Sammelthema Sexwork-Filme

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Marc of Frankfurt
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Drama

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Prostitution unter Heranwachsenden

Neu im Kino: Schonungsloser Blick auf Prostitution im Grenzgebiet

“Ich, Tomek“
Film von Robert Glinski
2009



Sebastian Beyer
06.06.2010

Tomek ist 15 Jahre alt und wohnt an der polnisch-deutschen Grenze. Er verliebt sich in der Disco in die gleichaltrige Marta und will ihr etwas bieten. Doch woher das Geld nehmen? Erst versucht er es mit einigen Aushilfsjobs, aber die Bezahlung ist schlecht. Nach und nach gerät Tomek in den Strudel von Prostitution und Kriminalität.

Tomek (Filip Garbacz) ist eigentlich ein ganz normaler Junge. Seinem Vater zuliebe spielt er Fußball und träumt sich in die Sterne. Denn sein eigentliches Interesse gilt der Astronomie. Er scheitert mit seinem Vorhaben, die Anschaffung eines neuen Teleskops an seiner Schule durchzusetzen, das Geld ist zu knapp. Das ist für Tomek selbst auch ein Problem, sein Freund Ciemny scheint das nicht zu kennen. Er verdient sich Geld auf dem Strich, wo er sich für den Zuhälter Boris verkauft.

Doch das Astronomie-Schulprojekt wird wegen notorischem Geldmangels nicht finanziert.

Am Abend als Tomek ihn mit einem Freier in der Disco überrascht, lernt der Junge auch Marta kennen und verliebt sich in sie. Doch in seiner Naivität sieht er nicht, dass sie ihn nur benutzt. Er soll ihr ihren Traum erfüllen, ein wenig wie ein Star leben zu können. Schicke Klamotten sind da nur der Anfang, bald werden die Wünsche preisintensiver. Eine kosmetische Zahnverschönerung für 1000 Euro sollte schon drin sein, natürlich bezahlt vom "Geliebten".

In seine erste Liebe tief hineingerannt versucht Tomek immer verzweifelter an das Geld für die Angebetete zu kommen, nimmt schlecht bezahlte Jobs an und bittet schießlich Ciemny ihm etwas zu leihen. Doch so viel Geld hat auch Ciemny nicht übrig, er rät ihm sich an Boris zu wenden ....

Anfangs scheint Tomek nicht zu verstehen, dass er in die Fänge von Zuhältern geraten ist.

Dieses filmt Robert Glinski in sehr realistisch wirkenden Bildern. Als Tomek das erste Mal bei einem Freier im Auto sitzt, entsteht durch die gewählte Perspektive der Eindruck man säße direkt neben den beiden. Auch in anderen Szenen gelingt es dem Regisseur, in dunklen Bildern Atmosphäre zu schaffen, die Tomeks seelischen Zustand wiedergibt. Filip Garbacz Art Tomek zu spielen, unterstützt das noch sehr beeindruckend. Er agiert fast laienhaft und erreicht doch gerade so eine Authentizität wie sie sonst eher in einem Dokumentarfilm entsteht.

Beeindruckend ist auch, wie es Glinski gelingt, schonungslos von der Prostitution zu erzählen, die wirklichen Grausamkeiten aber der Phantasie der Zuschauer zu überlassen. Tomeks Reaktionen zeigen mehr über die Vorgänge, als die Prostitution selbst - das Grauen findet durch den Hauptakteur seinen Weg zu den Zuschauern. Langsam aber sicher beginnt man so zu ahnen, dass „Ich Tomek“ nicht gut ausgehen kann.

Hollywood ist weit, weit weg, der Strudel der Notwendigkeiten und Zwänge dagegen schmerzhaft nah. Kein Sommerfilmchen also, ein saftiger Tritt in den europäischen Wohlstandsbauch schon eher. Jedenfalls werden einige Kinogänger den Saal mit geschärftem Bilck verlassen.



PL/D 2009 R: Robert Glinski, D: Filip Garbacz, Anna Kulej, Daniel Furmaniak, Rolf Hoppe, Spieldauer: 94 Minuten.



Filmstart ist der 10. Juni. Am Montag, 7. Juni um 20:00 Uhr, werden der Regisseur Robert Glinksi und der Produzent Eike Goreczka persönlich in den Passage Kinos anwesend sein und ihren Film in einer Preview vorstellen.

Trailer zum Film:
http://www.salzgeber.de/presse/trailer/Ich,Tomek

Quelle mit Fotos:
http://www.l-iz.de/Kultur/Film,%20TV/20 ... Tomek.html





PIGGIES = Stricher

http://www.widark.com/swinki_eng/
http://www.melbournefilmfestival.com.au ... ticle90751
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 09.07.2010, 14:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Marc of Frankfurt
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Sexworker Familienbetriebe

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Doku

Familienbordell in New Orleans
Großmutter am Kunden-Telefon, Sie ist Chefin und Tochter arbeitet als Escort mit



[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=H-7PgvYdF_M[/youtube]


The Canal Street Madam
2010
Regie Cameron Yates

Jeanette Maier betrieb seit 2001 bis zur Razzia und Schließung 2003 in der Canal Street New Orleans ihren Familienbetrieb für sexuelle Dienstleistungen.

English Info:
http://www.bam.org/view.aspx?pid=2195





Geschichte(n) scheint sich doch zu wiederholen:

Spielfilm "Pretty Baby" von Regisseur Louis Malle

1977



Bild

http://de.wikipedia.org/wiki/Pretty_Baby

viewtopic.php?p=76346#76346





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 25.07.2010, 10:51, insgesamt 2-mal geändert.

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Forts.:


Prostitutionsgeschichte New Orleans


Storyville
heißt das Vergnügungs-, Rotlichtviertel (Ghetto zum Zwecke der Prostitutionskontrolle)
Eröffnet nach deutsch-holländischem Vorbild.
1917 geschlossen von der Bundesbehörde wegen der Nähe zum Marinestützpunkt (Weltkrieg).
http://de.wikipedia.org/wiki/Storyville ... Orleans%29



Film "New Orleans" von Arthur Lubin 1947

Die Menschen müssen 1917 das Quartier verlassen, was ihnen zum Heim geworden war.

vgl. Gentrifizierungsdebatte (trading up).

