Pressezensur in Isreal

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certik
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Pressezensur in Isreal

Beitrag von certik »

Dieser Artikel hat nichts mit Sexarbeit zu tun, aber ich denke, dass diese Verletzung von demokratischen Grundrechten möglichst publik werden sollte...

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 17,00.html

Israelin Anat Kamm
Der Verrat, über den niemand schreiben darf

Von Ulrike Putz, Beirut

Anat Kamm, eine junge Frau aus Tel Aviv, soll Beweismaterial über Verbrechen der Armee an Reporter weitergegeben haben - jetzt droht ihr lebenslange Haft. Noch dazu verordnete die Justiz den Journalisten einen Maulkorb: Niemand in Israel darf über den Fall berichten.

Irgendwann im Dezember vergangenen Jahres klingelte es bei Anat Kamm an der Tür. Vor dem Tel Aviver Apartment der 23-Jährigen stand die Polizei. Sie übergab der Journalistin einen Gerichtsbeschluss: Sie dürfe ihre Wohnung bis auf weiteres nicht mehr verlassen. Wie es der jungen Frau seitdem geht, wie sie mit der Gefangenschaft in den eigenen vier Wänden fertig wird, ist nicht bekannt: Seit jenem Wintertag hat sich ein Mantel des Schweigens über das Leben der Anat Kamm gelegt.

Denn mit dem Beschluss, die Israelin unter Hausarrest zu stellen, hatte das Gericht eine weitere Order erteilt: Niemand in Israel darf über den Fall Kamm sprechen. Nicht sie. Nicht ihre Familie. Nicht ihre Freunde. Nicht ihre Anwälte. Wer redet, dem droht Gefängnis. Die Nachrichtensperre betrifft die einheimischen Medien genauso wie in Israel stationierte Korrespondenten ausländischer Blätter.

Es ist, als hätte es Anat Kamm nie gegeben.

Dass der Fall nun doch publik geworden ist, ist einigen couragierten israelischen Journalisten zu verdanken. Sie wollten sich nicht mit dem Maulkorb abfinden und steckten im Ausland lebenden Kollegen, was sie über den Fall wussten. Die setzten das Puzzle zusammen, so gut sie konnten.

Kamms Geschichte ist eine von Verrat und Rache: Ein Beispiel dafür, wie massiv die israelischen Sicherheitsbehörden gegen Nestbeschmutzer aus den eigenen Reihen vorgehen.

Langer Streit zwischen Sicherheitsbeamten und Zensurbehörde

Das Drama beginnt im Sommer 2005, als Kamm ihren in Israel auch für Frauen obligatorischen Wehrdienst antritt. Sie wird zu einem Bürojob eingeteilt und arbeitet für Generalmajor Yair Naveh, den Kommandeur der israelischen Truppen im Westjordanland. Über seinen Schreibtisch gehen Memos zu den sogenannten "gezielten Tötungen", mit denen die Armee seit dem Jahr 2000 vornehmlich im Westjordanland als gefährlich eingestufte Palästinenser bekämpft.

2006 verbietet Israels Oberster Gerichtshof diese Tötungen, die Streitkräfte sollen fortan nur noch in wirklich außergewöhnlichen Fällen töten dürfen. Die Armee verspricht Gehorsam, hält sich aber anscheinend nicht an die Maßgaben des Gerichts: Im Sommer 2007 töten Soldaten in den besetzten Gebieten erneut gezielt palästinensische Milizionäre. Doch vorerst schenken die israelischen Medien den Fällen keine Beachtung.

Im November 2008 dann reicht der Journalist Uri Blau einen Artikel bei der israelischen Zensurbehörde ein. Für die liberale Tageszeitung "Haaretz" will er unter dem Titel "Lizenz zum Töten" beschreiben, wie sich Naveh und seine Männer über den Gerichtsbeschluss hinweggesetzten. Die Zensurbehörde - jeder in Israel lebende Journalist muss seine Artikel dort zur Veröffentlichung freigeben lassen - winkt die Geschichte durch: Sie scheint zwar brisant, enthält aber in den Augen des Zensors nichts, was dringend geheim gehalten werden müsste.

Doch Blau belegt seine Anschuldigungen mit Dokumenten, die aus Navehs Büro stammen - und hier kommt Anat Kamm ins Spiel: Sie hat in der Zwischenzeit ihren Armeedienst beendet und arbeitet als Journalistin für eine Web-Seite, die zu "Haaretz" gehört. Die Sicherheitsbehörden werden aufmerksam: Hat Kamm während ihrer Zeit in Navehs Büro die Papiere fotokopiert und nach Ende ihres Wehrdiensts an einen in Israel bekannten Enthüllungsjournalisten weitergegeben?

