Länderberichte ÖSTERREICH:

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nina777
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Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von nina777 »

Länderberichte Österrerich


Siehe auch Lokalnachrichten Wien:
viewtopic.php?t=922


Regelung der Prostitution in Österreich
Empfehlungen der Arbeitsgruppe "Länderkompetenzen Prostitution (AG-LKP)"
im Rahmen der Task Force Menschenhandel
(Wien 2012)
http://www.frauen.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=48235




_________________





18.10.2010

In Norwegen müssen Firmen für sexistische Werbung Strafe zahlen, in Island ist wiederum "Strippen" verboten

Ministerin überlegt Sexismus-Gesetz

-Fachtagung über Werbe-Sexismus.
- Experten halten Strafen für sinnvoll.
-Norwegen und Island als Vorbilder?

Wien. Nahezu jeder größere Konzern setzt bei der Bewerbung von Produkten auf attraktive Frauen. Und während in Österreich die meisten Sujets, die mit nackten Tatsachen aufwarten, nicht verboten sind und kaum auf hörbaren Widerspruch stoßen, steht in vielen anderen Ländern die "Herabsetzung der Frau zum sexualisierten Produkt" unter Strafe.

Welchen Weg Österreich in der Bekämpfung von "Sexismus in der Werbung" einschlagen könnte, darüber wurde am Montag im Rahmen einer Fachtagung im Bundeskanzleramt diskutiert.

So ist etwa Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ein Dorn im Auge, dass hierzulande Unternehmen spärlich bekleidete Frauen sanktionslos für die Bewerbung von Produkten "missbrauchen" können. "Es handelt sich dabei um ein Spiel der eindeutigen Zweideutigkeit", sagte sie bei ihrer Eröffnungsrede und forderte die Wirtschaft auf, bei der Bewerbung von Produkten zukünftig auf herabwürdigende Sujets zu verzichten. Zuletzt hatte in Österreich die Bierbrauerei "Hirter" aus Kärnten mit einem anzüglichen Plakat für Aufregung gesorgt. "Die ästhetisierte nackte Frau, die mit dem Produkt posiert, macht nicht nur das Produkt begehrenswert, sondern auch sich selbst zum Produkt", kritisierte damals die Grazer "Watchgroup gegen sexistische Werbung".

42.000 Euro Strafe

"Hirterbier" war sich keiner Schuld bewusst: Man habe damit nur die "Reinheit und Ursprünglichkeit" symbolisch darstellen wollen, hieß es in einer Stellungnahme des Konzerns. "Die Brauerei distanziert sich von der Unterstellung, Frauen als Konsumgut oder als Sexobjekte darzustellen." Noch im Rahmen einer weiteren Plakatwelle versuchte dann "Hirter" die Sache wieder geradezubiegen – und bildete keine nackten Frauen, sondern bekleidete Männer ab.

Hätte die Firma das Frauen-Sujet in Norwegen oder Island, wo "Sexismus in der Werbung" seit kurzem auch strafrechtlich verfolgt wird, in den Medien inseriert, so wäre wohl eine saftige Geldstrafe fällig gewesen. "Bei uns kann man dafür sogar ins Gefängnis kommen", erklärte die Leiterin des "Nordischen Gender-Instituts" in Oslo, Mona Larsen-Asp. Dazu gekommen sei es freilich noch nie. Zuletzt habe aber ein norwegisches Unternehmen rund 42.000 Euro Strafe zahlen müssen, sagte sie. Angezeigt werden können sexistische Werbesujets in Norwegen bei einer Konsumentenombudsstelle. 2008 wurden vier und 2009 bereits neun Anzeigen behandelt, so Larsen-Asp.

Einer weitaus strengeren Strafverfolgung sehen sich hingegen Unternehmen in Island ausgesetzt. So wurde der Insel erst vor wenigen Tagen vom World Economic Forum bestätigt, in der Frage der "Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern" den ersten Platz weltweit erreicht zu haben. Das liegt auch an der restriktiven Rechtsordnung: So ist in Island nicht nur sexistische Werbung und die Prostitution, sondern auch das Strippen verboten, wie Ingibjörg Eliasdottir vom Zentrum für Gleichbehandlung in Akureyri erklärte. Als besonders problematisch bezeichnete die Vortragende die Werbesujets von Clubs und Nachtlokalen, wo eine meistens männliche Klientel von spärlich bekleideten Mädchen umworben werde. Von "schmutzigen Mädchen und Tänzerinnen in Käfigen" sei die Rede gewesen, klagte sie. Auch gegen Plakate mit Bikini-Frauen in eindeutigen Posen sei man schon zu Felde gezogen.

Heinisch-Hosek prüft

Dass Gesetze allein solche sexistischen Inhalte nie aus der Werbeindustrie verbannen werden können, dessen ist sich auch Eliasdottir bewusst. Immerhin sei es aber gelungen, die Konzerne und die Konsumenten zu sensibilisieren. Nachholbedarf sieht sie indes noch bei der Polizei. Diese würde Sexismus-Anzeigen leider nicht immer ernst nehmen, so die Isländerin.

Um die Zunahme sexistischer Werbeinhalte in Zukunft auch Österreich zu verhindern, schlug Frauenministerin Heinisch-Hosek wiederum vor, die Kompetenzen des österreichischen Werberates zu stärken, um so die Werbeindustrie besser zu zügeln. Ob sie für die Einführung eines Anti-Sexismus-Gesetzes ist? "Dazu wird es noch Gespräche geben", so die Ministerin. "Zunächst wollen wir aber den Druck auf die Wirtschaft erhöhen."

http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefa ... cob=522930
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Aoife
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Aoife »

derStandard.at-Interview
"Die Politik will Sexarbeit unsichtbar machen"
von Julia Schilly | 02. November 2010, 14:33


Tabuisierte Arbeitsbereiche sind Nährboden für Gewalt und Diskriminierung - Politikwissenschafterin Birgit Sauer zu Doppelmoral im Umgang mit Sexarbeit

In den vergangenen Jahren wurden einige Bücher veröffentlicht, die sich dem Thema Sexarbeit widmen. In Publikationen wie "Pufferzone" oder "Die nackte Elite" werden Bordelle zu "Saunaclubs", Zuhälter zu "Unternehmern" und Freier zu gestressten Managern, die "Entspannung" suchen. Eine Branche legt ihr schmuddeliges Image ab? Nur auf einer Seite, denn Sexarbeit ist in Österreich nach wie vor sittenwidrig. Das bedeutet vor allem Nachteile für die DienstleisterInnen. derStandard.at sprach mit Politikwissenschafterin Birgit Sauer über fehlende Arbeitsrechte und strenge Pflichten für SexarbeiterInnen und die Doppelmoral in der Gesellschaft, die damit einhergeht. Es müsse vor allem auch geklärt werden, wie man mit Prostituierten ohne Aufenthaltstitel umgeht, betonte Sauer: Bis zu 80 Prozent kommen aus dem Ausland.

***

derStandard.at: In neueren Publikationen, wie etwa dem Buch "Pufferzone - Wie betreibt man ein Bordell" des Betreibers des Saunaclubs Golden Time, werden Prostituierte beschrieben, die selbständig arbeiten. Ist es realistisch, von "freien UnternehmerInnen" zu sprechen, solange Sexarbeit als sittenwidrig gilt?

Birgit Sauer: In Österreich ist es unrealistisch, weil Verträge zwischen SexarbeiterIn und Freier noch immer als sittenwidrig gelten. Das bedeutet, dass sexuelle Dienstleistungen als "sittenwidrig" angefochten werden können - sprich, der Freier kann sich um das Bezahlen drücken. Da kann noch so oft von UnternehmerInnen oder Angestellten geredet werden: Solange SexarbeiterInnen nicht volle Arbeits- und Vertragsrechte haben, können sie weder Angestellte noch UnternehmerInnen sein.

derStandard.at: Es ist vermutlich auch aus dem Aspekt unrealistisch, da 70 bis 80 Prozent der SexarbeiterInnen Migrationshintergrund haben. Da müsste wohl vor allem auch beim Fremdenrecht angesetzt werden?

Sauer: Genau, so ist es. Die Mehrzahl der in Wien Sexarbeitenden sind MigrantInnen und viele sind illegalisiert. Deshalb können sie auch gar keiner legalen Beschäftigung nachgehen. Wenn man also den/die SexarbeiterIn als UnternehmerIn sieht, geht das an den realen Bedingungen vorbei. Neben spezifischen Rechten müsste man auch diskutieren, wie man mit den SexarbeiterInnen ohne Aufenthaltstitel umgeht.

Da hat es in Österreich schon - wenn auch prekäre - Regelungen gegeben. Zum Beispiel wurde versucht über das so genannte Tänzerinnen-Visum, das ähnlich wie Saisonarbeit funktioniert, migrantische Sexarbeiterinnen zu legalisieren. Auch Asylwerberinnen haben die Möglichkeit legal in der Sexarbeit zu arbeiten, wenn sie sich registrieren. Aber die Voraussetzung ist eben die Registrierung, damit man in Wien legal in der Prostitution arbeiten kann. Und registrieren kann man sich nur, wenn man einen Aufenthalt hat.

derStandard.at: Der Unterschied zwischen vielen Pflichten - wöchentliche Gesundheitsuntersuchung, hohe Steuern, willkürliche Kontrollen und verhältnismäßig hohe Verwaltungsstrafen - und den Rechten ist groß.

Sauer: Daran zeigt sich die Doppelmoral im Umgang mit Sexarbeit. Obwohl es eine Nachfrage nach Sexarbeit gibt, geht es in der Stadtpolitik immer wieder darum, Sexarbeit unsichtbar zu machen. Es gab zum Beispiel die absurde Idee, den Straßenstrich hinter das Technische Museum zu verbannen - in eine "dunkle Gegend". Die Rationalität dieser Politik ist: Prostitution dorthin zu verlagern, wo sie keinen stört und vor allem, wo sie keiner sieht.

Die Morde an Sexarbeiterinnen in diesem Jahr zeigen aber, wie unsicher derzeit der Arbeitsplatz Straße ist. Deshalb gibt es das Engagement von Frauenorganisationen, diese Situation und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

derStandard.at: Wie sieht es im Ländervergleich aus? Wäre es eine Idee, eine gesamtheitliche Richtline durch die EU zu verfassen?