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=gLHCR0OTqhs[/youtube]





.

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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Queer Sex Worker Artist Road Movie Europe


http://www.emiliejouvet.com/#/trailer-f ... ts/3525149

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Marc of Frankfurt
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Traumrolle Sexworker

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Neue TV-Rolle
für US-Schauspielerin Jennifer Love Hewitt:

Prostitution als «Emanzipation der Frau»



21. Juli 2010

In ihrer neuesten TV-Rolle steht Jennifer Love Hewitt als Prostituierte vor der Kamera und glaubt, dass sie damit eine emanzipierte Frau spielt. Die Rolle findet ihre Mutter «fantastisch».

Jennifer Love Hewitt als Prostituierte, die ihre Familie versucht durchzubringen. Bilder von der US-Serie «The Client List» .


Szenen aus «The Client List»
Jennifer Love Hewitt: Sie erwischte ihren Freund in flagranti
Neu-Single Jennifer: Love Hewitt liebt nicht mehr
Zur Erinnerung: Jennifer Love Hewitt ist 31 - nicht 13
Jennifer Love Hewitt: Ich weiss, was du letzte Folge getan hast

In dem US-Fernsehfilm «The Client List» spielt Jennifer Love Hewitt eine Hausfrau, die um Geld für ihre Familie zu verdienen in die Prostitution gerät. In ihrem letzten Interview auf [dem konservativen Sender] «Fox News» spricht Hewitt über die Rolle als Prostituierte: «Mir gefällt sehr, dass es in der Serie um die Emanzipation der Frau geht. Es ist die Frau, die zu ihrer Familie Sorge trägt und vor allem find ich es toll, wie sie kämpft.»

Die Protagonistin kämpft um ihre Familie, indem sie sich prostituiert - und ist darum eine emanzipierte Frau. Haben wir das so richtig verstanden, Jennifer?

«Manche Frauen kriegen zu Hause nicht genug sexuelle Anerkennung»

In einem anderen Radio-Interview mit KIIS-FM sagte die 31-Jährige, dass manche Frauen zu Hause manchmal vielleicht «nicht genug sexuelle Anerkennung bekommen» und dass wir (Frauen) auch «Bedürfnisse haben, wie Männer, und wenn Männer rausgehen können um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, werden wir das auch tun». «Es ist irgendwie verrückt», so die Schauspielerin weiter. War das jetzt gerade die Begründung, warum eine Frau zur Prostituierten wird?

Ob sie das alles wirklich so gemeint hat, oder einfach nur etwas ein bisschen durcheinandergebracht hat, wissen wir nicht. Aber immerhin zeigt sich die Mutter von Hewitt ironisch in ihrer Wortwahl. Zu der neuen Rolle ihrer Tochter sagt sie: «Ich bin stolz auf dich: Du tanzt an der Stange und wirst eine Prostituierte spielen. Fantastisch.»


http://www.20min.ch/life/tv/story/Prost ... --29253900




Warum tut der Journalist/die Journalistin der Zeitung (der Artikel ist nicht namentlich gekennzeichnet!) nur so scheinheilig skeptisch ???

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Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Neues aus Wikipedia

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Zum Thema "Marktnische für jedes Alter":


Sex mit reiferen Partnern (Frauen) ist ein eigenes Genre im Pornofilm und trägt folgenden Fachbegriff:

MILF - Mom I’d Like to Fuck



http://de.wikipedia.org/wiki/Mom_I%E2%8 ... ke_to_Fuck
(diesen Ausdruck benutzt der Liebhaber gegenüber seinen Kumpels)




Noch ein anderer Ausdruck im Intergenerationensex (ältere Frau, jüngerer Mann):


Cougar - Puma

http://de.wikipedia.org/wiki/Cougar_%28Slang%29
(diesen Ausdruck benutzen Dritte untereinander)





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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Zweier Filme aus den 80er Jahren:


Marleen Gorris:
Gebroken Spiegels / Die gekaufte Frau
(Niederlande 1984)

Lizzy Borden:
Working Girls
(USA 1986)


Beide Filme fokussieren auf Arbeit und Arbeitsalltag in Bordellen. Doch während sich Marleen Gorris v.a. auf die Beschreibung von Ausbeutung und Erniedrigung der Frauen durch pronociert negativ gezeichnete “Freier” konzentriert, setzt Borden, die ihren Film in Zusammenarbeit mit Aktivistinnen der amerikanischen Sexarbeiterinnen-Organisation “Coyote” [Call Off Your Old Tired Ethics] produzierte, eher die recht unspektakuläre Alltäglichkeit und Banalität der Arbeitsverhältnisse ins Bild.

Beide Filme sind spannend und lassen sich mit großem Gewinn auch hintereinander schauen.


“Gebroken Spiegels” liegt auf einer minderwertigen deutschen DVD vor, die leider nur die Synchronfassung bietet. “Working Girls” liegt ebenfalls nur auf einer eher etwas schwachen US-DVD (R1 only) von First Run vor, enthält keine Untertitel und setzt daher leider ziemlich gute Englischkenntnisse vor – wobei, ‘Working Girls’ ist als Originalfassung einfacher verständlich als Bordens hierzulande bekanntere Produktion “Born In Flames”.

Abhilfe bietet da vielleicht das BFI, das, wie schon mal erwähnt, Mitte September 2010 Tony Garnetts Sex-Work-Kampagnenfilm ‘Prostitute’ aus dem Jahr 1980 auf DVD/Bluray-Combo mit englischen Untertiteln herausbringen wird.

Lit.:
Russell Campbell:
Marked Women. Prostitutes and Prostitution in the Cinema.
2006.

