Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
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Re: Strichcode Kunst Hannover
Hier hat unsere Kollegin mehr dazu geschrieben
www.kaufmich.com/blog/strichcode-das-beste-in-hannover/
Sammelthema Sexwork und Kunstausstellungen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=501
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in der Webausgabe der Süddeutschen ein interessanter Artikel zur
Sexualerziehung bei Jugendlichen:
http://www.sueddeutsche.de/bildung/aufk ... -1.1537878
Nicole
Sexualerziehung bei Jugendlichen:
http://www.sueddeutsche.de/bildung/aufk ... -1.1537878
Nicole
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PRO Sexwork Feminismus
As Gayle Rubin wrote in 1984, much discussion on sexuality is based on the idea of a « charmed circle », characterized by sex that is heteronormative, vanilla, procreative, coupled, taking place between people of the same generation, at home, involving bodies only, and avoiding commerce and pornography.
Beyond this lie the “outer limits” of sex : promiscuous, nonprocreative, casual, nonmarried, homosexual, crossgenerational, taking place alone or in groups, in public, involving S/M, commerce, manufactured objects, and pornography (2013 : 50).
http://de.wikipedia.org/wiki/Gayle_Rubin
Beyond this lie the “outer limits” of sex : promiscuous, nonprocreative, casual, nonmarried, homosexual, crossgenerational, taking place alone or in groups, in public, involving S/M, commerce, manufactured objects, and pornography (2013 : 50).
http://de.wikipedia.org/wiki/Gayle_Rubin
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hier ein Link zu einem Artikel über die Nutzung von
Porno-Seiten durch Deutsche:
http://web.de/magazine/digitale-welt/si ... h.112.1403
Nicole
Porno-Seiten durch Deutsche:
http://web.de/magazine/digitale-welt/si ... h.112.1403
Nicole
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Hier ein aufschlussreicher Artikel über die Wahrnehmung
der Sexualität in Deutschland:
http://www.sueddeutsche.de/medien/magaz ... -1.1846105
Nicole
der Sexualität in Deutschland:
http://www.sueddeutsche.de/medien/magaz ... -1.1846105
Nicole
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und hier die zensierten Seiten:
http://www.dummy-magazin.de/download/schmerz83.png
http://www.dummy-magazin.de/download/schmerz93.png
http://www.dummy-magazin.de/download/schmerz95.png
Nicole
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Nicole
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Wir haben zu Asphyxie ein Infothema Choking / BDSM
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3031
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ich bin auf diesen Artikel gestoßen, und habe dazu eine
Frage an jemand, der sich im Recht auskennt:
http://web.de/magazine/nachrichten/pano ... ar.232.414
da steht drin, dass jemand an einem Nacktbadestrand von
Kindern Fotos machen kann, wenn er es aber heimlich macht,
ist es zwar nicht strafbar, aber er wird verdächtig, und die
Polizei kann seine Wohnung durchsuchen.
Weiter steht drin, dass selbst schon Besitz von Zeichnungen
nackter Kindern strafbar ist!
Da kann ich nicht nachfolgen! Nackte lebende Kinder in Natur
anschauen ist ok, aber Zeichnungen nicht???
Für mich absurd!
Dann die nächste Frage, wenn ich weibliche junge nackte
Personen male, wie stellt die Polizei fest, welches Alter die
gemalten Figuren haben? Sie können von den gemalten Figuren
ja nicht verlangen ihren Pass vor zu zeigen!
Nicole
Frage an jemand, der sich im Recht auskennt:
http://web.de/magazine/nachrichten/pano ... ar.232.414
da steht drin, dass jemand an einem Nacktbadestrand von
Kindern Fotos machen kann, wenn er es aber heimlich macht,
ist es zwar nicht strafbar, aber er wird verdächtig, und die
Polizei kann seine Wohnung durchsuchen.
Weiter steht drin, dass selbst schon Besitz von Zeichnungen
nackter Kindern strafbar ist!
Da kann ich nicht nachfolgen! Nackte lebende Kinder in Natur
anschauen ist ok, aber Zeichnungen nicht???
Für mich absurd!
Dann die nächste Frage, wenn ich weibliche junge nackte
Personen male, wie stellt die Polizei fest, welches Alter die
gemalten Figuren haben? Sie können von den gemalten Figuren
ja nicht verlangen ihren Pass vor zu zeigen!
Nicole
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RE: Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
"Alle Frauen tauschen Sex gegen Geld"
taz 20.02.14
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/arti ... 7fd801c935
KONTROLLE Wenn Frauen Prostituierte befreien wollen, muss man zweimal hinsehen, meint die englische Feministin Laurie Penny
INTERVIEW HEIDE OeSTREICH
taz: Frau Penny, Alice Schwarzer sagt, Sexarbeit sei eine Menschenrechtsverletzung. Was sagen Sie?
Laurie Penny: Ich selbst habe diese Arbeit noch nicht gemacht, allerdings arbeiten Freunde von mir in diesem Bereich. Ich glaube, die Frage nach der Menschenrechtsverletzung ist die falsche. Wichtiger ist, wie kann ihre Arbeit so gestaltet werden, dass sie die Menschenwürde nicht verletzt? Ein Verbot der Prostitution, wie Alice Schwarzer es fordert, das hatten wir viele Jahre und haben es noch in den meisten Ländern der Welt. Das hat den Sexarbeiterinnen noch nie genutzt.
Jemand, den ich vielleicht gar nicht mag, überschreitet meine Intimitätsgrenzen. Kann das normale Arbeit sein?
Es gibt viele Arten von Arbeit, die über persönliche Grenzen geht oder verletzend ist. Frauen haben schon immer Emotionalität und Intimität verkauft. Sehen Sie sich die typischen Frauenjobs an. Und es wird mehr: Wir sollen uns mit unserer ganzen Persönlichkeit unserem Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Wir alle verkaufen immer mal wieder Gefühle.
Auch manche Exprostituierten sagen, Prostitution mache einen kaputt. Während ihrer Tätigkeit hätten sie zwar behauptet, sie seien selbstbestimmt -aber nur aus Selbstschutz.
Natürlich können Menschen sehr schlechte Erfahrungen in der Sexarbeit machen. Die meisten dieser Erfahrungen machen sie, weil Sexarbeit illegalisiert ist oder in einer Grauzone stattfindet. Es wird Zeit, daran etwas zu ändern.
Schwarzer sagt, dass viele ausländische Sexarbeiterinnen ihre Rechte gar nicht einfordern können.
