SOLWODI, rel. Fundamentalisten & ihr Kampf gegen ProstG

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Arum
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Re: Revolutionäre Freimaurer

Beitrag von Arum »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:off topic


Die Freimaurerei war auf dem langen Weg zur Säkularisierung ohne Kreuz ein maßgeblicher Wegbereiter und sie ist stolz darauf:

"Hinter dem Großen Orient - Freimaurerei und Revolutionsbewegungen"

Ach ja, die altehrwürdige Freimaurerromantik...

Der wohl berühmt-berüchtigste Freimaurer ist der lebensgefährliche Neofaschist Licio Gelli, dessen Loge wahrscheinlich auch der Herr Berlusconi angehört.
Hier den Wikipedia-Beitrag zu diesem Politverbrecher:

http://de.wikipedia.org/wiki/Licio_Gelli

Licio Gelli (* 21. April 1919 in Pistoia, Italien) war Gründer der äußerst einflussreichen italienischen Freimaurerloge Propaganda Due und war dort Meister vom Stuhl, bis er und die Propaganda Due 1976 aus der Freimaurerei ausgeschlossen wurden. Gelli war außerdem Mitglied des Malteserordens und des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem.

Leben

Während des Faschismus meldete sich Licio Gelli als Freiwilliger für die "Schwarzhemden" - eine Miliz, die von Mussolini nach Spanien geschickt wurde, um an der Seite Francos im Bürgerkrieg zu kämpfen. Später wurde Gelli Verbindungsoffizier der "Schwarzhemden"-Leitung zu Nazi-Deutschland mit Kontakten zu Hermann Göring.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Gelli vermutlich für die CIA. Diese These konnte aber bislang nicht bewiesen werden. Seine guten Kontakte zu den Amerikanern wurden allerdings dadurch deutlich, dass er als einziger Italiener den Festivitäten aus Anlass der Amtseinführungen der US-Präsidenten Gerald Ford, Jimmy Carter und Ronald Reagan beiwohnen durfte.

Gladio-Affäre

Gellis mutmaßliche geheimdienstlichen Aktivitäten brachten ihm den Vorwurf ein, eine einflussreiche Rolle im Gladio-Projekt [siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Gladio ] gespielt zu haben. Hierbei handelte es sich um eine Art zivile Geheimarmee, aufgebaut von der CIA und der NATO. Sie sollte im Falle einer kommunistischen Machtübernahme in Italien oder anderen europäischen Ländern zu Guerillamethoden greifen. Die Gladio-Affäre wurde in Italien durch eine Reihe von Untersuchungskommissionen und Prozessen aufgearbeitet.

Flucht und Auslieferung

Einer drohenden Verhaftung entzog sich Gelli durch die rechtzeitige Flucht nach Südamerika. Im Jahr 1981 entdeckte man bei einer Hausdurchsuchung seiner Villa in Arezzo eine Liste mit den Namen zahlreicher Militäroffiziere, Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, darunter namhafte Oberbürgermeister Italiens, die sich in der Geheimloge Propaganda Due engagierten. Darunter waren die Namen von über 900 Regierungsbeamten, Industriellen (u. a. der spätere Ministerpräsident Silvio Berlusconi [Anm. Wie tief die Loge P2 in der italienischen Medienlandschaft verstrickt ist, kann man hier entnehmen http://www.euroalter.com/2009/p2-berlus ... the-media/], Journalisten und führenden Bankiers (wie Michele Sindona und Roberto Calvi) sowie das Oberhaupt des ehemaligen Königshauses Viktor Emanuel von Savoyen. Die Entdeckung der Liste führte zu einem nationalen Skandal, weil zahlreiche Ämter der italienischen Republik mit Gefolgsleuten Gellis besetzt waren.

Später wurde Gelli nach Italien ausgeliefert und wegen terroristischer Bombenanschläge [Anm. darunter der Anschlag von Bologna 1980, http://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_von_Bologna_1980 ; wahrscheinlich auch das Oktoberfestattentat 1980, aber nicht nachgewiesen, http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberfestattentat] vor Gericht gestellt, er wurde aber freigesprochen. Einige Jahre nach dem P2-Skandal wurde der Verdacht gegen Gelli geäußert, er sei in die mutmaßliche Ermordung des Mailänder Bankiers Roberto Calvi (auch bekannt als „Bankier Gottes“) verwickelt, der wegen des Zusammenbruchs seiner Banco Ambrosiano in Untersuchungshaft gesessen hatte und später dann erhängt an der Londoner Blackfriars Bridge gefunden worden war.

In den letzten Jahren widmete sich Gelli der Schriftstellerei, da er an einer Herzschwäche leidet.


.....


Heisst jetzt nicht unbedingt, dass jetzt jeder Freimaurer ein Faschist wäre, lediglich nur, dass die Freimaurerei als freiheitlich orientierte Bewegung, sagen wir mal, ein wenig überschätzt wird.

