Prostituierten). Ich bin eine Kriminelle, weil ich Zimmer an Kolleginnen vermiete? Wo sollen meine Kolleginnen arbeiten? Auf der Straße? Das dürfen sie nicht. Das ist illegale Prostitution (§ 184e Ausübung der verbotenen Prostitution). Fast überall in Deutschland. Das ist eine Straftat. Wer mehrfach erwischt wird, muss zurück nach Rumänien. Darf für Jahre nicht wieder nach Deutschland.
Denkt @Marike, ich verdiene viel Geld? Denkt sie, ein Haus zu betreiben kostet nichts? Wer hat es genehmigen lassen? Was hat das gekostet? Wer hat es umgebaut? War das umsonst? Wer bezahlt Renovierungen, Strom, neue Möbel? Bekomme ich das geschenkt? Wer bezahlt Werbung für das Haus? Wer kümmert sich um neue Gesetze? Wer übersetzt das ins Rumänische? Ist das alles umsonst? Ich beute meine Mieterinnen aus? Was für eine Beschuldigung! Was für eine Beleidigung!
Ich habe @Marike und Frau Louis geantwortet. Frau Louis auf Deutsch, @Marike auch auf Rumänisch. Ich habe das an "Emma" geschickt. "Emma" hat meine Antworten nicht veröffentlicht. Kritisieren darf Frau Louis mich. Mich an der Nase herumführen auch. @Marike darf mich beleidigen. Antworten darf ich nicht.
Das hatte ich @Marike geschieben:
@Marike
Ihre Friseurin schneidet Ihnen die Haare. Das tut sie. Sie ist keine Ware.
Ich biete sexuelle Dienstleistungen an. Das tue ich. Ich bin keine Ware.
Ich bin eine Ware, ein Ding analysieren Sie, also kein Mensch mehr.
Das ist schlimm, was Sie da sagen, wie ich bewertet werde.
In meinem Heimatdorf wurden Menschen umgebracht von Deutschen.
Sie waren Juden. Wurden als Ungeziefer bezeichnet, als minderwertig.
Ich soll ein Ding sein? Das ist ernst gemeint?
Weil ich Sex als Beruf habe?
Ich bin Sexarbeiterin. Ich vermiete an Kolleginnen.
Sie sagen, ich hätte begonnen selber Frauen auszubeuten.
Ich beute niemanden aus. Wieso sagen Sie das?
Haben Sie dafür Beweise? Dann zeigen Sie mich an.
Keine Beweise? Dann wäre das üble Nachrede. Eine Straftat.
Wo sind Ihre Beweise?
Ich bin keine Ware! Ich bin ein Mensch! Ich bin keine Ausbeuterin!
Sie tragen die Nase sehr hoch. Beleidigen sie mich nicht.
Schützen sie mich vor denen, die sagen, ich sei eine Ware.
Gegen Kunden, die mich schlecht behandeln, kann ich mich selbst wehren.
Was denkt Ihr, Kolleginnen aus Rumänien und aus allen anderen Ländern dieser Welt? Gefällt Euch, was die "Emma" will und schreibt? Ist das richtig und gut? Nein? Dann antwortet der "Emma". Meldet Euch an und schreibt. Auf Deutsch, auf Rumänisch oder in Eurer Sprache!
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Ex-Prostituierte für Meldepflicht und Mindestalter
Die Ex-Prostituierte Jana Koch-Krawczak: "Ich bin für die Meldepflicht!"
In ihrem Offenen Brief an die PolitikerInnen erklärt die Ex-Prostituierte Jana Koch-Krawczak, warum sie sich die Meldepflicht und ein Mindestalter für Prostituierte wünscht. Die 37-Jährige hat sich von ihrem 15. Lebensjahr an in Polen und Deutschland prostituiert. Heute arbeitet sie als Streetworkerin für den Ausstieg.
Liebe Politikerinnen und Politiker,
Sie beraten in diesen Wochen über ein neues Prostitutionsgesetz. Darin sind eine Meldepflicht und ein Mindestalter von 21 für Prostituierte vorgesehen – bisher. Gerade laufen sogenannte „Sexarbeiterinnen“ dagegen Sturm, indem sie sich auf das „Recht auf freie Berufsausübung“ berufen. Eine Meldepflicht, sagen sie, sei „stigmatisierend“.
Ich möchte Ihnen von meinen Erfahrungen als ehemalige Prostituierte erzählen, damit Sie wissen, warum ich für ein Mindestalter und für eine Meldepflicht bin.
Ich komme aus einer, gelinde gesagt, schwierigen Familie. Mit 15 bin ich an einen Loverboy geraten, der mein Schutzbedürfnis und meine Unerfahrenheit ausgenutzt und mich an einen Bordellbetreiber „verkauft“ hat. Die Masche der Loverboys ist ausgefuchst und sie funktioniert. Sie haben einen guten Blick für Mädchen, die angeschlagen und bedürftig sind.
Mit 15 Jahren bin ich an einen Loverboy geraten
Machen Sie sich bitte klar, dass junge Menschen sehr beeinflussbar sind und dass Alkohol und Drogen im Spiel sind. Und wenn man einmal in dem Milieu drin ist, dann kommt man nicht mehr raus. Das Milieu ist ein geschlossenes System, man hat keine Kontakte mehr nach draußen.
Viele der Mädchen erleben ihre ersten sexuellen Kontakte auf dem Straßenstrich oder im Bordell. Die Freier verlangen Sachen von ihnen, von denen sie noch nie gehört haben und die sie sich gar nicht vorstellen können. Aber wie sollen sie sich den Freiern und ihren „Wünschen“ widersetzen? Wie soll ein junges Mädchen sich durchsetzen, wenn sie Druck vom Freier bekommt und ihrem Zuhälter oder ihrer Familie das Geld abliefern muss? Deshalb bin ich für ein Mindestalter. Denn eine 21-Jährige kann sich gegen Psychoterror und Gewalt besser zur Wehr setzen als eine 18-Jährige.
Als ich aus Polen in deutsche Bordelle kam, dachte ich, jetzt würde alles besser. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich war schockiert, wie normal Prostitution in Deutschland ist und wie respektlos die Freier mit den Frauen umspringen. Verzeihung, aber Deutschland ist ein Puff!
Ich habe die deutsche Sprache nicht gesprochen und kannte mich nicht aus. Auch die Frauen in den Bordellen waren überwiegend Ausländerinnen, wie ich. Sie wurden oft versteckt und permanent ausgetauscht. Kein Mensch kann nachvollziehen, wo sie sind. Deshalb bin ich für eine Meldepflicht. Sie wäre ein Schutz für die Prostituierten selber.
Die Freier verlangen Sachen, die die
Mädchen noch nie gehört haben
Die so genannten „Sexarbeiterinnen“ sagen, die Meldepflicht würde sie „stigmatisieren“. Das ist ein Satz von Profiteuren. Wenn etwas die Frauen stigmatisiert, dann ist es das Milieu, in dem die Frauen behandelt werden wie der letzte Dreck. Was mir die Frauen, die ich als Streetworkerin auf der Straße treffe, erzählen ist so schlimm, dass meine Motivation von Tag zu Tag wächst, dafür zu kämpfen, dass das alles irgendwann aufhört.
Die Frauen erzählen, dass sie Hunger haben. Die Frauen erzählen, dass sie sich nicht waschen können. Die Frauen erzählen, dass die Freier Perversionen von ihnen verlangen, die sie nicht ertragen können. Die Frauen wollen aussteigen, aber sie wissen nicht, wie und wohin. Und wenn sie zum Arbeitsamt gehen, werden sie gefragt: „Wo sind Sie gemeldet?“ Sie sind aber nirgendwo gemeldet. Auch deshalb bin ich für eine Meldepflicht.
Und wo wir schon dabei sind: Ich bin auch für eine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung. Kürzlich ist mir eine Frau begegnet, die Unterleibskrebs hat. Sie müsste sich dringend behandeln lassen. Aber sie wird von ihrer Mutter in ihrem Heimatland erpresst. Ihre Kinder leben bei der Mutter und sie droht, sie ins Heim zu geben, wenn sie kein Geld mehr schickt. Also steht sie weiter auf der Straße. Und sie ist kein Einzelfall. Die Frauen werden von ihrem Zuhälter erst zum Arzt geschickt, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Wenn etwas die Frauen stigmatisiert, dann das Milieu
Ich sage Ihnen all das, weil Ihnen ein paar sogenannte „Sexarbeiterinnen“, die ihre fragwürdigen Interessen durchsetzen wollen, etwas über Prostitution erzählen wollen, was mit der Realität der meisten Prostituierten nichts zu tun hat. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gesetz den Hunderttausenden anderen etwas nützt und sie schützt. Am besten davor, überhaupt in die Prostitution zu gehen.
Denn: Jeder Tag im Milieu ist einer zu viel. Die Folgen für die Frauen sind irreparabel.
Ihre Jana Koch-Krawczak
http://www.emma.de/artikel/offener-brie ... ten-317791
Die Ex-Prostituierte Jana Koch-Krawczak: "Ich bin für die Meldepflicht!"
In ihrem Offenen Brief an die PolitikerInnen erklärt die Ex-Prostituierte Jana Koch-Krawczak, warum sie sich die Meldepflicht und ein Mindestalter für Prostituierte wünscht. Die 37-Jährige hat sich von ihrem 15. Lebensjahr an in Polen und Deutschland prostituiert. Heute arbeitet sie als Streetworkerin für den Ausstieg.
Liebe Politikerinnen und Politiker,
Sie beraten in diesen Wochen über ein neues Prostitutionsgesetz. Darin sind eine Meldepflicht und ein Mindestalter von 21 für Prostituierte vorgesehen – bisher. Gerade laufen sogenannte „Sexarbeiterinnen“ dagegen Sturm, indem sie sich auf das „Recht auf freie Berufsausübung“ berufen. Eine Meldepflicht, sagen sie, sei „stigmatisierend“.
Ich möchte Ihnen von meinen Erfahrungen als ehemalige Prostituierte erzählen, damit Sie wissen, warum ich für ein Mindestalter und für eine Meldepflicht bin.
Ich komme aus einer, gelinde gesagt, schwierigen Familie. Mit 15 bin ich an einen Loverboy geraten, der mein Schutzbedürfnis und meine Unerfahrenheit ausgenutzt und mich an einen Bordellbetreiber „verkauft“ hat. Die Masche der Loverboys ist ausgefuchst und sie funktioniert. Sie haben einen guten Blick für Mädchen, die angeschlagen und bedürftig sind.
Mit 15 Jahren bin ich an einen Loverboy geraten
Machen Sie sich bitte klar, dass junge Menschen sehr beeinflussbar sind und dass Alkohol und Drogen im Spiel sind. Und wenn man einmal in dem Milieu drin ist, dann kommt man nicht mehr raus. Das Milieu ist ein geschlossenes System, man hat keine Kontakte mehr nach draußen.
Viele der Mädchen erleben ihre ersten sexuellen Kontakte auf dem Straßenstrich oder im Bordell. Die Freier verlangen Sachen von ihnen, von denen sie noch nie gehört haben und die sie sich gar nicht vorstellen können. Aber wie sollen sie sich den Freiern und ihren „Wünschen“ widersetzen? Wie soll ein junges Mädchen sich durchsetzen, wenn sie Druck vom Freier bekommt und ihrem Zuhälter oder ihrer Familie das Geld abliefern muss? Deshalb bin ich für ein Mindestalter. Denn eine 21-Jährige kann sich gegen Psychoterror und Gewalt besser zur Wehr setzen als eine 18-Jährige.
Als ich aus Polen in deutsche Bordelle kam, dachte ich, jetzt würde alles besser. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich war schockiert, wie normal Prostitution in Deutschland ist und wie respektlos die Freier mit den Frauen umspringen. Verzeihung, aber Deutschland ist ein Puff!
Ich habe die deutsche Sprache nicht gesprochen und kannte mich nicht aus. Auch die Frauen in den Bordellen waren überwiegend Ausländerinnen, wie ich. Sie wurden oft versteckt und permanent ausgetauscht. Kein Mensch kann nachvollziehen, wo sie sind. Deshalb bin ich für eine Meldepflicht. Sie wäre ein Schutz für die Prostituierten selber.
Die Freier verlangen Sachen, die die
Mädchen noch nie gehört haben
Die so genannten „Sexarbeiterinnen“ sagen, die Meldepflicht würde sie „stigmatisieren“. Das ist ein Satz von Profiteuren. Wenn etwas die Frauen stigmatisiert, dann ist es das Milieu, in dem die Frauen behandelt werden wie der letzte Dreck. Was mir die Frauen, die ich als Streetworkerin auf der Straße treffe, erzählen ist so schlimm, dass meine Motivation von Tag zu Tag wächst, dafür zu kämpfen, dass das alles irgendwann aufhört.
Die Frauen erzählen, dass sie Hunger haben. Die Frauen erzählen, dass sie sich nicht waschen können. Die Frauen erzählen, dass die Freier Perversionen von ihnen verlangen, die sie nicht ertragen können. Die Frauen wollen aussteigen, aber sie wissen nicht, wie und wohin. Und wenn sie zum Arbeitsamt gehen, werden sie gefragt: „Wo sind Sie gemeldet?“ Sie sind aber nirgendwo gemeldet. Auch deshalb bin ich für eine Meldepflicht.
Und wo wir schon dabei sind: Ich bin auch für eine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung. Kürzlich ist mir eine Frau begegnet, die Unterleibskrebs hat. Sie müsste sich dringend behandeln lassen. Aber sie wird von ihrer Mutter in ihrem Heimatland erpresst. Ihre Kinder leben bei der Mutter und sie droht, sie ins Heim zu geben, wenn sie kein Geld mehr schickt. Also steht sie weiter auf der Straße. Und sie ist kein Einzelfall. Die Frauen werden von ihrem Zuhälter erst zum Arzt geschickt, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Wenn etwas die Frauen stigmatisiert, dann das Milieu
Ich sage Ihnen all das, weil Ihnen ein paar sogenannte „Sexarbeiterinnen“, die ihre fragwürdigen Interessen durchsetzen wollen, etwas über Prostitution erzählen wollen, was mit der Realität der meisten Prostituierten nichts zu tun hat. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gesetz den Hunderttausenden anderen etwas nützt und sie schützt. Am besten davor, überhaupt in die Prostitution zu gehen.
Denn: Jeder Tag im Milieu ist einer zu viel. Die Folgen für die Frauen sind irreparabel.