Man soll also Leuten die Rechte verweigern, weil sie zu dumm oder Ausländer sind? Ich dachte, dass Feminismus das Gegenteil sei: Frauen handlungsfähig machen.
Sie meinen, man spricht von Würde und meint Kontrolle?
Absolut. Das war in der gesamten Geschichte der Prostitution so: Es gibt Frauen mit Würde und Frauen ohne Würde. Das ist verletzend, nicht nur für Prostituierte, sondern für alle Frauen. Frauen, die mit mehreren Männern schlafen, werden abgewertet. Hier spielt das Patriarchat mit dem Staat zusammen: Die Sexarbeiterin wird aus der Gesellschaft ausgeschlossen, weil die promiske Frau ausgeschlossen werden muss. Denn sie stellt das Patriarchat infrage. Emotionale Arbeit der Frauen ist in unserer Gesellschaft nur dann gut, wenn sie unbezahlt ist: Männer und Kinder lieben und all diese Liebesdienste an ihnen verrichten.
Feministinnen wollen Prostituierte retten, weil sie Angst vor der promisken Frau haben?
Das ist der eine Grund. Ich glaube aber auch, dass Frauen, die sich selbst täglich mit sexuellem Kapital ausstatten müssen, um in der Gesellschaft Erfolg zu haben, tief in ihrem Innern eine Angst und eine Wut haben. Sex gegen Geld tauschen, das tun alle Frauen in dieser Gesellschaft mehr oder weniger. Und dieser unbarmherzige Mechanismus macht wütend. Diese Gefühle lassen sie an den Prostituierten aus, weil die den Mechanismus deutlich zeigen: Sex für Geld.
Es gibt auch eine Annäherung von Nichtsexarbeiterinnen an die Prostituierte, oder? Frauen kopieren ihre Kleidung oder lernen Poledance oder strippen. Wollen die etwas vom sexuellen Kapital der Prostituierten abhaben?
Ja, sie spielen mit diesen Elementen. Sie wollen den Gewinn dieses Kapitals abschöpfen, ohne die wirkliche Arbeit einer Poledancerin zu machen. Die Professionelle wird dabei nicht aufgewertet. Sie kann sich nicht für den nächsten Job bewerben und sagen: Ach ja, zwischen diesem und jenem Jahr war ich Poledancerin. Stattdessen hat sie eine Lücke im Lebenslauf. Sexuelle Macht ist die einzige Macht, für die Frauen gefeiert werden. Zugleich werden sie dafür gehasst und bestraft, wenn sie diese Macht wirklich nutzen wollen.
Sex ist eigentlich dafür da, dass ungefähr zwei Menschen Spaß haben. In der Prostitution wird das ein asymmetrisches Verhältnis. Ist das entfremdet?
Ich glaube, dass Sex in unserer Gesellschaft ohnehin entfremdet ist. Allerdings ist der Sex der Frauen entfremdeter, weil man ihnen einredet, sie müssten Männern gefallen. Aber auch der männliche Sex wird uns problematisch präsentiert: Männer müssen Sex haben, sonst vergewaltigen sie. Es ist wie eine Naturgewalt, sie können nichts dagegen machen. Das hören die Mädchen, aber Jungen hören das auch. Ihnen wird gesagt, dass Sex die einzige Methode ist, wie sie Intimität leben können. Die Prostituierten bekommen dann fast eine Art Therapeutenrolle. Ich sehe, wie Männer damit kämpfen. Es ist sehr traurig.
Viele gehen aber auch in den Puff, weil sie es einfach finden. Es wird ihnen zu Hause zu anstrengend. Irgendwie auch schade, oder?
Tja, vielleicht gehen aber auch ihre Ehefrauen ebenso in den Puff? In der Tat waren Frauen historisch gesehen immer gegen Prostitution, weil die Sexarbeiterinnen ihren Handel "Sex gegen sozialen Schutz" unterliefen. Das aber ist die Idee der Ehe. Deshalb würde ich gern für so etwas wie freie Liebe plädieren, wäre der Begriff nicht in den Sechzigern total entwertet worden. Der Sex sollte überhaupt kein Tauschmittel sein.
Aber es beruhen doch nicht alle Partnerschaften auf diesem Tausch Sex gegen Schutz. Frauen können sich doch allein schützen und ihr eigenes Geld verdienen.
Das wäre schön, wenn es so wäre. Es ist aber oft nicht so: Sie wissen, wie ungleich die Einkommen von Männern und Frauen sind. Es ist ein Tabu und darüber zu reden schmerzt, aber der sexuelle Wert wird auf dem Partnerschaftsmarkt möglichst gewinnbringend verkauft. So sieht es aus. Und wir werden das Thema Prostitution so lange haben, wie legaler Sex auf dem Partnerschaftsmarkt versteigert wird und außerehelicher Sex illegal oder illegitim bleibt.
Das heißt, das ganze Thema verschwindet, wenn Frauen so viel Geld verdienen wie Männer?
Man kann sich sexuell nur auf Augenhöhe begegnen, wenn man nicht von der Beziehung abhängig ist. Ich rede nicht davon, dass Frauen in Aufsichtsräte müssen. Ich rede von der Teilzeitkraft, die zu Hause unbezahlt arbeitet. Ja, die sexuellen Beziehungen sähen anders aus, wenn Frauen unabhängig wären. Frauen sähen anders aus, wenn sie unabhängig wären.
Sie meinen ohne Make-up und Lippenstift?
Nein, Feminismus sollte sich nicht mit dem Urteil über das Aussehen der anderen beschäftigen. Jede Art, sich zu kleiden, wird zur Unterdrückung, wenn man denkt, man müsse sich nun so oder so kleiden. Ich zum Beispiel hätte viel Make-up, wenn ich heute nicht so spät dran gewesen wäre. Und man muss sagen: Die Vorstellung, dass Feministinnen hässlich sind, hat sehr viele junge Frauen abgeschreckt. Es ist ihre größte Angst, hässlich zu sein. Es geht darum, auch diese verinnerlichte Kontrolle abzubauen: Eine Freundin von mir rät immer zu einem Experiment: Ziehen Sie die hässlichsten Sachen an, die Sie haben, sehen Sie so furchtbar aus, wie Sie können. Und dann gehen Sie aus. Und Sie sehen, dass es den Leuten egal ist. Das ist sehr befreiend.
