ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Hier können SexarbeitInnen ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsbedingungen beschreiben. Was erlebt Ihr alles in Eurem Beruf?
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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Nymphe

herzlichen Dank für einstellen dieses wichtigen Dokuments.

Ich kann sehr vieles, wenn nicht gar alles, von dem was drin steht unterschreiben.

Etwas schade finde ich aber was nicht, zumindest nicht explizit drinsteht:

Zu § 5 Ich hatte hier schon auf die diskriminierende Begründung in Bezug auf Menschen mit Behinderungen hingewiesen. Ich finde es schade, daß diese Aspekt nicht deutlicher hervorgehoben wird. Den diese Begründung läuft auf ein Berufsverbot für Menschen mit (seelischen) Behinderungen in der Sexarbeit hinaus. Ich warne hier sehr dafür dieses Problem zu marginalisieren, oder als völlig lebensfremd zu betrachten. Noch vor knapp 15 Jahren wurde mir als Behinderten der Berufswunsch Sozialarbeiter als unrealistisch vom Sozialamt (bei dem ich Studienhilfen beantragen wollte) abgesprochen...

Zu § 16 hier hätte ich mich über ein Plädoyer gefreut, daß statt der unrealistischen Mindestanforderungen, daß der Barrierefreiheit aufgenommen wird (auch da wären ja Ausnahmen im Einzellfall möglich!).

Auch hätte es mich gefreut, wenn deutlich geworden wäre, daß dieser Entwurf auch das Konzept Sexualassistenz/Begleitung, medial ja durchaus positiv verhandelt, diskreditiert wird.

Aber es stimmt schon: Man kann eben nicht alles haben.

Jedenfalls wünsche ich dem Verband weiter viel ERfolg im Kampf gegen das Gesetz.

Kasharius grüßt

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Jupiter
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Jupiter »

Für mich ein wohltuend sachliche Stellungnahme, ohne Polemik. Diese Arbeit verdient Unterstützung.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Lucille
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Beitrag von Lucille »

@Kasharius, ist es nicht 'medienwirksamer' und damit effektiver wenn diese Forderungen von den großen Verbänden bereits direkt Betroffener kommen?
Ein Gesetzesentwurf, der vorsätzlich Menschen mit Einschränkungen aussortiert(!) sollte an diesen Punkten sehr lautstark wirksam von den Richtigen angeprangert werden.
Weil:
Kommt diese Kritik aus SDL-Ecke, wird es schnell als hilfsweises 'Alibi-Gemeckere' abgetan werden - die Mechanismen der populistischen Wortverdreherei sind doch bekannt.

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Lucille

Dein Argument hat etwas für sich. Andererseits könnte eine entsprechende Akzentuierung der SW-Bewegung die Behindertenorganisationen erst dazu bringen, sich in dieser Frage zu Positionieren. So lief es ja wohl auch bei AI - oder irre ich? UND beim Thema Sexualbegleitung, was ja auch medial positiv besetzt ist, werden es sich die Politiker verkneifen, die SW-Bewegung an diesem Punkt zu diskreditieren. Aber ich möchte das Behinderten-Argument auch nicht künstlich in den Vordergrund spielen. Die SW-Bewegung entscheidet selbst, welche Argumente sie gegen das Gesetz ins Feld führt.

Kasharius grüßt herzlich

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Lucille
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Beitrag von Lucille »

@Kasharius

In Anbetracht der permanenten Unterstellung, die SDL, die sich öffentlich einsetzen 'können', sind ja 'nur exklusive Ausnahmehuren' und die Masse wären unterprivilegierte Rettungs-Opfer ist das, ehrlich gesagt, schwierig.

Wenn ich die Definition von Prostituierten lese, dann sind nicht nur Sexualassistenz und -Begleitung Anbietende sondern alle in Ehe und Lebenspartnerschaften mit Einkommensgefälle Lebende ohne Vermehrungsabsicht potentiell anmeldepflichtig mit Angabe des verbindlichen Ehebettstandortes.