Quelle:
http://cinepolitics.blogsport.eu

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Marc of Frankfurt
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1. Sexworker Filmfestival in Deutschland

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hurenkino
Internationales Sexworker-Filmfestival
...24. und 25. September 2010
Eiszeitkino Berlin


Bild


Hydra e.V. präsentiert Berlins erstes Sexworker-Filmfestival!


Wir zeigen Filme, die aus der facettenreichen Realität der Sexarbeit in verschiedenen Ländern erzählen – mit SexarbeiterInnen vor und hinter den Kameras. – Filme von Sexworkern statt nur über Sexworker. – Dokumentationen und experimentelle Kurzfilme.

„Turning a Corner“ (USA 2006) entstand in einem Workshop mit afroamerikanischen ehemaligen Sexarbeiterinnen in Chicago und erzählt von ihren Gewalterfahrungen, von Obdachlosigkeit und brutaler Behandlung durch Polizei und Justiz. Aber auch von Selbstermächtigung und der Kraft, die eigene Geschichte zu erzählen.

„Happy Endings?“ (USA 2009) gibt Einblick in die Welt der asiatischen Massagesalons in Providence, Rhode Island. Neben den Sexarbeiterinnen kommen auch Kunden und Politiker zu Wort. Die koreanische Immigrantin Heather arbeitet für ihren Massagesalon, der Bürgermeister der Stadt will das Geschäft verbieten.

In „Tales of the Night Fairies“ (Indien 2002) erzählen vier Frauen und ein Mann aus ihrem Leben als Sexarbeiter in Kalkutta und von den gemeinsamen Kämpfen und Zielen der vielen Tausend Sexarbeiter, die sich im Sexworker-Kollektiv DMSC organisiert haben.

Das Kurzfilmprogramm zeigt persönliche, politische, experimentelle und dokumentarische Filme von internationalen Sexworker-Aktivisten.

Programm:
Freitag, 24. September
17:00 Tales of the Night Fairies (Indien 2002) OmEU
19:00 Turning a Corner (USA 2006) OmU
Samstag, 25. September
17:00 Happy Endings? (USA 2009) OV
19:00 Kurzfilmprogramm – Filme von internationalen Sexworker-Aktivisten OmEU

EISZEIT Kino Berlin
Zeughofstr. 2010997 Berlin-Kreuzberg
U1 Görlitzer Bahnhof




Whore Cinema
International sex worker film festival

September 24th and 25th 2010

at Eiszeitkino Berlin



Hydra e.V. is presenting Berlin's first Sex workers' film festival!
We will screen movies that deal with the multiple realities of sex work in different countries - sex workers in front of and behind the camera. - Films by sex workers rather than about sex workers. Documentaries and experimental shorts.

„Turning a Corner“ (USA 2006) was made during a workshop of Afroamerican former sex workers in Chicago who talk about their experiences of violence, homelessness, brutal treatment of police and justice system, but also about empowerment and the power of telling own stories.


„Happy Endings?“ (USA 2009) offers a glimpse into the world of asian massage parlours in Providence, Rhode Island. Not only sex workers but also politicians and clients get to talk. Korean immigrant Heather works at a massage parlour, the mayor of the city want to shut it down.


In „Tales of the Night Fairies“ (India 2002) four women and one man talk about sex work in Kalkutta and the fight and the goals of many thousands of sex workers who are organized in the sex workers' union DMSC.

The Shorts Programme is a mix of personal, political, experimental, and documentary films by international sex workers.

Programme:
Friday, 24th September
17:00 Tales of the Night Fairies (Indien 2002) OmEU
19:00 Turning a Corner (USA 2006) OmU
Saturday, 25th September
17:00 Happy Endings? (USA 2009) OV
19:00 Kurzfilmprogramm – Filme von internationalen Sexworker-Aktivisten OmEU

EISZEIT Kino Berlin
Zeughofstr. 2010997 Berlin-Kreuzberg
U1 Görlitzer Bahnhof
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 03.10.2010, 16:06, insgesamt 2-mal geändert.

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Arum
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Beitrag von Arum »

Ein hochinteressantes Interview mit Pornostar Rocco Siffredi findet man hier:

http://www.cafebabel.de/article/35021/r ... chaft.html


Ein Ausschnitt:

cafebabel.com: Sex wird, wie der ganze Rest, immer mehr zu einer Ware?


Rocco Siffredi: Vor allem ist Sex dabei, zu einem Wettbewerb zu werden, bei dem man immer leistungsstärker sein muss. Das, was mich am meisten beunruhigt ist, dass es heute keinen einzigen Pornodarsteller mehr gibt, der nicht von Viagra Gebrauch macht oder sich gefäßerweiternde Mittel in die Venen jagt. Es ist die Gesellschaft, die dich dazu treibt. Sie verlangt dir das Maximum ab, um dich für einen Augenblick auf den Gipfel zu heben, und dann schmeißt sie dich weg. Sex wird immer unnatürlicher, immer künstlicher. An diesem Punkt angelangt frage ich mich: Ist es möglich, dass es jetzt nicht mehr ausreicht, eine nackte Frau zu sehen, um eine Erektion zu bekommen? Männer haben mittlerweile Angst vor Frauen. Alles, auch der Sex, ist im Begriff, zu einer reinen Arbeitsleistung zu werden.

[...]


cafebabel.com: Was den Sex in Europa betrifft heißt es, im Norden sei man kühler als im Süden. Klischee oder Wahrheit?

Rocco Siffredi:
Tja, da gibt es keinen Zweifel, dass die spanischen, italienischen und französischen Frauen die heißesten in Europa sind. Das ist einfach eine soziale und kulturelle Frage.

cafebabel.com: In welchem Sinne „heißer“?