Sauer: Im Prinzip sieht man am Fehlen einer EU-Regelung sehr gut, dass Prostitution nicht als Arbeit angesehen wird. Sonst könnte ja die Europäische Union sagen, dass hier ein Fall von unregulierter Arbeit vorliegt und dass die Nationalstaaten aktiv etwas für die Regulierung dieses Arbeitsbereiches und mithin für ArbeitnehmerInnenschutz tun müssten.

Es hat wohl Bestrebungen gegeben, dass die EU initiativ in Bezug auf Sexarbeit wird. Aber ich denke, das Thema ist viel zu kontrovers, als dass sich da etwas in Richtung einer einheitlichen Regelung entwickeln würde. So gibt es national ganz unterschiedliche Regelungen. Österreich reglementiert zwar Sexarbeit in bestimmter Hinsicht, z.B. die polizeiliche Registrierung, aber Rechte werden den SexarbeiterInnen vorenthalten.

Deutschland hat die Sittenwidrigkeit abgeschafft und damit SexarbeiterInnen die Möglichkeit gegeben, entweder als Selbständige oder als Angestellte zu arbeiten. In den Niederlanden gibt es ein ähnliches Modell. Aber sowohl die Erfahrungen in Deutschland, als auch in den Niederlanden zeigen, dass man mit dieser Art von Legalisierung alleine die Probleme in diesem Arbeitsfeld nicht beseitigen kann. Es gibt dort nach wie vor die illegalen MigrantInnen, die nicht als UnternehmerInnen oder Angestellte arbeiten können. Das Problem der Gewalt im Arbeitsfeld konnte nicht beseitigt werden.

Schweden ist ein Beispiel für einen prohibitiven Ansatz: Hier werden nicht SexarbeiterInnen bestraft, sondern die Klienten, also die Freier. Das schafft selbstverständlich auch Probleme: Damit werden sexuelle Dienstleistungen in die Illegalität abgedrängt. Und illegalisierte Bereiche sind immer Strukturen von Ausbeutung und Gewalt.

derStandard.at: Um auf die Bücher zurückzukommen: Unter dem Etikett "Saunaclub" wird der Gang in das Bordell fast als so etwas wie Wellness für gestresste Manager beschrieben. Vergangenes Jahr erschien "Die nackte Elite". Darin wird zum Beispiel berichtet, dass Ehefrauen den Seitensprung ihrer Ehemänner mit einer Prostituierten einfacher verkraften, als mit einer "Freundin". Freier werden immer mehr gesellschaftlich toleriert, bei SexarbeiterInnen ist das nicht der Fall. Wie sehen Sie das?

Sauer: Da muss man zunächst zwischen Formen der Prostitution unterscheiden. Es gibt hochpreisige Escortservices mit einigermaßen geschützten Räumen. Aber eben nur einigermaßen: Denn in Österreich gilt für alle Prostituierten dasselbe Problem: Sie sind ungeschützt und rechtlos, da sie wegen des Sittenwidrigkeitsvorbehalts keine Möglichkeit haben, ihr Geld einzuklagen.

Daneben gibt es den Straßenstrich. Der einzige Schutz dort sind Zuhälter. Aber das ist natürlich ein sehr prekärer Schutz, da sie gleichzeitig auch Ausbeuter sind. Wie in jedem ausbeuterischen Gewerbe, in dem man recht- und damit schutzlos ist, sind die Arbeitsbedingungen zudem brutal. Dazu kommt oft die Abhängigkeit von Drogen, weil der Job sonst nicht auszuhalten ist.

Das Kennzeichen von nicht regulierten, tabuisierten Arbeitsbereichen ist Gewalt. Es war ja eine Errungenschaft des Sozialstaats des 20. Jahrhunderts, dass Arbeitsverhältnisse geregelt wurden und ArbeiterInnen Rechte erhielten. Aber für Sexarbeit ist das eben nicht passiert.

Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Eigentlich muss man es begrüßen, dass zunehmend auch über Freier gesprochen wird und nicht nur über SexarbeiterInnen als Ursache der Probleme. Freier machen Lärm, wenn sie mit ihren Autos kreisen, oder sie wollen nicht zahlen oder Regeln nicht einhalten. Dies zu thematisieren, ist etwas Positives, was sich vor allem durch die Arbeit von Frauengruppen veränderte.

derStandard.at: Was wären die wichtigsten Schritte, um die Situation von SexarbeiterInnen zu verbessern?

Sauer: Vor allem muss die Sittenwidrigkeit - dabei handelt es sich ja nicht um eine Rechtsnorm, sondern um ein Gerichtsurteil - fallen. In Wien muss derzeit die wöchentliche Gesundheitsuntersuchung beim Gesundheitsamt durchgeführt werden. In anderen Bundesländern ist es bereits möglich, zu GynäkologInnen der eigenen Wahl zu gehen.

Die Regulierung des Arbeitsbereichs kann außerdem nicht der Polizei obliegen, sondern müsste bei der Wirtschaftskammer angesiedelt werden. Wie bei anderen Gewerben sollten SexarbeiterInnen sich als selbstständig anmelden oder angestellt werden können und dann Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten aushandeln können.

Dann müsste es die Möglichkeit der Organisierung von SexarbeiterInnen geben. In den frühen 80ern gab es den Versuch, eine Prostituiertengewerkschaft zu gründen und Mitglied im ÖGB zu werden. Es wurden alle möglichen Gewerkschaften, die in Frage gekommen wären, angefragt, aber alle haben abgewunken. Doch Selbstorganisation wäre eine Möglichkeit der Stärkung von SexarbeiterInnen.

Und man müsste insbesondere für die Illegalisierten Lösungen finden. Wenn sie länger hier sind, sollten sie einen Aufenthalt bekommen und damit auch die Möglichkeit, legal arbeiten zu können. Auch das Angebot von Beratungsstellen für SexarbeiterInnen sollte ausgebaut werden. Nicht zuletzt muss auch bei der Aufklärung von Freiern angesetzt werden. (Julia Schilly, derStandard.at, 2. November 2010)

Original: http://derstandard.at/1287099924165/der ... bar-machen
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

SPÖ und ÖVP verschieben Abschaffung der Sittenwidrigkeit

"Verschiebung auf St. Nimmerleinstag zeigt Doppelmoral auf" =

Wien (OTS) - "Seit Jahren gibt es sowohl von SPÖ als auch ÖVP
immer wieder Lippenbekenntnisse zur rechtlichen Besserstellung von
SexarbeiterInnen. Doch anstatt endlich an einem Strang zu ziehen und
aktiv zu werden, schieben die Regierungsparteien dieses Vorhaben
wieder auf die lange Bank", zeigt sich Judith Schwentner,
Frauensprecherin der Grünen, enttäuscht. Im gestrigen Gleichbe-
handlungsausschuss im Parlament wurde ein Antrag der Grünen, der eine
Verbesserung der Rechte von SexarbeiterInnen zum Ziel hatte, vertagt.

Auf Wiener Ebene gibt es einen Vier-Parteien-Beschluss zur
Abschaffung der Sittenwidrigkeit. Die Stadt Wien will im Zuge der
Novellierung des Prostitutiosgesetzes die Situation für Frauen und
AnrainerInnen verbessern. "Es ist unverantwortlich, Frauen dazu zu
zwingen, ihre Einkünfte zu versteuern und ihnen gleichzeitig das
Recht zu nehmen, ihre Einkünfte einklagen zu können", so die
Sozialsprecherin der Grünen Wien, Birgit Hebein. Aufgrund eines
Urteils des Obersten Gerichtshofs gilt Sexarbeit als sittenwidrig,
nicht entrichtete Honorare für sexuelle Dienstleistungen sind somit
nicht einklagbar.

Judith Schwentner, Birgit Hebein und die Frauensprecherin der Grünen
Wien, Martina Wurzer, möchten noch weitere Verbesserungen für
SexarbeiterInnen sehen. "Wenn in Deutschland SexarbeiterInnen eine
arbeits- und sozialrechtlich Absicherung bekommen, dann muss das auch
in Österreich möglich sein. Es ist hoch an der Zeit, dass die
Benachteiligungen von SexarbeiterInnen anderen Berufsgruppen
gegenüber wegfallen." Allerdings müsse es bei einer unselbständigen
Beschäftigung zu einer Einschränkung der Weisungsbefugnis der
ArbeitgeberInnen kommen. Die SexarbeiterInnen sollen selbst
entscheiden können, welche sexuellen Dienstleistungen sie anbieten
möchten.

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_ ... widrigkeit

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Beitrag von fraences »

Sexarbeit in Vorarlberg: Enttabuisierung notwendig

Die Realität um die Prostitution sehe anders aus, als es die offiziellen Verlautbarungen glauben lassen -

„Aus den Augen, aus dem Sinn“ sei das Prinzip, dem die Politik, die Exekutive aber auch die Gesellschaft als Ganzes in Vorarlberg in Sachen Prostitution folge, so die Grünen. Zuhälterkämpfe gehören der Vergangenheit an, den Straßenstrich gäbe es nicht mehr, die Begleitkriminalität sei eingedämmt. Gesetzliche Rahmenbedingungen brauche es keine, weil es Prostitution offiziell nicht gibt, weil sie offiziell gar nicht ausgeübt werden darf. Sie gilt als „Unzucht“ und ist sittenwidrig und damit hat es sich. So beschreiben die Grünen den offiziellen Umgang mit der Prostitution in Vorarlberg.