Auch hier bei uns in den NL war ein führendes Parlementsmitglied der ehemaligen rechtspopulistischen Fortuyn-Partei ein bekennender Freimaurer.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Jupiter
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RE: SOLWODI, rel. Fundamentalisten & ihr Kampf gegen Pro

Beitrag von Jupiter »

Wer sich hier informieren will, dem kann ich das Grundsatzwerk von Alec Mellor LOGEN RITUALE HOCHGRADE empfehlen.
Dies Buch gibt es in verschiedenen Ausführungen. Ich habe die gebundene Ausgabe aus dem Verlag Styria 1967. Es handelt sich dabei um die deutsche Ausgabe der franz. Orginalausgabe "La Franc-Maçonnerie à l'heure du choix" erschiene bei Maison Mame Tours

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Marc of Frankfurt
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Re: revolutionäre Freimaurer

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Danke Aurum für das Material.

Wikipedia schreibt: Da die Begriffe Loge und Freimaurerei nicht geschützt sind, kann jeder eine Vereinigung gründen. Sie wird dann nur nicht von der Großloge anerkannt.

Das trifft auf Propaganda Due (P2) sicher zu und sie muß daher zur Abgrenzung als "Winkelloge" bezeichnet werden. Ferner scheint die Französiche Liberale Freimaurerei vom "Großer Orient" (und nur darauf bezieht sich das Buch von Jäger) doch sehr progressiv zu sein, auch die Engländer haben sich abgespalten... und in Deutschland gibt es in der Folge getrennte Großlogen so wie nach einer Kirchenspaltung...

Hier hatten wir die Diskussion Berlusconi-P2-Gelli schonmal und Nicole hat der Theorie für die heutige Zeit wiedersprochen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=93766#93766





Tabelle Staatsterrorismus
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=93535#93535

Handbuch für die heutigen Farb- und Blumenrevolutionen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=94104#94104

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nina777
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Beitrag von nina777 »

11.3.2011

Die miesen Maschen der Menschenhändler

Boppard - Rumänische Frauen werden häufiger Opfer von Menschenhändlern - und landen oft in deutschen Bordellen, wo sie unter Mottos wie "Für 8,99 eine Frau, ein Würstchen, ein Bier" angeboten werden. Die Menschenhändler haben drei Maschen.


“Sie haben meist keine Chance, sich zu widersetzen, weil ihre Familien das Geld brauchen“, sagte die katholische Ordensschwester Lea Ackermann, die vor 26 Jahren den Frauenschutzverein “Solwodi - Solidarität mit Frauen in Not“ gründete. Die rumänischen Familien - oft Sinti und Roma - treibe ihr Elend dazu, ihre Mädchen zu verkaufen. Ein weiterer Grund: “In der von Männern dominierten Gesellschaft gelten Frauen nicht viel“, sagte Ackermann in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Boppard. Die Menschenhändler nutzten genau dies aus.

Dabei gebe es drei Maschen:
- “Die Frauen werden verschleppt,
- sie werden unter Vorspielung falscher Tatsachen gelockt oder
- mit “Loverboy“-Verhalten überzeugt“
,
betonte die 74-jährige Ackermann. Das heißt, dass die Frauen mit vorgespielter Liebe zur Prostitution überredet werden.

Die Organisation von Ackermann kümmert sich um Migrantinnen, die Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution geworden sind. Die Frauen, die zu ihnen kämen - im vergangenen Jahr waren es allein aus Rumänien 76, die erstmals bei ihnen Hilfe suchten - seien aber nur die “Spitze des Eisberges“.

Über die tatsächlich Betroffenen wolle sie nicht spekulieren. Das Bundeskriminalamt listete für 2009 insgesamt 710 Opfer von “Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung“ auf - fast die Hälfte der Frauen kam aus Rumänien oder Bulgarien, wie Ackermann berichtet. “Und es werden immer mehr, insbesondere Rumäninnen.“ Das Schicksal, das diese Frauen hier ereilt, sei kaum vorstellbar: “Einige werden eingesperrt, bei Vielen ist das aber auch nicht nötig, sie wissen eh nicht, an wen sie sich wenden können.“

Unter welchen Bedingungen diese Frauen hier als Prostituierte arbeiten müssten, zeige ein Beispiel: “In einem Bordell nahe Hannover wurde Reklame gemacht: “Für 8,99 eine Frau, ein Würstchen, ein Bier““, erinnert sich Ackermann. Die Polizei habe das nicht glauben wollen. “Als sie anrückte, traf sie auf drei rumänische Frauen und 100 Freier in der Schlange.“ Da sich die Frauen in so einer Situation aber im Regelfall nicht trauten, zu sagen, dass sie gezwungen worden seien, gebe es keine Handhabe. “Es ist ungeheuerlich, dass Frauen vermarktet werden wie Essen und Trinken.“

Was kann getan werden? “In einem ersten Schritt muss es eine Bestrafung von Freiern geben, die erkennen, dass die Frau zur Prostitution gezwungen wird, und trotzdem die Dienste in Anspruch nehmen“, sagte Ackermann.

http://www.rosenheim24.de/nachrichten/d ... 56895.html
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Beitrag von ehemaliger_User »

Zufällig zappte ich am Freitag in die on3-südwild-Sendung des Bayrischen Fernsehens. Es ging um synthetische Drogen.

on3-südwild

Interessant die Aussage einer Rechtsprofessorin:

Kriminalisierung hilft nicht weiter, Entkriminalisierung ist wesentlich hilfreicher. Viele ihrer Argumente liessen sich auch auf "Menschenhandel" anwenden.