( böses Gedankenspiel ... Als die Pille kam, bekamen offiziell nur 'schon Mutterpflicht erfüllte' Verheiratete ein Rezept ... Demnächst nur noch mit gültigem Hurenpaß?)

Du hast natürlich prinzipiell Recht und die offizielle Diskriminierung von Menschen mit Einschränkungen sowohl auf Anbieter- als auch Kundenseite müßte auf einer Pressekonferenz aufs Deutlichste aufgezeigt werden.
Hast Du medienwirksam verwendbares Material, dass Du unseren PresseAktiven zukommen lassen kannst?

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Lucille

nur kurz: Vielleicht wäre diese Meldung http://www.spiegel.de/panorama/model-mi ... 52752.html ein medienwirksamer Aufhänger... Jedenfalls nach den in der Gesetzesbegründung genannten kriterien bliebe ihr eine Karriere als SW ersparrt. Ist das jetzt zu zynisch? Ich denke nicht. Menschen mit sog. geistiger Behinderung ist heut noch vieles, aber nicht mehr ALLES verschlossen- auch was die Berufswahl betrifft. Und wenn ich SW grundsätzlich durch Anmeldung ermögliche, als SW tätig sein zu können, muss das unabhängig von einer möglichen Behinderung, auch einem Down-Syndrom erfolgen. UND GERADE DAS läßt die Gesetzesbegründung pauschal nicht zu. NUR darum geht es bei der Kritik.

Danke für Deine/Eure Solidarität.

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

Vielleicht enthält das in der Anlage befindliche Dokument nützliche Überlegungen. Thema:

"Kein Menschenrecht auf Sex"

Mit der Umsetzung des RePSG werden nicht nur Sexarbeitende zu Subjekten zweiter Wahl. Es stellt einen Eingriff in die Freiheitsrechte aller dar, die im Feld der erotischen und sexuellen Dienste aktiv sind. Eine der Parolen, die gegen die Sexarbeit plakatiert werden, lautet "Es gibt kein Menschenrecht auf Sex".
Dateianhänge
2015-09-17, Hs9, Handanlegen bitte.pdf
(108.17 KiB) 248-mal heruntergeladen

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Lucille
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Beitrag von Lucille »

Klasse, Danke!
Wir nähern uns den Grundfesten von Amnesty International bezüglich der Begriffe Leben und lebenswert.

Wie sagte schon Marilyn Monroe in ihrem letzten Interview:
"Der Mensch wird als sexuelles Wesen geboren"

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

Interview mit Helga Rausch, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Kiel, (auch) zum RePSG

http://www.taz.de/!5230559/

(Link kopieren und einsetzen, sonst funktioniert er nicht)

Vielen Dank an Jonas, der mich auf diesen Beitrag in der taz hingewiesen hat

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lust4fun
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von lust4fun »

Ein wunderbares Beispiel für den einen Hauptast der Debatte um Paysex: Pragmatisch, sozialdemokratisch, soziologisch-realistisch, wertneutral.

Immer ist die Schlussfrage die nach dem schwedischen Modell. Und immer ist die Antwort realistisch-pragmatisch: Die Freierbestrafung verfehlt als Mittel den Zweck. Stimmt alles. Aber es ist, als wäre dieser Pragmatismus mit einer Wertneutralität erkauft, wo Entscheidungen gefragt sind.

Wieder wird nicht gesagt: Ich halte nichts von der Freierbestrafung, weil deren Ansinnen nicht per se falsch ist und deshalb demokratisch nicht unterbunden werden kann. Die Freier treffen auf Sexworker, die hier ihren Markt finden. Man kann über die Kritik der Märkte und der umfassenden Monetarisierung reden, aber nichts umstandslos verbieten, was freie Individuen als ihren "way of life" als Teil ihres gelingenden Lebens definieren und praktizieren.

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Beitrag von Tanja_Regensburg »

Solangsam dämmert es Vielen, dass der SCHUTZ nur ZWANG ist!