Laurie Penny
27, ist eine britische Feministin und Autorin. Sie unterhält den Blog "Penny Red" und schreibt als Kolumnistin für das Magazin New Statesman. In ihrem Buch "Fleischmarkt" (Nautilus, 2012) untersucht sie die versteckten Strukturen der Verdinglichung des weiblichen Körpers im Kapitalismus.
taz 20.02.14
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/arti ... 7fd801c935
KONTROLLE Wenn Frauen Prostituierte befreien wollen, muss man zweimal hinsehen, meint die englische Feministin Laurie Penny
INTERVIEW HEIDE OeSTREICH
taz: Frau Penny, Alice Schwarzer sagt, Sexarbeit sei eine Menschenrechtsverletzung. Was sagen Sie?
Laurie Penny: Ich selbst habe diese Arbeit noch nicht gemacht, allerdings arbeiten Freunde von mir in diesem Bereich. Ich glaube, die Frage nach der Menschenrechtsverletzung ist die falsche. Wichtiger ist, wie kann ihre Arbeit so gestaltet werden, dass sie die Menschenwürde nicht verletzt? Ein Verbot der Prostitution, wie Alice Schwarzer es fordert, das hatten wir viele Jahre und haben es noch in den meisten Ländern der Welt. Das hat den Sexarbeiterinnen noch nie genutzt.
Jemand, den ich vielleicht gar nicht mag, überschreitet meine Intimitätsgrenzen. Kann das normale Arbeit sein?
Es gibt viele Arten von Arbeit, die über persönliche Grenzen geht oder verletzend ist. Frauen haben schon immer Emotionalität und Intimität verkauft. Sehen Sie sich die typischen Frauenjobs an. Und es wird mehr: Wir sollen uns mit unserer ganzen Persönlichkeit unserem Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Wir alle verkaufen immer mal wieder Gefühle.
Auch manche Exprostituierten sagen, Prostitution mache einen kaputt. Während ihrer Tätigkeit hätten sie zwar behauptet, sie seien selbstbestimmt -aber nur aus Selbstschutz.
Natürlich können Menschen sehr schlechte Erfahrungen in der Sexarbeit machen. Die meisten dieser Erfahrungen machen sie, weil Sexarbeit illegalisiert ist oder in einer Grauzone stattfindet. Es wird Zeit, daran etwas zu ändern.
Schwarzer sagt, dass viele ausländische Sexarbeiterinnen ihre Rechte gar nicht einfordern können.
Man soll also Leuten die Rechte verweigern, weil sie zu dumm oder Ausländer sind? Ich dachte, dass Feminismus das Gegenteil sei: Frauen handlungsfähig machen.
Sie meinen, man spricht von Würde und meint Kontrolle?
Absolut. Das war in der gesamten Geschichte der Prostitution so: Es gibt Frauen mit Würde und Frauen ohne Würde. Das ist verletzend, nicht nur für Prostituierte, sondern für alle Frauen. Frauen, die mit mehreren Männern schlafen, werden abgewertet. Hier spielt das Patriarchat mit dem Staat zusammen: Die Sexarbeiterin wird aus der Gesellschaft ausgeschlossen, weil die promiske Frau ausgeschlossen werden muss. Denn sie stellt das Patriarchat infrage. Emotionale Arbeit der Frauen ist in unserer Gesellschaft nur dann gut, wenn sie unbezahlt ist: Männer und Kinder lieben und all diese Liebesdienste an ihnen verrichten.
Feministinnen wollen Prostituierte retten, weil sie Angst vor der promisken Frau haben?
Das ist der eine Grund. Ich glaube aber auch, dass Frauen, die sich selbst täglich mit sexuellem Kapital ausstatten müssen, um in der Gesellschaft Erfolg zu haben, tief in ihrem Innern eine Angst und eine Wut haben. Sex gegen Geld tauschen, das tun alle Frauen in dieser Gesellschaft mehr oder weniger. Und dieser unbarmherzige Mechanismus macht wütend. Diese Gefühle lassen sie an den Prostituierten aus, weil die den Mechanismus deutlich zeigen: Sex für Geld.
Es gibt auch eine Annäherung von Nichtsexarbeiterinnen an die Prostituierte, oder? Frauen kopieren ihre Kleidung oder lernen Poledance oder strippen. Wollen die etwas vom sexuellen Kapital der Prostituierten abhaben?
Ja, sie spielen mit diesen Elementen. Sie wollen den Gewinn dieses Kapitals abschöpfen, ohne die wirkliche Arbeit einer Poledancerin zu machen. Die Professionelle wird dabei nicht aufgewertet. Sie kann sich nicht für den nächsten Job bewerben und sagen: Ach ja, zwischen diesem und jenem Jahr war ich Poledancerin. Stattdessen hat sie eine Lücke im Lebenslauf. Sexuelle Macht ist die einzige Macht, für die Frauen gefeiert werden. Zugleich werden sie dafür gehasst und bestraft, wenn sie diese Macht wirklich nutzen wollen.
Sex ist eigentlich dafür da, dass ungefähr zwei Menschen Spaß haben. In der Prostitution wird das ein asymmetrisches Verhältnis. Ist das entfremdet?
Ich glaube, dass Sex in unserer Gesellschaft ohnehin entfremdet ist. Allerdings ist der Sex der Frauen entfremdeter, weil man ihnen einredet, sie müssten Männern gefallen. Aber auch der männliche Sex wird uns problematisch präsentiert: Männer müssen Sex haben, sonst vergewaltigen sie. Es ist wie eine Naturgewalt, sie können nichts dagegen machen. Das hören die Mädchen, aber Jungen hören das auch. Ihnen wird gesagt, dass Sex die einzige Methode ist, wie sie Intimität leben können. Die Prostituierten bekommen dann fast eine Art Therapeutenrolle. Ich sehe, wie Männer damit kämpfen. Es ist sehr traurig.
Viele gehen aber auch in den Puff, weil sie es einfach finden. Es wird ihnen zu Hause zu anstrengend. Irgendwie auch schade, oder?
Tja, vielleicht gehen aber auch ihre Ehefrauen ebenso in den Puff? In der Tat waren Frauen historisch gesehen immer gegen Prostitution, weil die Sexarbeiterinnen ihren Handel "Sex gegen sozialen Schutz" unterliefen. Das aber ist die Idee der Ehe. Deshalb würde ich gern für so etwas wie freie Liebe plädieren, wäre der Begriff nicht in den Sechzigern total entwertet worden. Der Sex sollte überhaupt kein Tauschmittel sein.
Aber es beruhen doch nicht alle Partnerschaften auf diesem Tausch Sex gegen Schutz. Frauen können sich doch allein schützen und ihr eigenes Geld verdienen.