Obwohl der Zensor keine Einwände gegen Blaus Geschichte hatte, ermitteln die Sicherheitsbehörden: Insider berichten von einem lange schwelenden Streit zwischen den Streitkräften und den Geheimdiensten auf der einen und dem Zensor auf der anderen Seite. Viel zu oft, so Militärs und Agenten, lasse die Zensur Geschichten durchgehen, die das Ansehen des Sicherheitsapparats beschädigten.

Die Militärs finden einen Richter, der Anat Kamm unter Hausarrest stellt und die Nachrichtensperre verhängt. "Damit haben sie drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen", sagt ein Informant, der nicht namentlich zitiert werden will. "Sie haben der Zensurbehörde eins ausgewischt, Anat Kamm wird hart bestraft werden, und vor allem wird es so schnell niemand mehr wagen, zu enthüllen, wenn die Armee widerrechtlich handelt."

Kampf gegen die Nachrichtensperre

Der "Haaretz"-Journalist Blau lebt inzwischen aus Angst vor Repressalien im selbstgewählten Exil in London. "Haaretz" und der Sender Kanal 10 haben die Nachrichtensperre angefochten, Gerichtstermin ist der 12. April.

Vorerst noch haben Israels Journalisten jedoch mit einem Blackout-Befehl zu kämpfen, der viel restriktiver ist als in früheren Fällen. Hebräische Medien dürfen nicht einmal zitieren, was ausländische Veröffentlichungen in der Sache schreiben.

Die auflagenstärkste Tageszeitung "Jedioth Ahronoth" wehrte sich am Sonntag auf ihre Weise: "Die ganze Welt berichtet über das, was der israelische Geheimdienst zu vertuschen versucht", titelte die Zeitung und druckte eine Liste der ausländischen Medien ab, in denen sich die Leser informieren können. Am Dienstag druckte die Zeitung einen langen Bericht, den die US-Journalistin Judith Miller für die Internetseite "The Daily Beast" über den Fall Kamm geschrieben hatte. Demonstrativ schwärzte die Redaktion dabei alle Passagen, die sie aufgrund des Gerichtsbeschlusses nicht veröffentlichen durften.

Ami Kaufman, israelischer Journalist und Blogger, schrieb sich für die "Huffington Post" seinen Frust von der Seele: "Ich kann Ihnen nicht sagen, worüber ich hier schreibe. Wenn ich es tue, könnte ich verhaftet werden. Nein, ich lebe nicht in Iran. Ich lebe nicht in Myanmar. Ich lebe nicht in China. Ich lebe in 'der einzigen Demokratie im Nahen Osten'", bloggte Kaufman - so rühmt sich Israel immer wieder selbst.
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Marc of Frankfurt
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Geschichtsforschung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier noch ein 'Nestbeschmutzer', der fundamentale Werte des nationalstaatlichen/nationalistischen Israels herausfordert
(Zionismus im Unterschied zu Judaismus ...).

Aber er zeigt gleichzeitig auch eine kulturelle Perspektive der Versöhnung und Integration.


Shlomo Sand

"Die Erfindung des jüdischen Volkes.
Israels Gründungsmythos auf dem Prüfstand"


Propyläen 15.04.2010
ISBN-13: 978-3549073766


http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/ ... zeit&cx=60

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Kajus
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Beitrag von Kajus »

Kann mir jemand erklären, in welchem inhaltlichen Zusammenhang dieser Threat mit Sexwork steht? Es gibt viele solcher Themen - die Todesstrafe in den USA, der deutsche Afghanistaneinsatz und die Rüstungsindustrie, der polnische Papst, sein deutscher Ratgeber und der Zusammenbruch des Ostens, die Chinesen, Polen...

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certik
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Beitrag von certik »

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Kajus hat geschrieben:Kann mir jemand erklären, in welchem inhaltlichen Zusammenhang dieser Threat mit Sexwork steht?...


In keinem - darum habe ich diesen Thread im off-topic eröffnet und nicht im Länderbericht Isreal gepostet.

Es muss hier bei uns nicht alles einen inhaltlichen Zusammenhang mit Sexwork haben. Wenn es Themen gibt, die interessieren und über die eine Diskussion gewünscht wird, sind sie in diesem Unterforum gut aufgehoben.