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

Querverweise:

Dilemma der Gesundheitsberatenden angesichts der zu erwartenden Dienstverpflichtung zur Körperverletzung
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 802#148802

Renegatentum eines verlorenen Femminismus am Beispiel Stellungnahme zum RePSG von TdF
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 804#148804

Quelle
http://www.frauenrechte.de/online/image ... t-2015.pdf

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

!!!

@Lust4Fun
«aber nichts umstandslos verbieten, was freie Individuen als ihren "way of life" als Teil ihres gelingenden Lebens definieren und praktizieren

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

DANKE! HANDANLEGEN BITTE! Ein wunderbares Manifest, fast in der Tradition des HESSISCHEN LANDBOTEN

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

Bezug:
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 914#148914
Bordellbetreiber scheitert vor Gericht - wegen mangelnder Sprachkenntnisse


Betriebskonzept

- Da kommt was auf die Betreibenden zu.
- Da kommt etwas auf migrierte SW zu, da sie so leicht keine Betriebsstätten finden werden, deren Betreibende ihre Muttersprache hinreichend beherrschen.

Der Hebel zur Unterbindung von SW wird, und darauf weisst in besonders nachdrücklicher Form Dona Carmen unermüdlich und sehr zutreffend hin, auch bei den Betreibenden angesetzt. Das Instrument des Betriebskonzeptes ist in diesem Zusammenhang hier auf SW.AT, von den Verbänden der SW und von den Allies der SW, die ihre Stellungnahmen zum RePSG vorgelegt haben, obwohl es bereits anklingen lässt Muttersprachkenntnisse seitens Betreibender zu fordern, kaum ausreichend behandelt worden.

Neben
Dona Carmen, die das Thema Konzessionierung seid langem im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit haben (siehe z.B. http://www.donacarmen.de/wp-content/upl ... esetz1.pdf, 3. Die Ausgestaltung der Erlaubnispflicht im Prostitutionsgewerbe – Zentrales Instrument nachhaltiger Unterbindung von Prostitution, S. 13 f) kommentiert auch der

BSD e.V. den RePSG bezüglich seiner Regulierungen von Betriebsstätten ab zwei SW (siehe http://www.bsd-ev.info/downloads/stellu ... g-refe.pdf, 5. Regelungen für bordellartige Betriebe, S. 15 f) und ebenso der

BesD e.V. (siehe http://berufsverband-sexarbeit.de/blog/ ... ntwurf.pdf, S. 8 f). Der

bdj Bund deutscher Juristinnen befasst sich ebenfalls mit den "gewerberechtlichen Folgen" des RePSG, also mit den vorgesehenen Massnahmen zur Regulierung von SW-Betriebsstätten ab zwei SW (siehe: http://www.djb.de/st-pm/st/st15-10/, E. Gewerberechtliche Aspekte des Entwurfs, S. 27 f, insbesonder IV. Betriebskonzept, S. 30 f)
Eine Stellungnahme des

UEGD, http://www.uegd.de/index, Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland (UEGD) e.V. zum RePSG scheint nicht öffentlich vorzuliegen. Die anderen ProSW Stellungnahmen zum RePSG nehmen soweit ich das übersehe nicht kritisch zur vorgesehenen Regulierung der Betriebsstätten von SW durch Erlaubnispflicht Stellung.

Vielleicht wäre es daher sinnvoll nachzuarbeiten und die Anforderung Betriebskonzept noch genauer auch in Bezug auf ihre Wirkung für SW anzusehen.

Zwei Punkte im Zusammenhang mit dem Betriebskonzept

Konstruktion des Gefahrenfeldes SW
Konstruktion der SW als Schutzobjekt - als Subjekt minderen Rechts

(Querverweis
siehe auch http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 767#148767)