Rocco Siffredi:
In Osteuropa zum Beispiel war Sex die einzige Sache, welche die Regierungen nicht verbieten konnten. Die Jugendlichen im Osten sind offener als die Südländer. Und vielleicht sind sie deshalb etwas kühler, wenn sie Sex haben. Sie leben ihn wie etwas Natürliches, eine Gewohnheit, ohne Hemmung.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Gigola


Frankreich | 2010 | 102 min | OmeU

Laure Charpentier verfilmte ihren eigenen Roman, der kurz nach seinem Erscheinen 1972 verboten wurde, und erst 30 Jahre später, 2002 wieder veröffentlicht wurde.



http://www.filmfest-hamburg.de/de/progr ... igola/5081

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Ariane
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Re: 1. Sexworker Filmfestival in Deutschland

Beitrag von Ariane »

 Kurz zur Erinnerung an die Berliner!
Heute und morgen läuft das Internationale Sexworker Filmfestival in Berlin. Dazu ausführlich in Marc's geposteten Beitrag weiter oben.        

Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Hurenkino
Internationales Sexworker-Filmfestival
...24. und 25. September 2010
Eiszeitkino Berlin
Hydra e.V. präsentiert Berlins erstes Sexworker-Filmfestival!
Ich werde dort Werbung für unser Forum machen und Flyer auslegen, ggf. als Ansprechpartnerin fungieren. Einige Buttons hab ich auch noch dank Christian.

Tschö mit ö!

Ariane
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nina777
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DokuFiction "Tag und Nacht"

Beitrag von nina777 »

25.09.2010

"Tag und Nacht": Recherche im Rotlichmilieu

Sexarbeiterinnen leben gefährlich. Warum machen viele dennoch weiter? Eine Regisseurin wollte es für ihren Film "Tag und Nacht" genau wissen. Eindrücke einer Recherche.



Im Jahr 2008 fragte mich die Kamerafrau und Produzentin Eva Testor, ob ich bei „Tag und Nacht“ Regie führen wolle. Im Rahmen der Vorbereitungen für den Film trafen ich [Sabine Derflinger] – und später auch Anna Rot und Magdalena Kronschläger, die in „Tag und Nacht“ Lea und Hanna verkörpern – mehrere Studentinnen, die als Sexarbeiterinnen in Escortservices gearbeitet haben oder arbeiten.


Was treibt diese Frauen an?

Bei manchen ist es die Neugierde, der Reiz an der Grenzüberschreitung und der Wunsch nach Erlebnissen, die dem Leben Bedeutung geben. Manchen Frauen gefällt es, Dinge zu wissen, die andere nicht wissen. Sie beschreiben ein Allmachtsgefühl, wobei manchmal kindliche Missbrauchserlebnisse durchklingen. „Wenn man sich entscheidet, diesen Beruf auszuüben“, sagt eine der Frauen, „dann zieht man eine klare Grenze zur Vergangenheit. Es gibt keine Zukunft, man lebt im Hier und Jetzt. Man löst sich von seinem gewohnten Umfeld und taucht immer mehr in diese Welt ein.“



Ein halbes Jahr vor Drehbeginn treffe ich einen Berliner Escortservice-Betreiber. Seine Spezialität: „junge Studentinnen“. Vertraulich erzählt mir der Mann, dass es nicht einfach sei, Mädchen zu finden und zu „halten“. Wir unterhalten uns liegend – in einem der runden Betten in der kuscheligen Puffwohnung, die zu seinem Escortservice gehört. Er ist ein Bär von einem Mann. Ich finde ihn sympathisch.


Am selben Abend stellt sich Anna Rot, die Lea spielt, bei einem Kunden vor. Um zu wissen, wie sich das anfühlt. Sie behauptet, dass sie nächste Woche zu arbeiten beginnen wird. Dass wir für einen Film recherchieren, weiß er nicht. Der Kunde war ebenso nervös wie sie selbst, erzählt Anna später in der Billigküche, wo wir mit den anderen Mädchen abhängen, weil wieder einmal nichts los ist. Ein Chihuahua springt zwischen Gummis und Dekokitsch herum und kaut an den Fingern von „Daddy“. An den Spinden mit den aufgereihten High Heels hängt der Stundenplan, wo man sich einträgt.

Eine Woche später besuchen wir ein Escortservice in Wien. Das Büro befindet sich in einem Gemeindebau. Die Empfangsdamen sind mittleren Alters und tragen Rossschwänze oder schlampig hochgebundene Frisuren. Ihre korpulenten Körper haben sie unter gemütlichen T-Shirts versteckt. Die Stimmung ist herzlich und leger. Aus dem improvisierten Arbeitszimmer bleibt mir der Totenkopf im Aquarium in Erinnerung, um den Goldfische tanzen, während die Frauen die potenziellen Kunden am Telefon einlullen. Doch am meisten fasziniert mich die Lust, mit der sie die Mädchen überreden, die abartigsten Angebote anzunehmen.


Vorstellen und anfangen. Die Mädchen kommen aus dem Osten, sprechen gebrochen Deutsch. Sie arbeiten alle außer Haus. Wer sich vorstellt, füllt einen Fragebogen aus und kann am Abend anfangen. Die Fotos für die Homepage macht der Escort-Betreiber selbst. Sein Bruder, bis vor Kurzem Unternehmer, hilft ihm. Das Büro in dem 60er-Jahre-Bau ist noch „under construction“.


Mein Blick konzentriert sich auf eine Welt, dir mir als Frau sonst verborgen bleibt – oder die ich ignoriere. Im Internet finde ich klassische Stundenhotels, aber auch Hotelketten als „Geschäftspartner“. Bei Motivbegehungen entdecke ich Visitenkarten an Rezeptionen, die mir ohne diese Recherche nie aufgefallen wären.

In der Nähe meiner Wohnung haben sich zwei Sexarbeiterinnen in einem Lokal eingerichtet. Zuhälter sehe ich keine, dafür aber Männer, die auf dem Gehsteig Schlange stehen, bevor eine der Frauen sie im Bademantel aus dem hellen Tageslicht in ihre verdunkelte Arbeitsstätte holt. Frühmorgens sehe ich diese Frauen in hochhackigen Schuhen aus dem Wagen steigen – in ihren Einkaufskörben Megapackungen von Küchenrollen, die seither für mich ihre Unschuld eingebüßt haben.