Ihre Jana Koch-Krawczak
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Immer diese von Hurenfeinden finanzierten Ex-Huren. Wir haben auch so eine, im Augenblick durchquert sie medienwirksam melodramatisch Frankreich zu Fuß. Ist natürlich hart wenn man keine Rente kriegt, aber dafür zum Feind überlaufen und sich von ihm aus/zu-halten lassen (exakt so liegt der Fall der unsrigen)? Mit mir niemals, eher verhungere ich.
Mitglied der Confédération Nationale du Travail
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War ihre Mutter etwa auch ihr Loverboy? Der Titel ihres Buches "Du verreckst schon nicht!: Wie mich meine Mutter in die Kriminalität und Prostitution trieb" klingt da anders.bienemaya hat geschrieben: Mit 15 Jahren bin ich an einen Loverboy geraten
Auch im Interview mit Focus vor einem Jahr ist da nix zu lesen. http://www.focus.de/panorama/welt/tid-3 ... 94228.html
Man bestaune auch die Leistung des Autors bei der Bildbeschreibung!
LG Jason
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <
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"....Wenn etwas die Frauen stigmatisiert, dann ist es das Milieu,
in dem die Frauen behandelt werden wie der letzte Dreck...."
"...Denn: Jeder Tag im Milieu ist einer zu viel.
Die Folgen für die Frauen sind irreparabel...."
Das Milieu in dem ich arbeite, besteht aus der sexfeindlichen
Gesellschaft als Ganzes, und im speziellen aus solchen
pseudo-Prostituierten wie dieser!
Insofern hst sie recht, indem sie sich selbst anklagt, dass jeder
Tag, an dem solche Polemiken verbreitet werden, Schäden anrichtet.
Allerdings keine irreparablen, denn solche Personen wie diese
Frau, sind entbehrlich im Geschäft. Sie vertreten das Patriarchat
und stimmen für die Entmündigung von Frauen.
Es wäre für uns schon ein großer Fortschritt, wenn man die
Situation und Gesetzeslage aus dem späten Mittelalter wieder
einbringen könnte! Praktisch hieße das,, dass vor allem in
den Großstädten die Sexarbeiterinnen einen Vertretung im
Stadtrat hätten, und wenn hoher Besuch kommt, dann darf
nur die Puffmutter das Geschenk der Stadt an den hohen
Gast überreichen! Was waren das noch für Zeiten!
Nicole
in dem die Frauen behandelt werden wie der letzte Dreck...."
"...Denn: Jeder Tag im Milieu ist einer zu viel.
Die Folgen für die Frauen sind irreparabel...."
Das Milieu in dem ich arbeite, besteht aus der sexfeindlichen
Gesellschaft als Ganzes, und im speziellen aus solchen
pseudo-Prostituierten wie dieser!
Insofern hst sie recht, indem sie sich selbst anklagt, dass jeder
Tag, an dem solche Polemiken verbreitet werden, Schäden anrichtet.
Allerdings keine irreparablen, denn solche Personen wie diese
Frau, sind entbehrlich im Geschäft. Sie vertreten das Patriarchat
und stimmen für die Entmündigung von Frauen.
Es wäre für uns schon ein großer Fortschritt, wenn man die
Situation und Gesetzeslage aus dem späten Mittelalter wieder
einbringen könnte! Praktisch hieße das,, dass vor allem in
den Großstädten die Sexarbeiterinnen einen Vertretung im
Stadtrat hätten, und wenn hoher Besuch kommt, dann darf
nur die Puffmutter das Geschenk der Stadt an den hohen
Gast überreichen! Was waren das noch für Zeiten!
Nicole
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TraumatherapeutInnen gegen Prostitution!
Führende deutsche Trauma-TherapeutInnen fordern: „Stopp Sexkauf!“. Sie warnen vor einer „Eiszeit der Ethik“. Denn: „Prostitution ist demütigend und ausbeutend!“ Sie erklären: Ursachen und Folgen der Prostitution sind die gleichen: (sexuelle) Gewalt. „Es ist eine Schande, dass die Gesellschaft keine klarere Haltung dazu hat!“
„Prostitution ist keineswegs ein Beruf wie jeder andere. Sie ist demütigend, quälend, ausbeutend. Es ist von Seiten der Prostituierten sehr viel Entsetzen und Verachtung im Spiel, die sie wegdrücken müssen, damit sie das überhaupt durchhalten.“ Das sagt Michaela Huber, Psychologin und Vorsitzende der „Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation“. - „In diesem System der Prostitution werden Frauen systematisch erniedrigt, benutzt und zum Objekt degradiert.“ Das erklärt Lutz Besser, Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen. - „Prostitution hat ihre Wurzeln in der Gewalt, die Kindern angetan wird. Und die Gesellschaft darf diese Gewalt nicht ausblenden oder verleugnen!“ Das fordert Susanne Leutner, Vizepräsidentin des TraumatherapeutInnen-Verbandes EMDRIA.
Prostitution ist demütigend, quälend, ausbeutend.
Führende deutsche TraumatherapeutInnen sprechen sich scharf für eine gesellschaftliche Ächtung der Prostitution aus und unterstützen die Aktion „Stopp Sexkauf“. Die Initiative, ein Bündnis aus Bürgerinitiativen und Beratungsstellen, fordert eine Freierbestrafung nach dem Schwedischen Modell: „Ziel ist es, nicht die Prostituierten zu kriminalisieren, sondern den Fokus auf die Freier zu legen, die mit ihrer Nachfrage erst den Markt schaffen. Sie sind dafür verantwortlich, dass zunehmend junge Frauen aus den ärmsten Ländern der Welt nach Deutschland gebracht werden, um hier der Prostitution nachzugehen.“ Denn: „Die Realität der Frauen in der Prostitution wird glorifiziert oder bagatellisiert und ignoriert – und die sexuelle Ausbeutung von Frauen auf diese Weise normalisiert und zementiert.“
Diese offensive Stellungnahme der in der Behandlung traumatisierter Menschen spezialisierten TherapeutInnen ist, gelinde gesagt, eine Sensation. Unter den TherapeutInnen, die sich der Initiative angeschlossen haben, ist unter anderem Prof. Günter xxxxxxx, Leiter der Psychotraumatologie an der Universität Heidelberg und Pionier der deutschen Traumaforschung. „Es gibt ohnehin schon mehr als genug seelisch traumatisierte Menschen. Die seelischen Wunden von Prostituierten sind vermeidbar“, sagt xxxxxxx, einer der 90 ErstunterzeichnerInnen des EMMA-Appells „Prostitution abschaffen!“
„Prostitution ist Gewalt, kein Gewerbe!“ klagt auch Prof. Wolfgang U. Eckart, Direktor des „Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin“ in Heidelberg in der Zeitschrift Trauma & Gewalt. Er argumentiert: „Wenig ist frei an der Prostitution insgesamt und nichts an der vermittelten Prostitution. Denn allein die eklatante Asymmetrie von Macht und von Gewaltpotenzial in der Beziehung zwischen Vermittler und Ausübender generiert in dieser ältesten Form der Versklavung der Frau konstitutive Abhängigkeitsverhältnisse, die fast automatisch alle Vorwände und Hintergründe für die Ausübung traumatisierender Gewalttaten jeder Art liefern.“
Erfahrungen mit Gewalt führen die Frauen in die Prostitution.
Initiatorin des Protests der TherapeutInnen ist Dr. Ingeborg Kraus. Die Karlsruher Trauma-Therapeutin hat in Bosnien mit den Opfern von Kriegsvergewaltigungen gearbeitet und stellte nach ihrer Rückkehr in deutsche Traumakliniken fest: „Auch hier hat jede zweite Patientin sexuelle Gewalt erlebt.“ Irgendwann hat es Kraus gereicht, „immer wieder die Flick-sie-mal-wieder-zusammen-Aufgabe zu übernehmen.“ Sie beschloss: Ich möchte auch präventiv arbeiten!“ Dazu gehört für sie auch der Kampf gegen die Prostitution. Denn: „In meiner langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung habe ich Prostituierte begleitet und die Hintergründe kennengelernt, die diese Frauen in die Prostitution geführt haben. Es wurde dabei deutlich, dass die Prostitution in allen Fällen die Fortsetzung von Gewalterfahrungen in ihrer Biografie war.“
Das kann Michaela Huber aus ihrer therapeutischen Erfahrung und „der vieler, vieler Kolleginnen und Kollegen“ nur bestätigen. „Wer kommt denn auf die Idee, den eigenen Körper zur Verfügung zu stellen? Voraussetzung dafür ist, dass man dem eigenen Körper entfremdet ist.“ Und sie fährt fort: „Man muss sich vorstellen: Man muss sich immer und immer wieder penetrieren lassen - von einem fremden Menschen. Das muss man geübt haben, sonst kann man das nicht. Man muss gelernt haben, sich selbst ‚wegzumachen’, um das durchzuhalten. Man lässt nur eine Hülle übrig, die noch bestimmte Gesten, bestimmte Handlungen vornehmen kann.“
Dieses Sich-Wegbeamen, im Fachjargon: Dissoziieren, haben Gewaltopfer gezwungenermaßen schon früh gelernt. Nicht zufällig belegen Studien, dass die Mehrheit der Frauen (und Männer) in der Prostitution als Kinder sexuellen Missbrauch oder andere traumatische Gewalt bzw. Vernachlässigung erlitten haben.
Wer kommt überhaupt auf die Idee, den eigenen Körper zur Verfügung zu stellen?
Ein Umdenken bei der Akzeptanz der Prostitution fordert auch der Traumatologe Lutz Besser. Er befürchtet, dass „wir in Gefahr sind, in eine Eiszeit der Ethik zu geraten. Moral ist das eine“, sagt Besser. „Aber Ethik stellt ja auch die Frage: Was löst das in einem anderen Menschen aus, wenn ich etwas tue?“ Diese Frage jedoch stellen sich die Freier nicht. „Die Männer, die zu Prostituierten gehen, machen sich nicht bewusst, dass die meisten Frauen unter Druck und Zwang diesem Gewerbe nachgehen. Eine Gesellschaft, die das legitimiert, fördert die Haltung, dass es sich bei der Prostitution um das Normalste der Welt handelt“, sagt der Therapeut. „Und es ist eine Schande, dass wir als Gesellschaft keine klarere Haltung dazu haben!“
In Berlin berät gerade die Politik. Nicht nur darüber, wie sie Prostitution gesetzlich regeln soll – sie wird damit auch darüber entscheiden, wie unsere Gesellschaft grundsätzlich dazu steht: Ob Prostitution auch weiterhin „ein Beruf wie jeder andere“ sein soll – oder ob Prostitution gegen die Menschenwürde verstößt und Menschen zerstört. Die nun appellierenden TherapeutInnen hoffen, dass die Politik ihnen nicht noch mehr traumatisierte Menschen beschert, sondern endlich beiträgt zur Prävention.
UnterzeichnerInnen:
Lutz Besser, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, KJP Psychiater, Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen
Prof. Wolfgang U. Eckart, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, Heidelberg
Dipl.-Psych. Michaela Huber, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation, Kassel
Karin Hübner, Praxis für analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychiatrie
Dipl.-Psych. Brigitte Jahnke, Praxis für Psychotherapie, Bad Salzuflen
Dr. Ingeborg Kraus, Psychologische Psychotherapeutin
Dipl.-Psych. Anja Lechleitner, Worms
Dipl.-Psych. Susanne Leutner, Vizepräsidentin von EMDRIA e.V.
Katja Paternoga, Praxis für Kinder- und Jugendlichen-Psychiatrie, Rathenow
Prof. Dr. Günter xxxxxxx, Leiter der Psychotraumatologie an der Universität Heidelberg
Dipl.-Psych. Uschi Timm-Winkmann, Tiefenpsychologin, Karlsruhe
Mia Thiel, Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen Mainz
http://www.emma.de/artikel/traumatherap ... ion-317787
Führende deutsche Trauma-TherapeutInnen fordern: „Stopp Sexkauf!“. Sie warnen vor einer „Eiszeit der Ethik“. Denn: „Prostitution ist demütigend und ausbeutend!“ Sie erklären: Ursachen und Folgen der Prostitution sind die gleichen: (sexuelle) Gewalt. „Es ist eine Schande, dass die Gesellschaft keine klarere Haltung dazu hat!“
„Prostitution ist keineswegs ein Beruf wie jeder andere. Sie ist demütigend, quälend, ausbeutend. Es ist von Seiten der Prostituierten sehr viel Entsetzen und Verachtung im Spiel, die sie wegdrücken müssen, damit sie das überhaupt durchhalten.“ Das sagt Michaela Huber, Psychologin und Vorsitzende der „Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation“. - „In diesem System der Prostitution werden Frauen systematisch erniedrigt, benutzt und zum Objekt degradiert.“ Das erklärt Lutz Besser, Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen. - „Prostitution hat ihre Wurzeln in der Gewalt, die Kindern angetan wird. Und die Gesellschaft darf diese Gewalt nicht ausblenden oder verleugnen!“ Das fordert Susanne Leutner, Vizepräsidentin des TraumatherapeutInnen-Verbandes EMDRIA.
Prostitution ist demütigend, quälend, ausbeutend.
Führende deutsche TraumatherapeutInnen sprechen sich scharf für eine gesellschaftliche Ächtung der Prostitution aus und unterstützen die Aktion „Stopp Sexkauf“. Die Initiative, ein Bündnis aus Bürgerinitiativen und Beratungsstellen, fordert eine Freierbestrafung nach dem Schwedischen Modell: „Ziel ist es, nicht die Prostituierten zu kriminalisieren, sondern den Fokus auf die Freier zu legen, die mit ihrer Nachfrage erst den Markt schaffen. Sie sind dafür verantwortlich, dass zunehmend junge Frauen aus den ärmsten Ländern der Welt nach Deutschland gebracht werden, um hier der Prostitution nachzugehen.“ Denn: „Die Realität der Frauen in der Prostitution wird glorifiziert oder bagatellisiert und ignoriert – und die sexuelle Ausbeutung von Frauen auf diese Weise normalisiert und zementiert.“
Diese offensive Stellungnahme der in der Behandlung traumatisierter Menschen spezialisierten TherapeutInnen ist, gelinde gesagt, eine Sensation. Unter den TherapeutInnen, die sich der Initiative angeschlossen haben, ist unter anderem Prof. Günter xxxxxxx, Leiter der Psychotraumatologie an der Universität Heidelberg und Pionier der deutschen Traumaforschung. „Es gibt ohnehin schon mehr als genug seelisch traumatisierte Menschen. Die seelischen Wunden von Prostituierten sind vermeidbar“, sagt xxxxxxx, einer der 90 ErstunterzeichnerInnen des EMMA-Appells „Prostitution abschaffen!“
„Prostitution ist Gewalt, kein Gewerbe!“ klagt auch Prof. Wolfgang U. Eckart, Direktor des „Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin“ in Heidelberg in der Zeitschrift Trauma & Gewalt. Er argumentiert: „Wenig ist frei an der Prostitution insgesamt und nichts an der vermittelten Prostitution. Denn allein die eklatante Asymmetrie von Macht und von Gewaltpotenzial in der Beziehung zwischen Vermittler und Ausübender generiert in dieser ältesten Form der Versklavung der Frau konstitutive Abhängigkeitsverhältnisse, die fast automatisch alle Vorwände und Hintergründe für die Ausübung traumatisierender Gewalttaten jeder Art liefern.“
Erfahrungen mit Gewalt führen die Frauen in die Prostitution.
