Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

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ilovemoney
aufstrebend
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Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von ilovemoney »

Hallo liebes Forum! Es ist toll, dass es sexworker.at gibt und sich die Admins hier so sehr für die gesellschaftliche Akzeptanz der Sexarbeiter einsetzen!

Ich bin nun seit einem Jahr als Prostituierte tätig. Es war ein gutes Jahr, in dem ich kaum Depressionen oder Existenzängste hatte.
Doch jetzt grad habe ich leider einen Durchhänger. Seit 4 Tagen hatte ich geplant, wieder im Club arbeiten zu gehen, aber ständig drücke ich mich davor. Selbstverständlich leidet mein Kontostand darunter. Heute werde ich wieder hingehen und arbeiten, damit ich für den Monat genügend Knete hab.
Ich sag mal, das ist bei weitem nicht die undankbarste Tätigkeit. Ich arbeite nun in einem echt schicken FKK-Club, der auch locker in eine Nobeldisco umgebaut werden könnte. Aber da gibt es gewisse Dinge, die mich immer wieder deprimieren. Was auch schon im ersten Bordell schon so war, in dem ich gearbeitet hatte.
Ich komme mit der Mentalität der Mädels nicht richtig klar. Derzeit gibt es keine großartigen Probleme mit ihnen, ich werde nicht gemobbt, ich werde in Ruhe gelassen. Aber sie sind so eiskalt und rau im Umgangston, auch untereinander. Ich habe immer bissel Angst vor denen. In meinem derzeitigen Club gibt es bildhübsche Frauen mit Top-Figuren, aber sie strahlen eine Unzufriedenheit und innere Leere aus, die mich runterzieht.
Ich glaube, mit kaum einer von ihnen könnte ich mich über Kunst, Musik und spiritueller Weiterentwicklung unterhalten. Sie kämpfen alle ums Überleben. Sie haben den Kopf nicht frei für die schönen Dinge im Leben. Ein Großteil von ihnen konsumiert Koks, einige müssen ne ganze Familie im Ausland versorgen, und einpaar haben sogar Zuhälter.
Das alles lässt sich durch Geschichten erahnen, und doch weiß ich nicht genau, wen es betrifft. Ich bin eine völlig passive Beobachterin und kann da NULL eingreifen, ich kann da nicht helfen. Denn die meisten Frauen haben so eine unsichtbare Schutzmauer um sich rum, und sagen nur mit einem aufgesetzten Lächeln "Hallo Schatzi" zu dir, obwohl sie innerlich vielleicht am liebsten heulen würden.Alle spielen da eine Rolle, um sich zu schützen, kaum jemand ist authentisch. Ja auch ich! Ich versuche da ebenso, mir möglichst wenig Gefühle anmerken zu lassen und möglichst wenig aufzufallen, damit die anderen ja nicht neidisch werden oder sich von mir provoziert fühlen. Denn in so einem Fall könnte es gefährlich werden für mich!
Ich begebe mich in einem Haifischbecken. In (fast) allen Puffs wird geklaut und es herrscht Kriminalität.
Ich hab mal ne Story gehört, da hatte eine Sexarbeiterin sich durch das hart verdiente Geld einen nigelnagelneuen BMW gekauft und ihn in der Nähe des Bordells geparkt. Am nächsten Tag hatten ihn einpaar Prostituierte völlig verunstaltet und darauf "Schlampe" mit Graffiti gesprüht.
Auch soll es Fälle gegeben haben, in denen ins Shampoo einer Kollegin Chemikalien gemischt wurden, die Haarausfall bei ihr verursachten.
Das sind alles so Dinge, die mich etwas verunsichern. Ich bin ständig auf der Hut vor den Mädels, ich achte wirklich auf jedes Wort, das ich vor ihnen sage!

Bei den Kunden wiederum ist's bissel lockerer. Ja auch da gibt's Idioten, aber mit Männern komme ich irgendwie grundsätzlich besser zurecht und sie kommen mir nicht so krass unberechenbar vor wie die Mädels.
Ja auch unter den Gästen sehe ich viele unglückliche Gesichter, aber da finden sich schon eher einpaar weltoffene Leute, wo ich auch ein bisschen ich selbst sein kann, mit denen ich mich auch über schöne Dinge im Leben unterhalten kann.