Wenn ich Ackermanns Argumente höre packt mich immer Wut. Wut auf solch menschenfeindliche Äusserungen. Die "Opfer" sind ihr doch total egal. Ihr Engagement in Afrika vor 20 Jahren war gut, Alternativen um aus wirtschaftlicher Not nicht den Weg in die Prostitution gehen zu müssen sind in Ordnung.

Das Übel "Menschenhandel" muss doch an der Wurzel bekämpft werden. Verbote und Kriminalisierung hilf doch nicht.

Interessanterweise wird beim Phänomen "Loverboy" - übrigens am 7.3. in "SOKO 5113" und "Richter Hold" thematisiert, immer wieder von 14jährigen berichtet, die aus gutbürgerlichen Familien zur Prostitution gezwungen werden. Wie wichtig war den Prostitutionsgegnern 2008 die Anhebung der Altersgrenze von 16 auf 18 Jahre? Offensichtlich gibt es erst seit 2009 das Phänomen "Loverboy" (in der öffentlichen Wahrnehmung) - das Gesetz sollte doch durch Strafandrohung genau diesen Personenkreis schützen!

Es war schon immer strafbar, mit Schutzbefohlenen Sex zu haben. Trotzdem gabs/gibt es -gerade innerhalb katholischer Organisationen - diese Straftaten, die sogar noch von den Vorgesetzten vertuscht wurden.

Hat Solwodi vielleicht nur einen Zweck: Von Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen abzulenken?

Ich frage mich auch immer, wo die jährlich 200.000 nach Westeuropa verschleppten Frauen arbeiten? In den Bordellen/Wohungen die ich kennen sind sehr selten "neue" Frauen - und noch seltener Anfängerinnen aus dem Ausland.

Da ja diese Frauen alle zur Prostitution gezwungen sind und noch andere Händlerringe aus Afrika und Südamerika den europäischen Markt "überschwemmen" müssten ja alleine in Deutschland wesentlich mehr als die geschätzten 400.000 Frauen sexuelle Dienstleistungen anbieten. Und dann landen gerade mal 76 in den Fängen von Solwodi und das BKA hat nur 700 Fälle anhängig? Ist ja nur die Spitze des Eisberges, wie Frau Ackermann formuliert. Und dann soll sich durch weitere Kriminalisierung und Verbote der ganze Eisberg zum Schmelzen gebracht werden? Genau so wie der Heroinhandel?

So naiv kann doch keine promovierte Ordensschwester sein um dasalles selbst zu glauben. Und Lügen ist doch eine Sünde, oder gelten die 10 Gebote nicht für die Handlanger Gottes?
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Marc of Frankfurt
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SOLWODI ein Propagandainstrument?!

Beitrag von Marc of Frankfurt »

ehemaliger_User hat geschrieben:Hat Solwodi vielleicht nur einen Zweck: Von Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen abzulenken?

Das sehe ich nach vielen Jahren transparent dokumentierter Forschung hier im Sexworker-Forum inzwischen ähnlich.

Auch wenn das nicht Ackermanns ursprüngliche Intention war (das war eine sinnstiftende helfende Berufstätigkeit zu finden), so hat es sich dank Unterstützung des kirchlisch-staatlichen Establishments (evt. gepaart mit narzistischer Prädisposition) doch in diese Richtung von Desinformation und Massenpropaganda entwickelt.

Ich sehe darin ein Medienphänomen einer getürkten manipulierten Grassrootbewegung
http://de.wikipedia.org/wiki/Astroturfing (Astroturf US-Kunstrasenmarke)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=58108#58108

Hinzu kommt das empfänglich-fruchtbare Feld derer, die getäuscht werden wollen und einfache Lösungen komplexer Fragen suchen und Führern folgen wollen.
(vgl. das Guttenberg-Phänomen oder "Religion ist Opium fürs Volk")





Die 18. Welt-AIDS-Konferenz in Wien 2010 hat eine ähnliche Drogenpolitik-Resolution verfaßt:
"Prohibition und Drogenverbotspolitik sind gescheitert.
Gefordert wird Entkriminalisierung und evidenzbasierte Politik."
www.dieWienerErklarung.com | www.ViennaDeclaration.com

Oder andersherum:
"The war on drugs might really be a war on sex"
(University of Pennsylvania Study)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=84095#84095

Sex n Drugs:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1860 (sw-only)
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 12.03.2011, 13:21, insgesamt 3-mal geändert.

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Aoife
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Re: SOLWODI ein Propagandainstrument?!

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:
ehemaliger_User hat geschrieben:Hat Solwodi vielleicht nur einen Zweck: Von Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen abzulenken?

Das sehe ich nach vielen Jahren transparent dokumentierter Forschung hier im Sexworker-Forum inzwischen ähnlich.

Auch wenn das nicht Ackermanns ursprüngliche Intention war (das war eine sinnstiftende helfende Berufstätigkeit zu finden), so hat es sich dank Unterstützung des kirchlisch-staatlichen Establishments (evt. gepaart mit narzistischer Prädisposition) doch in diese Richtung von Desinformation und Massenpropaganda entwickelt.
Gibt es für diese Vermutung irgendwelche Anhaltspunkte?