Ich habe diesen Spiegel-Artikel gepostet, da er in mir Emotionen geweckt hat. Ich wusste z. B. nicht, dass Israel (das sich eine parlamentarische Demokratie nach westlichem Vorbild nennt) eine Zensurbehörde hat, bei der jeder in Israel lebende Journalist (also auch ausländische, die z. B. für eine europäische oder amerikanische Zeitung schreiben) seine Artikel zur Veröffentlichung freigeben lassen muss.

Dieser Absatz aus dem Artikel beschreibt es sehr gut:

Ami Kaufman, israelischer Journalist und Blogger, schrieb sich für die "Huffington Post" seinen Frust von der Seele: "Ich kann Ihnen nicht sagen, worüber ich hier schreibe. Wenn ich es tue, könnte ich verhaftet werden. Nein, ich lebe nicht in Iran. Ich lebe nicht in Myanmar. Ich lebe nicht in China. Ich lebe in 'der einzigen Demokratie im Nahen Osten'", bloggte Kaufman - so rühmt sich Israel immer wieder selbst.


LG certik
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Lycisca
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Beitrag von Lycisca »

Über die Menschenrechtsproblematik ist dieser Thread aber durchaus auch in direktem Bezug zu Sexwork, hier: Freiheit der Meinungsäusserung - Eingriff des Staates in Werbeaussagen (bis hin zur Frage der Zulässigkeit von Pornographie)

CK
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RE: Pressezensur in Isreal

Beitrag von CK »

Oh Gott, Leute... :009

Ulrike Pütz natürlich schon wieder. Wer auch sonst? Die Frau hat einfach ein Problem mit Israel, wieso auch immer.

1. In Israel gibt es Pressefreiheit und keine Zensurbehörde. Wie kommt die Frau bloß auf so einen Quatsch?
2. Ich weiss nicht genau um was es da geht, aber vermutlich um den Verdacht auf Spionage. Das gilt als Schwerstverbrechen in jedem Staat der Welt. Hausarrest wäre mir immer noch lieber als Untersuchungshaft. Und eine Nachrichtensperre ist bei Landesverrat durchaus nicht unüblich, weil es da um die Interessen nationaler Sicherheit geht. Das kann man sehr kontrovers sehen, ist aber nichts Ungewöhnliches, auch in einer Demokratie.
3. Auch in Israel ist nicht alles supertoll. Es gibt die Wehrpflicht und bzgl. Sexarbeit ist das schwedische Modell seit langem im Gespräch um nur zwei Dinge zu nennen (darüber solltet ihr ruhig kontrovers diskutieren), aber bitte nicht der Frau Pütz auf den Leim gehen.
4. Die Juden sehen sich als Volk und sind somit auch eins. Nicht mehr und nicht weniger als die Deutschen.
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Kajus
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Beitrag von Kajus »

Danke, CK!

Abgesehen von Ulrike Pütz noch ein wichtiger Faktor: Israel befindet sich seit seiner Gründung im Kriegszustustand mit der gesamten arbischen Welt und seinen Nachbarn. Die Sicherheit und die dauerhafte Existenz des Staates Israel ist ernsthaft gefärdert, zurzeit mehr als jemals zuvor. Jedes Land, das sich im Krieg befindet, hat ein striktes Regime in Bezug auf negative, in ihrer Wirkung zersetzende oder propagandistische Veröffentlichungen. Das Widerspricht dem Recht der freien Meinungsäußerung und ist kritisch zu hinterfragen.

@Lycisca: Deine Erklärungen zum Zusammenhang zwischen den hier geschilderten Problemen von Ulrike Pütz und Sexwork habe ich nicht verstanden. Es ist gut vorstellbar, dass ein Staat Prostitution erlaubt, die Menschenrechte aber trotzdem mit Füßen tritt - siehe die Nazizeit in Deutschland und Österreich.

CK
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RE: Pressezensur in Isreal

Beitrag von CK »

@Kajus: Gern geschehen.

Die Sicherheit des Staates Israel ist in der Tat gefährdeter als uns die deutsche Presse weismachen will, jedoch würde ich nicht sagen, dass es so schlimm ist wie noch nie. Dennoch ist die Lage prekär. Seit Nasser hat kein Politiker den Judenstaat mehr so unter verbalen Beschuss genommen wie der bärtige Irre im Iran, dessen nukleare Ambitionen m.E. mit allen Mitteln gestoppt werden müssen.

Da wundere ich mich schon wieviele- ausgerechnet selbsternannte Linke, die ja gerne für Frauen- und Homorechte eintreten- zuerst Israel oder die ach so imperialistische USA attackieren statt die Islamofaschisten. Immerhin war ich letztes Jahr auf einer Demo für die iranische Opposition. Da waren aber viel weniger als bei der Demo gegen den Gazaeinsatz. Komische Prioritäten.

