Ich denke dazu braucht es auch Training und systematische Begleitung (Whore College, SWA Training, Sex Work Awareness).
Allein die Entscheidung wie ich es angehe bei der Vielzahl der Möglichkeiten für Öffentlichkeitsarbeit, Aktivismus und Interessenvertretung und Teihabe kann einen verwirren und überfordern...
Es gibt folgende Extrem-Pole für Öffentlichkeitsarbeit und Teilhabe:- Bürgerlich-menschlich-politische Öffentlichkeitsarbeit
Das ist das Modell was in Parteien, NGOs und Politik läuft und im privaten Alltag. Man arbeitet als Bürger und Vereinsmitglied mit seinem bürgerlichen Namen in Gremien mit, läßt sich auf Funktionsposten wählen oder berufen und kann so Einfluß ausüben bis zum Karriereende oder Machtputsch.
Sexworker, die auf Diskretion bestehen und sich weigern bürgerlich zu outen, haben hier keine Chance. Sie gelten als nicht zuverlässig (weil nicht erpressbar;) weil sie sozial inkompatibel erscheinen.
- Wirtschaftlich-mediale Öffentlichkeitsarbeit
Das ist das Modell der Industrie oder in Märkten von Aufmerksamkeit (Medien), Produkten oder Dienstleistungen (z.B. Sexwork). Hier wird mit Werbebotschaften und inszenierten Identitäten d.h. Marken agiert, so wie in der Kunst (Heldenrollen). In der Sexarbeit ist die Rolle die notwendige Projektionsfläche für die Phantasie des Kunden und die Rolle ist professionelle Abgrenzung und Selbstschutz; vgl. BDSM.
Durch die konstruierte, inszenierte Rolle wird versucht einen kontrollierten Medieneffekt zu erreichen (Marketing), was zudem auch Selbstschutz bietet für Sexworker im stigmatisierten bis kriminaliiserten Feld (Künstlername, Doppelleben). Aber dieses marktgerechte Vorgehen gilt bürgerlich als nicht authentisch oder gar als falsch, betrügerisch oder korrupt (Das ist dann vergleichbar der sogenannte nichtsexuelle Prostitution z.B. von Maulhuren und gekauften Wissenschaftlern, Beamten (Schmiere) oder Politikern).
In der Realität finden wir immer eine komplexe Überschneidung beider Extrempole von wahrem Selbst und Rollen. Diese können sowohl inszeniert und gespielt sein (Spin Doctor, Medienberater für Krisenkommunikation) oder aber auch gesellschaftlich vorgegeben sein. Z.B. durch ein Amt oder Beruf. Sie sind es sogar für das Geschlecht (Gender).
Auch ich finde das Thema höchst komplex, je länger ich drüber nachdenke und tippe.
Evt. muß man sogar 3 Bereiche unterscheiden:
Privatsphäre - Politiksphäre - Wirtschaftsphäre
Daher auch mein Vorschlag mit dem
"Community Namen"
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=38365#38365
Kyra hat eine typische aufzufindende aber besonders gut umgesetzte Mischung gefunden. Sie ist mit ihrem Arbeits-Namen und Sexworker-Identität in die Sendung gegangen (ich hoffe das ist gut für ihr Geschäft), hat aber die ganze Menschlichkeit, Herzlichkeit und Authentizität zugelassen. Letztlich wissen wir doch alle, dass diese Menschlichkeit auch für gute, ehrliche Sexarbeit selbst kennzeichnend ist.
Der Schutz durch Anonymität und Künstlernamen bei Sexworker und Kunde ermöglicht es uns gerade erst in der Sexualität (Tabu Nr.1) und Prostitution (Tabu Nr.2) so viel Wahrhaftigkeit zu ermöglichen. Letztlich ist es auch diese besondere Wahrheit und Menschlichkeit in der Prostitution, die Heilung ermöglicht (die höchste Form von Befriedigung die Sexwork bieten kann für Kunden und für den praktizierenden Sexworker selbst). Der Spruch "es gibt kein wahres Leben im Falschen" ist hier für den Ausschnitt der Sexarbeit schlicht falsch und gewinnt erst wieder Bedeutung wenn wir das ganze Sein und Leben betrachte und dadurch die Tabus und Konfliktzonen in der Gesellschaft entstehen z.B.
beim späteren Ausstieg (Outplacement, Jobwechsel).
Sammelthema Medienkompetenz:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943