Die Betreibenden werden in die Pflicht genommen, zu ermitteln, ob Hinweise auf mangelnde Einsichtsfähigkeit der SW aber auch auf Fremdbestimmung, der SW unterliegen, vorliegen könnten und dies den Behörden mitzuteilen bzw. keine Miet- oder Arbeitsverhältnisse zu begründen. Diese Pflichten müssten in einem Betriebskonzept operationalisiert werden. Sofern Betriebsstätten Betriebskonzepte vorzulegen haben, die beschreiben, in welcher Weise ermittelt werden soll, ob SW unter Fremdbestimmung stehen oder einsichtsfähig sind, wie sie dies den Behörden mitzteilen gedenken und aufgrund welcher diesbezüglicher Kriterien sie die Begründung eine Miet- oder Arbeitsverhältnisses ablehnen, wird durch Aktenlage eine Bedrohungs-, Gefährdungs- und Schutz_Subjekt-Lage (Mangel an Einsichtsfähigkeit der SW = Subjekte zweiter Güte = Aberkennung menschenrechtlicher Schutzstandards = SW sind Subjekte minderen Rechts) konstruiert, die in mehrfacher Weise das produziert, was sie zu verhindern vorgibt. Einerseits indem SW in Grauzonen abgedrängt werden, die sich den Anforderungen eines solches behördlichen und betreibendenseitigen Verfahrens nicht unterziehen wollen oder können.


Andererseits:

Wenn das Haus9 z.B. ein Betriebskonzept vorlegt, das mit Bezugnahme auf das allgemeine Selbstbestimmungsrecht und insbesondere auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von SW die Erhebung der persönlichen Lebensumstände von SW verweigert, also einer Überprüfung in Hinblick auf Einsichtsfähigkeit oder persönlichen Verhältnissen wie Familie / Partnerschaft konzeptionell ausschliesst, was dann? Keine Betriebserlaubnis ist anzunehmen.

Wenn alle anderen Betriebsstätten diese Prüfung jedoch vollziehen, erbringt nicht dass alleine bereits den lange gesuchten Nachweis des immensen Dunkelfeldes von Fremdbestimmung und von nicht unwesentlicher Verbreitung mangelnder Reife/Einsichtsfähigkeit der SW? Wird damit nicht eine Kultur der Verdächtigung und Ausforschung von SW zur habitualisierten Alltagspraxis

- die Übergriffigkeiten durch Betreibende rechtfertigt und erforderlich macht (djb, http://www.djb.de/st-pm/st/st15-10/, zur "Befugnis zur Prüfung der „Einsichtsfähigkeit“ laut § 5 Abs. 1 Nr. 1 RePSG, S. 15: »Die Norm schafft eine Blankobefugnis für die Befragung von Personen, die ein Gewerbe zur Erbringung sexueller Dienstleistungen anmelden wollen, und öffnet der Möglichkeit behördlicher Willkür Tür und Tor.«) und

- die auch, quasi als Auftragsarbeit, konkrete Ergebnisse zeitigt, wie das bei legitimiertem Denunziantentum und staatlich gefö/orderter Schnüffelei erwartbar ist? Werden diese "Ergebnisse" dann zu "validen" Nachweisen für ausufernde Fremdbestimmung und mangeldnde Selbstbestimmungsfähigkeit?

Unterliegen die SW, also nicht nur der verdachtsfreien Ausforschung durch Behörden, sondern auch der rechtlich zum Standard erhobenen »Blankobefugnis« (djb) zur Schnüffelei und zum Denunziantentum durch Betreibende, die zum Ziel hat Material zusammenzutragen, und im Ergebnis SW diskreditiert und diskretitierbar macht, sprich sie in einem rechtsförmigen Prozess der Stigmatisierung unterwirft?

Was sagt der UEGD, als größter Verband der Betreibenden von SW Orten, an denen SW zumeist selbständig tätig sind, zu dieser Problematik?

Ist das Rechtsstaat? Oder hatten wir dass zu Zeiten deutscher Barbarei und zu Zeiten des deutschen Unrechtsstaats des real existierenden Sozialismus nicht bereits zur genüge?
Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 04.10.2015, 17:50, insgesamt 3-mal geändert.

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

auf jeden Fall ist alles rechtsstaatlich höchst bedenklich - vorsichtig ausgedrückt.

kasharius grüßt dich herzlich

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

@ kasharius
»... rechtsstaatlich höchst bedenklich«

unschön zu wissen, dass diese Bewertung von Dir als vorsichtig sprechendem Fachkundigen, meine Befürchtungen kaum entkräften.