„Die Realität ist eine andere und alle wissen das“, hält die grüne Frauensprecherin Katharina Wiesflecker dazu fest. „In regelmäßigen Abständen werden Geheimbordelle ausgehoben. Laut Auskunft des früheren Sicherheitsdirektors Dr. Marent vor wenigen Jahren sollen es etwa 75 in Vorarlberg sein. Die Zahl der Table- Dance- Bars hat sich in den letzten Jahren auf 23 verdoppelt und es ist ein offenes Geheimnis, dass sie der Anbahnung von Prostitution dienen. Die Inseratenflut in einschlägigen Wochenzeitungen oder die Angebote über das Internet sprechen ebenfalls eine eindeutige Sprache. D.h. es gibt Prostitution in Vorarlberg und sie floriert.“

„Dieser Zustand ist unhaltbar! Sexdienstleistungen sind Bestandteil unserer Gesellschaft, die betroffenen Frauen gehören endlich entkriminalisiert, auch in Vorarlberg“, Wiesflecker überzeugt. Die Grünen werden dazu in den kommenden Tagen einen entsprechenden Antrag einbringen. „Dabei werden wir uns an aktuellen Novellierungen der Gesetze über Sexdienstleistungen in Oberösterreich und Wien anlehnen. Wesentliche Zielrichtungen werden sein, die Sittenwidrigkeit weg zu bekommen, die Zuhälter und Freier in die Strafbestimmungen mit hinein zu bekommen, vor allem wenn es um Minderjährige geht, und die Genehmigung von Bordellen von den Gemeinden zu entkoppeln.“
http://www.vol.at/sexarbeit-in-vorarlbe ... 1-02295522
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

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Beitrag von Zwerg »

          Bild
fraences hat geschrieben:„Dabei werden wir uns an aktuellen Novellierungen der Gesetze über Sexdienstleistungen in Oberösterreich und Wien anlehnen.
Dabei täten die Vorarlberger GRÜNEN gut daran, bevor sie blindlings sich an anderen Gesetzgebungen anschließen, sich die gerade jetzt entstehende Diskussion zum Thema in diesen Ländern anzusehen. Dann könnten sie die dort entstandenen Fehler vermeiden - nur müssten sie halt auch mit den Jenigen reden, die bisher von allen Diskussion ausgeschlossen wurden - den ExpertInnen - den SexarbeiterInnen selbst!!!

Wenn eine Gesetzgebung Leben gefährdet - und eine Gruppe gezielt diskriminiert - dann hört sich hoffentlich die interne Parteihörigkeit auf. Jeder Politiker, der Derartiges beschließt, muss sich seiner Verantwortung, in Bezug auf die Auswirkungen des Gesetzes bewusst sein!

christian

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Beitrag von nina777 »

26.10.2011

Prostitution nicht verboten, aber als Gewerbe nicht erlaubt

Legal geht nur als selbstständige Kleinunternehmerinnen ohne Arbeitslosenversicherung


In Österreich regelt jedes Bundesland die Ausübung des "ältesten Gewerbes der Welt". Dem Bund obliegt beispielsweise der mögliche Erlass der Sittenwidrigkeit, die maßgeblich die Rechtslosigkeit Prostituierter determiniert: 1989 wies der Oberste Gerichtshof die Klage zweier Prostituierter zurück, die von einem Freier mit ungedeckten Schecks betrogen wurden. Demnach ist Prostitution zwar nicht verboten, aber als Gewerbe auch nicht erlaubt. Weil Prostituierte als nicht vertragswürdig gelten, können sie auch nicht angestellt werden.

Legal können sie nur als selbstständige Kleinunternehmerinnen ohne Arbeitslosenversicherung tätig sein. Macht ein Kunde sich ohne Bezahlung aus dem Staub, ist er rechtlich unangreifbar. Ihr Einkommen müssen Prostituierte beim Finanzamt angeben und versteuern.

In Wien kann man legal als Prostituierte arbeiten, wenn man volljährig ist, sich bei der Bundespolizeidirektion registriert und sich wöchentlich beim Gesundheitsamt untersuchen lässt. Alle Daten werden auf der Kontrollkarte, dem "Deckel", vermerkt. Die bisherige Meldepflicht für Urlaub oder Berufsunterbrechung entfällt mit 1. November.

Mit dem neuen Gesetz wird die umstrittene Schutzzonen-Regelung ungültig, bei der Frauen bisher Strafe zahlen mussten, wenn sie im Umkreis von 150 Metern bei Schulen, Kindergärten oder Kirchen anbahnten.

Außerhalb von registrierten Gebäuden, etwa in Privatwohnungen, ist die Ausübung von Prostitution strafbar. Neben dem Verbot der Straßenprostitution in Wohngebieten darf die Polizei künftig auf Verdacht Hausdurchsuchungen durchführen und auch Freier belangen, die in Verbotszonen Kontakt aufnehmen. Telefonische Anbahnung ist von dieser Regelung ausgenommen.

Prostitutionslokale unterliegen fortan einer behördlichen Meldepflicht, und die Betreiber müssen einen Strafregisterauszug vorlegen.

http://derstandard.at/1319181310080/Wis ... ht-erlaubt


26.10.2011

Von Verbot bis Strafe für Freier

In welcher Form Prostitution erlaubt ist, ist Ländersache
Wien - Ein "Totalverbot des Straßenstrichs", lautet das Motto der aktuellen Kampagne der ÖVP Salzburg. Zwar bestehe dieses Verbot bereits, aber laut VP nur auf dem Papier. Deshalb will sie das Landespolizeigesetz verschärfen. Auch auf einem Straßenstrich erwischte Freier sollen bis zu 500 Euro Strafe zahlen müssen. Die SP hat im Landtag dem Antrag der VP zugestimmt, "rechtliche Details" werden jetzt ausgearbeitet.

Ob und in welcher Form Prostitution ausgeübt werden darf, ist Ländersache. Wie in Salzburg ist auch in der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg der Straßenstrich verboten. Erlaubt ist Prostitution nur in zugelassenen Bordellen, sowie "bewilligten bordellähnlichen Einrichtungen". In Niederösterreich und dem Burgenland ist Prostitution zu bestimmten Zeiten an gewissen öffentlichen Orten erlaubt, unter bestimmten Bedingungen auch in Wohnungen.

Vor einem Jahr beschloss der Tiroler Landtag ein neues Landespolizeigesetz mit mehr Befugnissen für die Exekutive. Polizisten dürfen nun Räume oder Gebäude auch ohne Durchsuchungsbefehl betreten, wenn begründeter Verdacht auf illegale Prostitution besteht. Im August wurden fünf Wohnungen in Innsbruck als illegale Bordelle enttarnt. Den Zuhältern drohen Strafen bis zu 36.000 Euro, den Prostituierten bis zu 1450 Euro.

http://derstandard.at/1319181310508/Hin ... uer-Freier
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

Sexarbeit
Einheitliches Gesetz für Sexarbeiterinnen gefordert

15. Februar 2012 14:23

Heinisch-Hosek fordert bundesweit einheitliche Gesetze und die Abschaffung der Sittenwidrigkeit der Sexarbeit

St. Pölten - Neun unterschiedliche Landesgesetze zum Thema Prostitution sind Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ein Dorn im Auge. In einer Pressekonferenz in St. Pölten forderte sie am Mittwoch gemeinsam mit Landesrätin Karin Scheele einheitliche Gesetze und die Abschaffung der Sittenwidrigkeit der Sexarbeit. Mit dem Justizministerium seien diesbezüglich schon Gespräche am Laufen - und bezüglich einer Einigung "schaut es ganz gut aus", meinte die Ministerin.

"Prostituierte in Österreich haben sehr viele Pflichten, aber kaum Rechte", stellte Heinisch-Hosek fest. Rund 5.500 registrierte Sexarbeiterinnen gibt es derzeit im ganzen Land, auf Niederösterreich entfallen davon 640. Die Dunkelziffer dürfte aber weitaus höher sein. Die große Mehrheit der Frauen habe Migrationshintergrund.

Der seit 2003 in Wien tätige Verein "Sophie" ist seit Herbst 2010 auch mit der Betreuung von Betroffenen in niederösterreichischen Bordellen beschäftigt. Straßenanbahnung von Prostitution ist im Bundesland verboten. Seither wurden in 61 Lokalen in elf Bezirken rund 800 Kontaktaufnahmen verzeichnet. 60 Frauen ließen sich in 200 Gesprächen beraten, bilanzierte Scheele. "Das kann sich sehen lassen."

Notwendige niederschwellige Hilfe

Die jahrelange Tätigkeit in Wien habe sich "als Türöffner in Niederösterreich" erwiesen, sprach Projektleiterin Eva van Rahden die von Anfang an vorhandene Vertrauensbasis zu den Betroffenen und den Behörden an. Die Betreuerinnen seien jeweils in Zweier-Teams unterwegs, würden angemeldet in den Einrichtungen erscheinen, sich dort vorstellen und ihre Hilfe anbieten.

Ein wichtiger Faktor sei die Möglichkeit von Beratungsgesprächen in der Muttersprache der Prostituierten, um eine möglichst niedrigschwellige Hilfe anbieten zu können. Die Mehrheit der Sozialarbeiterinnen habe selbst Migrationshintergrund, was zu einer deutlichen Kommunikationsverbesserung führen kann. Ein weiterer wesentlicher Punkt sei die "akzeptierende Haltung gegenüber der Tätigkeit", so van Rahden. "Wenn sie (die Frauen, Anm.) mit uns reden, müssen sie ihre Tätigkeit nicht verstecken", fuhr sie fort. Aufgrund der ablehnenden Haltung der Gesellschaft seien die Sexarbeiterinnen häufig sehr geübt darin, ihre wahre Arbeit zu verschleiern, wodurch die spezifischen Probleme, die bei dieser Form der Arbeit entstehen, aber nicht zur Sprache kommen könnten.