Billiger als eine Geliebte.

Ich spreche mit Männern, die die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen oder genommen haben. Manche sehen es pragmatisch: Teurer Sex sei immer noch billiger als Wohnung und Geschenke für eine Geliebte. Andere schwärmen von der Wärme, vom Sich-fallen-lassen-Dürfen, von einem Freiraum, in dem man egoistisch sein darf. Wieder andere erzählen vom Schock, die eigenen Abgründe kennenzulernen – etwa wegzustecken, dass Frauen weinen oder zur Arbeit gezwungen werden. Nur der eigenen Bedürftigkeit zu folgen und die bezahlte sexuelle Dienstleistung einzufordern.


Trotzdem klagen Escortservice-Betreiber und Zuhälter uns gegenüber über massive Umsatzeinbußen wegen der Internetpornokanäle und wegen der „Laufhäuser“, die klassische Bordelle und Escortservice-Leistungen ersetzen. Nur mehr eine schmale, gut verdienende Klientel könne es sich erlauben, einen Abend lang in Getränke zu investieren, um sich „guten Sex“ zu leisten. Für alle anderen muss Sex schnell, unkompliziert und billig zu haben sein.


Manche Zuhälter behaupten, dass sich nur noch mit Zwangsprostitution Geld verdienen ließe. Sie erzählen von Terrainkämpfen in Berlin und in Wien. Inländer gegen Ausländer. Etablierte gegen frisch ins Land Drängende, die mit Preisdumping den Markt ruinieren.


In Wien treffen wir den „Chef“, der unter anderem die großen Etablissements am Gürtel besitzt und längst in Laufhäuser investiert. Er empfängt Drehbuchautoren auf Recherche, Filmcrews, die in seinen modern ausgestatteten und doch den früheren nostalgischen Glanz verströmenden Locations drehen wollen – und daher auch uns. Der „Chef“ kommt wie immer in Begleitung seiner Leibwächter. Er erzählt über seine Familie, über seine Isolationshaft auf einem anderen Kontinent, seine Vorbereitung auf den „Ironman“ und warum er lange schon vegan isst und Laotse liest. Die um die Stangen tanzenden barbusigen Frauen sind wunderschön und stammen aus allen Kontinenten. Trotzdem ist es auch an diesem Abend ungewöhnlich ruhig, und wir fragen uns, wie sich in diesem Geschäft tatsächlich noch Geld verdienen lässt.



Die »Madame« trägt Dirndl.

„Mit Stammkunden.“ Das erzählen die Chefinnen von zwei Escortservices der Schauspielerin Martina Spitzer, die aufgrund ihrer Rolle vor allem in von Frauen geführten Einrichtungen in Wien und in Tirol recherchiert. Die Chefinnen sind schön, geschmackvoll gekleidet, eine von ihnen trägt ein Dirndl, und beide sind im Stress. Die „gestandenen Geschäftsfrauen“ gewähren Martina nur bedingt Einblick und immer sind Männer anwesend.


In einem etablierten Bordell in Innsbruck erzählt eine langjährige Sexarbeiterin, Martina, dass es auch im Sexgeschäft darum gehe, das Handwerk zu verstehen. Sie selbst sei beliebt und könne einem Kunden vermitteln, dass er etwas Besonderes sei, selbst wenn das Gegenteil offensichtlich ist. Das erfordere eine gewisse Begabung. Und die hätten halt nicht alle.


„Die Psyche eines erfolgreichen Zuhälters und eines Flugkapitäns sollten ähnlich gestrickt sein. Beide können in fast ausweglosen Stresssituationen ohne große Emotionen das jeweils Richtige tun“, resümiert Karl Fischer die Vorbereitung auf seine Rolle. „Was man sich an Zuhälterklischees so vorstellt, gab's eigentlich nicht. Einer war klein, untersetzt und unscheinbar, aufgefallen ist mir nur die leise, monotone Stimme, mit der er nach kurzer Zeit von recht brutalen Sachen erzählt hat.“


Auf die Uni statt zur »Arbeit«.

Escort-Betreiber finden leicht Gründe, sich über ihre Mädchen zu ärgern. Oft erscheinen sie nicht zur Arbeit, weil sie zur Uni müssen, die Regel haben oder weil sie, wie ein Escort-Betreiber annimmt, „umsonst herumvögeln“. Wir hingegen vermuten, dass einige dieser Frauen den Absprung suchen.

„Wenn man aussteigt, muss man die Leere danach aushalten, man muss sich seine Werte neu strukturieren, bleiben ist einfacher als gehen“, erzählt eine der Frauen der Schauspielerin Magdalena Kronschläger (Hanna). Die Studentin, die Anna Rot in die Geheimnisse um ihre Arbeit eingeweiht hat, traut sich und brennt mit einem Stammkunden durch. Denn selbstverständlich gibt es junge Frauen, die hoffen, die Liebe in der Arbeit zu treffen, und auch Männer, die glauben, in der Sexarbeiterin die Frau fürs Leben zu finden. Was aber nur selten gelingt – und die Zuhälter aufregt. Überhaupt wird viel gestritten. „Die Rotlichtwelt ist wie eine Familie, in der alle in gegenseitiger Abhängigkeit leben. Misstrauen entsteht, weil alle in alle Arten menschlicher Abgründe schauen und letztlich niemand mehr irgendwem traut“, sagt einer. [Hängt damit zusammen, das es keinen Berufsschutz gibt und es eine informelle Branche ist. Anm. Marc]


Ich treffe einen Zuhälter aus der „alten Wiener Zeit“. Wir hatten uns als Kinder flüchtig am Strand in einem Jugoslawien-Urlaub kennengelernt. Er besitze noch immer das Quartett, in dem auf einer Karte mein Vater, ein Rennfahrer, abgebildet ist, sagt er. Wir sitzen in einer Studentenkneipe. Er lässt sich volllaufen und schwärmt von seinem neuen Mädchen.