Mir ist jetzt kein einziger Punkt bekannt, der darauf hinweisen könnte, dass SOLWODI nicht von Anfang an als Nebelbombe geplant war. Möglicherweise nicht von Frau Ackermann selbst, aber sie alleine hätte diese Organisation niemals aufbauen können ohne die Unterstützung ihrer Vorgesetzten.

Und auf der Führungsebene der katholischen Kirche war gerade die Häufung von kirchlichen Mißbrauchsfällen in Afrika schon seit Jahrzehnten bekannt. Es braucht wirklich nicht viel Phantasie und Intelligenz, um unter solchen Umständen die Befürchtung zu entwickeln, dass diese Verbrechen der Kirche früher oder später um die Ohren fliegen werden. Auch die Antwort (Gründung von SOLWODI) war keineswegs kreativ, folgte dem uralten Schema F: Karpman Dreieck. Der Täter stellt sich als Helfer dar.

Alles so wenig genial, dass es für die Kirchenführung durchaus handhabbar wäre - und ob Frau Ackermann's Narzißmus sie zur aktiven Teilnahme an dem Unternehmen gedrängt hat, oder ob er ohne ihr Wissen ausgenutzt wurde ist letzlich ohne Bedeutung. Hier eine gesinnungsethische Wertung einzuführen, indem man Frau Ackermann zugute hält, dass sie in Afrika diese Intention noch nicht gehabt hätte, führt direkt zu dem von ehemaliger_User so schön formulierten Problem:

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:So naiv kann doch keine promovierte Ordensschwester sein um dasalles selbst zu glauben. Und Lügen ist doch eine Sünde, oder gelten die 10 Gebote nicht für die Handlanger Gottes?
Auch wenn ich aufgrund des neuen hier diskutierten Beitrags von Frau Ackermann (in dem sie zuerst behauptet die Frauen könnten sich aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht widersetzen, um dann phantasiereich Menschenhändlertricks auszuspinnen, die völlig überflüssig sind, wenn das von ihr zuvor Behauptete denn stimmt) den Eindruck habe, dass ihre möglicherweise einmal vorhandene Intelligenz stark nachgelassen hat, so muß ich doch sagen: Doch, so naiv kann auch ein intelligenter Mensch sein, wenn er seine Intelligenz in den Dienst einer narzißtischen Persönlichkeitsstruktur stellt. Oder vielmehr stellen muß - diese Struktur hat er ja und muß damit leben.

Daher scheint mir die gesinnungsethische Bewertung wenig zielführend, Frau Ackermann wäre nicht weniger gefährlich für die Gemeinschaft, wenn sie in Afrika wirklich noch selbst geglaubt hätte, dass sie "Gutes" tut. Wie auch umgekehrt die Verschleierungstaktik der Kirche bezüglich ihrer eigenen Verbrechen keine Spur akzeptabler würde, sollte Frau Ackermann subjektiv noch immer der Meinung sein, sich für das Richtige einzusetzen.

Letzlich ist SOLWODI ein Ablenkungsmanöver, gegründet in einem Afrika, in dem es damals schon wichtiger gewesen wäre kirchliche Sexualverbrechen abzustellen als gegen Prostitution zu agieren. Ob Frau Ackermann als Galleonsfigur dieser kirchlichen Struktur sich aus eigenem Geltungsbedürfnis zur Verfügung gestellt hat, oder ob sie aufgrund dieser Psychostruktur ohne sich dessen bewußt zu sein dazu mißbraucht werden konnte, ist IMHO belanglos.

Jedoch läßt sich aus dem allen schließen, dass die "Argumente" der Prostitutionsgegner nicht nur ihre eigenen schmutzigen Phantasien darstellen, sondern gegebenen falls auch zur Ablenkung eingesetzt werden, wenn sie (zumindest als Gruppe/Organisation) ihre Phantasien real ausgelebt haben.

Vielen Dank, ehemaliger_User und Marc, für diesen Gedanken!

Liebe Grüße, Aoife
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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Schönes Plädoyer.


Hier eine US-Analyse zum Sündenbockmechanismus:

Transparenz = Zugangsmöglichkeit & Zurechnungsmöglichkeit
Transparency = accessibility & accountability

Gegenteil von Zurechnungsmöglichkeit = Sündenbockmechanismus
accountability’s opposite: scapegoating

...


Sorgfältige Anlayse von Zensur am Fall Craigslist und Anti-Trafficking
Videopräsentation und Textlink:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=89376#89376

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Beitrag von Marc of Frankfurt »

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Katholischer Medien-Prediger, Autor, Ex-Manager und Mönch Fr. John Corapi wurde von Ordensleitung beurlaubt (Society of Our Lady of the Most Holy Trinity), nachem eine Mitarbeiterin ihn in einem 3seitigen Brief beschuldigt hatte an "bunga-bunga" Sex- und Koks-parties teilgenommen zu haben.


www.catholicnewsagency.com/news/fr.-cor ... ccusation/

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Beitrag von ehemaliger_User »

Marc of Frankfurt hat geschrieben:nachem eine Mitarbeiterin ihn in einem 3seitigen Brief beschuldigt hatte an "bunga-bunga" Sex- und Koks-parties teilgenommen zu haben.
Vielleicht wollte sie ihn, er aber nicht sie? Wessen Geschichte stimmt? Wie war das mit "wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein"?
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Beitrag von fraences »