Zu den häufigsten Beratungsthemen gehören Aufklärung über die gesetzlichen Hintergründe in Österreich, Steuern, das Gesundheitssystem, Krankenversicherung und Schulden, berichtete die Projektleiterin. Weiters werden häufig Hilfestellungen beim Nachholen von Kindern aus der Heimat nach Österreich und beim Wechsel zu einer anderen Tätigkeit benötigt. Auch die Betreuung von schwangeren Prostituierten zählt zu der Aufgabe der Sozialarbeiterinnen. (APA)

http://diestandard.at/1328507814433/Sex ... -gefordert

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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Aoife »

Folgendes nimmt Bezug auf unten angehängtes .pdf, welches wiederum auf unsere Eingabe an die CAT Kommission der UNO Bezug nimmt:

Republik Österreich - Parlament


Parlamentskorrespondenz Nr. 303 vom 17.04.2012

Themenfelder:Frauen/GleichbehandlungSachbereich:Ausschusssitzungen des NationalratsStichworte:Nationalrat/Gleichbehandlungsausschuss/Heinisch-Hosek
Heinisch-Hosek: Notwohnung für Zwangsverheiratete vor Umsetzung
Sittenwidrigkeit von freiwilliger Sexarbeit soll fallen

Wien (PK) – Der Gleichbehandlungsausschuss befasste sich heute mit Anträgen von FPÖ, BZÖ und Grünen. Abgelehnt wurden Anträge der Freiheitlichen, die Altersgrenzen für Au-Pairs erweitern und einen Preis für Firmen mit hohem Frauenanteil in Führungspositionen schaffen wollen. Vertagt wurde die Forderung des BZÖ betreffend die Schaffung von Notwohnungen für von Zwangsheirat Betroffene mit der Begründung, dass sich dieses Projekt in der letzten Phase seiner Umsetzung befinde. Vertagt wurde auch der BZÖ-Antrag für eine Initiative des Frauenministeriums zur Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs von Frauen nach der "Babypause". Ebenfalls der Vertagung verfiel der Antrag der Grünen betreffend eine Neuregelung der rechtlichen Rahmenbedingungen von freiwilliger Sexarbeit als Gewerbe durch Abschaffung der so genannten "Sittenwidrigkeit". Mit dieser komplexen Problematik sei eine interministerielle Arbeitsgruppe befasst und bis zum Sommer dieses Jahres eine Gesetzesinitiative zur Abschaffung dieser Sittenwidrigkeit zu erwarten, hieß es dazu von Seiten der Regierungsfraktionen. Abgelehnt wurde schließlich ein weiterer Antrag der Grünen nach Erstellung eines Berichts über die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Freiheitliche setzen sich für "Granny Au-Pairs" ein

Zunächst stand der von der Freiheitlichen Abgeordneten Carmen Gartelgruber eingebrachte Entschließungsantrag auf eine Erweiterung der gesetzlichen Altersgrenzen für Au-Pairs auf der Tagesordnung. Es soll dadurch auch älteren Frauen als so genannten "Granny Au-pairs" die Möglichkeit gegeben werden, als Au-pair ins Ausland zu gehen. Die Abgeordneten Judith Schwenter (G), Gertrude Aubauer (V), Franz Riepl (S) und Ursula Haubner (B) meinten hingegen, es bestehe die Gefahr, dass man die Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse fördere. Daher sei es nicht sinnvoll, Au Pair als Arbeitsmodell für ältere Arbeitnehmerinnen gesetzlich zu verankern. Der Antrag ( 1495/A[E]) wurde daraufhin mit den Stimmen von S,V,B,G mehrheitlich abgelehnt.

… und für einen Innovationspreis für Firmen mit hohem Frauenanteil

Keine Zustimmung fand auch der Antrag der Freiheitlichen Abgeordneten Heidemarie Unterreiner nach Einführung eines Innovationspreises für Unternehmen mit einem besonders hohen Frauenanteil in Führungspositionen. Abgeordnete Martina Schenk (B) stimmte mit den Abgeordneten Christine Marek (V) und Judith Schwentner (G) überein, dass es bereits ausreichend Preise gebe, welche der Intention des Antrags entsprechen. Ein Anreiz durch einen zusätzlichen Preis sei nicht erkennbar.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek wies darauf hin, dass eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes in Arbeit sei, wonach Unternehmen mit mehr als 100 MitarbeiterInnen verpflichtet werden, Frauenförderpläne einzuführen. Davon erhoffe sie sich, dass mehr Firmen sich mit der Thematik auseinandersetzen und so positive Veränderungen in Gang gesetzt werden. Der Antrag ( 1568/A[E]) wurde nur von der FPÖ unterstützt und damit mehrheitlich abgelehnt.

BZÖ: Einrichtung einer Notwohnung für Betroffene von Zwangsheirat

Abgeordneten Martina Schenk (B) forderte die unverzügliche Einrichtung einer betreuten Notunterkunft für Betroffene von Zwangsheirat. Die Umsetzung des im Regierungsprogramm verankerten und bereits im Frauenbudget 2009 budgetierten Projekts sei überfällig, meinte sie. Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) erkundigt sich nach Details der Finanzierung der Notwohnungen. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) verwies darauf, dass diese nun gesichert sei. Das Projekt habe sich aufgrund der besonderen Sicherheitserfordernisse verzögert. Bis zur bevorstehenden Umsetzung könne der Antrag vertagt werden. Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (S) zeigte sich froh darüber, dass nun diese Lücke in der Umsetzung des Gewaltschutzpakets bald geschlossen werde.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) verwies hingegen auf noch ungelöste Betreuungsfragen bei minderjährigen Betroffenen. Darauf antwortete Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek, dass auch solche Fragen eine Lösung finden würden, wenn die erste Notwohnung realisiert sei, da viele kompetente Organisationen und Betreuungseinrichtungen eingebunden seien. Im Vorfeld sei eine Reihe von Fragen abzuklären gewesen, etwa die Aufteilung der Finanzierung zwischen Frauen- und Innenministerium. Diese wird nun je zur Hälfte von den beiden Ministerien getragen. Offen sei auch gewesen, was der bestgeeignete Standort sei. Nun sei entschieden, dass es eine anonyme Einrichtung im urbanen Umfeld sein solle. Sie bitte noch um ein klein wenig Geduld, sagte sie, sie werde dann Bericht erstatten. – Der Antrag ( 1904/A(E)) wurde mit S-V-Mehrheit vertagt.

BZÖ will Maßnahmen für den beruflichen Wiedereinstieg von Frauen

In einem weiteren Antrag des BZÖ ( 1905/A(E)) erhebt Abgeordnete Martina Schenk (B) die Forderung nach einer Initiative des Bundesministeriums für Frauen und Öffentlichen Dienst in Zusammenwirken mit den Unternehmen, um Frauen vor, während und nach der "Babypause" zu unterstützen und die Chancen für einen beruflichen Wiedereinstieg zu verbessern. Es gebe hier Handlungsbedarf, sagte Schenk. Sie wurde dabei von den Abgeordneten Judith Schwentner (G) und Edith Mühlberghuber (F) unterstützt. Die Abgeordneten Claudia Durchschlag (V) und Sonja Ablinger (S) sprachen sich hingegen unter Verweis auf Maßnahmen, die bereits in Umsetzung seien, und deren Erfolg abzuwarten sei, für eine Vertagung des Antrags aus, die daraufhin mit S-V-Mehrheit erfolgte.

Eine gesetzliche Neuregelung freiwilliger Sexarbeit steht bevor

Ausführlich widmete sich der Ausschuss dem Antrag ( 1165/A(E)) von Abgeordneter Judith Schwentner (G) nach einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung der Prostitution. Anzusetzen sei bei der Aufhebung der bisher bestehenden Sittenwidrigkeit auf Sexualkontakte, die gegen Entgelt angeboten werden. Durch eine

Entkoppelung der freiwillig ausgeübten Prostitution aus den Sitten- bzw. Anstandsnormen und Legalisierung der Sexarbeit als Erwerbstätigkeit sowie konsequente Eingliederung der Prostitution in das Arbeitsrecht, die Gewerbeordnung und das Vertragsrecht und eine rechtliche Gleichbehandlung solle es zur Gleichstellung von SexarbeiterInnen mit anderen Erwerbstätigkeiten kommen. Nur so könnten Arbeitsbedingungen verbessert werden. Außerdem müssten Änderungen im Fremdenrecht stattfinden. Der Antrag der Grünen ziele auch auf die Aufhebung der Meldepflicht bei der Sicherheitspolizei und auf Verbesserungen in den amtsärztlichen Untersuchungen von SexarbeiterInnen ab, erläuterte Schwentner.

Eine lebhafte Debatte schloss sich an die Wortmeldung der Freiheitlichen Abgeordneten Heidemarie Unterreiner und Dagmar Belakowitsch-Jenewein an. Sie meinten, es sei ein verfehlter Ansatz, hier ein Gewerbe wie andere auch sehen zu wollen. Man verkenne damit die Realitäten hinter der Prostitution, meinte Belakowitsch-Jenewein. Es sei naiv, davon auszugehen, dass diese durch arbeitsrechtliche Änderungen in den Griff zu bekommen seien. Außerdem habe sich gerade in Wien gezeigt, dass über die Schiene der Prostitution immer wieder versucht werde, Bestimmungen des Fremdengesetzes auszuhebeln und Aufenthaltstitel für Frauen, vor allem aus Osteuropa zu erlangen.

Dagegen meinte Abgeordnete Christine Marek (V), es sei wichtig, in dieser Frage zu differenzieren und eine offene Debatte über die Fragen, die sich etwa in arbeits- und sozialrechtlichen Bereichen ergeben, zu führen. Es gehe hier um jene Frauen, die sich selbstbestimmt für Sexarbeit entscheiden, ohne diese Entscheidung werten zu wollen, und deren Situation zu verbessern. Die Verbesserung der amtsärztlichen Untersuchung sei dringend geboten, da hier teils menschenunwürdige Bedingungen herrschten. Auch Abgeordneter Johann Hell (S) meinte, er könne dem Antrag viel abgewinnen. Seine Fraktion teile die Ansicht, dass bei der Abschaffung der Bestimmung über die Sittenwidrigkeit anzusetzen sei, um zu einer Regelung zu kommen. Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach sich für eine ehrliche Diskussion des Themas aus. Abseits jeder Wertung der betreffenden Dienstleistungen müsse man hier klare rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Kritisch sehe sie aber auch die Punkte, die das Fremdenrecht betreffen.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek wies darauf hin, dass eine parlamentarische Enquete zum Thema selbstbestimmte Sexarbeit schon vor einigen Jahren wichtige Erkenntnisse geliefert haben, die auch heute noch gültig seien. Die Aufhebung der so genannten Sittenwidrigkeit sei ein erster wichtiger Schritt, um weitere Maßnahmen beschließen zu können. Hier habe man in Gesprächen mit dem Justizministerium schon sehr gute Fortschritte erzielt. Sie spreche sich dafür aus, in weiterer Folge ein Bundesrahmengesetz zu schaffen, um damit die Länder einzubeziehen und bundeseinheitliche Regelungen schaffen zu können. Aufgrund der nunmehr zugesagten Unterstützung der ÖVP-Fraktion seien rasche Fortschritte zu erwarten. Bis zum Sommer werde es auch noch eine Klärung in vielen Teilbereichen geben, stellte die Ministerin in Aussicht.