Initiatorin des Protests der TherapeutInnen ist Dr. Ingeborg Kraus. Die Karlsruher Trauma-Therapeutin hat in Bosnien mit den Opfern von Kriegsvergewaltigungen gearbeitet und stellte nach ihrer Rückkehr in deutsche Traumakliniken fest: „Auch hier hat jede zweite Patientin sexuelle Gewalt erlebt.“ Irgendwann hat es Kraus gereicht, „immer wieder die Flick-sie-mal-wieder-zusammen-Aufgabe zu übernehmen.“ Sie beschloss: Ich möchte auch präventiv arbeiten!“ Dazu gehört für sie auch der Kampf gegen die Prostitution. Denn: „In meiner langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung habe ich Prostituierte begleitet und die Hintergründe kennengelernt, die diese Frauen in die Prostitution geführt haben. Es wurde dabei deutlich, dass die Prostitution in allen Fällen die Fortsetzung von Gewalterfahrungen in ihrer Biografie war.“
Das kann Michaela Huber aus ihrer therapeutischen Erfahrung und „der vieler, vieler Kolleginnen und Kollegen“ nur bestätigen. „Wer kommt denn auf die Idee, den eigenen Körper zur Verfügung zu stellen? Voraussetzung dafür ist, dass man dem eigenen Körper entfremdet ist.“ Und sie fährt fort: „Man muss sich vorstellen: Man muss sich immer und immer wieder penetrieren lassen - von einem fremden Menschen. Das muss man geübt haben, sonst kann man das nicht. Man muss gelernt haben, sich selbst ‚wegzumachen’, um das durchzuhalten. Man lässt nur eine Hülle übrig, die noch bestimmte Gesten, bestimmte Handlungen vornehmen kann.“
Dieses Sich-Wegbeamen, im Fachjargon: Dissoziieren, haben Gewaltopfer gezwungenermaßen schon früh gelernt. Nicht zufällig belegen Studien, dass die Mehrheit der Frauen (und Männer) in der Prostitution als Kinder sexuellen Missbrauch oder andere traumatische Gewalt bzw. Vernachlässigung erlitten haben.
Wer kommt überhaupt auf die Idee, den eigenen Körper zur Verfügung zu stellen?
Ein Umdenken bei der Akzeptanz der Prostitution fordert auch der Traumatologe Lutz Besser. Er befürchtet, dass „wir in Gefahr sind, in eine Eiszeit der Ethik zu geraten. Moral ist das eine“, sagt Besser. „Aber Ethik stellt ja auch die Frage: Was löst das in einem anderen Menschen aus, wenn ich etwas tue?“ Diese Frage jedoch stellen sich die Freier nicht. „Die Männer, die zu Prostituierten gehen, machen sich nicht bewusst, dass die meisten Frauen unter Druck und Zwang diesem Gewerbe nachgehen. Eine Gesellschaft, die das legitimiert, fördert die Haltung, dass es sich bei der Prostitution um das Normalste der Welt handelt“, sagt der Therapeut. „Und es ist eine Schande, dass wir als Gesellschaft keine klarere Haltung dazu haben!“
In Berlin berät gerade die Politik. Nicht nur darüber, wie sie Prostitution gesetzlich regeln soll – sie wird damit auch darüber entscheiden, wie unsere Gesellschaft grundsätzlich dazu steht: Ob Prostitution auch weiterhin „ein Beruf wie jeder andere“ sein soll – oder ob Prostitution gegen die Menschenwürde verstößt und Menschen zerstört. Die nun appellierenden TherapeutInnen hoffen, dass die Politik ihnen nicht noch mehr traumatisierte Menschen beschert, sondern endlich beiträgt zur Prävention.
UnterzeichnerInnen:
Lutz Besser, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, KJP Psychiater, Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen
Prof. Wolfgang U. Eckart, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, Heidelberg
Dipl.-Psych. Michaela Huber, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation, Kassel
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Dipl.-Psych. Brigitte Jahnke, Praxis für Psychotherapie, Bad Salzuflen
Dr. Ingeborg Kraus, Psychologische Psychotherapeutin
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Therapeutin Kraus: "Es gibt ein fatales Bedürfnis, das Trauma zu wiederholen, um es zu kontrollieren.“
Was Prostituierte der Therapeutin erzählen
Sich prostituieren, das ist immer die Fortsetzung der Erfahrung von Gewalt und Erniedrigung dieser Frauen in ihrem Leben davor. Diese Erfahrung mit Klientinnen hat nicht nur die Therapeutin Ingeborg Kraus in Karlsruhe gemacht.
Prostitution wird oft als eine ganz normale Sache dargestellt, die schon immer existiert hat. Dabei wird kaum über die Frauen nachgedacht, die der Prostitution nachgehen. Wenn ja, kommt immer sehr schnell das Argument der „Freiwilligkeit“ ins Spiel. Wer möchte sich dann noch in die Rolle eines sanktionierenden bzw. verurteilenden Menschen begeben?
Prostitution ist zur selbstverständlichen Erwerbsoption geworden: Die Frage, ob es ein Beruf wie jeder andere ist, wurde in den letzten Jahren sowohl von der Politik als auch von Gewerkschaftsseite ernsthaft diskutiert. Doch wie kommt eine Frau überhaupt die sogenannte „freiwillige“ Prostitution und was bedeutet das für sie?
In meiner langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung habe ich auch Prostituierte begleitet und die Hintergründe kennengelernt, die diese Frauen in die Prostitution geführt haben. Es wurde dabei deutlich, dass die Prostitution in allen Fällen die Fortsetzung von Gewalterfahrungen in ihrer Biografie war. Entweder wurden diese Frauen selbst sexualisierter Gewalt ausgesetzt oder waren in einem Umfeld groß geworden, in dem Frauen systematisch degradiert wurden.
Ich möchte dies an drei typischen Fallbeispielen darstellen:
Eine Patientin von mir, die sich auch als „freiwillige“ Prostituierte bezeichnete, wuchs mit einem Frauenbild auf, das durchgehend von Gewalt geprägt war. Ihre Mutter wurde immer wieder von ihrem Vater geschlagen und anschließend vergewaltigt. Sexualität war in ihrem Selbstverständnis mit Gewalt verknüpft. Diese Szenen wiederholten sich immer wieder. Die Mutter ließ ihre Verzweiflung anschließend dann auch an ihrer Tochter aus, indem sie sie als „Hure“ beschimpfte, als sie begann, sich für Jungs zu interessieren. Als sie sich später prostituierte, sagte sie zu ihrer Mutter: „Siehst du, jetzt bin ich genau das geworden, was du wolltest.“
Eine andere Prostituierte erzählte mir, sie habe sich nicht unwohl gefühlt, als sie mit 19 Jahren in ein Bordell eintrat. Ganz im Gegenteil, sagte sie, sie würde „dafür“ jetzt wenigstens bezahlt! Auch ihre Biografie war von sexueller Gewalt in ihrer Kindheit geprägt.
Bei einer weiteren Klientin war der Einstieg in die Prostitution in Kombination mit vielen anderen, im Vorfeld schon vorhandenen, Störungen aufgetreten: Magersucht und Ängste. Sie schaffte es nach einem Jahr, aus der Prostitution auszusteigen und erklärte 20 Jahre später, die Prostitution sei ein Teil ihres selbstzerstörenden Verhaltens gewesen.
Mit diesem Wissen Prostitution weiterhin als „normal“ zu bezeichnen, bedeutet eigentlich, Gewalt an Frauen als eine ganz normale und legitime Sache anzuerkennen. Diese Frauen haben sich die Prostitution nicht als einen „Beruf wie jeden anderen“ ausgesucht. Es sind häufig Frauen, die Schmerzhaftes in ihrer Vorgeschichte erleben mussten.
Studien über Traumatherapie stellen fest, dass es ein Bedürfnis des oder der Traumatisierten gibt, das traumatisierende Geschehen, dem sie hilflos ausgeliefert waren, zu kontrollieren. Eine Form der Kontrolle ist die Wiederholung: die so genannte Täter-Opfer-Reinszenierung. In der Prostitution wird das Trauma in einem Rahmen in Szene gesetzt, in dem die Prostituierte das Gefühl der Kontrolle über das Geschehen bekommt.
Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt erfahren haben und/oder in einem Umfeld groß wurden, in dem Frauen gesellschaftlich erniedrigt wurden, entwickeln oft Schuldgefühle. Im Gegensatz zu Männern schaffen Frauen es kaum, Schuldgefühle zu verdrängen und kehren sie in Selbsthass um. Die daraus entstehenden Aggressionen richten Frauen hauptsächlich gegen sich selbst. Vor diesem Hintergrund erscheint die Prostitution als ein Akt des Selbsthasses und der Selbstschädigung. TiefenpsychologInnen sprechen von einer masochistischen Umkehrung: „Jetzt bin ich genau das, was ihr von mir wolltet.“ TraumatherapeutInnen sprechen von Täterintrojekten. Davon gibt es zwei Arten: täterimitierende und täterloyale Anteile.
Die täterimitierenden sind oft männliche Verinnerlichungen (80 bis 90 Prozent der körperlichen und sexualisierten Gewalt wird von Männern ausgeübt). Täterloyale Introjekte, oft als weibliches Introjekt bezeichnet, werden in die Persönlichkeit aufgenommen, wenn man mit dem (erwachsenen) Gegenüber lange genug konfrontiert war. Es sind die Gedanken, die der Täter über uns hat, Sätze die er über uns sagt oder Anweisungen, die er uns gibt. In der einen oder anderen Form hat das jeder. In einer Situation, in der wir dem Täter hilflos ausgeliefert sind, „verschmelzen“ wir mit ihm.
Wir übernehmen die Meinung, die er über uns hat, und fangen an, so wie er über uns selbst zu denken. Es sind dysfunktionale Versuche, sich selbst zu schützen: „Wenn ich mich selber quäle und fertigmache, müssen ‚die Bösen‘ das weniger stark tun.“ Oder „Wenn ich genau mache, was sie mir sagen, werden sie mich vielleicht in Ruhe lassen.“ Die so entstandenen Verinnerlichungen des Täterblicks führen ein „Eigenleben“, Veränderungen erleben sie als bedrohlich, alles soll so bleiben wie vom „Peiniger“ vorgegeben wurde. Ein typisches Beispiel ist die psychische Abhängigkeit von einem Zuhälter.
In meinem Beruf ist die Arbeit mit Täter introjekten tägliches Brot. Die Entstehungsgeschichte der negativen Glaubenssätze, die meine KlientInnen über sich haben, ist ihnen selbst meist nicht bewusst. Neben einem nach außen unauffälligen und angepassten „Alltags-Ich“ können unbewusste täterloyale Anteile ihr Unwesen treiben.
Viele meiner KlientInnen leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl und gehen sehr streng mit sich um, Sätze wie: „Ich bin nicht gut genug“, „Ich schaff das nicht“ oder „Ich bin nicht liebenswert“ fallen häufig. Das kann sich bis zum Selbsthass steigern, Hass auf den eigenen Körper, die eigene Lebendigkeit – und die eigene Sexualität. Hinter der selbstbewussten Fassade mancher Prostituierter verbirgt sich mit Sicherheit sehr viel Negatives, das im Inneren weiterwirkt. Eine Patientin formulierte es so: „Was anderes bin ich doch nicht wert.“
Vor diesem Hintergrund muss das Konzept der „Freiwilligkeit“ in der Prostitution und die Darstellung als „normale Tätigkeit“ in Frage gestellt werden. Freier müssen darüber aufgeklärt und in die Verantwortung genommen werden. Eine Gesellschaft, in der Frauen weiterhin zu nicht-menschlichen Objekten degradiert werden, in der eine sexuelle Ausbeutung stattfindet, die die Unterwerfung der Frau in Form einer Erotisierung inszeniert, ist zutiefst frauenfeindlich. Sie setzt weiterhin auf männliche Dominanz und trägt Täterstrukturen in sich.
http://www.emma.de/artikel/was-prostitu ... len-317789
Was Prostituierte der Therapeutin erzählen
Sich prostituieren, das ist immer die Fortsetzung der Erfahrung von Gewalt und Erniedrigung dieser Frauen in ihrem Leben davor. Diese Erfahrung mit Klientinnen hat nicht nur die Therapeutin Ingeborg Kraus in Karlsruhe gemacht.
Prostitution wird oft als eine ganz normale Sache dargestellt, die schon immer existiert hat. Dabei wird kaum über die Frauen nachgedacht, die der Prostitution nachgehen. Wenn ja, kommt immer sehr schnell das Argument der „Freiwilligkeit“ ins Spiel. Wer möchte sich dann noch in die Rolle eines sanktionierenden bzw. verurteilenden Menschen begeben?
Prostitution ist zur selbstverständlichen Erwerbsoption geworden: Die Frage, ob es ein Beruf wie jeder andere ist, wurde in den letzten Jahren sowohl von der Politik als auch von Gewerkschaftsseite ernsthaft diskutiert. Doch wie kommt eine Frau überhaupt die sogenannte „freiwillige“ Prostitution und was bedeutet das für sie?
In meiner langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung habe ich auch Prostituierte begleitet und die Hintergründe kennengelernt, die diese Frauen in die Prostitution geführt haben. Es wurde dabei deutlich, dass die Prostitution in allen Fällen die Fortsetzung von Gewalterfahrungen in ihrer Biografie war. Entweder wurden diese Frauen selbst sexualisierter Gewalt ausgesetzt oder waren in einem Umfeld groß geworden, in dem Frauen systematisch degradiert wurden.