Berlusconni s Verhalten finde ich nicht gut,doch tut er mir leid.
Würde man den gleichen Trubel veranstalten, intime Angelegenheiten ausplaudern und die Privatsphäre verletzen, wenn man nicht berühmt wäre.
In dem Video , die Ariane, reingestellt hat, zeigt er doch die ganze Welt , ein Spiegelbild, wie die meisten Männer in real sind. (Sorry, an allen anwesenden Männer ,die sind hier die Ausnahmen).
Des weiteren finde ich, ist ein alter Ehrenkodex unsere Branche von den Frauen gebrochen worden, die sehr viel Geld verdient haben, was auch die Wahrung der Diskretion beinhaltet.
Wir verachten und regen uns über die Art und Weise , wie manche unsere Kunden sich über unseren Service in den Freierforen berichten,worin intime Stunden in der Öffentlichkeit meist nur um eine Bloßstellen, oder Prahlerei oder sonstige niedrige Beweggründe sind.

Sicherlich missbraucht er seine Machtposition um seine eigene Gesetze im Land zu brechen und zu unterlaufen.

Ich frage mich nur,( das muss doch so einem Mann klar sein, der im öffentlichen Leben steht) was gab ihm die Sicherheit das so zu tun zu können, ohne eine strafrechtliche Untersuchung
Ein Erklärung ist mir klar, das Kokainkonsum leichtsinnig macht und man bekommt einen Höhenflug.
Nicht umsonst nennt man Koks, Die Königin unter den Drogen.
Denn die damit verbundenen Persönlichkeitsveränderung (Im Film Dr. Jekyl und Mr. Hide sehr gut dargestellt) ist ein typisches Verhalten: "Ich bin der Größte, keine kann mir was anhaben.
Gruß
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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:Berlusconni s Verhalten finde ich nicht gut,doch tut er mir leid.

Des weiteren finde ich, ist ein alter Ehrenkodex unsere Branche von den Frauen gebrochen worden, ...
Das sehe ich genauso - und seine Politik ist so schlecht, dass es *eigentlich* nicht nötig sein sollte, sein Privatleben heranzuziehen, um ihn zu kritisieren.

Allerdings:
fraences hat geschrieben:Sicherlich missbraucht er seine Machtposition um seine eigene Gesetze im Land zu brechen und zu unterlaufen.
Soweit sich das auf seine Prostitutionspolitik bezieht, spielt sein eigenes sexuelles Verhalten möglicherweise doch eine Rolle.

Auch wenn es zunächst etwas O.T. erscheint, hier im SOLWODI-thread Berlusconi zu diskutieren, ich denke schon, das Prinzip passt auch hierher. Im Grunde hätten ja auch Kirchenleute einen Anspruch auf Respekt vor ihrer Privatsphäre. Können sie den verwirken, indem sie die Privatsphäre der Normalsterblichen für ihr Hohheitsgebiet halten?

Ich halte das nicht nur menschenrechtstheoretisch für eine schwierige Frage. Letztlich ist es wohl nur kriminelles Verhalten, das eine Kenntnisnahme der Privatsphäre rechtfertigen kann. Und dann stellt sich natürlich auch gleich die Frage, wer denn überhaupt die Definitionsmacht hat, etwas als kriminell festzulegen.

In dieser unklaren Situation kommt es natürlich gelegen, wenn ein Herr Berlusconi, der unter 18jährigen die Einwilligungsfähigkeit abspricht, mit einer 16 oder 17järigen Ruby gepoppt hat. Oder wenn eine Kirche, der via SOLWODI keine Lüge zu abstrus ist um "die Prostitution" zu bekämpfen, gleichzeitig ihre eigenen Priester gewähren läßt, wenn sie aus Angst vor HIV Nonnen als Privatprostituierte 'benutzen'. Denn dieser innere Widerspruch löst scheinbar die Frage nach der Definitionsmacht, ist doch der Verbrecher derjenige selbst, der das Verbrechen als solches definiert hat.

Allerdings eben nur scheinbar. Nur für denjenigen, der bewußt oder unwillkürlich die Definitionsmacht selbstverständlich bei der "Moral" sieht. Und die sogenannte öffentliche Meinung scheint sich in dieser Situation zu befinden, scheint päpstlicher als der Papst zu sein. "Man" ist entsetzt von der sexuellen Handlungsweise des Herrn Berlusconi, von den Zuständen in der katholischen Kirche. Aber wo waren die entsetzten Massen, als den 16 und 17jährigen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung genommen wurde? Ohne die schweigende Zustimmung der Mehrheit hätte die Kirche niemals die "fleischlichen Gelüste" als etwas negatives, schmutziges darstellen können.

Wenn Mißbrauch stattfindet, wie in der Kirche, so muss dieser selbstverständlich beendet werden. Aber als Mißbrauch an sich, nicht weil er unter Umständen auch sexuell ist. Eine neutrale Betrachtungsweise darf IMHO nicht einseitig Priestersex verurteilen oder Berlusconi zum Verbrecher abstempeln, sie muss genauso auch offen sein für die Sichtweise, dass Keuschheit als Tugend und Sex mit Minderjährigen als Verbrechen zu behaupten schlichtweg Fehlentscheidungen gewesen sein können.