Rechtsförmiger Terror

Es sei mir als bemühtem und betroffenen Laien gestattet - wen soll es wundern, dass Betroffene eine anderen Blick haben und auch eine andere Sprache wählen - drastischer zu bewerten. Ich tendiere durchaus zu dem Begriff rechtsförmiger Terror. Damit bezeichne ich unzulässige Eingriffe in die Menschen- und Grundrechte, die auf der Grundlage des staatliche Gewaltmonopols im Rahmen von Gesetzen und Verordnungen, also in Rechtsform, zur Wirkung gebracht werden. Anders gesagt: Eichmann hat im Rahmen der NS Barbarei zumeist wohl legal jedoch nicht legitim gehandelt.

Die illegitime staatlich und rechtsförmig veranlasste Stigmatisierung von SW, die ich wie oben dargestellt bei Umetzung des RePSG eintreten sehe, hat für SW erhebliche soziale, psychische und physische Beschädigungen zur Folge. Insofern Folgen rechtsförmig ausgeübter staatlicher Gewalt, die im Widerspruch zum Menschen- und Grundrecht auf körperliche Unversertheit stehen.

Von dieser SW Stigmatisierung wären viele Menschen, im Prinzip alle SW in D, betroffen. Spätestens wenn viele Menschen im Rahmen der Ausübung ihrer Menschenrechte (sexuelle Selbstbestimmung) durch Gewalt (staatliches Gewaltmonopol) beeinträchtigt werden, zumal wenn ihr Recht auf körperliche und psychische Unversertheit durch staatliche Gewalt gefährdet oder missachtet wird, denke ich, sollte von rechtsförmigen Terror gesprochen werden.

Wenn ein Staat Menschenrechte in erheblichem Maße verletzt und dabei auch die psychische und körperliche Integrität seiner Bewohnenden willentlich verletzt, deren (Über-)Leben gar zur Disposition stellt, und dies auf der Grundlage von Gesetzen erfolgt, sollte von Terrorherrschaft gesprochen werden.

In gravierenden Fällen der Missachtung des Rechtes auf (Über-) Leben, sollte von rechtsförmiger Barbarei (Faschismus) die Rede sein.


Definition Terror

»Der Terror (lat. terror "Schrecken") ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen.« https://de.wikipedia.org/wiki/Terror

Bei Eingabe der Suchanfrage "Definition Terror" findet sich auf Google, 05.10.2015, 19:10 deutsche Zeit folgende Erläuterung:

»1. der Vorgang, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen Gewalttaten wie Bombenanschläge und Morde ausführt, um Angst und Schrecken zu verbreiten; mit dem Terror wollen die Terroristen bestimmte Ziele durchsetzen. "ein Regime mit Terror aufrechterhalten"
2. ein über längere Zeit andauerndes Verhalten gegenüber anderen Menschen, bei dem man mit Drohungen, Zwang und Gewalt diese einschüchtern und schließlich beherrschen will.«


Begriffsherkunft "rechtsförmiger Terror"

Ich stieß im Zusammenhang mit der Bewertung der Politik Putins auf diesen Begriff

»Seit den Massenprotesten gibt es ja auch ein verschärftes Vorgehen gegen die Opposition, wenn Sie so wollen, eine neue Art von politischer Säuberung, die es da in Russland gibt, und zwar die Ausschaltung jeglicher Opposition mit allen Möglichkeiten: rechtsförmiger Terror gegen die Opposition, fingierte Beschuldigungen, Anklagen, Verhaftungen, die es bei den Demonstrationen am Bolotnaja-Platz gegeben hat vor einem Jahr.«
http://www.deutschlandfunk.de/putin-ist ... _id=254595. Der Grünen-Politiker Dirk Schulz mag als ein Urheber gelten. Ich denke jedoch, dass dieser Begriff schon länger verwandt wird.