Ich möchte dies an drei typischen Fallbeispielen darstellen:
Eine Patientin von mir, die sich auch als „freiwillige“ Prostituierte bezeichnete, wuchs mit einem Frauenbild auf, das durchgehend von Gewalt geprägt war. Ihre Mutter wurde immer wieder von ihrem Vater geschlagen und anschließend vergewaltigt. Sexualität war in ihrem Selbstverständnis mit Gewalt verknüpft. Diese Szenen wiederholten sich immer wieder. Die Mutter ließ ihre Verzweiflung anschließend dann auch an ihrer Tochter aus, indem sie sie als „Hure“ beschimpfte, als sie begann, sich für Jungs zu interessieren. Als sie sich später prostituierte, sagte sie zu ihrer Mutter: „Siehst du, jetzt bin ich genau das geworden, was du wolltest.“
Eine andere Prostituierte erzählte mir, sie habe sich nicht unwohl gefühlt, als sie mit 19 Jahren in ein Bordell eintrat. Ganz im Gegenteil, sagte sie, sie würde „dafür“ jetzt wenigstens bezahlt! Auch ihre Biografie war von sexueller Gewalt in ihrer Kindheit geprägt.
Bei einer weiteren Klientin war der Einstieg in die Prostitution in Kombination mit vielen anderen, im Vorfeld schon vorhandenen, Störungen aufgetreten: Magersucht und Ängste. Sie schaffte es nach einem Jahr, aus der Prostitution auszusteigen und erklärte 20 Jahre später, die Prostitution sei ein Teil ihres selbstzerstörenden Verhaltens gewesen.
Mit diesem Wissen Prostitution weiterhin als „normal“ zu bezeichnen, bedeutet eigentlich, Gewalt an Frauen als eine ganz normale und legitime Sache anzuerkennen. Diese Frauen haben sich die Prostitution nicht als einen „Beruf wie jeden anderen“ ausgesucht. Es sind häufig Frauen, die Schmerzhaftes in ihrer Vorgeschichte erleben mussten.
Studien über Traumatherapie stellen fest, dass es ein Bedürfnis des oder der Traumatisierten gibt, das traumatisierende Geschehen, dem sie hilflos ausgeliefert waren, zu kontrollieren. Eine Form der Kontrolle ist die Wiederholung: die so genannte Täter-Opfer-Reinszenierung. In der Prostitution wird das Trauma in einem Rahmen in Szene gesetzt, in dem die Prostituierte das Gefühl der Kontrolle über das Geschehen bekommt.
Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt erfahren haben und/oder in einem Umfeld groß wurden, in dem Frauen gesellschaftlich erniedrigt wurden, entwickeln oft Schuldgefühle. Im Gegensatz zu Männern schaffen Frauen es kaum, Schuldgefühle zu verdrängen und kehren sie in Selbsthass um. Die daraus entstehenden Aggressionen richten Frauen hauptsächlich gegen sich selbst. Vor diesem Hintergrund erscheint die Prostitution als ein Akt des Selbsthasses und der Selbstschädigung. TiefenpsychologInnen sprechen von einer masochistischen Umkehrung: „Jetzt bin ich genau das, was ihr von mir wolltet.“ TraumatherapeutInnen sprechen von Täterintrojekten. Davon gibt es zwei Arten: täterimitierende und täterloyale Anteile.
Die täterimitierenden sind oft männliche Verinnerlichungen (80 bis 90 Prozent der körperlichen und sexualisierten Gewalt wird von Männern ausgeübt). Täterloyale Introjekte, oft als weibliches Introjekt bezeichnet, werden in die Persönlichkeit aufgenommen, wenn man mit dem (erwachsenen) Gegenüber lange genug konfrontiert war. Es sind die Gedanken, die der Täter über uns hat, Sätze die er über uns sagt oder Anweisungen, die er uns gibt. In der einen oder anderen Form hat das jeder. In einer Situation, in der wir dem Täter hilflos ausgeliefert sind, „verschmelzen“ wir mit ihm.
Wir übernehmen die Meinung, die er über uns hat, und fangen an, so wie er über uns selbst zu denken. Es sind dysfunktionale Versuche, sich selbst zu schützen: „Wenn ich mich selber quäle und fertigmache, müssen ‚die Bösen‘ das weniger stark tun.“ Oder „Wenn ich genau mache, was sie mir sagen, werden sie mich vielleicht in Ruhe lassen.“ Die so entstandenen Verinnerlichungen des Täterblicks führen ein „Eigenleben“, Veränderungen erleben sie als bedrohlich, alles soll so bleiben wie vom „Peiniger“ vorgegeben wurde. Ein typisches Beispiel ist die psychische Abhängigkeit von einem Zuhälter.
In meinem Beruf ist die Arbeit mit Täter introjekten tägliches Brot. Die Entstehungsgeschichte der negativen Glaubenssätze, die meine KlientInnen über sich haben, ist ihnen selbst meist nicht bewusst. Neben einem nach außen unauffälligen und angepassten „Alltags-Ich“ können unbewusste täterloyale Anteile ihr Unwesen treiben.
Viele meiner KlientInnen leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl und gehen sehr streng mit sich um, Sätze wie: „Ich bin nicht gut genug“, „Ich schaff das nicht“ oder „Ich bin nicht liebenswert“ fallen häufig. Das kann sich bis zum Selbsthass steigern, Hass auf den eigenen Körper, die eigene Lebendigkeit – und die eigene Sexualität. Hinter der selbstbewussten Fassade mancher Prostituierter verbirgt sich mit Sicherheit sehr viel Negatives, das im Inneren weiterwirkt. Eine Patientin formulierte es so: „Was anderes bin ich doch nicht wert.“
Vor diesem Hintergrund muss das Konzept der „Freiwilligkeit“ in der Prostitution und die Darstellung als „normale Tätigkeit“ in Frage gestellt werden. Freier müssen darüber aufgeklärt und in die Verantwortung genommen werden. Eine Gesellschaft, in der Frauen weiterhin zu nicht-menschlichen Objekten degradiert werden, in der eine sexuelle Ausbeutung stattfindet, die die Unterwerfung der Frau in Form einer Erotisierung inszeniert, ist zutiefst frauenfeindlich. Sie setzt weiterhin auf männliche Dominanz und trägt Täterstrukturen in sich.
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"Ich habe mich freiwillig prostituiert"
Die eine hat uns gemailt, die andere war auf einer Lesung von Alice Schwarzer und hat sie anschließend angesprochen. Die eine ist 47, die andere 21. Die eine wirkt erwachsen und tough, die andere wie ein verunsichertes Mädchen, das zu viel lächelt. Die eine hat Hosen an, die andere einen sehr kurzen Rock. Die eine scheint den Ausstieg geschafft zu haben, die andere ist vor zwei Wochen „rückfällig“ geworden.
Ihr habt in den Briefen, die ihr an EMMA geschrieben habt, beide gesagt: Wir gehören zu den Frauen, die sich – wie es so schön heißt – „freiwillig“ prostituiert haben. Was heißt das?
Marie: Ich habe hier in Deutschland ja die Option, mich zu verkaufen. Es ist legal und ich kann mich entscheiden, das zu tun. Die Entscheidung ist also freiwillig. Gleichzeitig zwingen die Umstände aber dazu. Ich kenne keine Frau, die es nicht aus Geldnot gemacht hat. Die zum Beispiel sagen: Wenn die Männer sowieso permanent über einen herfallen wollen, dann können sie auch dafür zahlen. Und wenn man sich erstmal dazu entschieden hat, geht das sehr einfach übers Internet. Es gibt ja viele dieser Plattformen: Kaufmich.com, Poppen.de, dieboerse.de und so weiter. Ich habe einfach ein Profil in einem Forum erstellt, ein paar Bilder hochgeladen und dann haben sich die Männer gemeldet. Es ging also sehr einfach. Zu einfach.
Emilia: Das kann ich nur unterschreiben. Ich hatte die Straßenprostitution in Berlin direkt vor der Haustür, die war total präsent. Ich hab halt da die Mädchen stehen sehen – und eine Woche später hab ich mich dazugestellt. Das ging alles wahnsinnig schnell. Es war praktisch so, als ob ich in einer Kneipe nach einem Nebenjob fragen würde. Ich habe das also freiwillig gemacht.
Das heißt, hinter euch stand kein Zuhälter oder Frauenhändler, der gesagt hat: Du musst dich prostituieren!
Emilia: Nein. Allerdings tauchten bei mir dann schon Männer auf, die einem neue Kunden vermittelt und dafür dann Sex umsonst bekommen haben.
Was war denn eigentlich dein Motiv, Emilia?
Emilia: Schon auch das schnelle Geld. Aber das habe ich nicht existenziell zum Überleben gebraucht. Mein Motiv war vor allem Selbstbestrafung. Oder sogar Selbstzerstörung. Ich habe mir selbst damit schaden wollen. Das habe ich aber damals nicht geblickt. Das begreife ich erst im Rückblick. Es hat mir das Gefühl gegeben: Ich kann mit meinem Körper machen, was ich möchte. Ich habe die Macht. Aber als ich dann den ersten Geschlechtsverkehr hatte, war da keine Macht mehr. Plötzlich war ich wie tot. Wie in eine frühere Situation zurückversetzt. Und ich war plötzlich wieder genauso hilflos und hatte die Kontrolle nicht mehr, die ich mir doch eigentlich damit hatte verschaffen wollen.
Was für eine frühere Situation?
Emilia: Ich wurde als Kind von meinem Vater missbraucht. Und plötzlich ist man dann wieder in einer kindlichen Rolle. Man fühlt sich genau wie früher. Man geht auf Abstand zu sich und spürt gar nichts mehr. Ich hab die Augen zugemacht und bis zehn gezählt und dann wieder rückwärts. Es war die gleiche Hilflosigkeit. Ich konnte in diesem Moment auch nicht mehr Nein sagen wie eine Erwachsene.
Wie alt warst du, als du angefangen hast, dich zu prostituieren?
Emilia: Ich war 18.
Marie: Und da wollen einige das Schutz alter für Prostitution auf 16 herabsetzen!
Und was war dein Einstieg, Marie?
Marie: Bei mir war es Geldnot. Die Studiengebühren meiner Tochter waren zu viel. Die hab ich nicht mehr geschafft. Da war ich 45.
Hast du dich jemals vorher prostituiert oder hat der Gedanke dich schon mal gestreift?
Marie: Nein. Aber ich habe auch meine Vorgeschichte. Meine Mutter ist gestorben, als ich zwölf war. Und auch mein Vater hat mich missbraucht. Da war ich vier, fünf. Den habe ich aber so stark verdrängt, dass die Erinnerung daran nur schemenhaft ist. Klare Erinnerung setzt ab der Pubertät ein. Das einzige, was ich von meinem Vater an Zuwendung bekommen habe, war, dass er meine Brust mit zwei Fingern gewogen und gesagt hat: „Na, das wird doch!“ Und meine Stiefmutter hat zugeguckt. Mit 16 bin ich dann beim Trampen vergewaltigt worden. Da hab ich Todesangst gehabt, das war richtig schlimm. Dazwischen gab es eine Zeit, in der sich linksintellektuelle alte Männer über mich hergemacht haben. Ich habe mich in der linken Szene rumgetrieben, war ein kluges Kind und hab viel gelesen. Da konnte man gut mit mir diskutieren, und die Herren haben gemeint, nicht nur das. Ich war da etwa 15 und die waren 45 oder 50. Mich hat es nicht gestört, weil es ja die Art von Zuwendung war, die ich seit dem Tod meiner Mutter kannte. Es war eben ein Weg, Liebe zu bekommen.
Und dein Mann?
Marie: Ich habe meinen Mann kennen gelernt, als ich 19 war. Mit 21 kam dann mein Kind auf die Welt und man hat halt geheiratet. Ich hab dann einen Laden aufgemacht und damit die Familie ernährt. Mein Mann hat sich neben mir kleiner und schwächer gefühlt und dann war sein Bestreben, mich kleiner zu machen. Das hätte auch fast funktioniert. Ich habe mein Selbstwertgefühl mehr und mehr verloren und mich von ihm getrennt, als ich das Gefühl hatte, ich hänge nur noch an einem ganz dünnen Faden.
Emilia: Ich hatte auch ganz oft Beziehungen zu älteren Männern. Also Männern, die praktisch mein Vater sein könnten. Und es ist, als wollte ich dadurch das, was damals schiefgelaufen ist, nochmal anders machen.
Als ihr dann angefangen habt, euch zu prostituieren – was ist da passiert?
Marie: Vor dem ersten Date hatte ich das gleiche Gefühl wie Emilia: Ich mache das jetzt ganz für mich! Dann war es aber einfach eklig. Das Hotel war eklig. Ich hab mich gewundert, wie so eine Absteige solche Preise nehmen kann. Der Typ war auch eklig. Den hab ich erstmal zum Duschen geschickt, weil der so verschwitzt war. Dann hab ich das ganz schnell hinter mich gebracht. Es war ganz schrecklich und ich erinnere mich auch nicht mehr an allzu viel. Am deutlichsten daran, wie ich nach Hause gefahren bin und das Geld in der Tasche hatte.
Und wie viel war das?
Marie: 150 Euro. Ich hatte extra einen ziemlich hohen Preis angesetzt, weil ich dachte: Eine Frau von Mitte 40, etwas übergewichtig, kurze Beine – da ist der Preis vielleicht eine Hürde, über die dann keiner springt. Aber das war nicht so. Ich hatte dann sehr schnell raus, wie man Männer dahin manipulieren kann, wo man sie haben will, damit das alles schneller geht. Die buchen eine halbe Stunde oder eine Stunde und sind nach einer Viertelstunde fix und alle. Je geiler man spielt, umso schneller sind sie fertig. Die funktionieren ziemlich stereotyp. Das ist wirklich erschreckend. Das Schlimme für mich war, dass es so viele nette Männer waren. Reflektierte Männer. Die reden über ihre Ehe, über ihre Frauen, die arbeiten an ihrer Beziehung. Aber kaufen sich Frauen. In Sachen Prostitution haben die einen blinden Fleck. Das fand ich das Frustrierendste. Ich hab sie auch gefragt, warum sie das machen.
Und was haben sie gesagt?
Marie: Ihre Frauen hätten halt keine Lust mehr auf Sex. Einen hab ich gefragt: „Gibst du dir bei deiner Frau auch so viel Mühe wie mit mir?“ Da antwortet er: „Das will die doch gar nicht!“ Zwei Wochen später hat er mir geschrieben, dass er den besten Sex seines Lebens hatte, und das mit seiner eigenen Frau.
Was hast du als besonders hart empfunden?
Marie: Das Nett-sein-müssen. So tun zu müssen, als ob ich’s total geil finde. So tun müssen, als ob ich den Mann total gern rieche. So tun müssen, als ob mir die Küsse gefallen. So tun müssen, als ob mir der tiefe Blick in die Augen gefällt. Die Männer wollen ja inzwischen nicht nur ficken, sondern den sogenannten GF6: „Girlfriend-Sex“ mit Gefühl. Bussi hier, Eiteitei da.