Das wäre schön, wenn es so wäre. Es ist aber oft nicht so: Sie wissen, wie ungleich die Einkommen von Männern und Frauen sind. Es ist ein Tabu und darüber zu reden schmerzt, aber der sexuelle Wert wird auf dem Partnerschaftsmarkt möglichst gewinnbringend verkauft. So sieht es aus. Und wir werden das Thema Prostitution so lange haben, wie legaler Sex auf dem Partnerschaftsmarkt versteigert wird und außerehelicher Sex illegal oder illegitim bleibt.
Das heißt, das ganze Thema verschwindet, wenn Frauen so viel Geld verdienen wie Männer?
Man kann sich sexuell nur auf Augenhöhe begegnen, wenn man nicht von der Beziehung abhängig ist. Ich rede nicht davon, dass Frauen in Aufsichtsräte müssen. Ich rede von der Teilzeitkraft, die zu Hause unbezahlt arbeitet. Ja, die sexuellen Beziehungen sähen anders aus, wenn Frauen unabhängig wären. Frauen sähen anders aus, wenn sie unabhängig wären.
Sie meinen ohne Make-up und Lippenstift?
Nein, Feminismus sollte sich nicht mit dem Urteil über das Aussehen der anderen beschäftigen. Jede Art, sich zu kleiden, wird zur Unterdrückung, wenn man denkt, man müsse sich nun so oder so kleiden. Ich zum Beispiel hätte viel Make-up, wenn ich heute nicht so spät dran gewesen wäre. Und man muss sagen: Die Vorstellung, dass Feministinnen hässlich sind, hat sehr viele junge Frauen abgeschreckt. Es ist ihre größte Angst, hässlich zu sein. Es geht darum, auch diese verinnerlichte Kontrolle abzubauen: Eine Freundin von mir rät immer zu einem Experiment: Ziehen Sie die hässlichsten Sachen an, die Sie haben, sehen Sie so furchtbar aus, wie Sie können. Und dann gehen Sie aus. Und Sie sehen, dass es den Leuten egal ist. Das ist sehr befreiend.
Laurie Penny
27, ist eine britische Feministin und Autorin. Sie unterhält den Blog "Penny Red" und schreibt als Kolumnistin für das Magazin New Statesman. In ihrem Buch "Fleischmarkt" (Nautilus, 2012) untersucht sie die versteckten Strukturen der Verdinglichung des weiblichen Körpers im Kapitalismus.
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RE: Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
[youtube][/youtube]
Hier gibts eine interessante Doku über Prostitution und Bordelle im Altertum.
Hier gibts eine interessante Doku über Prostitution und Bordelle im Altertum.
BEVOR DU ÜBER JEMANDEN URTEILST, ZIEH DIR SEINE SCHUHE AN UND GEH DEN SELBEN WEG......
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RE: Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
Interessante Doku bezüglich der Badehäuser und der differierenden Sexualmoral der römischen Zeit.
Die Theorien um die Motive der Kindstötungen sind aber spekulativ und ebenso ist es spekulativ, dass das Badehaus von Askalon der Sexarbeit diente bzw. inwieweit hier von sexueller Sklaverei und Zuhälterei zu sprechen ist, wie es Prof. Thomas McGinn behauptet. Die Aussage von Dr. Eleanore Scott erscheint mir deutlich seriöser, indem sie a) auf die unsichere Datenlage und b) auf die Gefahr des "kolonialistischen" Blicks hinweist. So könnte die Theorie eines Zusammenhanges von sexueller Dienstleistung und Kindstötung eventuell weniger durch Fakten begründet sein, als durch Vorverurteilung sexueller Dienstleistungen, die heute virulent und propagandistisch Mode sind. Ach so, ja, und vielleicht nicht zufällig, diese Überlegungen bringt eine Frau ein. Aus der Riege der Expertokratie, ist sie mir deutlich am sympathischten, ob ihrer vorsichtigen und zurückhaltenden Wertung der dünnen Fakten.
Grüße
Klaus
Die Theorien um die Motive der Kindstötungen sind aber spekulativ und ebenso ist es spekulativ, dass das Badehaus von Askalon der Sexarbeit diente bzw. inwieweit hier von sexueller Sklaverei und Zuhälterei zu sprechen ist, wie es Prof. Thomas McGinn behauptet. Die Aussage von Dr. Eleanore Scott erscheint mir deutlich seriöser, indem sie a) auf die unsichere Datenlage und b) auf die Gefahr des "kolonialistischen" Blicks hinweist. So könnte die Theorie eines Zusammenhanges von sexueller Dienstleistung und Kindstötung eventuell weniger durch Fakten begründet sein, als durch Vorverurteilung sexueller Dienstleistungen, die heute virulent und propagandistisch Mode sind. Ach so, ja, und vielleicht nicht zufällig, diese Überlegungen bringt eine Frau ein. Aus der Riege der Expertokratie, ist sie mir deutlich am sympathischten, ob ihrer vorsichtigen und zurückhaltenden Wertung der dünnen Fakten.
Grüße
Klaus
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- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
Heute morgen um 8.45 - 9.00 kam im Sateliten-TV-Sender DW eine
Sendung über den Besuch von Pornoseiten durch die Bevölkerung
in Deutschland. In jeder Sekunde des Tages sind etwa 30.000
Personen auf Internetseiten mit Pornoinhalt. Der häufige Besuch
soll bei Jugendlichen unrealistische Erwartungen darüber erzeugen,
wie Sex zu sein hat, wie ihr eigener Leib zu sein hat (große Brüste,
großer Penis). In der Sendung wurden einige Jugendliche auf der
Straße interviewed. Diese sagten, dass der Besuch von Pornoseiten
für sie völlig normal sei, so wie eine Nachrichtenseite anzusehen.
(Kommentar dazu: so ganz ist es nicht von der Hand zu weisen,
dass Pornoseiten unrealistische Erwartungen erzeugen, wie z.B.,
dass Sexarbeiterinnen es angeblich lieben, mit Sperma bespritzt zu werden,
oder es zu konsumieren!)
Nicole
Sendung über den Besuch von Pornoseiten durch die Bevölkerung
in Deutschland. In jeder Sekunde des Tages sind etwa 30.000
Personen auf Internetseiten mit Pornoinhalt. Der häufige Besuch
soll bei Jugendlichen unrealistische Erwartungen darüber erzeugen,
wie Sex zu sein hat, wie ihr eigener Leib zu sein hat (große Brüste,
großer Penis). In der Sendung wurden einige Jugendliche auf der
Straße interviewed. Diese sagten, dass der Besuch von Pornoseiten
für sie völlig normal sei, so wie eine Nachrichtenseite anzusehen.