Ich halte es für bedenklich, dass wir (und wie ich denke zurecht) davon ausgehen müssen, dass in der Öffentlichkeitsarbeit moralisierende Argumente notwendig sind. Denn nichts anderes ist es ja, wenn wir "Kirche" oder Berlusconi dafür kritisieren, dass sie ihren eigenen moralischen Ansprüchen nicht gerecht werden.

Im Grund sollte es doch genügen, dass diese moralischen Ansprüche massive Grundrechtsverletzungen darstellen, eine Offenlegung des Privatlebens der (kokain-, religös-wahnhaft- oder persönlichkeitsstörungsbedingt grenzüberschreitenden) (Moral-)Gesetzgeber sollte sich erübrigen.

Liebe Grüße, Aoife.
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Beitrag von fraences »

Hatten nach Absenden gesehen , das ich falsch gepostert hatte.
Danke, Aoife, Mit deinem Kommentar hast Du mir eine gute Brücke geschlagen.

Lieben Gruß, Fraences
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Beitrag von Aoife »

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Aoife hat geschrieben:..., eine Offenlegung des Privatlebens der (kokain-, religös-wahnhaft- oder persönlichkeitsstörungsbedingt grenzüberschreitenden) (Moral-)Gesetzgeber sollte sich erübrigen.
Priester ertrinkt bei dem Versuch über das Wasser zu gehen:
http://scienceblogs.com/pharyngula/2006 ... ntranc.php

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von nina777 »

28.03.2011

Wenn sich Männer „was“ gönnen

Renate Hofmann von Solwodi sprach bei der Rathaus-Soirée über Zwangsprostitution

Mit so vielen Zuhörern hatte Renate Hofmann, Leiterin der Solwodi-Schutzwohnungen in Bad Kissingen, nicht gerechnet. Für sie ein Zeichen, dass Zwangsprostitution und Menschenhandel im Gmünder Raum ein Thema ist. Die Referentin beleuchtete den zumeist kriminellen und ausbeuterischen Hintergrund von Prostitution und die Machtverhältnisse.


Schwäbisch Gmünd. „Liebe ist unbezahlbar – nicht käuflich“, lautete das Motto, zu dem Oberbürgermeister Richard Arnold auf Anregung der Frauenbeauftragten Elke Heer und des Frauenforums eingeladen hatte. Weil der Rathaussaal noch von den Wahlergebnissen in Beschlag genommen war, wurde die Veranstaltung ins Foyer verlegt; auf der Empore mussten weitere Stühle für die rund 100 Zuhörer aufgestellt werden.

Nachdem das traurige Lied „House of the rising sun“ verklungen war, skizzierte der OB die Situation vor Ort, die für die Stadt vor allem baurechtliche Fragen aufwerfe. In Gmünd gebe es Wohnungsprostitution, die man nicht sehe, 40 bordellähnliche Terminwohnungen, die durch die Stadt genehmigt seien und klassische Bordelle, für die wie für eine Vergnügungsstätte geworben werde. Er lobte, dass dank Solwodi dieses Thema in Gmünd aufgearbeitet wird.

Wie eine Ware

.................weiter hier http://www.gmuender-tagespost.de/545953/
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Beitrag von friederike »

Lohnt es sich, auf diesen wirren Schwachsinn noch einzugehen? Die "Gmünder Tagespost" ist vielleicht nicht die Bühne, auf der sich irgendetwas bewegen lässt.

Wütend,
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Lohnt sich sicher nicht, sondern dient mehr der Dokumentation in diesem Thread. Theoretisch kann man dann irgendwann aus unserem gesammelten Material auch ganz schnell Auswertungen zusammenstellen zu Themen wie Razzien, Urteile, Prostitutionsgegner... und was Sexworker davon halten...

Auch das wütend sein lohnt sich nicht, aber Dein Kommentar ist dennoch wichtig.





Diese Artikelsammlung zeigt ferner auch die Strategie und Heimat der Wertkonservativen und Prostitutionsgegner ihre Mehrheit im ländlichen Raum zu sichern. So touren z.B. schon seit Jahren die verschiedenen Versionen der Wanderausstellung "Ohne Glanz & Glamour" durch Deutsche Kleinstädte. Sie sorgt regelmäßig für Bündnisse der Helfer, Feministen... und Verbandfunktionäre...

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Beitrag von friederike »

@Marc, vielen Dank für den Hinweis auf den Thread "Ohne Glanz & Glamour" - sehr interessant, das Forum-Material ist immens. Von der Hamburger Ausstellung hatte ich gelesen, aber offensichtlich gibt es noch viel mehr.

LG, Friederike

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fraences
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Beitrag von fraences »

ZG11042104 - 21.04.2011
Permalink: http://www.zenit.org/article-22985?l=german

Prostitution: Erfahrungen einzelner Länder


Legalisierung ist keine Lösung



Von Pater John Flynn LC

ROM, Donnerstag, 21. April 2011 (Zenit.org). - Ob Prostitution legalisiert werden sollte ist eine Frage, die in den letzten Jahren häufig gestellt wurde. Befürworter der Legalisierung argumentieren, dass sie so besser zu überwachen sei und somit sicherer gemacht und Missbräuchen entgegengewirkt werden könne. Ein Ansatz, den man als Schadensminimierung bezeichnen könnte.