14 Stunden später beschimpft er sie auf das Gröbste, weil sie ihm angeblich auf der Nase herumtanzt. Ich flüchte mich in die Betrachtung der Videoscreen auf der bröckelnden Wand seiner heruntergekommenen Bar. Da ist er in einem Porno zu sehen, in orgiastischer Vereinigung mit zwei Frauen.


Die zwei Burschen neben mir sind aus der Provinz angereist. An ihren Rucksäcken baumeln Plüschbären. Ob ich öfter hier wäre? Sie seien jedenfalls zum ersten Mal hier und wollten die „Sexszene“ erkunden. Der Zuhälter, der sich kaum mehr auf den Beinen halten kann, wittert ein Geschäft. Wie alle Zuhälter, die ich getroffen habe, will auch er mich verkaufen. „Berufskrankheit“, denke ich. Auch die Schauspielerinnen erzählten, dass alle Zuhälter sie animiert hätten, die Sexarbeit auszuprobieren.


Am Schluss eine lange Dusche. Was ist wohl der Reiz, Herrscher/Herrscherin in einem Spiel zu sein, das die Sexualität zwischen Frauen und Männern mit Geld regelt und dafür Omnipotenz verspricht? Während ich meinen Gedanken nachhänge, bemerke ich den Mann, der sich hinter dem Rücken des Zuhälters verborgen hält. Sein Hosenschlitz ist offen, sein Blick starr auf meinen Busen geheftet. Ich beschließe, die Recherche zu beenden. Zu Hause dusche ich länger als notwendig.

http://diepresse.com/home/kultur/film/5 ... r/index.do



[Hervorhebungen Marc]
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg »

Ich kann den im obigen Posting beschriebenen Text nur als Werbegag sehen....

Auch wir hatten Kontakt zu der Filmcrew - hatten ein mehrstündiges Gespräch mit einer der HauptdarstellerInnen. Und dies knapp vor Drehbeginn. Dabei gab es eine Aussage, die sich durch das ganze Gespräch durchzog: Die HauptdarstellerIn fand es schade, dass sich scheinbar Niemand aus dem Filmteam die Mühe gemacht hat wirklich zu recherchieren... Sie war überrascht, als sie den tatsächlichen Ablauf eines Escortdates hörte (da war das Drehbuch schon lange geschrieben) - das es zum Beispiel nicht sein kann, was in der einen Szene des Filmes geschieht - das ein Coveringsystem gibt, was genau dies verhindert.... - muss es auch geben, dass sich eine SW bei der Agentur an- und abmeldet.... Denn sonst wüsste die Escortagentur ja nicht, wie sie den Job verrechnen soll.

Es stören mich noch 2 Schilderungen in dem Artikel: Die immer wieder auftauchenden "Zuhälter" entspringen rein der (unwissenden) Fantasie der ErzählerIn... Gerade der Mann, der relativ genau beschrieben ist - ich möchte ihn V. nennen ist sicher Vieles: Ein gnadenloser Selbstdarsteller, ein Original, ein Swingerclubbesitzer, sogar ein Zeitungsherausgeber.... aber als Zuhälter würde ich ihn nicht bezeichnen - mit Sicherheit nicht! Ich würde nicht einmal so weit gehen, wenn ich einen Film verkaufen möchte....

Zu der Aussage "auch die Schauspielerinnen erzählten, dass alle Zuhälter sie animiert hätten, die Sexarbeit auszuprobieren" kann ich nur sagen: Wenn eine Schauspielerin sagt "ich habe keine Ahnung, wie so ein Job überhaupt abläuft", dass sie die Antwort bekommt "probieren sie es aus, dann wissen sie es" - ist sicherlich nicht als Aufforderung gedacht.... und diese Leute, die sich die Zeit nehmen mit Unwissenden zu sprechen, als Zuhälter zu bezeichnen, empfinde ich als Frechheit!

Und wenn sich eine Frau über mehrere Stunden in einem Swingerclub ähnlichen Etablissement aufhalte und dann Jemand in ihrer Gegenwart onaniert - mag das zwar abscheulich sein (ich empfinde es auch so) - aber mit Sexarbeit - mit Escort - hat das absolut nichts zu tun....

Zuhälterei ist, wenn Jemand ausbeuterische Einnahmen aus Sexarbeit Anderer hat... ist es eigentlich auch Zuhälterei, wenn Jemand das Klischee bedienen will und deshalb einen Film über Sexarbeit dreht? Wenn er praktisch die Tätigkeit der SexarbeiterInnen verfälscht darstellt, um seine Einnahmen zu erhöhen....?

Für mich ist die Geschichte zu billig - geradezu erbärmlich billig!

christian

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Ariane
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Pimping Media

Beitrag von Ariane »

Bezüglich deiner letzten Frage Christian, ist meine Antwort dazu ein eindeutiges Ja. Pimping Media nenne ich mittlerweile diese Art von Berichterstattung bzw. Filme, die so konstruiert sind.
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Danke Zwerg für die Hintergrundinfos.

In dem unsäglichen Artikel wird Zuhälter als Synonym für Organisator/Chef benutzt und zugleich auf die Schimpfwortwirkung spekuliert. Raffiniert bis infam.

Auch dieser Zeitungsartikel hat eine Kommentarfunktion, wo ein Kommentar vom Sexworker Forum gut käme.





Pimping Media, Poverty Pimps, Helper Industry, Anti-Trafficking Porn ...

Das sind m.E. die zentralen Begriffe einer tiefgehenden Sexworker-Analyse der herrschenden Verhältnisse, die leider noch viel zu wenig bekannt sind, selbst unter uns.

(Und das nicht zuletzt deshalb weil Sexworker bzw. Sexworker-Aktivisten sind meist nur mehr oder weniger junge Leute über eine mehr oder weniger kurze Zeit. Da kann sich nur nicht viel Erfahrungs-Wissen nachhaltig aufbauen. Das benachteiligt die Sexworker-Communities strukturell immer wieder aufs neue. Deshalb mein wiederholter Ruf nach staatlicher Hilfe zur gewerkschaftlichen Selbstorganisation und nach festen Stellen für Sexworker und Ex-Sexworker in der für Sexworker zuständigen Infrastruktur [Affirmative Action Policy oder Sexworker Selbstermächtigungs Strategie S³].)