(Kommentar dazu: so ganz ist es nicht von der Hand zu weisen,
dass Pornoseiten unrealistische Erwartungen erzeugen, wie z.B.,
dass Sexarbeiterinnen es angeblich lieben, mit Sperma bespritzt zu werden,
oder es zu konsumieren!)
Nicole
-
- Goldstück
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- Ich bin: SexarbeiterIn

Das stimmt, betrifft aber nicht nur Sexarbeiterinnen. Auch das Vorurteil wird verbreitet, dass Frauen riesige Penisse lieben, Analsex, überlange Akte … Ich habe auch nie verstanden, warum der "Cum-Shot" sein muss (also dass der Mann kurz vor dem Höhepunkt sich löst und sich zum Abspritzen wichst). Das ist aber bei Pornos fast schon Vorschrift.nicole6 hat geschrieben:Kommentar dazu: so ganz ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Pornoseiten unrealistische Erwartungen erzeugen, wie z.B., dass Sexarbeiterinnen es angeblich lieben, mit Sperma bespritzt zu werden, oder es zu konsumieren!
In USA kann man die Fehlentwicklung in ihrem schlimmen Ausmaß beobachten: eine abstrus prüde Unterdrückung der Sexualität nach außen ("Nippels Rule", Prostitutionsverbot, Ächtungskampagnen, …) und gleichzeitig die größte Pornoindustrie der Welt mit enormem Konsum - die Realität geht für viele Amerikaner einfach verloren.
Auf der anderen Seite hat das Internet mit dem leichten Zugang zu Pornos auch Vorteile. Sex ist für Jugendliche nicht mehr das unzugängliche, verbotene Land. Die Kids wissen viel mehr als ihre Eltern sich einbilden. Ich habe mit 16 meine ersten Pornos angeschaut, gerade für Mädchen wird der Weg in die Sexualität sehr erleichtert.
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RE: Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
"....warum der "Cum-Shot" sein muss (also dass der Mann kurz
vor dem Höhepunkt sich löst und sich zum Abspritzen wichst).
Das ist aber bei Pornos fast schon Vorschrift...."
Dazu gibt es eine plausible Erklärung:
Pornovideos sind für Männer gedacht, die vor ihrem Computer
sitzen und sich dabei selbst befriedigen. Sie sind nicht dazu gemacht,
dass Männer sie ansehen, während sie mit einer REALEN Frau Sex haben!
Wenn ein Mann die Wahl hat, sich entweder am Computer ein Sexvideo
anzusehen, oder mit einer wirklichen Frau Sex zu haben,
ist die Entscheidung klar!
Deswegen muss der Mann im Video kurz vor dem Höhepunkt sich
von der Frau ablösen, damit der Mann vor dem Bildschirm sich
einbilden kann, er sei vor Ort anwesend.
Die Sexualfeindlichkeit der US-Amerikaner liegt in ihrer, vom
Rest der Welt aus gesehen, kurzen Geschichte. Nachdem die
Indianer Amerikas Kolumbus mit seinem Schiff entdeckten,
verliesen sehr viele sexualfeindliche christliche Fundamentalisten
Europa, da sie glaubten, sie können ihre, heute würde man sagen,
Taliban-konforme Weltanschauungen, in dem von
Indianerstaaaten regierten Kontinent ausleben.
Fakten dazu findet man indem sehr gut geschriebenen Buch von Klaus Liedtke:
Cowboys, Gott und Coca Cola. Eichborn Verlag, 1987.
Sexualwahn und florierende Pornoindustrie sind keine Gegensätze,
so wenig wie Feindesangst/Fremdenfeindlichkeit und Waffenindustrie.
Nicole
vor dem Höhepunkt sich löst und sich zum Abspritzen wichst).
Das ist aber bei Pornos fast schon Vorschrift...."
Dazu gibt es eine plausible Erklärung:
Pornovideos sind für Männer gedacht, die vor ihrem Computer
sitzen und sich dabei selbst befriedigen. Sie sind nicht dazu gemacht,
dass Männer sie ansehen, während sie mit einer REALEN Frau Sex haben!
Wenn ein Mann die Wahl hat, sich entweder am Computer ein Sexvideo
anzusehen, oder mit einer wirklichen Frau Sex zu haben,
ist die Entscheidung klar!
Deswegen muss der Mann im Video kurz vor dem Höhepunkt sich
von der Frau ablösen, damit der Mann vor dem Bildschirm sich
einbilden kann, er sei vor Ort anwesend.
Die Sexualfeindlichkeit der US-Amerikaner liegt in ihrer, vom
Rest der Welt aus gesehen, kurzen Geschichte. Nachdem die
Indianer Amerikas Kolumbus mit seinem Schiff entdeckten,
verliesen sehr viele sexualfeindliche christliche Fundamentalisten
Europa, da sie glaubten, sie können ihre, heute würde man sagen,
Taliban-konforme Weltanschauungen, in dem von
Indianerstaaaten regierten Kontinent ausleben.
Fakten dazu findet man indem sehr gut geschriebenen Buch von Klaus Liedtke:
Cowboys, Gott und Coca Cola. Eichborn Verlag, 1987.
Sexualwahn und florierende Pornoindustrie sind keine Gegensätze,
so wenig wie Feindesangst/Fremdenfeindlichkeit und Waffenindustrie.
Nicole
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"Das Erste will Tabus brechen: In der Serie "Make Love - Liebe
kann man lernen" spricht die Expertin in Liebesdingen
Ann-Marlene Henning mit Paaren offen über deren Sexualleben.
An diesem Sonntag ist die erste Folge im MDR zu sehen.
Darin geht es um Sex ab 40."
http://web.de/magazine/unterhaltung/tv- ... n-30213628
kann man lernen" spricht die Expertin in Liebesdingen
Ann-Marlene Henning mit Paaren offen über deren Sexualleben.
An diesem Sonntag ist die erste Folge im MDR zu sehen.
Darin geht es um Sex ab 40."
http://web.de/magazine/unterhaltung/tv- ... n-30213628
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RE: Sexualitäts-Kultur - Kultur der Sexualität
taz, 22.12.14
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/arti ... e4f812a77b
"Männer sind oft unglaublich einsam"
FEMINISMUS Laurie Penny ruft zur Meuterei der Frauen auf. In ihrem neuen Buch beschreibt sie, wie Frauen über ihre Sexualität kontrolliert werden, warum Männer den Feminismus brauchen und weshalb Liebe unsere neue Religion geworden ist
INTERVIEW NATASCHA WEY
taz: Frau Penny, in Ihrem neuen Buch "Unspeakable Things. Sex, Lies and Revolution" vergleichen Sie die Idee von romantischer Liebe mit der Religion, die Marx als "Opium fürs Volk" beschrieb. Wie kommen Sie darauf?