Dennoch ist die Legalisierung bei weitem nicht die perfekte Lösung, wie aus Ereignissen im Gebiet der Hauptstadt Australiens, Canberra, dem „Australian Capital Territory" (ACT) - ersichtlich wird. Prostitution ist im ACT seit 1992 legalisiert worden. Besonders seit dem Tod der 17-jährigen Prostituierten Janine Cameron, die im Jahr 2008 aufgrund einer Überdosis von Drogen gestorben ist, gibt es Bedenken, inwiefern ein solches Vorgehen wirklich funktioniert.
Die gesetzgebende Versammlung des ACT führt derzeit eine öffentliche Untersuchung durch. Momentan sind knapp 50 schriftliche Beiträge eingegangen und Anhörungen im Gange.

„Man kann nicht Sex mit 10 bis 15 verschiedenen Männern pro Tag haben, ohne dass es einen Einfluss auf einen selbst bzw. auf das eigene Selbstwertgefühl hat, oder darauf, wie man den Geschlechtsakt bewertet und eine Vertrautheit zu einer anderen Person aufbauen kann", sagte Julie (Pseudonym) in der Untersuchung.

Nach einem Bericht von ABC News vom 8. April war Julie 17 Jahre alt, als sie in einem Bordell zu arbeiten begann. Nach 18 Monaten kam sie heraus, aber sie sagte, es sei nicht leicht gewesen, wenn man in eine Branche verwickelt ist, in der es viel Korruption und Kriminalität gibt. Für sie habe es harte Kämpfe bedeutet, wieder ein normales Leben führen zu können. „Es war sehr schwer, weiterzumachen und eine normale intime Beziehung zu einer einzigen Person zu haben", sagte sie.

Verletzung

In ihrem zu der Untersuchung eingesandten Beitrag erklärte die katholische Erzdiözese von Canberra und Goulburn, dass die Kirche Prostitution grundsätzlich als eine Verletzung der Menschenwürde betrachte. Die Prostituierten verletzten ihre eigene Würde, weil sie auf ein Instrument der sexuellen Lust reduziert würden, während diejenigen, die für diese Dienstleistungen bezahlten, eine schwere Schuld auf sich lüden.

Unter anderem zählte der Bericht eine Reihe von Argumenten bezüglich der durch die Prostitution verursachten Schäden auf:

- Prostituierte sind eine leichte Zielgruppe für Gewaltdelikte und dem Risiko körperlicher Schäden durch Kunden und Zuhälter ausgesetzt.

- Eine wohlbekannte Tatsache ist, dass viele Frauen in der Prostitution tätig sind, weil sie sich damit den Konsum von Drogen finanzieren oder Geld für andere Bedürfnisse verdienen wollen.

- Die Verwendung von sadomasochistischen Sexualpraktiken einschließlich der Gewalt gegen Frauen, die mit Peitschen, Stöcken und Folter durchgeführt wird, ist für Frauen besonders erniedrigend.

- Prostitution führt zu einer deutlichen Zunahme ernsthafter Gesundheitsrisiken für Frauen, insbesondere durch die Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten wie HIV, Herpes und Hepatitis C.

- Prostitution ist untrennbar mit Sklaverei und Sexhandel von Frauen verbunden.

- Durch die Legalisierung oder Entkriminalisierung der Prostitution wird eine Kultur der Prostitution geschaffen, die schädliche Auswirkungen nicht nur auf das Leben der Prostituierten, sondern auf alle Frauen innerhalb der jeweiligen Kultur hat.

- Prostitution schadet heterosexuellen Beziehungen und Familien. Die Frau oder Freundin eines Mannes, der sexuelle Dienste in Anspruch nimmt, wird davon deutlich in Mitleidenschaft gezogen. Die Geheimhaltung der Nutzung von Prostitutionsdiensten von Seiten des Mannes verletzt das grundlegende Vertrauen und die Ehrlichkeit in ihrer Beziehung. Die Aufdeckung der Prostitution kann zur Auflösung der Beziehung führen.

- Das Bestehen einer Prostitutions-Industrie zerstört das Ideal der gleichberechtigten Beziehungen zwischen Mann und Frau und hat damit einen generell negativen Einfluss auf die Familie und das Leben in der Gesellschaft.

- Prostitution kann nicht von der Frage des Status und der Würde der Frau getrennt werden. Eine Legalisierung der Prostitutions-Industrie würde bedeuten, dass die Regierung und die Gesellschaft grundsätzlich dazu bereit sind, eine Entmenschlichung und Verdinglichung der Frau zu billigen.

Schweden

Eine der Empfehlungen im Beitrag der Katholischen Kirche war die Einführung des schwedischen Modells. Im Jahr 1998 führte die Gesetzgebung in Schweden die Kriminalisierung des Kaufs, nicht jedoch des Verkaufs sexueller Dienstleistungen ein. Die Frauen und Kinder, die Opfer von Prostitution sind, geraten somit nicht in die Gefahr rechtlicher Sanktionen, der Kauf dieser Dienste wird dagegen als Straftat geahndet.