Grüne sehen unterschiedliche Krisenfolgen bei Frauen und Männern

G-Abgeordnete Judith Schwentner meinte, führende Ökonominnen würden darauf hinweisen, dass sich die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre vor allen negativ auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Frauen ausgewirkt habe. Sie forderte einen Bericht der Bundesregierung über die geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, um daraus entsprechende Maßnahmen ableiten zu können.

In den Wortmeldungen der Abgeordneten Anna Franz und Dorothea Schittenhelm (beide V), Sonja Ablinger (S), Martina Schenk (B) und Susanne Winter (F) kam dagegen die Meinung zum Ausdruck, dass es an sich genug an Untersuchungen und Berichten zu diesem Thema gebe. Einhelligkeit herrschte aber darüber, dass die angesprochene Problematik an sich breit diskutiert werden sollte. Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (V) lud deshalb die Frauensprecherinnen aller Fraktionen dazu ein, sich zum Thema in der Nationalratsdebatte zu Wort zu melden, um dem berechtigten Anliegen Gehör zu verschaffen. Der Antrag auf Erstellung eines Berichts ( 1891/A(E)) erhielt nur die Zustimmung der Grünen und wurde damit mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

Geld für Sex ist nicht mehr sittenwidrig

01.06.2012 | 15:47 | PHILIPP AICHINGER (Die Presse)

Prostitution. Das Höchstgericht rückt von seiner bisherigen Linie ab. Nun können Sexarbeiterinnen ihr Entgelt einklagen. Denn Prostitution sei sogar gesetzlich geregelt.

[WIEN] Am Samstag wird der „Internationale Hurentag“ begangen, der an die schwierigen Arbeitsverhältnisse von Prostituierten erinnern soll. Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) kommt den Sexarbeiterinnen nun entgegen: Denn künftig können sie den Lohn für ihre Arbeit einklagen. Bisher hatte das Höchstgericht dies untersagt, weil Verträge über die geschlechtliche Hingabe als sittenwidrig gewertet wurden.

Nun aber hätten sich die Zeiten geändert, meint der OGH. Anlass für die Judikaturwende war ein Fall aus Kärnten, in dem der Nutznießer von Sexleistungen nicht bezahlen wollte. Dabei galt der Mann in dem Villacher Nachtklub als Stammkunde und als großzügiger Gast. Das Geld blieb der Mann zwar öfters schuldig, er hinterließ aber dafür quasi zur Sicherheit die Bankomatkarte seiner Mutter und zahlte ein paar Tage später. In der Zwischenzeit schoss immer wieder ein Kellner im Bordellbetrieb das Geld für die Frauen, die auf freier Basis beschäftigt waren, vor. Als der Mann aber aufhörte, seine Schulden zu bezahlen und die Bankomatkarte der Mutter gesperrt wurde, kam es zum Prozess. Der Kellner klagte den Freier auf rund 12.000 Euro, wovon sich 6170 Euro auf sogenannte „Mädchendienstleistungen“ bezogen, und der Rest auf Konsumationen (Getränke, Zigaretten).

Die Klage hatte in der Unterinstanz nur mäßigen Erfolg: Das Landesgericht Klagenfurt gewährte dem Kellner bloß Ersatz für die Konsumationen und setzte den Betrag dafür mit 3000 Euro fest. Das Entgelt für Prostituiertenleistungen könne man hingegen nicht einklagen, weil es sich dabei um ein sittenwidriges Geschäft handle. Das Oberlandesgericht Graz bestätigte das Urteil. Es sprach aber aus, dass der Weg zum Höchstgericht zulässig sei. Denn die letzte Entscheidung, in der der OGH ein Entgelt für Geschlechtsverkehr als sittenwidrig erachtete, geht noch auf das Jahr 1989 zurück.

Damals hatten die Höchstrichter noch erklärt, dass im Zusammenhang mit Prostitution häufig der Leichtsinn, die Unerfahrenheit, die Triebhaftigkeit oder die Trunkenheit von Personen ausgenützt werde. Zudem meinten die OGH-Richter in den 1980er-Jahren, dass die Prostitution eine Gefahr für familienrechtliche Institutionen darstelle.
Nicht alle Freier brauchen Schutz

Nun sehe die Welt aber anders aus, meint der OGH. Denn Prostitution sei in Österreich nicht nur nicht verboten. Nein, es gebe sogar landesgesetzliche Vorschriften, die eingehend die Rahmenbedingungen für Prostitution und Bordelle regeln. Daher könne man aus dem geltenden Recht keine Anhaltspunkte mehr auf eine Sittenwidrigkeit für dieses Gewerbe finden. Und „nicht alles, was als potenzielle Gefahr für familienrechtliche Institutionen oder als unmoralisch empfunden wird“, sei schon allein deswegen sittenwidrig. Auch die Gefahr des Leichtsinns von Freiern könne ausgeklammert bleiben: Denn wenn tatsächlich die Leichtsinnigkeit einer Person ausgenutzt wurde, könne das immer noch im konkreten Fall den Vertrag sittenwidrig machen. Aber eine generelle Regel, laut der jeder Vertrag über Sex sittenwidrig ist, brauche es nicht mehr.

Die Höchstrichter (3 Ob 45/12g) hielten daher fest: „Wurde die sexuelle Handlung gegen vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen oder geduldet, so begründet diese Vereinbarung eine klagbare Entgeltforderung.“ Auch Bordellbetreiber (bzw. hier der Kellner, an den der Bordellbetreiber seine Ansprüche abgetreten hatte) könnten Kunden belangen. Nun muss nur noch exakt geklärt werden, welche „Mädchendienstleistungen“ der Kunde konsumiert hat. Dafür wurde das Verfahren an das Erstgericht verwiesen.

Eines bleibe aber gleich, betonte der OGH: Auch weiterhin könne man, selbst wenn man das vertraglich vereinbart hat, den Sex selbst nicht gerichtlich einklagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2012)

http://diepresse.com/home/panorama/oest ... ttenwidrig

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Re: RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

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Zwerg hat geschrieben:Prostitutionsgesetz
OGH-Urteil: Prostituierte dürfen künftig Lohn einklagen


"Endlich", begrüßt Christian Knappik, Sprecher der Plattform Sexworker.at, das OGH-Urteil. Die Politik könne sich nun nicht mehr auf die Sittenwidrigkeit ausreden. "Wenn Prostitution ein anerkanntes Gewerbe ist, gibt es keinen Grund mehr, Verbesserungen nicht umzusetzen." Wichtig sei für ihn, dass sich diese Ansicht auch in anderen Gesetzen wiederfindet. In Deutschland, wo die Sittenwidrigkeit 2001 gekippt wurde, entwickelten sich zahlreiche "Flatrate-Puffs" - das gelte es laut Knappik zu vermeiden. "Wir wollen kein Angestelltenverhältnis, Sexarbeit darf weder delegierbar noch weisungsgebunden sein."

Das sieht auch der OGH so: Vereinbarter Sex kann nicht gerichtlich eingeklagt werden. Dass die sexuelle Autonomie im Urteil klar formuliert ist, zeuge von einer ernsthaften Auseinandersetzung, meint Eva van Rahden von der Prostituiertenberatungsstelle Sophie. Die Entscheidung sei insgesamt ein sehr positiver Schritt.
Ein erster wichtiger Schritt! Nun ist die Politik gefordert entsprechende Gesetze umgehend umzusetzen welche die Erkenntnis des OGH berücksichtigen! Sexarbeit ist nicht sittenwidrig! Somit darf man auch in anderen Bereichen die Rechte von SexarbeiterInnen nicht weiter negieren!

Den ganzen Artikel findet Ihr im WienThread unter viewtopic.php?p=117473#117473

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Re: RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Sentenza »

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Zwerg hat geschrieben:Nun ist die Politik gefordert entsprechende Gesetze umgehend umzusetzen welche die Erkenntnis des OGH berücksichtigen!
Was wären denn entsprechende Gesetze, die irgendwie aus der Entscheidung des OGH folgen würden?

Der OGH hat festgestellt, dass die Vereinbarung einer Prostituierten mit ihrem Kunden nicht generell sittenwidrig ist und dass diese Vereinbarung daher eine einklagbare Entgeltforderung begründet. Was weiter soll daraus folgen?

Dass ein Geschäft nicht sittenwidrig ist, bedeutet nicht, dass es der Gesetzgeber als unproblematisch und keiner weiteren Reglementierung bedürftig ansehen muss. Wenn ich zum Beispiel eine Schusswaffe gegen Entgelt erwerbe, ist das auch ein normales, gültiges Rechtsgeschäft. Trotzdem steht es dem Gesetzgeber frei, den Erwerb von Schusswaffen streng zu reglementieren.

Wenn wir etwa an die seit Monaten heftig diskutierte Problematik des Straßenstrichs denken, so ändert es wohl wenig, ob das Geschäft, dem die SW auf der Straße nachgehen, ein verbindliches Rechtsgeschäft darstellt oder ob dieses Geschäft auch ohne einklagbare Verträge floriert. Dass ein Geschäft nicht sittenwidrig ist, bedeutet nicht, dass es überall und in jeder Weise erlaubt sein muss.

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Re: RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

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Sentenza hat geschrieben:Wenn wir etwa an die seit Monaten heftig diskutierte Problematik des Straßenstrichs denken, so ändert es wohl wenig, ob das Geschäft, dem die SW auf der Straße nachgehen, ein verbindliches Rechtsgeschäft darstellt oder ob dieses Geschäft auch ohne einklagbare Verträge floriert. Dass ein Geschäft nicht sittenwidrig ist, bedeutet nicht, dass es überall und in jeder Weise erlaubt sein muss.
Vollkommen richtig - deshalb auch unsere Aufforderung an die Stadtregierung sofort zu handeln -> Bisher wurde nur in etlichen Gesprächen von Seiten der Verantwortlichen immer betont, dass das Wichtigste der Fall der Sittenwidrigkeit wäre (obwohl da die Stadt Wien keine Handhabe hatte) -> Und da dies jetzt (ohne Zutun der Regierung durch das Urteil des OGH) hinfällig ist, fordern wir (unter Anderem Heute am Internationalen Hurentag ab 14 Uhr am Praterstern) endlich auch in Richtung der unaufschiebbaren Probleme (untragbare Zustände am Straßenstrich - aber auch Probleme bzgl. der Genehmigungen usw.) tätig zu werden.