Laurie Penny: Unser Verständnis der romantischen Liebe hat religiöse Qualität. Statt Gott sind wir einander treu. Als Frau, vor allem als junge, heterosexuelle Frau, ist es ketzerisch zu sagen, dass man nicht an dieses Konzept glaubt. Unsere Selbstbestätigung hängt davon ab, ob wir den perfekten Partner finden. Scheitern wir, so gelten wir gesellschaftlich als minderwertig.
Glauben Sie etwa nicht an die Liebe?
Ich glaube durchaus an die Liebe und die Romantik. Aber nicht so, wie uns täglich eingeredet wird. Ich lebe in einer Wohngemeinschaft mit Frauen und Männern. Wir sind nicht alle in Beziehungen, überlegen uns aber, wie wir gemeinsam Kinder aufziehen können oder die Finanzen organisieren. Meine Eltern haben kein Verständnis dafür, weil uns die Sprache für diese Liebes- und Lebensform fehlt. Aber wir benutzen für die Liebe ja auch nur ein einziges Wort. Die alten Griechen hatten verschiedene Ausdrücke für alle möglichen Formen der Liebe und daher auch andere Lebenskonzepte.
Alternative Wohnformen sind bekannte, alte linke Konzepte.
Der Feminismus ist wieder viel linker als in den 1990er Jahren. Wir müssen über den unsichtbaren und nicht diskutierten Teil des Systems sprechen. Der Arbeitsbegriff wurde in der Vergangenheit immer mit Produktiv- oder Fabrikarbeit gleichgesetzt. Das ist falsch. Denn die Arbeit von Frauen, die bezahlte und unbezahlte, die Reproduktionsarbeit und die emotionale Arbeit müssen gewichtet werden. Auch in der ökonomischen Theorie und in der linken Politik. Die Linke hat die Geschlechterdebatte total aus den Augen verloren. Sehr zu ihrem eigenen Schaden.
Wieso gibt es nur wenige Männer, die feministische Anliegen unterstützen?
Weil Feminismus nicht cool ist. Feministen müssen einstecken. Sie gelten als unmännlich im herkömmlichen Sinn und gehen ein Reputationsrisiko ein. Für Männer, die wirklich bereit sind, sich mit den Anliegen der Frauen zu identifizieren, habe ich unendlich Geduld. Denn sie zeigen wahren Mut und stellen die eigenen Privilegien in Frage.
Sprechen wir über die Rolle der Männer in der Gesellschaft. Sie schreiben, Männer brauchen den Feminismus. Weshalb?
Männer sind oft unglaublich einsam. Täglich müssen sie beweisen, dass sie aus sich selbst heraus stark und mächtig sind. Sie sind in einer von feindlicher Männlichkeit geprägten Welt gefangen.
Feindliche Männlichkeit?
An Männlichkeit an sich ist grundsätzlich nichts falsch. Das Problem ist die vorherrschende soziale Konstruktion von Männlichkeit. Dort haben wir zunehmend einen Konflikt: Viele Männer möchten mit den Frauen auf Augenhöhe leben, das heißt verhandeln und auch mal zurückstecken, während sie in den dominierenden Männlichkeitsbildern noch immer die Helden der Geschichte sind: mächtige, unabhängige und starke Charaktere, die keine Niederlagen, sondern nur Erfolge erleben. Das ist verwirrend, weil sich dieses Bild nicht mehr mit der Realität deckt. Der Erfolg ist aber für viele Männer längst nicht mehr greifbar.
Feminismus wird heute als Schimpfwort verstanden, als männerfeindlich wahrgenommen. Neulich sagte einer zu mir: Nenn dich bloß nicht Feministin, sonst findest du keinen Mann.
Dieser Satz ist großartig. Genau deshalb nenne ich mich Feministin. Es regt die Leute auf, und diesen Dialog müssen wir führen.
In Ihrem Buch fordern Sie eine Meuterei der Frauen.
Ja, denn wir müssen verstehen, dass immer brav, nett und angepasst sein ein Spiel ist, das keine gewinnt. Und wenn die Hauptkritik am Feminismus lautet, dass Männer einfach keinen Feminismus mögen, entgegne ich, darum geht's beim Feminismus nicht. Feminismus ist schließlich nicht dazu da, dass ihr euch gut fühlt. Wir müssen den Feminismusbegriff bewusst weiter verwenden, so lange wie er stört.
Sie schreiben, die Frauen hätten Angst vor ihrer eigenen Wut.
Ja, das haben sie. Es gibt massive Probleme in unseren Leben als Frauen und als Queers. Persönlich, also in der eingeschränkten Art, in der es heute möglich ist, Frau zu sein, aber auch in den weiteren gesellschaftlichen Strukturen, sprich im Neoliberalismus. Dieses System funktioniert nur, weil wir Frauen auf der ganzen Welt die uns zugedachte Rolle wahrnehmen und ausgebeutet werden, indem wir unbezahlte oder schlecht bezahlte Arbeit leisten.
Auch Sie selbst werden in der Öffentlichkeit und im Internet heftig angefeindet. Wie gehen Sie damit um?
Als exponierte Frau mit einer politischen Meinung wirst du sexistisch beschimpft. Man sagt dir, du hättest es herausgefordert. So, wie es heute wieder salonfähig ist, Frauen in kurzen Röcken zu mahnen: "Vorsicht, damit provozierst du die Männer." Wir müssen darüber sprechen, warum diese Argumentation scheiße ist.
Frauen in kurzen Röcken werden eben häufig begehrt. Ist dieses Begehren denn bereits sexistisch?
Nicht der Sex ist das Problem, sondern der Sexismus: wenn das Begehren einseitig ist und über eine Vergegenständlichung dazu führt, dass Frauen zu Objekten werden. Das ist meist der Fall, es ist nichts anderes als Unterdrückung.
Inwiefern?
Wir bemerken den Sexismus nicht mehr, weil unsere Gesellschaft glaubt, sie sei sexuell befreit. Wir sitzen hier in Soho, dem Quartier der Schwulen und der Sexarbeiterinnen. Aber selbst hier hat die sexuelle Revolution nie stattgefunden. Weil es den Frauen und den Queers nach wie vor nicht erlaubt ist, Begehren in der gleichen Art auszudrücken und auszuleben wie den Männern - und wahllos rumzuvögeln.