Doch zurück zur Pressefreiheit. Diese ist wirklich in Israel gegeben bis hin zur harschesten Kritik an der Regierung. Da muss man nur Haaretz lesen um das festzustellen. Doch hier geht es offenbar um den Verdacht, dass die Frau geheimste Informationen preisgegeben haben könnte, die direkt die Sicherheit und das Leben von Soldaten gefährden könnten. Das hätte nichts mehr unbedingt mit Meinungs- und Pressefreiheit zu tun, denn Freiheit endet bekanntlich dort wo die Rechte des Anderen anfangen.

Prostitution war in der NS-Zeit ebenso wie in der DDR verboten. Dass es dieselbe doch gab, vor allem zum Zwecke des Amüsements der Parteibonzen, ändert daran nichts. Vor allem gab es dort logischerweise sexuelle Sklaverei, wie sie definitiv strengstens verboten gehört. Schutz der Menschenrechte und Schutz des Rechtes auf freiwillige Sexarbeit kann es beides nur in einem liberalen Staat geben. Bin da für eine strenge Begriffstrennung um jedem Missverständnis vorzubeugen.
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Lycisca
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Beitrag von Lycisca »

@Kajus: Der Zusammenhang war nur in einer Richtung gemeint:
Wenn Meinungsfreiheit nicht mehr geschützt ist, dann kann das auch SW betreffen. Umgekehrt ist natürlich ein diktatorisches Regime vorstellbar, das sich um SW aus völligem Desinteresse in keinster Weise kümmert, und daher "sex-liberal" erscheint ... praktische Beispiele kenne ich aber keine, insbesonders die NS Zeit war alles andere als sex-liberal (z.B. Konzentrationslager für Schwule, somit auch für M2M-SW)

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Kajus
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Beitrag von Kajus »

Obwohl Prostitution in der DDR verboten war, hat die Stasi selbst Prostitution organisiert und Menschen gezwungen, z. B. wenn diese durch Prostitution oder aus anderen Gründen straffällig geworden waren, als Prostituierte zur Beschaffung von Informationen (oder zur Erreichung bestimmter Ziele) für die Stasi zu arbeiten - man könnte sagen, sie hatte somit die Funktion eines staatlich lizenzierten Zuhälters. In allen Interhotels standen männliche und weibliche Prostituierte, von der Stasi organisiert, für solvente Kunden aus dem Westen zur Verfügung. Die DDR hat als Staat Prostitution organisiert und dabei auch Druck und Zwang ausgeübt. Außerdem hat sie Prostitution geduldet, z. B. in Leipzig und dabei nach Bedarf Prostituierte für die eigenen Zwecke rekrutiert. Die einschlägigen Kontakbars in Leipzig waren weltberühmt.

In der Nazizeit war Prostitution zwar opffiziell verboten und Prostituierten drohte die Internierung, trotzdem organisierte der Staat Bordelle für die Bonzen, für die Wehrmacht, für die Fremdarbeiter und auch Bordelle in den KZs für privilegierte Häftlinge.

@Lycisca: Klar, wenn keine Meinungsfreiheit herrscht, trifft das natürlich auch SW - so wie alle anderen Menschen auch. SW sind aber nicht in besonderer Weise betroffen.

@ CK: Wir können uns auf "prekär" einigen.

CK
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RE: Pressezensur in Isreal

Beitrag von CK »

@Kajus: Worauf ich hinauswollte und wohl auch Lycisca: diese Form der "Prostitution" wie es sie in der DDR und im Dritten Reich gab, ist mehr oder weniger "sexuelle Sklaverei" und gehört verboten. Sie hat mit "freiwilliger Sexarbeit", wie sie hier im Forum verteidigt wird, GAR NICHTS zu tun.

Man muss das schon streng auseinanderhalten.

Natürlich gibt es auch viele Mischformen, gerade auch im heutigen- ich nenne es mal- Realkapitalismus oder "mixed economy". Aber genau deshalb muss man sich bemühen wahrhaftig freien Tausch von Zwang und Gewalt radikal zu trennen und jegliche Form letzteres zu bekämpfen.