Im Großen und Ganzen macht mich in der Prostitution die Tatsache fertig, dass ich mich ständig verstellen muss. Anfangs hatte es noch Spaß gemacht, eine Rolle zu spielen, aber mittlerweile kotzt es mich an.
Immer jeden anlügen zu müssen, was meine berufliche Tätigkeit angeht.
Den Gästen sage ich, ich würde nebenbei studieren, meinen Freunden sage ich, ich hätte durch einen Promotion-Job so viel Knete.
Und das ständige Duschen und sich Umziehen nervt ebenfalls. 12 mal am Tag in die Duschkabine rennen, dann zum Spind, dann wieder anziehen, dann ausziehen... stressig.

Ich habe es langsam satt. Am liebsten würde ich mich jetzt nur noch meinem Lebenstraum mit der Musik widmen.
Aber mir fehlt es bissel an Kreativität und Tatendrang. Ich habe da wirklich großes Potential.
In einem Musikgymnasium hatte ich früher Klavier-und Gesangsunterricht und war da schon sehr fortgeschritten, jedoch gab es immer Konkurrenz. Ich hatte in letzter Zeit einige Konzerte, die gut liefen. Es erfordert aber auf jeden Fall viel Eigenengagement, um mir da was aufzubauen.
Ich habe früher Straßenmusik gemacht und bin mir sicher, würde ich so viel Zeit Straßenmusik machen, wie ich mich prostituiere, könnte ich damit ungefähr dasselbe Geld verdienen. Aber da plagt mich wiederum das Lampenfieber. Während Sex rein intellektuell und künstlerisch ziemlich anspruchslos und leicht zu meistern ist, muss ich mich beim Musik machen echt auf jeden Ton konzentrieren, dass er nicht schief klingt oder schlecht phrasiert ist. Ich bin manchmal echt ne Mimose.
Ich sollte mir mehr zutrauen!
So sehr bewundere ich DJs, Producer und Musiker, die sich frei entfalten und all ihre Gedanken in Melodien, Synths und Lyrics umwandeln, ohne sich ne Platte zu machen, falls mal etwas s c h e i ß e klingt.
Ich glaube, mich plagt zu sehr der Perfektionismus.

Das mit der Musik wird mich ein Leben lang beschäftigen. Ich könnte 100 Mio. Euro auf dem Konto haben, solange ich selber schöpferisch nicht tätig bin, wird mir immer was fehlen.
Ja auch wenn ich einen soliden Beruf ausüben würde, gäbe es eine gewisse Leere in mir, wenn ich mich nicht ganz der Musik widmen könnte.

Mein größter Wunsch ist's doch, nur noch von der Musik zu leben. Aber es fehlt mir an Mut, da was auf die Reihe zu bringen.

In unserem FKK-Club hatte mal eine gute Sängerin einpaar Lieder gesungen. Alle Prostituierte sind darauf abgegangen! Diese Power, die sie in der Stimme hatte.. wir bewunderten sie alle. Das war mal ein winzigkleiner Moment, in dem alle Mädels sie selbst waren und sich zusammen freuten.

Wie krieg ich denn das mit dem Ausstieg am besten hin?
Könnte mir eine Beratungsstelle helfen oder würden die mich nur schief anschauen, wenn sie von meinen Musikplänen hören?

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friederike
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von friederike »

Hi liebe Kollegin,

das klingt ja toll mit Deinen Musikplänen! Das fasziniert mich ... Die Beratungsstellen werden wohl kaum darüber das Gesicht verziehen. Traust du Dir denn Profimusik zu? Ich würd's ja gerne können, aber mein Gestümper am Klavier würde mich nicht weit tragen ... umso mehr finde ich es super, wenn jemand so etwas kann! Singst Du oder spielst Du ein Instrument?