Daher der Buchtitel "Unspeakable Things"? Über Begehren dürfen nur Männer sprechen?
Genau. In einer ersten Version des Buchs hatte ich mehr Sex und Sexszenen drin. Ich habe alles rausgestrichen; mein Innerstes habe ich aus dem Buch rausgestrichen. Und mich später gefragt: Wieso habe ich das gemacht? Weil es einfacher ist, als Frau über sexuelle Gewalt zu sprechen, sogar über sexuelle Gewalt, die ich persönlich erlebt habe, als über meine positiven sexuellen Erfahrungen. Über uns Frauen wird viel schneller und härter geurteilt.
Weshalb werden Frauen stärker moralisiert?
Weil man uns über unsere Sexualität kontrolliert. Weibliche Sexualität wird immer problematisiert. Schauen Sie sich die Debatten über Verhütung und Abtreibung in den USA an: Es wird Krieg geführt gegen die freie Sexualität von Frauen. Weibliches Begehren hat keinen Raum in der politischen Diskussion. Frauen, die fordern und sexuell begehren, sind gefährlich.
Kommt daher auch der erbitterte Widerstand gegen die Prostitution?
Ja, wir sind beherrscht von der Idee, dass die weibliche Sexualität ein Verhandlungsdruckmittel sei. Sexarbeiterinnen drücken in dieser Vorstellung den Preis, weil sie Sex zu billig verfügbar machen. Sex ist etwas, was Männer den Frauen antun. In unserer gesellschaftlichen Vorstellung wollen wir aber nicht, dass es leicht ist, Sex zu haben. Wir alle müssen für Sex bezahlen, aber nicht mit Geld. Frauen handeln Sex gegen Wohlstand, Wohlbefinden oder Sicherheit. Die Prostitution bedroht diese gesellschaftliche Konzeption.
Ist es möglich, über benachteiligte oder stigmatisierte Frauen, also beispielsweise Sexarbeiterinnen, zu sprechen, ohne selbst betroffen zu sein?
Selbstverständlich kann ich über bestimmte benachteiligte Gruppen sprechen, solange ich nicht für sie spreche. Das ist der Vorteil am Internet: Wenn ich mich zu einer bestimmten Gruppe äußere, kann ich davon ausgehen, dass diese Leute zuhören und sich wehren. Schreibe ich etwas Falsches über Sexarbeiterinnen, melden die sich fünf Minuten später und sagen mir: Laurie, du bist eine Idiotin. Das ist es, was der Feminismus will. Nicht rumbrüllen. Nicht rumschreien. Sondern einen Dialog führen.
Laurie Penny
Jahrgang 1986, ist britische Autorin, Journalistin, Bloggerin und Feministin. Bekannt wurde sie 2011 mit dem Buch "Meat Market" (Fleischmarkt). Im Sommer dieses Jahres erschien ihr neues Buch "Unspeakable Things. Sex, Lies and Revolution", das noch nicht auf Deutsch erschienen ist.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/arti ... e4f812a77b
"Männer sind oft unglaublich einsam"
FEMINISMUS Laurie Penny ruft zur Meuterei der Frauen auf. In ihrem neuen Buch beschreibt sie, wie Frauen über ihre Sexualität kontrolliert werden, warum Männer den Feminismus brauchen und weshalb Liebe unsere neue Religion geworden ist
INTERVIEW NATASCHA WEY
taz: Frau Penny, in Ihrem neuen Buch "Unspeakable Things. Sex, Lies and Revolution" vergleichen Sie die Idee von romantischer Liebe mit der Religion, die Marx als "Opium fürs Volk" beschrieb. Wie kommen Sie darauf?
Laurie Penny: Unser Verständnis der romantischen Liebe hat religiöse Qualität. Statt Gott sind wir einander treu. Als Frau, vor allem als junge, heterosexuelle Frau, ist es ketzerisch zu sagen, dass man nicht an dieses Konzept glaubt. Unsere Selbstbestätigung hängt davon ab, ob wir den perfekten Partner finden. Scheitern wir, so gelten wir gesellschaftlich als minderwertig.
Glauben Sie etwa nicht an die Liebe?
Ich glaube durchaus an die Liebe und die Romantik. Aber nicht so, wie uns täglich eingeredet wird. Ich lebe in einer Wohngemeinschaft mit Frauen und Männern. Wir sind nicht alle in Beziehungen, überlegen uns aber, wie wir gemeinsam Kinder aufziehen können oder die Finanzen organisieren. Meine Eltern haben kein Verständnis dafür, weil uns die Sprache für diese Liebes- und Lebensform fehlt. Aber wir benutzen für die Liebe ja auch nur ein einziges Wort. Die alten Griechen hatten verschiedene Ausdrücke für alle möglichen Formen der Liebe und daher auch andere Lebenskonzepte.
Alternative Wohnformen sind bekannte, alte linke Konzepte.
Der Feminismus ist wieder viel linker als in den 1990er Jahren. Wir müssen über den unsichtbaren und nicht diskutierten Teil des Systems sprechen. Der Arbeitsbegriff wurde in der Vergangenheit immer mit Produktiv- oder Fabrikarbeit gleichgesetzt. Das ist falsch. Denn die Arbeit von Frauen, die bezahlte und unbezahlte, die Reproduktionsarbeit und die emotionale Arbeit müssen gewichtet werden. Auch in der ökonomischen Theorie und in der linken Politik. Die Linke hat die Geschlechterdebatte total aus den Augen verloren. Sehr zu ihrem eigenen Schaden.
Wieso gibt es nur wenige Männer, die feministische Anliegen unterstützen?
Weil Feminismus nicht cool ist. Feministen müssen einstecken. Sie gelten als unmännlich im herkömmlichen Sinn und gehen ein Reputationsrisiko ein. Für Männer, die wirklich bereit sind, sich mit den Anliegen der Frauen zu identifizieren, habe ich unendlich Geduld. Denn sie zeigen wahren Mut und stellen die eigenen Privilegien in Frage.
Sprechen wir über die Rolle der Männer in der Gesellschaft. Sie schreiben, Männer brauchen den Feminismus. Weshalb?
Männer sind oft unglaublich einsam. Täglich müssen sie beweisen, dass sie aus sich selbst heraus stark und mächtig sind. Sie sind in einer von feindlicher Männlichkeit geprägten Welt gefangen.