@ all
bei der Bearbeitung des Beitrages wurde ich unterbrochen. Deswegen erst hier die sonstigen mir bekannten Stellungnahmen zum RePSG von Organisationen, die Kritikpunkte am RePSG von ProSw-Aktiven zumindestens punktuell unterstützen, jedoch entweder nicht ausführlich kritisch zur Erlaubnispflicht von Betriebsstätten Stellung beziehen oder diese sogar befürworten, jedoch z.B. eine Registrierungspflicht von SW ablehnen.


Tampep
Stellungnahme, verlinkt von BSD e.V
http://www.bsd-ev.info/downloads/tampep ... e-2015.pdf

bufas
Stellungnahme, verlinkt von BSD e.V
http://www.bsd-ev.info/downloads/bufas- ... -09-10.pdf

Kassandra e.V.
Stellungnahme, verlinkt von BSD e.V
http://www.bsd-ev.info/downloads/kassan ... z-von-.pdf

Ratschlag Prostitution Hamburg
Stellungnahme, verlinkt von BSD e.V
http://www.bsd-ev.info/downloads/stellu ... burg-z.pdf

KOK e.V.
http://www.kok-gegen-menschenhandel.de/uploads/media/

Gesundheitsministerium NRW
Pressemitteilung, verlinkt von voice4sexworkers
http://www.voice4sexworkers.com/wp-cont ... gesetz.pdf

Die Grünen
https://www.gruene-bundestag.de/fileadm ... sition.pdf

Klaus Fricke
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RE: ProstituiertenSchutzGesetz: Arbts- u. Refrtentw. - Disk.

Beitrag von Klaus Fricke »

Bezug:
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 947#148947
Bald sollen nur noch 120 Prostituierte in Freiburg arbeiten

Ich assoziiere Zwangskasernierung in Kontrollstraßen.
Dazu noch Pflicht zur Kenntniss der Muttersprache der SW für Betreibende nach holländischen Vorbild (siehe: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=13072)


Betriebs- und Existenzabwicklungsgesetz


Die vom RePSG beschworene neue Rechtssicherheit für SW Betriebsstätten (-betreibende), die diese Entwicklung ermöglicht, schafft Rechtstatbestände die sicherstellen, dass ein nicht kleiner Teil von Betreibenden Betriebe schließen müssen. Mit der sogenannten Rechtssicherheit des RePSG tritt die rechtsförmige Gestaltung von Betriebsschließungen an die Stelle der Schliessungspraxis im rechtsfreien Raum, die bis 2002 laut Renzikowski polizeiüblich war. (Prof. Dr. Joachim Renzikowski, Plädoyer für eine gewerberechtliche Reglementierung der Prostitution, in BMFSFJ, 2012 Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätte, S. 17 f, siehe https://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/B ... b=true.pdf )

Betriebs- und Existenzabwicklungsgesetz wäre der passenderer Name.

Davon werden auch SW (und die Kundschaft) erheblich betroffen sein. Die Schwächsten, z.B. die Migrierten am stärksten.

So wie SW nicht durch das RePSG geschützt und gerettet werden wollen, können Betreibende auf ein Gesetz verzichten, das ihre Existenzvernichtung zum Gegenstand rechtsförmiger Abwicklung macht.

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Beitrag von Kasharius »

Neben vielem anderem stört am Entwurf ja auch, daß Betreiber hier zu quasi staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörden umfunktioniert werden. Auch das erinnert an ganz finstere Zeiten...

Kasharius grüßt

fidelio
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Beitrag von fidelio »

TAZ - 08.10.2015

Streit ums Prostituiertenschutzgesetz Von Ländern und Liebesdiensten

Im Prostituiertenschutzgesetz ist die zwangsweise Gesundheitsberatung für SexarbeiterInnen vorgesehen. Muss der Bundesrat zustimmen?

http://www.taz.de/Streit-ums-Prostituti ... 215236808/

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Kommentar Prostituiertenschutzgesetz

Keiner denkt an die Frauen

Das Sexgewerbe soll transparenter und die Prostituierten sollen besser geschützt werden. Tatsächlich verfolgt die Politik eigene Interessen.

http://www.taz.de/%215236709/