Andere Beiträge zur Canberra Untersuchung empfahlen ebenso das schwedische Modell. Ihr Fall wurde durch einen am 2. Juli 2010 veröffentlichten offiziellen Bericht verstärkt, in dem diese Rechtsvorschriften von ihrem Beginn von 1999 bis 2008 ausgewertet wurden.
Die Untersuchung ergab, dass die Veränderungen ihre beabsichtigte Wirkung erzielt hatten, und dass die Kriminalisierung des Erwerbs von Sexualverkehr zur der Bekämpfung sowohl der Prostitution als auch des Menschenhandels für sexuelle Zwecke ein wirkungsvolles Instrument sei.

Die Untersuchung zeigte zudem, dass mit der Einführung des Verbots 1999 die Straßenprostitution in Schweden auf die Hälfte reduziert werden konnte. Vor den Veränderungen sei die Straßenprostitution in Schweden etwa in gleicher Weise verbreitet gewesen wie in den drei Hauptstädten von Norwegen, Dänemark und Schweden.

Seit 1999 habe sich die Straßenprostitution in Norwegen und Dänemark drastisch erhöht. Den Erklärungen des Berichts wurde bis zum Jahr 2008 die Zahl der Beteiligten in der Straßenprostitution in Norwegen und Dänemark dreimal höher geschätzt als in Schweden.

„Angesichts der großen wirtschaftlichen als auch sozialen Ähnlichkeiten zwischen diesen drei Ländern, ist es vernünftig anzunehmen, dass die Reduzierung der Straßenprostitution in Schweden eine direkte Folge ihrer Kriminalisierung ist", schloss der Bericht.

Darüber hinaus sei es nicht so, dass die Prostitution seit den Veränderungen in Schweden einfach ihren Standort geändert habe. Der Bericht stellte fest, dass Prostitution als Folge eines Internetkontakts in den Nachbarländern Schwedens stärker verbreitet sei. Das Verbot in Schweden führe jedoch nicht von der Straßenprostitution zum Internet.

Für eine Verstärkung der Prostitution in Massagesalons, Sex-Clubs, Restaurants oder Nachtclubs in den letzten Jahren gebe es dem Bericht zufolge keine Anzeichen. Auch gebe es keinen Beweis dafür, dass früher auf der Straße ausgebeutete Prostituierte nun an der Prostitution in den Häusern beteiligt seien. Gemäß dem Bericht der Nationalen Kriminalpolizei wirke das Verbot des Erwerbs sexueller Dienstleistungen als Hemmnis für Menschenhändler und Zuhälter in Schweden.

Die Untersuchung der schwedischen Erfahrung bekräftige ebenso die Aussagen zu diesem Thema und anderer Debatten über die Legalisierung strittiger Praktiken. Es wurde festgestellt, dass das Verbot des Erwerbs sexueller Dienstleistungen eine normative Wirkung gehabt und die Einführung der Rechtsvorschriften zu einer deutlichen Veränderung in der öffentlichen Haltung gegenüber dem Erwerb sexueller Dienstleistungen geführt habe. Dies sei eine wirksame Abschreckung für Sex-Käufer.

Unterdrückung

Ein weiterer Beitrag zur Canberra-Untersuchung kam von „Collective Shout" (Kollektiver Schrei), einer „Bewegung für Basiskampagnen", die sich „gegen die Verdinglichung von Frauen und Sexualisierung von Mädchen in Medien, Werbung und Popkultur" einsetzt.

Hier wurde festgestellt, dass in den 90er Jahren im Namen der Schadensminimierung einige Bereiche der Sexindustrie in Australien sowie in Ländern wie den Niederlanden und Deutschland legalisiert worden seien. Der gewünschte Effekt sei jedoch nicht erzielt worden. Außerdem bestätigte der Beitrag, dass es genügend Beweise sowohl akademischer als auch staatlicher Studien dafür gebe, dass dieser Ansatz einer Schadensbegrenzung grundsätzlich mangelhaft sei, wenn es um die Überwachung der Sex-Industrie geht.

Ein krasses Beispiel dafür ist der Einsatz von Minderjährigen in der Prostitutions-Industrie. Victoria war der erste australische Staat, der die Prostitution legalisierte. Eine Studie geprüfter Angaben von 471 staatlichen und nichtstaatlichen Agenturen in Australien, die mit Kindern arbeiten, fand heraus, dass mehr als 3.100 australische Kinder im Alter von 12-18 Jahren verkauften Geschlechtsverkehr hatten, um überleben zu können, Victoria hatte dabei mit 1.200 die höchste Quote im Land.

Die Studie zeigte auf, dass viele Prostituierte bereits in der Kindheit sexuellen Missbrauch, körperliche Misshandlungen, häusliche Gewalt und substantielle Abhängigkeit erfahren hatten.

„Das Schadensbegrenzungsmodell - oder die Legalisierung der Prostitutionsdienste - ermöglicht im Grunde die Ausbeutung der am meisten gefährdeten Menschen in der Gesellschaft. Es wird Zeit, endlich anzuerkennen, dass der ‚älteste Beruf der Welt‘ eigentlich die ‚älteste Unterdrückung der Welt‘ ist", so Collective Shout.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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