Dass das Doppelleben auch belasten kann, kann ich gut nachvollziehen. Aber ob Du die Gedanken der Kolleginnen richtig liest, bin ich etwas im Zweifel. Ein Club ist doch kein Café, man ist ja da, um zu arbeiten, und wenn man den Gästen zulächelt, hat man vielleicht in den Arbeitspausen mal Lust, die Klappe zu halten und die Mundwinkel mal entspannen zu lassen. Aber auch im Club hab ich schon viele liebe und interessante Kolleginnen getroffen.

Trägst Du denn so aufwendige Kleidumg, dass Dich das An- und Ausziehen nervt? Ich bin immer so gekleidet dass ich mit zwei, drei Handgriffen nackt bin. Vielleicht wäre ein Fkk-Club gut für Dich ;-) !

Alles liebe und viel Erfolg, :007 :008
Friederike

Moonlight
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von Moonlight »

wenn Dich gewisse Dinge deprimieren ilovemoney, warum arbeitest Du denn dort noch im FKK Club?

Mir könnte ehrlich gesagt gar keiner soviel Geld bieten das ich freiwillig im FKK Club etc. arbeiten würde... bekomme schon immer eine Gänsehaut wenn ich nur höre, wie dort gearbeitet wird...

Ich arbeite schon ein paar Tage länger... aber solche Storys wie Du da schreibst, sind bei uns (bzw da, wo ich bisher gearbeitet habe) nie vorgekommen... und kenne ich ehrlich gesagt nur aus dem Fernsehen...
Würde mich echt mal interessieren in welchen Clubs das so abgeht wie Du geschrieben hast...

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ilovemoney hat geschrieben:Ich komme mit der Mentalität der Mädels nicht richtig klar. Derzeit gibt es keine großartigen Probleme mit ihnen, ich werde nicht gemobbt, ich werde in Ruhe gelassen. Aber sie sind so eiskalt und rau im Umgangston, auch untereinander. Ich habe immer bissel Angst vor denen. In meinem derzeitigen Club gibt es bildhübsche Frauen mit Top-Figuren, aber sie strahlen eine Unzufriedenheit und innere Leere aus, die mich runterzieht.
Ich glaube, mit kaum einer von ihnen könnte ich mich über Kunst, Musik und spiritueller Weiterentwicklung unterhalten. Sie kämpfen alle ums Überleben. Sie haben den Kopf nicht frei für die schönen Dinge im Leben. Ein Großteil von ihnen konsumiert Koks, einige müssen ne ganze Familie im Ausland versorgen, und einpaar haben sogar Zuhälter.
Das alles lässt sich durch Geschichten erahnen, und doch weiß ich nicht genau, wen es betrifft. Ich bin eine völlig passive Beobachterin und kann da NULL eingreifen, ich kann da nicht helfen. Denn die meisten Frauen haben so eine unsichtbare Schutzmauer um sich rum, und sagen nur mit einem aufgesetzten Lächeln "Hallo Schatzi" zu dir, obwohl sie innerlich vielleicht am liebsten heulen würden.Alle spielen da eine Rolle, um sich zu schützen, kaum jemand ist authentisch. Ja auch ich! Ich versuche da ebenso, mir möglichst wenig Gefühle anmerken zu lassen und möglichst wenig aufzufallen, damit die anderen ja nicht neidisch werden oder sich von mir provoziert fühlen. Denn in so einem Fall könnte es gefährlich werden für mich!
Ich begebe mich in einem Haifischbecken. In (fast) allen Puffs wird geklaut und es herrscht Kriminalität.
Ich hab mal ne Story gehört, da hatte eine Sexarbeiterin sich durch das hart verdiente Geld einen nigelnagelneuen BMW gekauft und ihn in der Nähe des Bordells geparkt. Am nächsten Tag hatten ihn einpaar Prostituierte völlig verunstaltet und darauf "Schlampe" mit Graffiti gesprüht.
Auch soll es Fälle gegeben haben, in denen ins Shampoo einer Kollegin Chemikalien gemischt wurden, die Haarausfall bei ihr verursachten.
LG Moonlight

Wenn nicht jetzt - wann dann?