Feindliche Männlichkeit?
An Männlichkeit an sich ist grundsätzlich nichts falsch. Das Problem ist die vorherrschende soziale Konstruktion von Männlichkeit. Dort haben wir zunehmend einen Konflikt: Viele Männer möchten mit den Frauen auf Augenhöhe leben, das heißt verhandeln und auch mal zurückstecken, während sie in den dominierenden Männlichkeitsbildern noch immer die Helden der Geschichte sind: mächtige, unabhängige und starke Charaktere, die keine Niederlagen, sondern nur Erfolge erleben. Das ist verwirrend, weil sich dieses Bild nicht mehr mit der Realität deckt. Der Erfolg ist aber für viele Männer längst nicht mehr greifbar.
Feminismus wird heute als Schimpfwort verstanden, als männerfeindlich wahrgenommen. Neulich sagte einer zu mir: Nenn dich bloß nicht Feministin, sonst findest du keinen Mann.
Dieser Satz ist großartig. Genau deshalb nenne ich mich Feministin. Es regt die Leute auf, und diesen Dialog müssen wir führen.
In Ihrem Buch fordern Sie eine Meuterei der Frauen.
Ja, denn wir müssen verstehen, dass immer brav, nett und angepasst sein ein Spiel ist, das keine gewinnt. Und wenn die Hauptkritik am Feminismus lautet, dass Männer einfach keinen Feminismus mögen, entgegne ich, darum geht's beim Feminismus nicht. Feminismus ist schließlich nicht dazu da, dass ihr euch gut fühlt. Wir müssen den Feminismusbegriff bewusst weiter verwenden, so lange wie er stört.
Sie schreiben, die Frauen hätten Angst vor ihrer eigenen Wut.
Ja, das haben sie. Es gibt massive Probleme in unseren Leben als Frauen und als Queers. Persönlich, also in der eingeschränkten Art, in der es heute möglich ist, Frau zu sein, aber auch in den weiteren gesellschaftlichen Strukturen, sprich im Neoliberalismus. Dieses System funktioniert nur, weil wir Frauen auf der ganzen Welt die uns zugedachte Rolle wahrnehmen und ausgebeutet werden, indem wir unbezahlte oder schlecht bezahlte Arbeit leisten.
Auch Sie selbst werden in der Öffentlichkeit und im Internet heftig angefeindet. Wie gehen Sie damit um?
Als exponierte Frau mit einer politischen Meinung wirst du sexistisch beschimpft. Man sagt dir, du hättest es herausgefordert. So, wie es heute wieder salonfähig ist, Frauen in kurzen Röcken zu mahnen: "Vorsicht, damit provozierst du die Männer." Wir müssen darüber sprechen, warum diese Argumentation scheiße ist.
Frauen in kurzen Röcken werden eben häufig begehrt. Ist dieses Begehren denn bereits sexistisch?
Nicht der Sex ist das Problem, sondern der Sexismus: wenn das Begehren einseitig ist und über eine Vergegenständlichung dazu führt, dass Frauen zu Objekten werden. Das ist meist der Fall, es ist nichts anderes als Unterdrückung.
Inwiefern?
Wir bemerken den Sexismus nicht mehr, weil unsere Gesellschaft glaubt, sie sei sexuell befreit. Wir sitzen hier in Soho, dem Quartier der Schwulen und der Sexarbeiterinnen. Aber selbst hier hat die sexuelle Revolution nie stattgefunden. Weil es den Frauen und den Queers nach wie vor nicht erlaubt ist, Begehren in der gleichen Art auszudrücken und auszuleben wie den Männern - und wahllos rumzuvögeln.
Daher der Buchtitel "Unspeakable Things"? Über Begehren dürfen nur Männer sprechen?
Genau. In einer ersten Version des Buchs hatte ich mehr Sex und Sexszenen drin. Ich habe alles rausgestrichen; mein Innerstes habe ich aus dem Buch rausgestrichen. Und mich später gefragt: Wieso habe ich das gemacht? Weil es einfacher ist, als Frau über sexuelle Gewalt zu sprechen, sogar über sexuelle Gewalt, die ich persönlich erlebt habe, als über meine positiven sexuellen Erfahrungen. Über uns Frauen wird viel schneller und härter geurteilt.
Weshalb werden Frauen stärker moralisiert?
Weil man uns über unsere Sexualität kontrolliert. Weibliche Sexualität wird immer problematisiert. Schauen Sie sich die Debatten über Verhütung und Abtreibung in den USA an: Es wird Krieg geführt gegen die freie Sexualität von Frauen. Weibliches Begehren hat keinen Raum in der politischen Diskussion. Frauen, die fordern und sexuell begehren, sind gefährlich.
Kommt daher auch der erbitterte Widerstand gegen die Prostitution?
Ja, wir sind beherrscht von der Idee, dass die weibliche Sexualität ein Verhandlungsdruckmittel sei. Sexarbeiterinnen drücken in dieser Vorstellung den Preis, weil sie Sex zu billig verfügbar machen. Sex ist etwas, was Männer den Frauen antun. In unserer gesellschaftlichen Vorstellung wollen wir aber nicht, dass es leicht ist, Sex zu haben. Wir alle müssen für Sex bezahlen, aber nicht mit Geld. Frauen handeln Sex gegen Wohlstand, Wohlbefinden oder Sicherheit. Die Prostitution bedroht diese gesellschaftliche Konzeption.
Ist es möglich, über benachteiligte oder stigmatisierte Frauen, also beispielsweise Sexarbeiterinnen, zu sprechen, ohne selbst betroffen zu sein?
Selbstverständlich kann ich über bestimmte benachteiligte Gruppen sprechen, solange ich nicht für sie spreche. Das ist der Vorteil am Internet: Wenn ich mich zu einer bestimmten Gruppe äußere, kann ich davon ausgehen, dass diese Leute zuhören und sich wehren. Schreibe ich etwas Falsches über Sexarbeiterinnen, melden die sich fünf Minuten später und sagen mir: Laurie, du bist eine Idiotin. Das ist es, was der Feminismus will. Nicht rumbrüllen. Nicht rumschreien. Sondern einen Dialog führen.
Laurie Penny
Jahrgang 1986, ist britische Autorin, Journalistin, Bloggerin und Feministin. Bekannt wurde sie 2011 mit dem Buch "Meat Market" (Fleischmarkt). Im Sommer dieses Jahres erschien ihr neues Buch "Unspeakable Things. Sex, Lies and Revolution", das noch nicht auf Deutsch erschienen ist.
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