Querverweis: Hier in dem neuen Englischen-Film über Sexworker Devadasis in Indien scheint es auch solche Verdehungen zu geben:

Film 'Prostitutes of God'

documentary produced by Sarah Harris
for VBS TV:


viewtopic.php?p=87983#87983





Sexworker Checkliste

für Mitarbeit an TV- und Filmprojekten:


viewtopic.php?p=31160#31160





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 26.09.2010, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Deshalb mein wiederholter Ruf nach staatlicher Hilfe zur gewerkschaftlichen Selbstorganisation und nach festen Stellen für Sexworker und Ex-Sexworker in der für Sexworker zuständigen Infrastruktur [Affirmative Action Policy oder Sexworker Selbstermächtigungs Strategie S³].
Vor staatlicher Hilfe müsste IMHO erst einmal staatliche Akzeptanz stehen. Weil "Hilfe" für eine nicht akzeptierte Gruppe unweigerlich mit unerträgichen Versuchen zur Einflußnahme verbunden ist.

Außerdem bezweifele ich, dass eine gewerkschaftliche Selbstorganisation mit festen Stellen für Sexworker und Ex-Sexworker geeignet ist die beschriebenen Probleme zu lösen. Nicht nur, dass eine Gewerkschaft typischerweise sich auf die finanziellen Aspekte und die hierzu erforderlichen Hilfswissenschaften beschränkt, also für die inhaltliche Fachausbildung eher nicht zuständig ist (das wären eher die Handwerkskammern oder universitäre Institute): Gerade wenn die Altersstruktur so stimmen sollte (was ich für den weiblichen Bereich weniger so sehe), so würde das einen erheblichen Anteil von Ex-Sexworkern bedeuten, und somit die schon bei anderen Berufen zu beobachtende übermäßige Theorielastigkeit der Standesvertretungen noch verschärfen.

Liebe Grüße, Aoife
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Richtig, eine Sexworker Akademie und eine Sexworkereigene Forschung sollte auch erwähnt werden.

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Beitrag von Zwerg »

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Zwerg hat geschrieben:Ich kann den im obigen Posting beschriebenen Text nur als Werbegag sehen....

Auch wir hatten Kontakt zu der Filmcrew - hatten ein mehrstündiges Gespräch mit einer der HauptdarstellerInnen. Und dies knapp vor Drehbeginn. Dabei gab es eine Aussage, die sich durch das ganze Gespräch durchzog: Die HauptdarstellerIn fand es schade, dass sich scheinbar Niemand aus dem Filmteam die Mühe gemacht hat wirklich zu recherchieren... Sie war überrascht, als sie den tatsächlichen Ablauf eines Escortdates hörte (da war das Drehbuch schon lange geschrieben) - das es zum Beispiel nicht sein kann, was in der einen Szene des Filmes geschieht - das ein Coveringsystem gibt, was genau dies verhindert.... - muss es auch geben, dass sich eine SW bei der Agentur an- und abmeldet.... Denn sonst wüsste die Escortagentur ja nicht, wie sie den Job verrechnen soll.

Es stören mich noch 2 Schilderungen in dem Artikel: Die immer wieder auftauchenden "Zuhälter" entspringen rein der (unwissenden) Fantasie der ErzählerIn... Gerade der Mann, der relativ genau beschrieben ist - ich möchte ihn V. nennen ist sicher Vieles: Ein gnadenloser Selbstdarsteller, ein Original, ein Swingerclubbesitzer, sogar ein Zeitungsherausgeber.... aber als Zuhälter würde ich ihn nicht bezeichnen - mit Sicherheit nicht! Ich würde nicht einmal so weit gehen, wenn ich einen Film verkaufen möchte....

Zu der Aussage "auch die Schauspielerinnen erzählten, dass alle Zuhälter sie animiert hätten, die Sexarbeit auszuprobieren" kann ich nur sagen: Wenn eine Schauspielerin sagt "ich habe keine Ahnung, wie so ein Job überhaupt abläuft", dass sie die Antwort bekommt "probieren sie es aus, dann wissen sie es" - ist sicherlich nicht als Aufforderung gedacht.... und diese Leute, die sich die Zeit nehmen mit Unwissenden zu sprechen, als Zuhälter zu bezeichnen, empfinde ich als Frechheit!

Und wenn sich eine Frau über mehrere Stunden in einem Swingerclub ähnlichen Etablissement aufhalte und dann Jemand in ihrer Gegenwart onaniert - mag das zwar abscheulich sein (ich empfinde es auch so) - aber mit Sexarbeit - mit Escort - hat das absolut nichts zu tun....

Zuhälterei ist, wenn Jemand ausbeuterische Einnahmen aus Sexarbeit Anderer hat... ist es eigentlich auch Zuhälterei, wenn Jemand das Klischee bedienen will und deshalb einen Film über Sexarbeit dreht? Wenn er praktisch die Tätigkeit der SexarbeiterInnen verfälscht darstellt, um seine Einnahmen zu erhöhen....?

Für mich ist die Geschichte zu billig - geradezu erbärmlich billig!

christian
Leider ist die Kommentarfunktion begrenzt - ich konnte nur einen Teil meiner Gedanken zu diesem "Film" zum Ausdruck bringen...

http://diepresse.com/home/kultur/film/5 ... kommentar0

Falls sich noch Jemand anschließen möchte: Die Kommentarfunktion ist auch ohne Registrierung offen.

Mittlerweile kann man auch auf youtube Szenen "bewundern"....
http://www.youtube.com/user/SabineDerfl ... CvaNDrPy7A

christian

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Marc of Frankfurt
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Meine Einschätzung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein Film von Frauen über StudentInnen-Sexwork

Eine feministische Auseinandersetzung mit Prostitution?