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Arum
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Beitrag von Arum »

Ich muss ehrlich sagen, bei einem Satz von ilovemoney wie diesem werde ich etwas stutzig:

Ich habe früher Straßenmusik gemacht und bin mir sicher, würde ich so viel Zeit Straßenmusik machen, wie ich mich prostituiere, könnte ich damit ungefähr dasselbe Geld verdienen.

Wie soll das denn gehen? So wie ich Deine Worte verstehe, hast Du an die 12 Kunden am Tag, und das sollte den Ertrag von einem Tag Strassenmusik entsprechen??? Dazu in einem Nobel-FKK?? Wo die Damen sich nagelneue BMWs leistenn können? Da erhältst Du doch mindestens, mindestens 600 Euro am Tag?

Oder sind die Menschen bei Dir in der Stadt denn so wohlhabend und musisch veranlagt, dass sie Strassenmusikern gerne reichlich mit Geld bewirten wollen und können? Da wärst Du wohl die erste Strassenmusikerin in der Menschheitsgeschichte, die sich auf Dauer einen BMW anschaffen könnte!

Entschuldige sehr, aber ich find das Ganze also etwas unglaubwürdig. Nichtsdestotrotz, für einen künstlerischen Beruf gilt: Talent und Potential reichen nicht. Will man überhaupt eine Chance haben, sich in jenem Bereich durchzuschlagen, muss man bereit sein, hart daran zu arbeiten, der Mimose weitestgehend den Laufpass zu geben.

Die Geschichten von dem Umgang der Damen untereinander kommen mir andererseits nicht ganz unbekannt vor. Ich habe da mal eine SW gekannt, die von ihren Kolleginnen gehänselt und beklaut worden sein soll, weil sie alllzu erfolgreich war. Sie hat dann den Arbeitsort gewechselt, wo es ihr allerdings gleich ergangen sein durfte (sie hat es auch dort nicht lange ausgehalten), denn sie hatte eine gewisse Art, den Kolleginnen die Kunden auszuspannen. Und das kommt eben nicht gut an..
Aber auch das gehört in einem FKK wohl dazu.
Andererseits habe ich auch klare Momente gegenseitiger Hilfsbereitschaft mitbekommen dürfen..
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Jupiter
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von Jupiter »

Unabhängig von der geschilderten Situation, ist in meinen Augen Musik ein wunderbarer Ausgleich zur beruflichen Arbeit, dient praktisch dem Stressabbau.

Ist man noch dazu in der Lage selbst musikalisch aktiv zu sein, um so besser.
Ob ein Instrument oder Gesang, ich denke es gibt überall eine Möglichkeit sich weiter zu entwickeln. Schau doch mal nach Musikschule oder Kurse in der VHS (hier in Deutschland).

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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lust4fun
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von lust4fun »

Ich würde gern @ilovemoney etwas Nettes, etwas Mutmachendes sagen. Vielleicht dieses? Wer in Kontakt mit seiner eigenen Spiritualität lebt, sich mit seiner eigenen Authentizität auseinandersetzt, der mag oberflächlich ungeschützter und verletzlicher sein als andere, wird aber auch seinen Kern finden, der beständig ist, und Kräfte erfahren, die tragen.

Doch da ist auch der konkrete Gedanke an einen Ausstieg, und beim Lesen deiner Beiträge in den letzten Monaten mit den Hinweisen auf Frustration und Burnout entsteht ein Bild mit Einsamkeit und Leidensdruck. Ich wünsche dir Menschen, die für dich da sind, wo du sie brauchst.

Der Lebenstraum mit der Musik berührt mich. Ich kenne eine Reihe von Profimusikern, die nur deshalb von der Musik leben können, weil sie eine extrem professionelle Ausbildung als Musiker bekommen haben und über lange Zeit unter KollegInnen extrem vernetzt gelebt haben.

*****

Als diskursives Foren-Thema, das über den individuellen Fall hinausgeht und dann auch keine konkrete Hilfestellung zu leisten vermag, bleiben trotzdem relevante Aspekte, auch wenn @Klaus im ähnlich gelagerten Nachbarthread ( http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=13268 ) anmahnt, dass dies für dieses Forum nicht zielführend sei.