Das war doch früher in der klassischen Prostitution total tabu.
Marie: Ja, aber heutzutage musst du das machen. Und das fand ich schlimm, dieses: Nicht ich selber sein.
Und die Männer glauben das?
Marie: Klar, die halten sich alle für was Besonderes. Und sie kriegen es ja auch vorgespielt. Dann haben sie gar kein Unrechtsbewusstsein. Das ist ein Teufelskreis.
Emilia: Ich finde es auch das Schlimmste, so tun zu müssen, als ob man das alles toll findet. Und man kann ja dann auch nicht mehr Nein sagen, denn er hat ja bezahlt. In dem Moment hab ich mein Recht verkauft, zu sagen, was ich will und was ich nicht will. Das geht nicht mehr. Denn wenn ich es doch sagen würde, hätte ich Angst, dass er es trotzdem tut. Deshalb war es jedes Mal für mich wie eine Ver gewaltigung. Ich weiß, wie sich eine Vergewaltigung anfühlt und ich weiß, wie es sich anfühlt, sich zu prostituieren. Nämlich gleich.
Marie: Ich musste mich danach immer belohnen. Ich habe immer ein Drittel des Geldes für Kompensation ausgegeben: ein tolles Parfum oder so was.
Emilia: Das Geld war unheimlich viel wert, weil man sich ja dafür verkauft hatte. Ich hatte immer das Gefühl: Das, was ich davon kaufe, kann gar nicht so viel wert sein wie dieses Geld.
Wie war dein „erstes Mal“, Emilia?
Emilia: Meine erste Erfahrung war, dass ich in einem Sex-Shop um die Ecke in einer Kabine mit einem Mann Verkehr hatte.
Wie viel Geld hast du da bekommen?
Emilia: 30 Euro. Ich kannte mich mit den Preisen gar nicht aus. Ich hatte an dem Abend aber auch Männer, die gemeint haben, 30 Euro wäre aber teuer.
Und wie hast du dich danach gefühlt?
Emilia: Ich hatte viel Alkohol getrunken und habe mich erst am nächsten Morgen schlecht gefühlt. Ich bin aufgewacht und dachte: Du hast dich damit kaputtgemacht. Du hast dich umgebracht. Das hat richtig weh getan. Und dann hab ich’s aber wieder gemacht.
Warum?
Emilia: Man fühlt sich ganz schwach und merkt: Man zerbricht in dem Moment. Aber gleichzeitig hat man so eine Härte. Wenn ich losgegangen bin, habe ich mich aktiv gefühlt, fast übermütig. Ich hab vorher immer viel Alkohol getrunken. Es ist ähnlich wie mit der Magersucht. Da schädigt man sich auch selbst, und trotzdem gibt es einem ein Gefühl der Stärke.
Marie: Es ist eine ganz merkwürdige Art von Selbstbestätigung, die man daraus zieht. Ich war eine Frau Mitte 40, und es bestätigt einen ja, dass ein Mann was für einen bezahlt. Männern bedeutet Geld ja was. Etwas, wofür sie viel bezahlen, behandeln sie auch entsprechend. Das ist nicht Respekt mir gegenüber, es ist Respekt ihrem Geld gegenüber. Außerdem wollen sie ja morgens noch in den Spiegel gucken können und sich sagen: Ich behandle Frauen respektvoll, und ich behandle auch Huren respektvoll. Also, man kann da schon kurzfristig für sich was draus ziehen. Aber das fällt sofort wieder in sich zusammen. Danach ist es ganz schal.
Emilia: Ich bin auch deshalb auf den Strich gegangen, weil ich mich nach körperlicher Nähe gesehnt habe. Und paradoxerweise hab ich diese Nähe eben auch dort gesucht. Ich hab mir gewünscht, dass mich jemand in den Arm nimmt. Aber das ist natürlich auf die falsche Weise passiert. Und hat dann wieder weh getan.
Ihr hattet ja beide vermutlich eine sehr unterschiedliche Klientel …
Marie: Dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen. Ich bin ja viel in diesen Foren unterwegs. Und da sieht man: Wenn die einmal auf diesem komischen Trip sind, sich über ihren Schwanz zu definieren, dann nehmen die alles mit. Die Jungs sind dann in diesen Popp-Foren genauso registriert wie in Freier foren oder bei Elitepartner. Die versuchen alles abzugreifen. Und in den Erfahrungsberichten schreiben die Jungs dann von der Hure für 15 Euro auf dem Drogenstrich bis zur Escort-Dame für 300 Euro.
Du hast uns in deinem Brief geschrieben: Was die Prostitution mit einem macht, sei „unumkehrbar“. Was meinst du damit?
Marie: Meine Wahrnehmung von Männern. Eine bestimmte Form von Vertrauen zu Männern ist nicht mehr möglich. Für mich wird es nie mehr den Helden auf dem Pferd geben. Bei allem Realitätssinn hatte ich mir dieses Gefühl immer gern gegönnt. Aber das ist vorbei.
Emilia: Ich habe einen Freund, der ist wirklich lieb. Aber ich kann seine Nähe nur bis zu einem gewissen Punkt ertragen. Ich muss eine rauschende Party feiern und am besten noch ein Beruhigungsmittel nehmen, bevor ich mit ihm schlafen kann. Einmal bin ich währenddessen in Tränen ausgebrochen. Das kann er natürlich nicht verstehen, weil er nicht weiß, dass ich mich prostituiert habe.
Dein Freund weiß gar nichts davon?
Emilia: Nein, und ich werde ihm das auch nicht sagen. Ich bin überzeugt, dass ich einem Mann nie wieder vollständig vertrauen kann. In meinen Augen ist jeder Mann ein potenzieller Täter. Weil man weiß, zu was all diese Männer, die man da Tag für Tag bedient hat, fähig sind.
Marie: Zum Beispiel auch, was Safer Sex angeht. Mir ist es passiert, dass einer im letzten Moment den Präser abgezogen und mir dann doch in den Mund oder in den Arsch gespritzt hat. Das ist kriminell. Aber zeig das mal an!
Wie lange habt ihr euch prostituiert?
Emilia: Ein Jahr lang. Manchmal mehrmals die Woche.
Marie: Zwei Jahre lang. Mal hab ich nur zwei Dates pro Woche gemacht, mal mehr. Mehr als ein Date am Tag konnte ich aber nicht.
Gab es Menschen in eurem Umfeld, die es wussten?
Emilia: Ich hab es einer älteren Freundin und einer Sozialarbeiterin erzählt. Die haben nur gesagt: „Mach das doch nicht mehr.“
Marie: Das ist ja ein hilfreicher Tipp! Ich hab es heimlich gemacht. Meine Tochter weiß es auch nicht, die würde sich totale Vorwürfe machen. Aber ein Grund für die Heimlichkeit war auch das Geld. Hätte ich das mit der Prostitution offiziell gemacht, hätten mir die Krankenkassen-Beiträge das Genick gebrochen.
Wann kam der Punkt, an dem ihr gesagt habt: Ich will das nicht mehr machen!
Emilia: Ich bin irgendwann nicht mehr in die Schule gegangen. Ich lag ein paar Tage im Bett und hab mich nur noch schlecht gefühlt. Ich hatte keine Kraft mehr zu gehen und habe mich auch geritzt. Und dann habe ich mich selbst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Hast du den Ärzten gesagt, dass du dich prostituierst?
Emilia: Ja. Aber die haben das mit mir nicht aufgearbeitet. Sie haben zwar gesagt, ich soll das aufschreiben. Als ich das gemacht habe, habe ich fürchterlich geweint und konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Es kam dann auch jemand und hat mich beruhigt. Aber geredet hat nie jemand mit mir darüber. Keiner hat das genau wissen wollen. Ich hatte das ja freiwillig gemacht. Und da ich mich selbst entschieden hatte, das zu tun, konnte es ja wohl nicht so schlimm sein. Das wurde mir rübergebracht. Dann hab ich mich noch weniger verstanden gefühlt.
Marie: Es gibt ja kaum Hilfsangebote zum Ausstieg. Einstiegsberatung machen sie alle, aber Ausstieg? Ich hab bei uns im Landkreis angerufen. Da gibt es eine Stelle, die für die Prostituierten zuständig ist. Aber das einzige, was der Sozialarbeiter mir angeboten hat, war Hartz IV. Aber ich hatte doch da gar nicht wegen dem Geld angerufen. Ich brauchte einfach Hilfe, weil ich merkte: Irgendwas stimmt überhaupt nicht. Ich bin nicht mehr belastbar, ich bin unheimlich nah am Wasser gebaut, ich mach mir wahnsinnig viele negative Gedanken. Ich sitze stundenlang zu Hause und heule. Und dann hab ich Hilfe gesucht und keine gefunden. Ich hab dem Sozialarbeiter gesagt: Mir geht’s schlecht, ich hab keine Kraft mehr, ich komme mit der Situation nicht klar. Und er hat gesagt, da wüsste er jetzt auch nicht weiter. Dann hat er drei Tage später zurückgerufen und gesagt: Meine finanzielle Situation sei doch sicher auch sehr belastend, er könne mir helfen, Hartz IV zu beantragen. Na, danke fürs Gespräch! Ich habe auch bei Hydra in Berlin angerufen, aber da hatte ich das Gefühl, dass sie die Prostitution gar nicht als problematisch betrachten.
Es gibt also offensichtlich keine Sensibilisierung für die seelische Not in so einer Situation und den Schaden, den die Prostitution anrichtet?
Marie: Nein. Meine Frauenärztin hat zum Beispiel gesagt: „Ich finde das ganz toll, dass Sie das können!“
Wie bitte?
Emilia: Mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte meine Hoffnung in die Klinik gesetzt. Aber niemand hat verstanden, warum es mir so schlecht ging. Ich war ja diejenige, die die Schule mit dem 1,2-Schnitt macht, die mit dem tollen Elternhaus und den guten finanziellen Verhältnissen. Die haben dann gesagt, ich wäre wohl in einer schwierigen Lebensphase. Dabei hatte ich denen doch alles erzählt! Das sind doch Fachleute. Und ich war trotzdem ganz allein damit. Die Polizei hilft auch nicht. Ich bin einmal von einer Streife kontrolliert worden, die wegen „Bekämpfung der illegalen Straßenprostitution“ unterwegs war. Die habe ich gebeten: „Nehmen Sie mich mit!“ Ich war megaverzweifelt und hab denen auch erzählt, dass ein Typ mir immer neue Männer verschafft, also praktisch mein Zuhälter ist. Aber die haben mich wieder auf die Straße geschickt. Es gab keine Anzeige, keine Hilfe, gar nichts.
Marie: Die Männer denken, wenn sie nett zu einem sind, wäre alles gut. Das ist es aber nicht. Ich muss von mir viel mehr hergeben, als ich eigentlich hergeben will. Denn was du den Freiern vorspielst, ist immer auch ein Teil von dir selbst. Ich bin ja keine Schauspielerin, ich kann ja nichts reproduzieren, was ich nicht aus meiner Sexualität kenne. Und da gibt man was vom Intimsten, was man zu geben hat. Deshalb ist da eine große Trauer über das, was ich verloren habe. Als ich angefangen habe, habe ich gedacht: Ich mit meiner Kraft und meiner Stärke – ich krieg das hin! Aber es hat mich volle Breitseite erwischt.
Nun gibt es aber immer wieder Prostituierte, die in Talkshows begeistert über ihre „selbstbestimmte Prostitution“ berich ten, die ihnen gar nichts ausmacht.
Marie: Was sollen die denn anderes sagen? Da gucken doch Kunden zu. Wenn die Frau dann sagt: „Mir macht das eigentlich überhaupt keinen Spaß, aber ich mach euch ’ne gute Show vor!“ dann kommt doch keiner mehr. Außerdem ist das reiner Selbstschutz. Mir wird von Prostituierten natürlich vorgehalten, ich sei dann wohl eben „für den Job nicht geeignet“. Aber irgendwann holt es jede ein. Eine Bekannte von mir, die sich lange prostituiert hat, hat das schließlich nur noch mit drei Wodka vor dem ersten Freier machen können. Dann hat sie mit dem Alkohol aufgehört und gemerkt, dass sie es ohne gar nicht mehr kann. Bei einer anderen, die jahrelang von der „freiwilligen, selbstbestimmten“ Prostitution geschwärmt hat, bricht es langsam. Nur: Die, die dann ausgestiegen sind, weil sie nicht mehr können, die sitzen nicht in den Talkshows. Weil es ihnen zu schlecht geht oder weil sie sich ein neues Leben aufbauen und anonym bleiben wollen.
Emilia: Man sieht es an den Augen. Wenn mir eine Prostituierte erzählt, dass sie das gern macht, und ich in ihre Augen gucke, dann sehe ich, was los ist.
Wie hast du dann aussteigen können?
Marie: Ich habe mir zwei neue Jobs gesucht und sieben Tage die Woche gearbeitet. Dann musste ich das nicht mehr machen. Ich habe dann nur noch zwei Dates gemacht und beim letzten gemerkt: Ich kann das nicht mehr.
Wäre es denkbar, dass du das noch einmal tust?
Marie: Auf gar gar gar keinen Fall.
Und du, Emilia?
Emilia: Ich bin vor zwei Wochen wieder rückfällig geworden. Ich war zwar in der Klinik und später in der Kur erstmal weg aus Berlin. Aber es hatte ja keiner verstanden, was die Prostitution mit mir gemacht hat, es wurde ja alles nur zur Seite geschoben. Und als ich dann ein Wochen ende in Berlin war, hab ich es wieder gemacht. Ich bin in Berlin angekommen und war sofort wieder in diesem Kreislauf drin. Ich hab wieder gefühlt, was ich mit diesem Ort verbinde: meinen Selbsthass.
Was müsste passieren, damit Frauen wie euch rasch geholfen werden kann?
Marie: Prostitution gehört knallhart verboten! Es muss wieder in die Köpfe rein: Das tut man nicht! Die Männer, die sich Frauen kaufen, sollen bestraft werden. Denn nur wo eine Nachfrage existiert, kann man auch was anbieten. Und für Menschenhändler und Zuhälter muss es viel härtere Strafen geben. Für das unermessliche Leid, das die den Frauen zufügen.
Emilia: Ich bin auch für ein knallhartes Verbot! Es geht einfach nicht, dass man Menschen kauft.
Marie: Der Staat hat die Funktion, mich zu beschützen. Ich hätte mir gewünscht, dass er das getan hätte. Der Staat passt auf mich als Frau nicht auf. Er kassiert Steuern dafür und verdient noch dran, aber er bietet keine Hilfsangebote für den Ausstieg.