Von Jubelstimmung sind wir noch weit entfernt! Aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung!

christian

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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

Heinisch-Hosek: OGH-Urteil zur Sittenwidrigkeit von Prostitution ist richtungsweisend
Entscheidung sollte klare gesetzliche Regelung folgen


Wien (OTS/SK) - Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek begrüßte
heute anlässlich des Internationalen Hurentages das jüngste
OGH-Urteil zur Sittenwidrigkeit von Prostitution. "Der Oberste
Gerichtshof hat sein Urteil aus dem Jahr 1989 revidiert und stellt
fest, dass bezahlte Sexdienstleistungen nicht mehr sittenwidrig sind.
Dieses Urteil ist richtungsweisend für die rechtliche Besserstellung
von Sexarbeiterinnen", so die Frauenministerin heute, Samstag, im
Gespräch mit dem SPÖ-Pressedienst. ****

Was es jetzt allerdings brauche, sei ein klares politisches
Bekenntnis und eine gesetzliche Regelung, die über dieses Urteil
hinausgeht. "Die Frauen brauchen Rechtssicherheit was ihre arbeits-
und sozialrechtliche Situation angeht. Dieses Urteil zeigt die
Richtung auf, in die es gehen sollte. Jetzt ist die Politik
gefordert", so Heinisch-Hosek. Konkret zähle sie auf die
Justizministerin, die aufgefordert sei, hier eine entsprechende
Gesetzesvorlage auszuarbeiten. "Sexarbeiterinnen haben heute
zahlreiche Pflichten, aber kaum Rechte. Mit der Aufhebung der
Sittenwidrigkeit alleine ist es da nicht getan. Vielmehr sollte es
der Anstoß sein für eine allgemeine rechtliche Besserstellung von
Sexarbeiterinnen", betont Heinisch-Hosek

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_ ... ngsweisend

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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

Heinisch-Hosek: Begrüße klare Empfehlung für die Aufhebung der Sittenwidrigkeit
Bericht der AG Länderkompetenz Prostitution heute im Ministerrat

Wien (OTS) - "Ich begrüße die klare Empfehlung für die generelle
Aufhebung der Sittenwidrigkeit. Denn das ist ein Schritt, um die
Rechte von Sexarbeiterinnen zu stärken", sagte Frauenministerin
Gabriele Heinisch-Hosek zum heutigen Ministerratsvortrag über die AG
Länderkompetenz Prostitution.

Die Aufhebung der Sittenwidrigkeit könne nicht der einzige Schritt
sein, der Bericht der AG Länderkompetenz Prostitution sehe daher
weitere Empfehlungen zur Stärkung der Rechte von SexarbeiterInnen
vor: "Von einer Bundeskompetenz zur Regelung der Prostitution, über
wirksame Maßnahmen gegen Zuhälterei und Menschenhandel bis hin zu
einem Werbeverbot für Unsafe-Sex-Praktiken haben unsere Expertinnen
und Experten einen großen und guten Maßnahmenkatalog vorgeschlagen",
so die Ministerin.

"Ich halte es für enorm wichtig, die Rechte von Sexarbeiterinnen zu
stärken. Denn nur so können wir effektiv die Ausbeutung von Frauen in
der Sexarbeit bekämpfen. Der heutige Ministerratsvortrag ist ein
wichtiger Puzzlestein dazu. Weitere Gespräche mit den zuständigen
Ressorts sind schon vereinbart", meinte Heinisch-Hosek zum Schluss.

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_ ... widrigkeit


Schwentner: Rechte von SexarbeiterInnen stärken
Grüne fordern Ausarbeitung eines Rahmenplans

Wien (OTS) - "Die Empfehlung zur umfassenden Aufhebung der
Sittenwidrigkeit von Sexarbeit sollte rasch umgesetzt werden. Das ist
ein klarer Arbeitsauftrag an Frauenministerin Gabriele
Heinisch-Hosek, die Ausarbeitung eines Rahmenplans zur Stärkung der
Rechte von SexarbeiterInnen federführend zu koordinieren", sagt
Judith Schwentner, Frauensprecherin der Grünen, in Reaktion auf die
heutige Präsentation des Berichts der Arbeitsgruppe Länderkompetenz
Prostitution im Ministerrat. Dieser empfiehlt die generelle
Aufhebung der Sittenwidrigkeit. Nun sei es wichtig, dass auch
tatsächlich entsprechende Schritte gesetzt würden. Sonst bestünde die
Gefahr, dass die Empfehlungen der Arbeitsgruppe in der Schublade
verschwänden.

Bei der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung von
SexarbeiterInnen ortet Judith Schwentner noch viel Aufholbedarf.
"Eine Anstellung von SexarbeiterInnen als unselbständige
ArbeitnehmerInnen ist derzeit nicht möglich. Deshalb sind Sowohl der
Bund als auch die Länder jetzt gefordert, gesetzliche Maßnahmen
auszuarbeiten, die die Arbeitssituation von SexarbeiterInnen
verbessern. Denn je mehr Rechte die Frauen in der Sexarbeit haben und
je besser diese abgesichert sind, umso geringer ist die Gefahr der
Ausbeutung", meint Judith Schwentner.

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_ ... n-staerken

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Aoife
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Re: RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Aoife »

          Bild
Zwerg hat geschrieben:der Bericht der AG Länderkompetenz Prostitution sehe daher
weitere Empfehlungen zur Stärkung der Rechte von SexarbeiterInnen
vor: "Von einer Bundeskompetenz zur Regelung der Prostitution, ...,
so die Ministerin.
Schwer abzuschätzen, ob die Ministerin selbst an ihre Worte glauben kann ...

"Stärkung der Rechte" und "Bundeskompetenz zur Regelung" schließen sich bei einem Thema das die Intimsphäre betrifft unweigerlich aus - denn das grundlegendste Recht in dieser Sphäre, das der sexuellen Selbstbestimmung, wird durch jeden staatlichen Regelungsversuch außer Kraft gesetzt - eine so einfache Logik, dass es schwerfällt zu glauben, dass dieser Aspekt nicht bewußt einer beschönigenden Überwachungs- und Kontrollrhetorik geopfert wurde.

Trotzdem wäre es auch vorstellbar, dass die Ministerin aufgrund einer ideologischen Realitätsverzerrung diese sich selbst widersprechende, die Grundrechte verhöhnende Argumentation gar nicht wahrgenommen hat. Die Utopie der Frauenemanzipation ist ja historisch stark an die Sklavenemanzipation nach dem amerikanischen Bürgerkrieg angelehnt. Und wer nicht nur vom Hörensagen her glaubt dass die Sklaven freigelassen worden seien, sondern die Dokumente studiert hat, der weiß, dass die Sklaven der Südstaaten-farmer keineswegs freigelassen wurden, sondern dass im 14th amendment der US-Verfassung von 1871 festgelegt wurde, dass die Sklaven aus Privatbesitz in Staatsbesitz übergehen.

Vor diesem Hintergrund wäre es durchaus denkbar, dass eine emanzipatorisch frauenbewegte Ministerin gar nicht bemerkt, dass der Versuch vereinzelte persönliche Zuhälter durch den universellen Zuhälter Staat zu ersetzen mit den Grund- und Menschenrechten unvereinbar ist.

Nur - die Europäische Menschenrechtskonvention ist von Österreich ratifiziert worden. Eine Frauenministerin, die die Intimsphäre von Frauen (und sei es auch nur einer Minderheit von Frauen) staatlich kontrolliert sehen möchte, brauchen wir nicht wirklich. Eigentlich brauchen wir überhaupt keine Frauenministerin - das ist nur Augenwischerei in einem Staat, der Grundrechte von Frauen trotz Kritik der UNO-Folterkommission weiterhin geflissentlich mißachtet. Wir brauchen keine Emanzipation (die eben geschichtlich nichts anderes als den Übergang in Staatseigentum bedeutet), wir brauchen die Freiheit, die in den Grund- und Menschenrechten festgeschrieben ist.

Es mag ja in der Prostitution Einzelfälle von übergriffigen (Geschäfts-)Partnern geben - damit aber staatliche Übergriffigkeit gegen alle Prostituierten rechtfertigen zu wollen ist so absurd, dass nur die 190jährige Propaganda Staatseigentum zu sein sei gleichbedeutend mit Freiheit erklären kann, warum eine Forderung nach Bundeskompetenz nicht das politische Ende bedeutet ... nicht weil die ja wirklich unbedeutende Anzahl der Prostituierten (0,8% wenn ich es richtig im Kopf habe) irgendeine Bedeutung bei sogenannten Wahlen haben könnte, sondern weil jeder Bürger, ja jeder Mensch, erkennnen müsste, dass es seine Rechte sind, die hier mit Füßen getreten werden. Wenn er eben nicht durch Erziehung und ständige Medienberieselung hypnotisiert wäre zu glauben - ja so fest daran zu glauben, dass er als Soldat oder Polizist sogar sein Leben dafür opfern würde - dass Staatseigentum zu sein die höchste Form der Freiheit darstellt.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von fraences »

Gewerkschaft für Prostituierte
Genf: Prostituierte gründen eigene Gewerkschaft - Auch in Österreich notwendig?



In der Schweizer Stadt Genf haben sich 150 Prostituierte zusammengeschlossen, um eine eigene Gewerkschaft zu gründen. Möglicherweise wird die Gewerkschaft, die sich unter anderem gegen Mietwucher und Lohndumping einsetzen will, sogar bald in den Schweizer Gewerkschaftsbund aufgenommen. In Österreich ist es wohl noch lange nicht so weit.