Es geht um die Soziologie des Arbeitsplatzes "Sexarbeit" mit möglicherweise genretypischen Belastungen und Gefährdungen. Freilich sind Konkurrenzkampf, Mobbing, Einsamkeit, Ausgeliefertsein an Macht und Hierarchie das Thema in allen Berufen. Aber die Besonderheit in der Sexarbeit dürfte darin liegen, dass es nur eine sehr geringe offene und öffentliche Einbindung in Hilfs- und Unterstützungssysteme gibt. Andernorts gibt es Personalvertretungen, Gewerkschaften, etablierte Hilfsstellen, passgenaue Angebote, die von Krankenkassen, Betrieben oder Verbänden gamacht und bezahlt werden. Außerdem gibt es Korrektive durch betriebliche Evaluationen und teilweise durch den öffentlichen Blick und die öffentlichen Diskussion.

Es hilft jetzt nicht, wenn man anmerkt, dass in den undurchsichtigen Schlachthofkonzernen ebenfalls schlimme Zustände herrschen.
Es hilft auch nicht, wenn der Staat ein Überwachungsgesetz erlässt, das für die Sexworker Pflichten statt Rechte formuliert.

Ein anderer Aspekt dieser Soziologie ist die Verortung der Hauptbelastungen in der Sexarbeit. Schilderungen wie diese und im Nachbarthread "stören" die gängige These - das weithin für sicher gehaltene Urteil über die Unerträglichkeit des Freiers, der in Wirklichkeit zerstörerische Macht ausübe wo er schönfärberisch von "sexueller Dienstleistung" rede. (Exemplarisch Huschke Mau in Emma: http://www.emma.de/artikel/ich-habe-die ... uch-318081)

@ilovemoney sagt: "Ja auch da gibt's Idioten, aber mit Männern komme ich irgendwie grundsätzlich besser zurecht und sie kommen mir nicht so krass unberechenbar vor wie die Mädels." (Wer sich als Kunde im Paysex bewegt, hört solche Sätze immer wieder.)

Der politische Aspekt eines Statements wie das von @ilovemoney liegt also gerade nicht in der Leidensbeschreibung von zuhälterischen Machtstrukturen in der Sexarbeit, sondern in soziologischen Einblicken, die der aktuellen Gesetzesvorlage gänzlich fehlen. Man muss nicht behaupten, Sexarbeit sei "ein Job wie jeder andere", um das Gesetz zu kritisieren.

Aber es ist alles kompliziert. Über allem schwebt der Eindruck, dass unsere Welt überall rauer und härter wird. In allen Berufen. Die Freier. Die KollegInnen...

ilovemoney
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von ilovemoney »

Ich bedanke mich erstmal für eure Antworten und dass ihr euch intensiv mit meinem Thema auseinandersetzt!
Nun konnte ich mich am Montag doch noch aufraffen und in den Club arbeiten gehen, welcher übrigens ein FKK-Club ist.
Ich möchte jedem einzelnen ausführlich antworten und dafür werde ich noch etwas Zeit brauchen.
Spätestens dieses Wochenende melde ich mich wieder. Da hab ich nämlich wieder frei! :-)

nordmann66
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RE: Ich möchte bald aussteigen und Musik machen

Beitrag von nordmann66 »

Hallo,
was für Musik möchtest du denn machen? Hast du schon Erfahrungen in dem Bereich ??

Doris67
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Beitrag von Doris67 »

Aus langjähriger Erfahrung: Mit Musik, insbesondere Straßenmusik, einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu verdienen, ist extrem schwer und selten. Ich halte das für eine Illusion.
Mitglied der Confédération Nationale du Travail

xtabay
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Beitrag von xtabay »

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Doris67 hat geschrieben:Aus langjähriger Erfahrung: Mit Musik, insbesondere Straßenmusik, einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu verdienen, ist extrem schwer und selten. Ich halte das für eine Illusion.
Also, ich kenne einige, die mit Musik ihren Lebensunterhalt verdienen.
Klar geht das.