Emilia: Wenn ich mich auf eine Brücke stelle und runterspringen will, dann retten mich die Leute doch auch. Aber wenn ich mich jeden Tag prostituiere und mich auf diese Weise langsam kaputtmache, dann gilt das als meine freie Entscheidung.
Marie: Das alles ist doch nur das Produkt einer Gesellschaft, die das zulässt!
Gibt es etwas, das wir euch nicht gefragt haben – und was ihr noch sagen wollt?
Marie: Ja. Dass mir das Gespräch unheimlich gut getan hat. Es hat mir Kraft gegeben.
Emilia: Ihr seid die ersten in meinem Leben, die mir zugehört haben. Bisher hat niemand verstanden, was es für mich bedeutet, mich zu prostituieren.
http://www.emma.de/artikel/ich-habe-mic ... ert-266086
Die eine hat uns gemailt, die andere war auf einer Lesung von Alice Schwarzer und hat sie anschließend angesprochen. Die eine ist 47, die andere 21. Die eine wirkt erwachsen und tough, die andere wie ein verunsichertes Mädchen, das zu viel lächelt. Die eine hat Hosen an, die andere einen sehr kurzen Rock. Die eine scheint den Ausstieg geschafft zu haben, die andere ist vor zwei Wochen „rückfällig“ geworden.
Ihr habt in den Briefen, die ihr an EMMA geschrieben habt, beide gesagt: Wir gehören zu den Frauen, die sich – wie es so schön heißt – „freiwillig“ prostituiert haben. Was heißt das?
Marie: Ich habe hier in Deutschland ja die Option, mich zu verkaufen. Es ist legal und ich kann mich entscheiden, das zu tun. Die Entscheidung ist also freiwillig. Gleichzeitig zwingen die Umstände aber dazu. Ich kenne keine Frau, die es nicht aus Geldnot gemacht hat. Die zum Beispiel sagen: Wenn die Männer sowieso permanent über einen herfallen wollen, dann können sie auch dafür zahlen. Und wenn man sich erstmal dazu entschieden hat, geht das sehr einfach übers Internet. Es gibt ja viele dieser Plattformen: Kaufmich.com, Poppen.de, dieboerse.de und so weiter. Ich habe einfach ein Profil in einem Forum erstellt, ein paar Bilder hochgeladen und dann haben sich die Männer gemeldet. Es ging also sehr einfach. Zu einfach.
Emilia: Das kann ich nur unterschreiben. Ich hatte die Straßenprostitution in Berlin direkt vor der Haustür, die war total präsent. Ich hab halt da die Mädchen stehen sehen – und eine Woche später hab ich mich dazugestellt. Das ging alles wahnsinnig schnell. Es war praktisch so, als ob ich in einer Kneipe nach einem Nebenjob fragen würde. Ich habe das also freiwillig gemacht.
Das heißt, hinter euch stand kein Zuhälter oder Frauenhändler, der gesagt hat: Du musst dich prostituieren!
Emilia: Nein. Allerdings tauchten bei mir dann schon Männer auf, die einem neue Kunden vermittelt und dafür dann Sex umsonst bekommen haben.
Was war denn eigentlich dein Motiv, Emilia?
Emilia: Schon auch das schnelle Geld. Aber das habe ich nicht existenziell zum Überleben gebraucht. Mein Motiv war vor allem Selbstbestrafung. Oder sogar Selbstzerstörung. Ich habe mir selbst damit schaden wollen. Das habe ich aber damals nicht geblickt. Das begreife ich erst im Rückblick. Es hat mir das Gefühl gegeben: Ich kann mit meinem Körper machen, was ich möchte. Ich habe die Macht. Aber als ich dann den ersten Geschlechtsverkehr hatte, war da keine Macht mehr. Plötzlich war ich wie tot. Wie in eine frühere Situation zurückversetzt. Und ich war plötzlich wieder genauso hilflos und hatte die Kontrolle nicht mehr, die ich mir doch eigentlich damit hatte verschaffen wollen.
Was für eine frühere Situation?
Emilia: Ich wurde als Kind von meinem Vater missbraucht. Und plötzlich ist man dann wieder in einer kindlichen Rolle. Man fühlt sich genau wie früher. Man geht auf Abstand zu sich und spürt gar nichts mehr. Ich hab die Augen zugemacht und bis zehn gezählt und dann wieder rückwärts. Es war die gleiche Hilflosigkeit. Ich konnte in diesem Moment auch nicht mehr Nein sagen wie eine Erwachsene.
Wie alt warst du, als du angefangen hast, dich zu prostituieren?
Emilia: Ich war 18.
Marie: Und da wollen einige das Schutz alter für Prostitution auf 16 herabsetzen!
Und was war dein Einstieg, Marie?
Marie: Bei mir war es Geldnot. Die Studiengebühren meiner Tochter waren zu viel. Die hab ich nicht mehr geschafft. Da war ich 45.
Hast du dich jemals vorher prostituiert oder hat der Gedanke dich schon mal gestreift?
Marie: Nein. Aber ich habe auch meine Vorgeschichte. Meine Mutter ist gestorben, als ich zwölf war. Und auch mein Vater hat mich missbraucht. Da war ich vier, fünf. Den habe ich aber so stark verdrängt, dass die Erinnerung daran nur schemenhaft ist. Klare Erinnerung setzt ab der Pubertät ein. Das einzige, was ich von meinem Vater an Zuwendung bekommen habe, war, dass er meine Brust mit zwei Fingern gewogen und gesagt hat: „Na, das wird doch!“ Und meine Stiefmutter hat zugeguckt. Mit 16 bin ich dann beim Trampen vergewaltigt worden. Da hab ich Todesangst gehabt, das war richtig schlimm. Dazwischen gab es eine Zeit, in der sich linksintellektuelle alte Männer über mich hergemacht haben. Ich habe mich in der linken Szene rumgetrieben, war ein kluges Kind und hab viel gelesen. Da konnte man gut mit mir diskutieren, und die Herren haben gemeint, nicht nur das. Ich war da etwa 15 und die waren 45 oder 50. Mich hat es nicht gestört, weil es ja die Art von Zuwendung war, die ich seit dem Tod meiner Mutter kannte. Es war eben ein Weg, Liebe zu bekommen.
Und dein Mann?
Marie: Ich habe meinen Mann kennen gelernt, als ich 19 war. Mit 21 kam dann mein Kind auf die Welt und man hat halt geheiratet. Ich hab dann einen Laden aufgemacht und damit die Familie ernährt. Mein Mann hat sich neben mir kleiner und schwächer gefühlt und dann war sein Bestreben, mich kleiner zu machen. Das hätte auch fast funktioniert. Ich habe mein Selbstwertgefühl mehr und mehr verloren und mich von ihm getrennt, als ich das Gefühl hatte, ich hänge nur noch an einem ganz dünnen Faden.
Emilia: Ich hatte auch ganz oft Beziehungen zu älteren Männern. Also Männern, die praktisch mein Vater sein könnten. Und es ist, als wollte ich dadurch das, was damals schiefgelaufen ist, nochmal anders machen.
Als ihr dann angefangen habt, euch zu prostituieren – was ist da passiert?
Marie: Vor dem ersten Date hatte ich das gleiche Gefühl wie Emilia: Ich mache das jetzt ganz für mich! Dann war es aber einfach eklig. Das Hotel war eklig. Ich hab mich gewundert, wie so eine Absteige solche Preise nehmen kann. Der Typ war auch eklig. Den hab ich erstmal zum Duschen geschickt, weil der so verschwitzt war. Dann hab ich das ganz schnell hinter mich gebracht. Es war ganz schrecklich und ich erinnere mich auch nicht mehr an allzu viel. Am deutlichsten daran, wie ich nach Hause gefahren bin und das Geld in der Tasche hatte.
Und wie viel war das?
Marie: 150 Euro. Ich hatte extra einen ziemlich hohen Preis angesetzt, weil ich dachte: Eine Frau von Mitte 40, etwas übergewichtig, kurze Beine – da ist der Preis vielleicht eine Hürde, über die dann keiner springt. Aber das war nicht so. Ich hatte dann sehr schnell raus, wie man Männer dahin manipulieren kann, wo man sie haben will, damit das alles schneller geht. Die buchen eine halbe Stunde oder eine Stunde und sind nach einer Viertelstunde fix und alle. Je geiler man spielt, umso schneller sind sie fertig. Die funktionieren ziemlich stereotyp. Das ist wirklich erschreckend. Das Schlimme für mich war, dass es so viele nette Männer waren. Reflektierte Männer. Die reden über ihre Ehe, über ihre Frauen, die arbeiten an ihrer Beziehung. Aber kaufen sich Frauen. In Sachen Prostitution haben die einen blinden Fleck. Das fand ich das Frustrierendste. Ich hab sie auch gefragt, warum sie das machen.
Und was haben sie gesagt?
Marie: Ihre Frauen hätten halt keine Lust mehr auf Sex. Einen hab ich gefragt: „Gibst du dir bei deiner Frau auch so viel Mühe wie mit mir?“ Da antwortet er: „Das will die doch gar nicht!“ Zwei Wochen später hat er mir geschrieben, dass er den besten Sex seines Lebens hatte, und das mit seiner eigenen Frau.
Was hast du als besonders hart empfunden?
Marie: Das Nett-sein-müssen. So tun zu müssen, als ob ich’s total geil finde. So tun müssen, als ob ich den Mann total gern rieche. So tun müssen, als ob mir die Küsse gefallen. So tun müssen, als ob mir der tiefe Blick in die Augen gefällt. Die Männer wollen ja inzwischen nicht nur ficken, sondern den sogenannten GF6: „Girlfriend-Sex“ mit Gefühl. Bussi hier, Eiteitei da.
Das war doch früher in der klassischen Prostitution total tabu.
Marie: Ja, aber heutzutage musst du das machen. Und das fand ich schlimm, dieses: Nicht ich selber sein.
Und die Männer glauben das?
Marie: Klar, die halten sich alle für was Besonderes. Und sie kriegen es ja auch vorgespielt. Dann haben sie gar kein Unrechtsbewusstsein. Das ist ein Teufelskreis.
Emilia: Ich finde es auch das Schlimmste, so tun zu müssen, als ob man das alles toll findet. Und man kann ja dann auch nicht mehr Nein sagen, denn er hat ja bezahlt. In dem Moment hab ich mein Recht verkauft, zu sagen, was ich will und was ich nicht will. Das geht nicht mehr. Denn wenn ich es doch sagen würde, hätte ich Angst, dass er es trotzdem tut. Deshalb war es jedes Mal für mich wie eine Ver gewaltigung. Ich weiß, wie sich eine Vergewaltigung anfühlt und ich weiß, wie es sich anfühlt, sich zu prostituieren. Nämlich gleich.
Marie: Ich musste mich danach immer belohnen. Ich habe immer ein Drittel des Geldes für Kompensation ausgegeben: ein tolles Parfum oder so was.
Emilia: Das Geld war unheimlich viel wert, weil man sich ja dafür verkauft hatte. Ich hatte immer das Gefühl: Das, was ich davon kaufe, kann gar nicht so viel wert sein wie dieses Geld.
Wie war dein „erstes Mal“, Emilia?
Emilia: Meine erste Erfahrung war, dass ich in einem Sex-Shop um die Ecke in einer Kabine mit einem Mann Verkehr hatte.
Wie viel Geld hast du da bekommen?
Emilia: 30 Euro. Ich kannte mich mit den Preisen gar nicht aus. Ich hatte an dem Abend aber auch Männer, die gemeint haben, 30 Euro wäre aber teuer.
Und wie hast du dich danach gefühlt?
Emilia: Ich hatte viel Alkohol getrunken und habe mich erst am nächsten Morgen schlecht gefühlt. Ich bin aufgewacht und dachte: Du hast dich damit kaputtgemacht. Du hast dich umgebracht. Das hat richtig weh getan. Und dann hab ich’s aber wieder gemacht.
Warum?
Emilia: Man fühlt sich ganz schwach und merkt: Man zerbricht in dem Moment. Aber gleichzeitig hat man so eine Härte. Wenn ich losgegangen bin, habe ich mich aktiv gefühlt, fast übermütig. Ich hab vorher immer viel Alkohol getrunken. Es ist ähnlich wie mit der Magersucht. Da schädigt man sich auch selbst, und trotzdem gibt es einem ein Gefühl der Stärke.
Marie: Es ist eine ganz merkwürdige Art von Selbstbestätigung, die man daraus zieht. Ich war eine Frau Mitte 40, und es bestätigt einen ja, dass ein Mann was für einen bezahlt. Männern bedeutet Geld ja was. Etwas, wofür sie viel bezahlen, behandeln sie auch entsprechend. Das ist nicht Respekt mir gegenüber, es ist Respekt ihrem Geld gegenüber. Außerdem wollen sie ja morgens noch in den Spiegel gucken können und sich sagen: Ich behandle Frauen respektvoll, und ich behandle auch Huren respektvoll. Also, man kann da schon kurzfristig für sich was draus ziehen. Aber das fällt sofort wieder in sich zusammen. Danach ist es ganz schal.
Emilia: Ich bin auch deshalb auf den Strich gegangen, weil ich mich nach körperlicher Nähe gesehnt habe. Und paradoxerweise hab ich diese Nähe eben auch dort gesucht. Ich hab mir gewünscht, dass mich jemand in den Arm nimmt. Aber das ist natürlich auf die falsche Weise passiert. Und hat dann wieder weh getan.
Ihr hattet ja beide vermutlich eine sehr unterschiedliche Klientel …
Marie: Dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen. Ich bin ja viel in diesen Foren unterwegs. Und da sieht man: Wenn die einmal auf diesem komischen Trip sind, sich über ihren Schwanz zu definieren, dann nehmen die alles mit. Die Jungs sind dann in diesen Popp-Foren genauso registriert wie in Freier foren oder bei Elitepartner. Die versuchen alles abzugreifen. Und in den Erfahrungsberichten schreiben die Jungs dann von der Hure für 15 Euro auf dem Drogenstrich bis zur Escort-Dame für 300 Euro.
Du hast uns in deinem Brief geschrieben: Was die Prostitution mit einem macht, sei „unumkehrbar“. Was meinst du damit?
Marie: Meine Wahrnehmung von Männern. Eine bestimmte Form von Vertrauen zu Männern ist nicht mehr möglich. Für mich wird es nie mehr den Helden auf dem Pferd geben. Bei allem Realitätssinn hatte ich mir dieses Gefühl immer gern gegönnt. Aber das ist vorbei.