Regie: Sabine Derflinger
Kamera: Eva Testor
Produktion: Mobilefilm, Nina Kusturica und Eva Testor


Beim polarisierten und außerhalb der Gesellschaft verorteten Thema Prostitution geht es in diesem Film auch um die Polarität Escort als Abenteuer (Sexwork als Emanzipaton) vs. Prostitution als Tabu/Ausbeutung/Falle/Kriminalitätsfeld...

Dahinter lauert die Machtfrage, die feministisch gewendet eine Genderperspektive ist.
Sabine Derflinger: "Ich glaube nur, dass dieser Job einen hohen Preis hat. Und ich glaube, dass man dabei persönlich nicht wirklich gewinnt. Dass man die Machtverhältnisse niemals wirklich umdrehen kann" [Presseheft].

In der Prostitution ist ein Übergang ins Negative teilweise fließend und es gibt starke Kräfte, die einen hinabziehen können, wenn man/frau nicht aufpasst, keine Hilfe hat, in Not gerät, wenig Wissen hat, zu lange dabei bleibt, Pech hat...

Es sind Marktkräfte, wie der Regisseurin teilweise selbst klar ist. Anm. auch wenn der Film über Escort geht (hochpreisiger), läßt sie die Sexszenen im Bewußtsein für "Billigsex - Fast Sex" abdrehen, d.h. ohne aufwendig Filmschinen für Kamerafahrten verlegen zu lassen... [siehe ihr Interview]. Das ist ein eindeutiges Werturteil über prostitutive Sexualität. Evt. eine Entwertung [siehe meine Checkliste TV- & Filmproduktion].

Eine These der Regisseurin ist: Prostitution ist und ist kein Beruf wie jeder andere (Intimität, Penetration, Tabu). Jeder Beruf und auch Sexwork hinterläßt Spuren (auch auf der Seele) und das versucht der Film herauszuarbeiten. Es heißt im Begleit-Text die Studentinnen versuchen das Abenteuer Escort und werden von der Realität eingeholt. (Auch wenn das gleichzeitig ein Werbetext ist, der mit den Bildern über Prostitution spielt um Zuschauer in den Film zu locken. Sex sells - selling sex sells even better...).

Das Thema Berufs- und Identitätsabgrenzung wird im Film versuchsweise aufgearbeitet. Dabei wird der Kunstgriff benutzt und Fall konstruiert, dass ein Bekannter aus der Heimat als Kunde vor der Tür steht/im Sexarbeitszimmer sitzt. Davor hat jeder Sexworker berechtigterweise große Furcht und es gibt ein ganzes Arsenal von Schutzmechanismen, die der Film anscheinend unterschlägt.

Aber es ist ja kein Lehrfilm so wie unsere Sammlung von Sicherheitstipps. Merkwürdig dass umfangreiches Pornofilm-Studium als Vorbereitung für den Prostitutions-Spielfilm diente. Ob im Film ein erigierter Penis gezeigt wird, der wie sie sagt neben Kondom, Geld etc. Bestandteil von Paysex ist?

Da keine Sexworker in der Produktion eingebunden waren (z.B. als Consultants, Drehbuchautoren) ist es letztlich mal wieder nur ein Film über Sexworker und Sexwork, also eine hegemoniale, diskursive Tat! Außenstehende boheme-bürgerliche Medienschaffende interpretieren Sexwork, dabei offenbaren sie letztlich nur ihren sorgenvollen-änstlichen-befremdlichen-verständnisleeren Blick.

Statt dem Abeuteuer Sexwork nachzugehen, wird ein Film über das dem Abenteuer Sexwork nachzugehen gemacht. Das scheint die perfekte Sublimation von Neugier und Lust die gleichzeitig zum Beruf und Geschäft gemacht wird. Und als Regisseur und Darsteller zweifellos besser gesellschaftlich angesehen ist.

Aus dem Begleitheft wird aber auch das Engagement für eine korrekte emanzipative Sexwork-Darstellung sichtbar, die sich durchsetzen mußte gegenüber Förderstellen und Vorurteile. Wird z.B sichtbar wenn Peter Krobath fragt und unterstellt: "Gemeinhin werden Prostitution und Escort-Service mit Ausbeutung und Gewalt verbunden. Warum kommt das bei Ihnen gar nicht vor?" [Presseheft Seite 7]. Analog beim Thema "Zuhälter" (Kleinunternehmer).

Bemerkenswert ist die fast mütterliche Achtsamkeit der Regie für die Schauspielerinnen und Sexworker-Darstellerinnen (27/28 Jahre alt), wie sie an das Thema und ihre Aufgabe Sex als Beruf herangeführt werden. So wird kaum ien Sexworker an den Job herangeführt werden (learning by doing). Daher sicher auch die Kontroverse im Zeitungsartikel zum Thema "probier Sexwork doch selbst aus, wenn du wissen willst wie es ist" mißinterpretiert als strafbare "Hinführung zur Prostituiton".

Allerdings ist ein Zeitungsartikel über einen Film zum kontroversen Thema Prostitution nochmal was ganz anderes als der Film selbst. Man wird ihn sich anschauen müssen, um ein entgültiges Urteil zu finden.

Im Satz "probier es selbst aus" steckt ferner der Wunsch der Sexworker nach Normalität im Sinne von gleicher Augenhöhe, wenn sie sich wünschen dass Außenstehende erstmal eigene Erfahrungen machen, um mitreden zu können. Krasser formuliert: sich erstmal selbst die Finger 'schmutzig' zu machen, anstatt nur über etwas zu reden.





Bild





Filmhomepage:
http://tagundnacht-derfilm.at

Homepage der Regisseurin:
http://sabine.derflinger.org/index.php?id=255


Presseheft
3 MB:
http://tagundnacht-derfilm.at/downloads ... seheft.pdf


Mehr über StudentInnen-Sexwork:
viewtopic.php?t=2371





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 07.10.2010, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.