Für Renate Blum von der Organisation „LEFÖ“, die sich für die Rechte von Migrantinnen und migrantischen Sexarbeiterinnen einsetzt, ist neben Genf auch Deutschland ein Vorbild für Österreich. Die Dienstleistungsgewerkschaft VERDI engagiert sich dort seit Jahren für die Rechte von Sexarbeiterinnen und hat einige arbeits- und sozialrechtliche Verbesserungen durchgesetzt. In Österreich fühlt sich am ehesten die GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) zuständig, die seit langem versucht, auch prekär Beschäftigte zu organisieren. Die Bemühungen um die Vertretung der Interessen von Sexarbeiterinnen seien, laut Blum, einige Jahre sehr intensiv verfolgt worden und einige Forderungen von „LEFÖ“ auch aufgegriffen worden. Seit einiger Zeit sind diese Bemühungen jedoch wieder eingeschlafen: „Es waren in erster Linie einige engagierte Einzelpersonen, die sich diesem Thema angenommen haben. Seit es diese nicht mehr gibt, ist der Kontakt etwas eingeschlafen.“

Prekäre Arbeitsbedingungen
Die Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit sind prekär. Neben dem Dauerthema Menschenhandel, sind Scheinselbständigkeit und das Fehlen einer adäquaten gesetzlichen Absicherung wichtige arbeitsrechtliche Probleme dieser Berufsgruppe. Bis vor kurzem hatten Prostituierte nicht einmal die Möglichkeit ihren Lohn einzuklagen. Da ihr Gewerbe als sittenwidrig angesehen wurde, hatten sie keine Möglichkeit erbrachte Leistungen gesetzlich einzuklagen. Das hat sich erst am 18. April 2012 durch eine neue Höchstgerichts-Erkenntnis geändert. Wie sich die Gesetzesänderung nun auswirken wird, werden erst die kommenden Monate ergeben, erklärte Blum.

In Vorarlberg ist Prostitution bis heute überhaupt verboten. Sie darf nur in bewilligten Bordellen ausgeführt werden und diese gibt es nicht. Die gesamte Sexarbeit findet deshalb im Verborgenen statt. Auch in anderen Bundesländern ist Prostitution nur in Bordellen gestattet, während es in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland zum Teil auch außerhalb dieser Einrichtungen stattfinden darf. Aber wo Prostitution erlaubt ist, kann sie nicht als Gewerbe angemeldet werden. Als „Neue Selbstständigkeit‘“ ist sie laut dem Verein „soph!e - Bildungsraum für Prostituierte“ nicht ausübbar.

Außerhalb des erlaubten Rahmens sind Sexarbeiterinnen häufig mit hohen Verwaltungsstrafen konfrontiert, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen.
In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Prostitution zunehmend in den Bereich migrantischer Arbeit verlagert. Für diese kommen neben den Schwierigkeiten des Arbeitsrechtes, noch Probleme mit dem Fremdenrecht hinzu. Etwa 95 Prozent der in Bordellen und am Straßenstrich tätigen Sexdienstleisterinnen sind Migrantinnen. Besonders häufig aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn.

Viele Pflichten, wenig Rechte
Wer der Sexarbeit nachgeht, muss zu wöchentlichen Pflichtuntersuchungen erscheinen. In Wien und dem Burgenland müssen sich Sexdienstleisterinnen außerdem persönlich melden. Angestellt können sie als Prostituierte aber nicht werden. Die einzige Möglichkeit zu einer Versicherung zu kommen, ist als Selbständige über die SVA. Das ändert aber nichts daran, dass sie voll steuerpflichtig sind.

Aktuell gilt es vor allem abzuwarten, wie sich die Höchstgerichtserkenntnis, dass Prostitution nicht mehr sittenwidrig ist, auswirken wird. Sollte die Erkenntnis in allen arbeitsrechtlichen Bereichen Anwendung finden, dürfte sich die Arbeitssituation von Prostituierten deutlich verbessern. Denn auch ein Zugang zu Krankengeld, zur Arbeitslosenversicherung und anderen Sozialleistungen, für die Sexdienstleisterinnen mit ihren Steuern ja beitragen, wäre dann möglich.

Kaum Nachfrage nach Beratung
Andrea Schober von der GPA stellte klar, dass bislang noch nie Prostituierte die Beratungsstellen der Gewerkschaft für arbeitsrechtliche Beratungen in Anspruch genommen hätten. Zwar würde die GPA prinzipiell auch prekär Beschäftigte und neue Selbständige vertreten und somit auch Prostituierte, aber der Zugang zum Milieu sei ein sehr schwieriger. Schober geht davon aus, dass viele arbeitsrechtliche Probleme innerhalb der Szene geklärt werden und deshalb kaum jemals Hilfe von außen in Anspruch genommen wird. Das Problem sei, dass die Arbeitsbedingungen im Gewerbe insgesamt so schlecht seien, dass die arbeitsrechtlichen Probleme meist die geringsten seien. Eine tatsächliche Selbständigkeit, gebe es nur selten, in Wirklichkeit handelt es sich meist um eine Schein-Selbstständigkeit die häufig von Zuhältern kontrolliert werde.

Allerdings würde die GPA häufig mit Vereinen wie LEFÖ zusammenarbeiten, um gemeinsam an einer Besserstellung von Sexarbeiterinnen zu arbeiten. Wenn sich Sexarbeiterinnen an die GPA wenden würden, könnten sie außerdem sehr wohl behilflich sein. Beispielsweise in der Beratung, bei der Einklagung von vorenthaltenem Lohn, oder in zivil- und arbeitsrechtlichen Prozessen. Renate Blum von LEFÖ betonte, dass es jedenfalls das Ziel sein müsse, eine tatsächliche Selbstständigkeit herbeizuführen. Wofür sich in erster Linie die arbeits- und sozialrechtlichen Probleme verbessern müssten.

Eine eigene Gewerkschaft ist wohl noch weit entfernt, allerdings gibt es bereits diverse Maßnahmen der Selbstorganisation. Auf sexarbeiter.at (müsste sexworker.at heißen)ist beispielsweise ein Forum aktiv, das Sexdienstleisterinnen über ihre Rechte informiert und den Gedanken- und Ideenaustausch in diesem Bereich fördert. Auch der Verein „LEFÖ“, das Bildungszentrum „soph!e“ und viele andere tragen zu dieser Selbstermächtigung bei.

http://www.news.at/a/sexarbeit-gewerksc ... esterreich
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

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Beitrag von Zwerg »

Ich habe vor einigen Stunden mit dem Journalisten gesprochen - natürlich meinte man im obigen Artikel sexworker.at...... Es wurde mir zugesagt, dass zumindest in der Online-Ausgabe Morgen eine Richtigstellung erfolgen wird.

Edit 11.09. 11:00 Uhr: Mittlerweile wurde sexworker.at im Artikel angegeben und auch auf uns verlinkt. Wofür wir uns natürlich herzlich bedanken. EDITENDE

christian

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Marc of Frankfurt
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Abschlußbericht komperative Prostitutionspolitikforschung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ländervergleich Prostitutionspolitik Österreich Niederlande


mit Anhang zu Schweden
(S.Dodillet, P.Östergren)



von
Hendrik Wagenaar, Professor of Town and Regional Planning Uni Sheffield, Uni Leiden
Sietske Altink, Uni Leiden, rode draad Amsterdam
Helga Amesberger, Institut für Konfliktforschung, Uni Wien

Verdus - Initiative nachhaltige Stadtplanung

darin:
Politics of Prostitution - Governance
Moral Politics
Critique of the legal definition of trafficking
Alternative framework and migration, where exploitation can occur
Operationalization of Sexual and Economic Exploitation in Prostitution (chart)
128 sex workers interviewed
...

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RE: Länderberichte ÖSTERREICH:

Beitrag von Zwerg »

Ein Job wie jeder andere?

Leitartikel von Ulrike Weiser (Die Presse)

Nach dem Auffliegen eines Menschenhändlerringes fragen manche: Wäre die Situation von Prostituierten besser, wäre es ein normales "Business"? Von der Politik sollten sie keine Antwort erwarten.

Der Fall fiel auf. Zuerst durch seine Dimension. Bei einer Großrazzia sprengte die Polizei in Wien einen Ring mutmaßlicher Menschenhändler. 21 Frauen wurden befreit, hundert sollen betroffen sein. Gleich danach meldete sich in der „ZiB24“ ein Vertreter der Sexarbeiter-Lobby zu Wort - und sagte ebenfalls Auffallendes. Hätten Prostituierte mehr Rechte und wäre Prostitution ein anerkanntes Geschäft, hätten es solche Banden schwerer. Klingt gut, aber stimmt das?

Anmerkung: Es geht um folgendes Interview: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 717#133717

In Europa gibt es zwei völlig unterschiedliche Wege, mit Prostitution umzugehen. Verbieten wie die Schweden. Oder es als "normales Business" zu behandeln wie die Deutschen. Wobei beide Länder behaupten, dass ihr Modell den Menschenhandel eindämmt. Das Verbot erschwere kriminelle Geschäfte, sagen die Schweden. Verbote treiben die Frauen in die Illegalität, rechtliche Absicherung mache die "Branche" transparenter, sagen die Deutschen. Und was sagt Österreich? Wenig. Tatsächlich sind wir dem deutschen Modell näher. Allerdings ist uns die jüngste Weichenstellung "passiert". Sie kam – wie bei heikleren Themen hierzulande üblich - nicht von Politikern, sondern Richtern. Im Vorjahr urteilte der Oberste Gerichtshof, dass es nicht angehe, dass der Staat Prostituierten detaillierte Vorschriften mache, es ihnen aber verwehre, ihren Lohn einzuklagen. Der OGH hob die Sittenwidrigkeit von Verträgen zwischen Prostituierten und Kunden also auf. Seit diesem symbolischen Akt (der Lohn wird ja selten eingeklagt) wird gewartet. Auf die nächsten logischen Schritte: Arbeitsverträge für Prostituierte, rechtliche Integration in die Jobwelt, auf das deutsche Modell eben.