Emilia: Ich habe einen Freund, der ist wirklich lieb. Aber ich kann seine Nähe nur bis zu einem gewissen Punkt ertragen. Ich muss eine rauschende Party feiern und am besten noch ein Beruhigungsmittel nehmen, bevor ich mit ihm schlafen kann. Einmal bin ich währenddessen in Tränen ausgebrochen. Das kann er natürlich nicht verstehen, weil er nicht weiß, dass ich mich prostituiert habe.
Dein Freund weiß gar nichts davon?
Emilia: Nein, und ich werde ihm das auch nicht sagen. Ich bin überzeugt, dass ich einem Mann nie wieder vollständig vertrauen kann. In meinen Augen ist jeder Mann ein potenzieller Täter. Weil man weiß, zu was all diese Männer, die man da Tag für Tag bedient hat, fähig sind.
Marie: Zum Beispiel auch, was Safer Sex angeht. Mir ist es passiert, dass einer im letzten Moment den Präser abgezogen und mir dann doch in den Mund oder in den Arsch gespritzt hat. Das ist kriminell. Aber zeig das mal an!
Wie lange habt ihr euch prostituiert?
Emilia: Ein Jahr lang. Manchmal mehrmals die Woche.
Marie: Zwei Jahre lang. Mal hab ich nur zwei Dates pro Woche gemacht, mal mehr. Mehr als ein Date am Tag konnte ich aber nicht.
Gab es Menschen in eurem Umfeld, die es wussten?
Emilia: Ich hab es einer älteren Freundin und einer Sozialarbeiterin erzählt. Die haben nur gesagt: „Mach das doch nicht mehr.“
Marie: Das ist ja ein hilfreicher Tipp! Ich hab es heimlich gemacht. Meine Tochter weiß es auch nicht, die würde sich totale Vorwürfe machen. Aber ein Grund für die Heimlichkeit war auch das Geld. Hätte ich das mit der Prostitution offiziell gemacht, hätten mir die Krankenkassen-Beiträge das Genick gebrochen.
Wann kam der Punkt, an dem ihr gesagt habt: Ich will das nicht mehr machen!
Emilia: Ich bin irgendwann nicht mehr in die Schule gegangen. Ich lag ein paar Tage im Bett und hab mich nur noch schlecht gefühlt. Ich hatte keine Kraft mehr zu gehen und habe mich auch geritzt. Und dann habe ich mich selbst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Hast du den Ärzten gesagt, dass du dich prostituierst?
Emilia: Ja. Aber die haben das mit mir nicht aufgearbeitet. Sie haben zwar gesagt, ich soll das aufschreiben. Als ich das gemacht habe, habe ich fürchterlich geweint und konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Es kam dann auch jemand und hat mich beruhigt. Aber geredet hat nie jemand mit mir darüber. Keiner hat das genau wissen wollen. Ich hatte das ja freiwillig gemacht. Und da ich mich selbst entschieden hatte, das zu tun, konnte es ja wohl nicht so schlimm sein. Das wurde mir rübergebracht. Dann hab ich mich noch weniger verstanden gefühlt.
Marie: Es gibt ja kaum Hilfsangebote zum Ausstieg. Einstiegsberatung machen sie alle, aber Ausstieg? Ich hab bei uns im Landkreis angerufen. Da gibt es eine Stelle, die für die Prostituierten zuständig ist. Aber das einzige, was der Sozialarbeiter mir angeboten hat, war Hartz IV. Aber ich hatte doch da gar nicht wegen dem Geld angerufen. Ich brauchte einfach Hilfe, weil ich merkte: Irgendwas stimmt überhaupt nicht. Ich bin nicht mehr belastbar, ich bin unheimlich nah am Wasser gebaut, ich mach mir wahnsinnig viele negative Gedanken. Ich sitze stundenlang zu Hause und heule. Und dann hab ich Hilfe gesucht und keine gefunden. Ich hab dem Sozialarbeiter gesagt: Mir geht’s schlecht, ich hab keine Kraft mehr, ich komme mit der Situation nicht klar. Und er hat gesagt, da wüsste er jetzt auch nicht weiter. Dann hat er drei Tage später zurückgerufen und gesagt: Meine finanzielle Situation sei doch sicher auch sehr belastend, er könne mir helfen, Hartz IV zu beantragen. Na, danke fürs Gespräch! Ich habe auch bei Hydra in Berlin angerufen, aber da hatte ich das Gefühl, dass sie die Prostitution gar nicht als problematisch betrachten.
Es gibt also offensichtlich keine Sensibilisierung für die seelische Not in so einer Situation und den Schaden, den die Prostitution anrichtet?
Marie: Nein. Meine Frauenärztin hat zum Beispiel gesagt: „Ich finde das ganz toll, dass Sie das können!“
Wie bitte?
Emilia: Mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte meine Hoffnung in die Klinik gesetzt. Aber niemand hat verstanden, warum es mir so schlecht ging. Ich war ja diejenige, die die Schule mit dem 1,2-Schnitt macht, die mit dem tollen Elternhaus und den guten finanziellen Verhältnissen. Die haben dann gesagt, ich wäre wohl in einer schwierigen Lebensphase. Dabei hatte ich denen doch alles erzählt! Das sind doch Fachleute. Und ich war trotzdem ganz allein damit. Die Polizei hilft auch nicht. Ich bin einmal von einer Streife kontrolliert worden, die wegen „Bekämpfung der illegalen Straßenprostitution“ unterwegs war. Die habe ich gebeten: „Nehmen Sie mich mit!“ Ich war megaverzweifelt und hab denen auch erzählt, dass ein Typ mir immer neue Männer verschafft, also praktisch mein Zuhälter ist. Aber die haben mich wieder auf die Straße geschickt. Es gab keine Anzeige, keine Hilfe, gar nichts.
Marie: Die Männer denken, wenn sie nett zu einem sind, wäre alles gut. Das ist es aber nicht. Ich muss von mir viel mehr hergeben, als ich eigentlich hergeben will. Denn was du den Freiern vorspielst, ist immer auch ein Teil von dir selbst. Ich bin ja keine Schauspielerin, ich kann ja nichts reproduzieren, was ich nicht aus meiner Sexualität kenne. Und da gibt man was vom Intimsten, was man zu geben hat. Deshalb ist da eine große Trauer über das, was ich verloren habe. Als ich angefangen habe, habe ich gedacht: Ich mit meiner Kraft und meiner Stärke – ich krieg das hin! Aber es hat mich volle Breitseite erwischt.
Nun gibt es aber immer wieder Prostituierte, die in Talkshows begeistert über ihre „selbstbestimmte Prostitution“ berich ten, die ihnen gar nichts ausmacht.
Marie: Was sollen die denn anderes sagen? Da gucken doch Kunden zu. Wenn die Frau dann sagt: „Mir macht das eigentlich überhaupt keinen Spaß, aber ich mach euch ’ne gute Show vor!“ dann kommt doch keiner mehr. Außerdem ist das reiner Selbstschutz. Mir wird von Prostituierten natürlich vorgehalten, ich sei dann wohl eben „für den Job nicht geeignet“. Aber irgendwann holt es jede ein. Eine Bekannte von mir, die sich lange prostituiert hat, hat das schließlich nur noch mit drei Wodka vor dem ersten Freier machen können. Dann hat sie mit dem Alkohol aufgehört und gemerkt, dass sie es ohne gar nicht mehr kann. Bei einer anderen, die jahrelang von der „freiwilligen, selbstbestimmten“ Prostitution geschwärmt hat, bricht es langsam. Nur: Die, die dann ausgestiegen sind, weil sie nicht mehr können, die sitzen nicht in den Talkshows. Weil es ihnen zu schlecht geht oder weil sie sich ein neues Leben aufbauen und anonym bleiben wollen.
Emilia: Man sieht es an den Augen. Wenn mir eine Prostituierte erzählt, dass sie das gern macht, und ich in ihre Augen gucke, dann sehe ich, was los ist.
Wie hast du dann aussteigen können?
Marie: Ich habe mir zwei neue Jobs gesucht und sieben Tage die Woche gearbeitet. Dann musste ich das nicht mehr machen. Ich habe dann nur noch zwei Dates gemacht und beim letzten gemerkt: Ich kann das nicht mehr.
Wäre es denkbar, dass du das noch einmal tust?
Marie: Auf gar gar gar keinen Fall.
Und du, Emilia?
Emilia: Ich bin vor zwei Wochen wieder rückfällig geworden. Ich war zwar in der Klinik und später in der Kur erstmal weg aus Berlin. Aber es hatte ja keiner verstanden, was die Prostitution mit mir gemacht hat, es wurde ja alles nur zur Seite geschoben. Und als ich dann ein Wochen ende in Berlin war, hab ich es wieder gemacht. Ich bin in Berlin angekommen und war sofort wieder in diesem Kreislauf drin. Ich hab wieder gefühlt, was ich mit diesem Ort verbinde: meinen Selbsthass.
Was müsste passieren, damit Frauen wie euch rasch geholfen werden kann?
Marie: Prostitution gehört knallhart verboten! Es muss wieder in die Köpfe rein: Das tut man nicht! Die Männer, die sich Frauen kaufen, sollen bestraft werden. Denn nur wo eine Nachfrage existiert, kann man auch was anbieten. Und für Menschenhändler und Zuhälter muss es viel härtere Strafen geben. Für das unermessliche Leid, das die den Frauen zufügen.
Emilia: Ich bin auch für ein knallhartes Verbot! Es geht einfach nicht, dass man Menschen kauft.
Marie: Der Staat hat die Funktion, mich zu beschützen. Ich hätte mir gewünscht, dass er das getan hätte. Der Staat passt auf mich als Frau nicht auf. Er kassiert Steuern dafür und verdient noch dran, aber er bietet keine Hilfsangebote für den Ausstieg.
Emilia: Wenn ich mich auf eine Brücke stelle und runterspringen will, dann retten mich die Leute doch auch. Aber wenn ich mich jeden Tag prostituiere und mich auf diese Weise langsam kaputtmache, dann gilt das als meine freie Entscheidung.
Marie: Das alles ist doch nur das Produkt einer Gesellschaft, die das zulässt!
Gibt es etwas, das wir euch nicht gefragt haben – und was ihr noch sagen wollt?
Marie: Ja. Dass mir das Gespräch unheimlich gut getan hat. Es hat mir Kraft gegeben.
Emilia: Ihr seid die ersten in meinem Leben, die mir zugehört haben. Bisher hat niemand verstanden, was es für mich bedeutet, mich zu prostituieren.
http://www.emma.de/artikel/ich-habe-mic ... ert-266086
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20.10.2014
Frau Schwarzer und das "Frischfleisch"
Frauenrechtlerin spricht in der St. Wendeler Basilika zum Thema Prostitution und Menschenwürde
Alice Schwarzer geißelt die Prostitution - und appelliert dabei an die Verantwortung der Christen. In der St. Wendeler Basilika stellte sie der saarländischen Politik am Freitag vor rund 120 vornehmlich weiblichen Zuhörern ein gutes Zeugnis aus.
Wenn Alice Schwarzer kommt, ist die Polizei nicht weit. Zumindest an diesem Freitagabend in St. Wendel. Ein Polizeibeamter in den 40ern streift um die St. Wendeler Basilika. Man weiß ja nie. Schwarzer ist eine streitbare Frauenrechtlerin, die polarisiert. In der Basilika wird Schwarzer gleich einen Vortrag halten zum Thema "Prostitution und Menschenwürde. Und die Verantwortung der Christen?". Der Pfarrgemeinderat hat sie im Rahmen der Wendelinusfestwochen eingeladen wie zuvor schon den Fernsehjournalisten Peter Hahne oder Heiner Geißler, den Generalsekretär der CDU zu Kohls Zeiten. Geißler war es auch, der den Kontakt zu Alice Schwarzer vermittelte.
Im Kirchenschiff haben sich derweil rund 120 Zuhörer versammelt - es sind fast ausnahmslos Frauen. Alle Altersgruppen sind vertreten. Manch eine der Damen hatte wohl einen längeren Anfahrtsweg, um der Frauenrechtlerin lauschen zu können.
Alice Schwarzer kommt gleich zur Sache. Natürlich sei Prostitution "kein schönes Thema". Sie hat sich ihm dennoch angenommen, "weil wir es den Frauen und Männern schuldig sind und weil es uns alle angeht". Man solle sich nicht von Talkshows blenden lassen, wo Frauen erzählen, dass sie diesen Beruf freiwillig und selbstbestimmt ausüben. "Lediglich zwei bis zehn Prozent der Prostituierten in Deutschland sind Deutsche, der Rest kommt aus den ärmsten Ländern der Welt. Die können kein Wort Deutsch und wissen oft nicht, wo sie sind."Von einem Bordell zum nächsten würden sie durch ganz Deutschland gekarrt, weil die Kundschaft alle paar Wochen "Frischfleisch" verlange.
Und das zu einem Lohn, der Hohn spottet. Oftmals weit weniger als der gerade vereinbarte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Das Geld sacken die anderen ein, sagt Schwarzer: Zuhälter, Bordellbetreiber, Menschenhändler. 15 Milliarden Euro habe das Gewerbe nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr in Deutschland umgesetzt - "bei einer Gewinnspanne von über 1000 Prozent. Das schaffen nicht mal Waffenhändler."
Einen wesentlichen Anteil an der Misere sieht Alice Schwarzer in der Gesetzgebung von Rot-Grün im Jahr 2002. Damals habe man die Prostitution im Grunde völlig legalisiert. Prostitution sollte als Beruf wie jeder andere verstanden werden, doch "seitdem sind die Frauen ausgelieferter denn je, und die Hemmungen bei den Freiern sinken".
Deutschland sei zur Drehscheibe des Frauenhandels in Europa geworden. Ein Einreiseland wie Thailand. Ganze Busladungen von Männern kämen aus dem Ausland eingereist, weil in Deutschland alles möglich ist.
Das Problem ist im Saarland gut bekannt. Gerade hat in Saarbrücken ein Bordell eröffnet, das als größtes in ganz Europa gilt - mit 3000 Quadratmeter Fläche. Ein weiteres ist in Völklingen geplant. Die Kundschaft kommt oftmals aus Frankreich, wo Prostitution weitaus strenger reguliert ist. Und der Zulauf von dort werde sich noch verstärken, sagt Schwarzer. Denn Frankreich plant, die Freier zu bestrafen. Nicht schwer auszurechnen, was das für das Saarland bedeutet.
Dennoch: Das Saarland sei eigentlich auf dem richtigen Weg. In Saarbrücken wurde der Straßenstrich auf einige wenige Zonen begrenzt, und die Politik habe das Problem klar erkannt. Ausdrücklich lobt Schwarzer Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die als einzige Spitzenpolitikerin den Appell Schwarzers gegen Frauenkauf unterzeichnet habe. "Hut ab!", ruft Schwarzer ins Kirchenschiff. Auch die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) hat sich dem Appell angeschlossen.