Direkte Gewalt im Business selbst sowieso (diese wollen wir alle verbieten). Aber auch indirekte Zwänge. Wenn eine ausländische Frau bspw. keine Arbeitserlaubnis ausser zur Sexarbeit bekommt (ich denke da an die famösen Artistinnen-Visa, die es mal in Luxemburg gab), ist das sicher kein Grund Sexarbeit zu verbieten (oder die Visa komplett abzuschaffen wie geschehen), wohl aber zu verlangen, dass sie eine generelle Arbeitserlaubnis erhalten bzw. einfach als Migranten arbeiten kommen dürfen ohne auf einen bestimmen Bereich von seiten des in der Wirtschaft intervenierenden Staates (!!!) beschränkt zu werden.

Dass die Prostitution im Realsozialismus oder in Hitlers Volksstaat (oder auch im heutigen Afghanistan) ein Verbrechen gegen die Menschenrechte war/ist, sollte daher nie vergessen werden.
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Beitrag von Kajus »

Insofern hinkte mein Beispiel mit der Nazizeit, auch die Prostitution wurde in der Nazizeit pervertiert - so wie alles andere auch. Nach den offiziellen Zahlen, die ich aus dem Internet habe, waren zwischen 30.000 und 40.000 Frauen in den staatlich organisierten Bordellen tätig.

Die Fürsorgerinnen, die in den Ämtern für Prositution zuständig waren und Frauen wegen unerlaubter Prostitution internieren ließen, blieben auch nach dem Krieg im Amt und betreuten weiterhin Prostituierte. Ein Entnazifizierung fand nicht statt, Prostitution war jetzt nicht mehr verboten, sondern galt als sittenwidrig. Die braune Vergangenheit dieser Behörden dürfte kaum erforscht worden sein (ich weiß jedenfalls nichts darüber), das Personal blieb offenbar unbehelligt - gibt es dazu Infos? Gibt es Informationen zu den Opfern der nationalsozialistischen Prostitutionspolitik? Entschädigungen für Zwangsprosituierte wurden wohl niemals gezahlt, diese Verbrechen wurden offenbar niemals öffentlich eingestanden.

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wo hast du diese Zahlen her?


Hier im sind nur kleinere Zahlenangaben zu finden.

Sammelthema-Thema
"Unwort Zwangsprostitution vs. Bordelle in Krieg und KZ":
viewtopic.php?t=761

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Ariane
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verlogene Bande

Beitrag von Ariane »

Eines meiner scheußlichsten Erlebnisse war, daß ich in einem jüdischen Londoner Massage-Parlour als (zunächst un-geoutet als deutsch-jüdische) Masseuse gewerkelt und am Sabbat mit Massage, Handentspannung und spannungsreichen religionsphilosophischen Debatten einige Rabbis befriedigt habe (weil Deutsche, geilomat! Gruselig und faszinierend, sich von einer aus dem Tätervolk den Rüssel masturbieren zu lassen), die keine Probleme damit hatten, für ihre Triebbefriedigung eine palästinensische Minderjährige zu befummeln und zu beficken, die ebenfalls dort werkelte und deren Einkünfte von der Chefin gemanagt wurden. Meine palästinensische Bekannte war durch Zwangsheirat nach UK gekommen und vor ihrem vergewaltigenden und gewalttätigen Ehemann geflüchtet, in eine Zweck-WG mit Jugendaufsicht, von der Familie verbannt. Vom Regen in die Taufe regelrecht.
Wenn es dem Triebabbau dient, ist jede Befriedigung recht, egal von wem. Die Orthodoxen haben die ethischen Probleme ihrer Triebabfuhr hervorragend durchparaphrasiert und rationalisiert: die Ehefrau besteigt man nur zur Reproduktion, während ihrer Menstruation gilt sie eh als unberührbar, eine Prostituierte, die der reinen Triebabfuhr dient, ist eh ein Mensch dritter Güteklasse, ähnlich den arabischen Hausangestellten, die hervorragend erniedrigt und versklavt werden.

Just my two cents.

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Kajus
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RE: Pressezensur in Isreal

Beitrag von Kajus »

@ Marc: Die Zahlen, die im Netz genannt werden, gehen auf eine Veröffentlichung einer Frau Christa Paul zurück:

http://de.ddr2.wikia.com/wiki/Wehrmachtsbordell

Mir kommt das auch viel zu hoch vor. Die Angaben, die ich zu Wehrmachtsbordellen in Frankreich und in Osteuropa finden kann, sind sehr widersprüchlich und stammen größtenteils aus dieser Quelle. Christa Paul scheint von 500 Wehrmachtsbordellen auszugehen. Selbst wenn das stimmen würde, kommt man nicht auf diese Zahlen. Auch wenn am Ende fast jedes KZ ein Bordell gehabt hätte, würde das nicht so viel ausmachen. Zumal die Bordelle erst nach und nach eingerichtet wurden.