Jedoch: Passiert ist nichts. Auch die Frauenministerin, die das OGH-Urteil bejubelte, ist verstummt. Es mag daran liegen, dass das deutsche Modell, wenn man es durchdenkt, in seinen Nebenwirkungen erschreckt: Wer dazu Ja sagt, sagt auch Ja zu Flatrate-Bordellen. Prostitution wäre eine von vielen Varianten, sein Geld zu verdienen, der Tausch Sex gegen Geld "normal" und nicht jede Prostituierte wäre per Definition "Opfer". Das aber will so keiner sagen, weil man dann gesellschaftspolitisch in Teufels Küche kommt. Allerdings - und das ist die Ironie: Aus denselben Gründen wagt keiner das Gegenteil – ein Verbot à la Schweden, wo nicht die Frauen, sondern die Kunden bestraft werden - zu diskutieren. Zu vorhersehbar sind die Reaktionen: prüde, frauenbevormundend, realitätsfremd. Eine Welt ohne Prostitution kann sich die heimische Regierung offenbar nicht einmal in der Debatte als Ziel vorstellen. Statt über das "Ob" zu reden, verwaltet man das "Wie" - verschiebt in Wien Straßenstriche quer durch die Stadt, formuliert in Vorarlberg Auflagen für Bordelle so, dass es keine gibt. Die "große Lösung" hängt indessen in der Warteschleife. Man müsse erst "nachdenken", heißt es. Nichts gegen das Nachdenken, immerhin ist Prostitution in all ihren Facetten ein komplexes Phänomen. Jedoch: Schweden hat seine Regelung 1999 eingeführt, Deutschland 2002. Zum Grübeln und Vergleichen war viel Zeit. Daher darf man vermuten: Nach dem Denken wird nichts kommen – außer ein Hin-und Wegschauen wie bisher. Vielleicht traut man sich ja zumindest, das zuzugeben. Irgendwann.

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Melanie_NRW
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Sexarbeit: Verbieten – oder als Job wie jeden anderen bewert

Beitrag von Melanie_NRW »

Sexarbeit: Verbieten – oder als Job wie jeden anderen bewerten?

HELGA AMESBERGER UND HENDRIK WAGENAAR (Die Presse)

Gastkommentar. Zur schwedischen und deutschen Prostitutionspolitik gibt es bessere Alternativen – eine „große Lösung“ kann es aber nicht geben.


Ulrike Weiser legt in ihrem Leitartikel vom 20.Juli nahe, dass die Politik die Wahl hätte zwischen zwei mehr oder weniger gleichen Prostitutionsregimen: dem schwedischen Modell, das den Kauf von sexuellen Dienstleistungen verbietet, und dem in Deutschland gewählten Weg, Sexarbeit als einen „Job wie jeden anderen“ zu betrachten. Dazu ist mehreres anzumerken:
Erstens handelt es sich bei den beiden Systemen keineswegs um zwei beliebige, in ihren Konsequenzen für Sexarbeiterinnen ununterscheidbare Wege. Beginnen wir mit Schweden. Trotz gegenteiliger Behauptungen schwedischer (feministischer) Politiker haben das schwedische Sexkaufverbot und weitere prostitutionsrelevante Gesetze nicht zu den erwarteten und nach wie vor propagierten Erfolgen geführt. Sie haben weder prostitutionshemmende Wirkung, noch werden Freier abgeschreckt.

Dies zeigt eindrücklich die Studie von Susanne Dodillet und Petra Östergren (im Rahmen unseres Forschungsprojektes), die sich hierfür vorwiegend auf Dokumente, Erhebungen und Materialien schwedischer Behörden stützen. Bedeutender ist jedoch, dass das schwedische Modell gravierende negative Auswirkungen auf die Sexarbeiterinnen hat, das Gesetz also nicht, wie von den Politikern immer betont wird, ausschließlich die Kunden bestrafen würde. In Schweden können Sexarbeiterinnen weder Wohnungen noch Hotelzimmer für die Ausübung ihrer Tätigkeit mieten, Bordelle sind per Gesetz verboten.


Verstärkte Stigmatisierung

Vermieter sind verpflichtet, Mietverträge für Räumlichkeiten, die zur Prostitution genutzt werden – und seien diese auch gleichzeitig der Lebensraum –, zu kündigen. Sie können auch nicht für ihre Dienstleistungen werben. Einer der schwerwiegendsten unbeabsichtigten Effekte dieser Politik ist wohl die verstärkte Stigmatisierung. Mit der Behauptung, dass alle Sexarbeiterinnen Opfer und ausgebeutet seien (und alle Kunden Missbrauchstäter), werden stereotype Vorurteile genährt und gefestigt. Teils mit weitreichenden, entwürdigenden Konsequenzen.

Die Stigmatisierung zeitigt jedoch auch negative Auswirkungen in Bezug auf die Kooperation von Sexarbeiterinnen (und Kunden) mit der Polizei und dem Justizsystem. Die Gesetzeslage hält in der Prostitution tätige Personen davon ab, Hilfe zu suchen, Missstände zur Anzeige zu bringen und bei Gericht auszusagen. Auf dem Straßenstrich gibt es zudem Anzeichen, dass sich das Gewalt- und Ausbeutungsrisiko verstärkt hat.

Nun zum „Gegenmodell“ Deutschland: Das deutsche Prostitutionsgesetz umfasst nicht mehr als drei Artikel und ist nicht länger als eine Seite. Im Wesentlichen sind darin das Rechtsverhältnis zwischen Sexarbeiterinnen und Kunden (Anspruch auf Entgelt bei geleisteter Dienstleistung) bzw. Bordellbetreibern (abhängige Beschäftigungsverhältnisse bei gleichzeitigem eingeschränkten Weisungsrecht sind möglich) geregelt. Das heißt, es fehlt an Regelungen zu Arbeitsbedingungen, der sozialen Absicherung, der Ausstattung von Bordellbetrieben, zum Werbeverbot etc., als würde sich dies durch das Prostitutionsgesetz selbst regeln.

Dem ist bislang nicht so. Die Rechtsunsicherheit habe zu einer „Rechtszersplitterung und Rechtsverweigerung“ geführt, resümiert Ulrike Lembke über die Prostitutionspolitik am Beispiel Hamburg, die Ausgestaltung obliege nun Gerichten und Behörden.

Der Bundesgesetzgeber hat es verabsäumt, Vorkehrungen für die Integration des Prostitutionsgesetzes in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts (z.B. Gewerberecht, Werberecht, Bauordnung) zu treffen.


Moralische Gesten genügen nicht

Zweitens ist die Wirkung von Gesetzen maßgeblich von deren Umsetzung determiniert. Am Beispiel Deutschland zeigt sich einmal mehr, was auch in der niederländisch-österreichischen Vergleichsstudie zu der Umsetzung und den Auswirkungen von Prostitutionspolitik deutlich wurde. Große moralische Gesten, auch wenn sie politisch attraktiv erscheinen, sind nicht genug. Die hoch emotionalen und moralischen Diskussionen sind nicht zielführend. Unsere Forschung hat gezeigt, dass sich die wenigsten zugewanderten Sexarbeiter als Opfer sehen, sondern als Arbeitsmigranten auf der Suche nach besserem Leben.

Ebenso wenig – so ein weiteres Studienergebnis – gibt es die politische Lösung. Vielmehr sind eine sorgfältige Planung der Implementierung von Gesetzen und der Auswahl von politischen Instrumenten (z.B. Information, Begleitmaßnahmen wie Beratung, Kontrollen, Strafen), mit denen Gesetze zum Leben erweckt werden, entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg von (Prostitutions-)Politik. Notwendig ist hierfür eine wohlüberlegte Koordination einer großen Bandbreite von administrativen und Vollzugsmaßnahmen, ebenso Vertrauen zwischen den kooperierenden Verwaltungseinheiten sowie zwischen Behörden und Sexarbeiterinnen. Dies ist kein leichtes Unterfangen, es erfordert Geduld und Freiheit von moralisierender Effekthascherei. Unerwünschte negative Effekte politischer Maßnahmen entstehen nicht zuletzt häufig durch solche Defizite in der Umsetzung.

Ulrike Weiser fordert in ihrem Leitartikel die Politik auf, endlich zu handeln, Zeit zum Nachdenken wäre genug gewesen. Es ist in der Tat notwendig, dass nach dem Fall der Sittenwidrigkeit die nächsten Schritte gesetzt werden. Angesichts der oben beschriebenen negativen Auswirkungen des schwedischen Modells für Sexarbeiterinnen und des grosso modo bislang fast wirkungslosen deutschen Weges sind Nachdenken und das sorgfältige Abwägen nach wie vor angesagt. „Die große Lösung“ wird/kann es aufgrund der Komplexität und Heterogenität des Prostitutionsbereiches nicht geben.

Notwendig wird auf jeden Fall sein, diejenigen in die Diskussion um zukünftige Regelung von Prostitution einzubinden, die das Gesetz betrifft. Neuseeland mit seinem Weg der vollständigen Legalisierung unter Einbindung von Sexarbeiterinnenorganisationen hat gezeigt, wie es gehen könnte. In Schweden wurden sie nicht gefragt.


Problem Menschenhandel

Drittens kann kein Prostitutionsregime – sei es die Legalisierung, Regulierung, das Sexkaufverbot oder das komplette Verbot – Menschenhandel vollständig verhindern. Dazu sind zu viele andere, außerhalb der Prostitution liegende Faktoren wirksam. Mangelnde Perspektiven in den Herkunftsländern oder Armut, aber ebenso entscheidend sind die Migrationspolitik der Zielländer/der EU und die fremdenrechtlichen Bestimmungen, die die Unterstützung von Dritten nötig machen. Die Ermächtigung von Sexarbeiterinnen und ihrer Stimme Gewicht zu verleihen sind weitere wirkungsvolle Barrieren gegen Ausbeutung. Nur Menschen mit Rechten können sich wehren. In diesem Sinne ist nicht nur eine andere Prostitutionspolitik, sondern auch eine andere Migrationspolitik dringend notwendig.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

AUF EINEN BLICK
Helga Amesberger ist Sozial-wissenschafterin am Institut für Konfliktforschung in Wien.

Hendrik Wagenaar ist Professor für Stadt- und Regionalplanung an der Universität von Sheffield.

Studie: * Hendrik Wagenaar/ Sietske Altink/Helga Amesberger (2013): Final Report of the International Comparative Study of Prostitution Policy: Austria and the Netherlands.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2013)

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