Was tun? Schwarzer hat klare Vorstellungen. Es braucht eine Meldepflicht für Prostituierte, sagt sie. Oft wisse man gar nicht, welche Frauen und wie viele im Land seien. Zweitens fordert sie ein Mindestalter von 18 Jahren, drittens eine Kondompflicht. Und schließlich regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen. Damit ist sie ganz auf der Linie der Union, die diese Punkte in einem neuen Gesetz festschreiben will. Schwarzer bei den Schwarzen.
Das Fernziel aber müsse sein, Prostitution ganz abzuschaffen. Das gebiete der Respekt vor den Frauen. "Ich träume von einer Gesellschaft ohne Prostitution, wo Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen.“"Sie bekommt viel Beifall.
http://www.saarbruecker-zeitung.de/nach ... 25,5478257
Frau Schwarzer und das "Frischfleisch"
Frauenrechtlerin spricht in der St. Wendeler Basilika zum Thema Prostitution und Menschenwürde
Alice Schwarzer geißelt die Prostitution - und appelliert dabei an die Verantwortung der Christen. In der St. Wendeler Basilika stellte sie der saarländischen Politik am Freitag vor rund 120 vornehmlich weiblichen Zuhörern ein gutes Zeugnis aus.
Wenn Alice Schwarzer kommt, ist die Polizei nicht weit. Zumindest an diesem Freitagabend in St. Wendel. Ein Polizeibeamter in den 40ern streift um die St. Wendeler Basilika. Man weiß ja nie. Schwarzer ist eine streitbare Frauenrechtlerin, die polarisiert. In der Basilika wird Schwarzer gleich einen Vortrag halten zum Thema "Prostitution und Menschenwürde. Und die Verantwortung der Christen?". Der Pfarrgemeinderat hat sie im Rahmen der Wendelinusfestwochen eingeladen wie zuvor schon den Fernsehjournalisten Peter Hahne oder Heiner Geißler, den Generalsekretär der CDU zu Kohls Zeiten. Geißler war es auch, der den Kontakt zu Alice Schwarzer vermittelte.
Im Kirchenschiff haben sich derweil rund 120 Zuhörer versammelt - es sind fast ausnahmslos Frauen. Alle Altersgruppen sind vertreten. Manch eine der Damen hatte wohl einen längeren Anfahrtsweg, um der Frauenrechtlerin lauschen zu können.
Alice Schwarzer kommt gleich zur Sache. Natürlich sei Prostitution "kein schönes Thema". Sie hat sich ihm dennoch angenommen, "weil wir es den Frauen und Männern schuldig sind und weil es uns alle angeht". Man solle sich nicht von Talkshows blenden lassen, wo Frauen erzählen, dass sie diesen Beruf freiwillig und selbstbestimmt ausüben. "Lediglich zwei bis zehn Prozent der Prostituierten in Deutschland sind Deutsche, der Rest kommt aus den ärmsten Ländern der Welt. Die können kein Wort Deutsch und wissen oft nicht, wo sie sind."Von einem Bordell zum nächsten würden sie durch ganz Deutschland gekarrt, weil die Kundschaft alle paar Wochen "Frischfleisch" verlange.
Und das zu einem Lohn, der Hohn spottet. Oftmals weit weniger als der gerade vereinbarte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Das Geld sacken die anderen ein, sagt Schwarzer: Zuhälter, Bordellbetreiber, Menschenhändler. 15 Milliarden Euro habe das Gewerbe nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr in Deutschland umgesetzt - "bei einer Gewinnspanne von über 1000 Prozent. Das schaffen nicht mal Waffenhändler."
Einen wesentlichen Anteil an der Misere sieht Alice Schwarzer in der Gesetzgebung von Rot-Grün im Jahr 2002. Damals habe man die Prostitution im Grunde völlig legalisiert. Prostitution sollte als Beruf wie jeder andere verstanden werden, doch "seitdem sind die Frauen ausgelieferter denn je, und die Hemmungen bei den Freiern sinken".
Deutschland sei zur Drehscheibe des Frauenhandels in Europa geworden. Ein Einreiseland wie Thailand. Ganze Busladungen von Männern kämen aus dem Ausland eingereist, weil in Deutschland alles möglich ist.
Das Problem ist im Saarland gut bekannt. Gerade hat in Saarbrücken ein Bordell eröffnet, das als größtes in ganz Europa gilt - mit 3000 Quadratmeter Fläche. Ein weiteres ist in Völklingen geplant. Die Kundschaft kommt oftmals aus Frankreich, wo Prostitution weitaus strenger reguliert ist. Und der Zulauf von dort werde sich noch verstärken, sagt Schwarzer. Denn Frankreich plant, die Freier zu bestrafen. Nicht schwer auszurechnen, was das für das Saarland bedeutet.
Dennoch: Das Saarland sei eigentlich auf dem richtigen Weg. In Saarbrücken wurde der Straßenstrich auf einige wenige Zonen begrenzt, und die Politik habe das Problem klar erkannt. Ausdrücklich lobt Schwarzer Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die als einzige Spitzenpolitikerin den Appell Schwarzers gegen Frauenkauf unterzeichnet habe. "Hut ab!", ruft Schwarzer ins Kirchenschiff. Auch die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) hat sich dem Appell angeschlossen.
Was tun? Schwarzer hat klare Vorstellungen. Es braucht eine Meldepflicht für Prostituierte, sagt sie. Oft wisse man gar nicht, welche Frauen und wie viele im Land seien. Zweitens fordert sie ein Mindestalter von 18 Jahren, drittens eine Kondompflicht. Und schließlich regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen. Damit ist sie ganz auf der Linie der Union, die diese Punkte in einem neuen Gesetz festschreiben will. Schwarzer bei den Schwarzen.
Das Fernziel aber müsse sein, Prostitution ganz abzuschaffen. Das gebiete der Respekt vor den Frauen. "Ich träume von einer Gesellschaft ohne Prostitution, wo Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen.“"Sie bekommt viel Beifall.
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Doris67 hat geschrieben:Vielleicht sollten wir Frau Schwarzer als "Altfleisch" ansprechen...

Die arme unterdrückte Alice muss Bücher und Artikel schreiben...immer noch, in dem Alter....
Am besten, wir verbieten das Kaufen von ihren Büchern. (Schreiben bleibt natürlich erlaubt, wir sind ja nicht so) Sei darf dafür eine Umschulung zur Putzfrau machen, damit sie sich ihren Lebenunterhalt verdienen kann, ohne sich für diese grauslichen Bücher verkaufen zu müssen

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Für mich wäre es unmöglich mit der patriarchalen Steuerkriminellen
Schwarzer auf "Augenhöhe" zu sein! Ich behandle andere Menschen
nicht deswegen mit Respekt, weil sie Frauen sind oder Männer,
oder Intersexuelle, oder Transsexuelle oder sonst etwas sind.
Mein letzter Hund wurde 21 Jahre alt. und ich habe ihn immer mit
Respekt behandelt. Er musste nie an die Leine, auch wenn es oft
Probleme deswegen mit der Polizei gab. Er war immer frei.
Er hatte deswegen auch kein Halsband oder irgend ein Zeichen an sich.
Er konnte hingehen wo er wollte, wählte aber bei mir zu bleiben.
Ich lebte damals auf einem Bauernhof und die Tür war immer
offen, Tag und Nacht, Sommer und Winter, damit ich ihm nicht
jedesmal die Tür öffnen musste.
Für manche Personen mag es zumindest "seltsam" erscheinen,
aber ich achtete seine Individualität wie bei einer menschlichen
Person, und wurde von ihm, einem 50kg Spanienstrand-Mischung-
Labrador, nie enttäuscht. Mit ihm, Aron, redete ich "auf Augenhöhe"!
Ich weiß nicht 100% ob er mich verstand, aber er handelte
nach meinen Vorschlägen. Mit der Schwarzer könnte ich mich
hingegen nie auf Augenhöhe sehen!
Nicole
Schwarzer auf "Augenhöhe" zu sein! Ich behandle andere Menschen
nicht deswegen mit Respekt, weil sie Frauen sind oder Männer,
oder Intersexuelle, oder Transsexuelle oder sonst etwas sind.
Mein letzter Hund wurde 21 Jahre alt. und ich habe ihn immer mit
Respekt behandelt. Er musste nie an die Leine, auch wenn es oft
Probleme deswegen mit der Polizei gab. Er war immer frei.
Er hatte deswegen auch kein Halsband oder irgend ein Zeichen an sich.
Er konnte hingehen wo er wollte, wählte aber bei mir zu bleiben.
Ich lebte damals auf einem Bauernhof und die Tür war immer
offen, Tag und Nacht, Sommer und Winter, damit ich ihm nicht
jedesmal die Tür öffnen musste.
Für manche Personen mag es zumindest "seltsam" erscheinen,
aber ich achtete seine Individualität wie bei einer menschlichen
Person, und wurde von ihm, einem 50kg Spanienstrand-Mischung-
Labrador, nie enttäuscht. Mit ihm, Aron, redete ich "auf Augenhöhe"!
Ich weiß nicht 100% ob er mich verstand, aber er handelte
nach meinen Vorschlägen. Mit der Schwarzer könnte ich mich
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Ich stelle hier noch mal zwei ältere Artikel von bzw. über EMMA ein aus denen sich m.E. sehr schön die Selbstgerechtigkeit und ihr Opferkult ersehen läßt. Was Peter Singer betrifft: In seinem Buch Praktische Ethik sprach sich der australische Moralphilosoph tatsächlich für die Tötung schwerbehinderter Neugeborener aus. Er begründete dies damit, daß es bei bestimmten schwerbehinderten Neugeborenen an einem Bewusstsein fehle. Demzufolge stelle deren Tötung auch keinen Mord dar. Singer machte sich damit jene Argumentation zu eigen, mit den vor und im Nationalsozialismus die Euthanasie begründet wurde. Viele Behindertenverbände protestierten gegen Singers Thesen und verhinderten öffentliche Auftritte etwa in Marburg. Sie verwahrten sich aus meiner Sicht zu Recht dagegen, daß öffentlich über das Lebensrecht behinderter Menschen diskutiert würde. EMMA hingegen pries den Tierrechtler Singer und verurteilte die Proteste der Behindertenbewegung. So kam es zu jenem Überfall Kölner Aktivistinnen. Eine sicher nicht nachahmenswerten Aktion...
Hier nun die Artikel von EMMA und der Taz
http://www.emma.de/artikel/islamismus-d ... all-263563
http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2002/01/26/a0075
Kasharius grüßt
Hier nun die Artikel von EMMA und der Taz
http://www.emma.de/artikel/islamismus-d ... all-263563
http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2002/01/26/a0075
Kasharius grüßt
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"......sprach sich der australische Moralphilosoph tatsächlich für die
Tötung schwerbehinderter Neugeborener aus. Er begründete dies
damit, daß es bei bestimmten schwerbehinderten Neugeborenen
an einem Bewusstsein fehle....."
In dem Punkt stimmt er exakt mit den Vorstellungen der Kirche
überein, die bis zum 17.Jh. und in ländlichen Gebieten bis zum
18.Jh. galten! Demnach hat ein neugeborenes Kind im Augenblick
der Geburt eine Art Leibesbewusstsein, wie ein Tier. Erst NACH
der Geburt tritt die Menschenseele in den Babyleib ein.
Der Zeitraum zwischen dem Verlassen des Mutterleibes und der
Besetzung des Leibes galt somit als riskant.
Darauf begründet sich auch die Sitte, dass der Ehemann der
Schwangeren sich als Frau verkleidet, und in einem Nebenraum
eine Geburt fingiert, um die bösen Geister hinters Licht zu führen.
Wenn sie glauben, dass hier das Kind zur Welt kommt, dann
hat die Seele Zeit in den neugeborenen Leib des Kindes einzufahren.
Diese, von Anthropologen als "Couvade" benannter
Brauch, wurde weltweit gepflegt, und reicht bis nach Japan.
Totgeborene und misgestaltene Kinder wurden, besonders auf
dem Land, oft an Schweine verfüttert.
Das mag heute schockierend sein, aber wegen der sehr hohen
Säuglingssterblichkeit hatte man zu Kindern unter 3 Jahren
fast keine emotional starke Bindung.
Dass eine befruchtete Eizelle der Frau schon ein beseeltes Leben
sein soll, ist eine sehr neue Erfindung der Kirche!
Fast alle Naturvölker hatten die Vorstellung einer Doppelseele,
einer "animalischen", die schon bei der Geburt den Leib kontrolliert,
und auch beim Träumen den Leib versorgt, und die "menschliche"
Seele, die nicht an den Leib gebunden ist, und beim Träumen
den Leib verlässt.
Nicole
Tötung schwerbehinderter Neugeborener aus. Er begründete dies
damit, daß es bei bestimmten schwerbehinderten Neugeborenen
an einem Bewusstsein fehle....."
In dem Punkt stimmt er exakt mit den Vorstellungen der Kirche
überein, die bis zum 17.Jh. und in ländlichen Gebieten bis zum
18.Jh. galten! Demnach hat ein neugeborenes Kind im Augenblick
der Geburt eine Art Leibesbewusstsein, wie ein Tier. Erst NACH
der Geburt tritt die Menschenseele in den Babyleib ein.
Der Zeitraum zwischen dem Verlassen des Mutterleibes und der
Besetzung des Leibes galt somit als riskant.
Darauf begründet sich auch die Sitte, dass der Ehemann der
Schwangeren sich als Frau verkleidet, und in einem Nebenraum
eine Geburt fingiert, um die bösen Geister hinters Licht zu führen.
Wenn sie glauben, dass hier das Kind zur Welt kommt, dann
hat die Seele Zeit in den neugeborenen Leib des Kindes einzufahren.
Diese, von Anthropologen als "Couvade" benannter
Brauch, wurde weltweit gepflegt, und reicht bis nach Japan.
Totgeborene und misgestaltene Kinder wurden, besonders auf
dem Land, oft an Schweine verfüttert.
Das mag heute schockierend sein, aber wegen der sehr hohen
Säuglingssterblichkeit hatte man zu Kindern unter 3 Jahren
fast keine emotional starke Bindung.
Dass eine befruchtete Eizelle der Frau schon ein beseeltes Leben
sein soll, ist eine sehr neue Erfindung der Kirche!
Fast alle Naturvölker hatten die Vorstellung einer Doppelseele,
einer "animalischen", die schon bei der Geburt den Leib kontrolliert,
und auch beim Träumen den Leib versorgt, und die "menschliche"
Seele, die nicht an den Leib gebunden ist, und beim Träumen
den Leib verlässt.
Nicole