LokalNachrichten: WIEN

Hier findet Ihr "lokale" Links, Beiträge und Infos - Sexarbeit betreffend. Die Themen sind weitgehend nach Städten aufgeteilt.
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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Ich bin überrascht, dass jetzt folgende Zahlen kursieren: Es soll etliche Anzeigen und auch 4 Festnahmen gegeben haben. Natürlich stellt sich die Frage, warum dann Vertreter der Polizei Interviews geben, in welchen von "keinen Anzeigen bis Donnerstag" gesprochen wurde?

Und natürlich auch: Warum wurden an viele SexarbeiterInnen KEINE INFORMATIONSBLÄTTER (wenn die Folder auch nur auf Deutsch sind, so sind es wenigstens Informationen - auch dann, wenn darauf die wichtigste Frage "wo darf ich genau stehen" nicht geklärt ist) ausgegeben???

christian

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Prostitution Neu: Erste Festnahmen

Seit 1. November gilt in Wien ein neues Prostitutionsgesetz. Mit dem der Straßenstrich im Wohngebiet verboten wurde. Am ersten Tag kam es am Abend bereits zu ersten Anzeigen und sogar zu Festnahmen.

Fünf vorübergehende Festnahmen, 40 Anzeigen und ein einige Organmandate: So lautet die Bilanz nach einer Schwerpunktaktion in der Nacht auf Mittwoch. Ursprünglich wollte die Exekutive die Prostituierten zu Beginn bloß abmahnen. Dass es bereits am ersten Tag zu Strafen und Festnahmen kam, überraschte selbst die Vertreter der Bürgerinitiative, die jahrelang gegen den Straßenstrich gekämpft haben.

„Wir nehmen nur die Unbelehrbaren mit“, wird eine Beamter in der Tageszeitung „Österreich“ zitiert. Wird eine Sexarbeiterin im Wohngebiet bei der Geschäftsanbahnung erwischt, muss sie 100 Euro zahlen. Ansonsten mache die Anzeige bis zu 700 Euro aus, erläuterte ein Polizeioffizier. Steht die Frau nach einer Stunde noch immer an ihrem Platz, wird sie festgenommen. In den nächsten Tagen soll es weitere Schwerpunktkontrollen der Polizei geben.
Auch Freier strafbar

Es gibt aber fünf Ausnahmegebiete. Teile des Auhofs und des Praters sind jene zwei davon, in denen Prostitution auch ab 1. November erlaubt ist. Für die drei anderen Gebiete sind noch Verordnungsverfahren ausständig, bei denen auch die Bezirke miteinbezogen werden - mehr dazu in wien.ORF.at.

Das neue Gesetz bringt auch eine neue Regelung der Melde- und Genehmigunspflicht für Bordelle und Laufhäuser. Hier ist auch das Magistrat eingebunden. Für bestehende Bordelle ist eine Übergangsregelung bis Ende 2012 vorgesehen. Bis dahin muss die Bewilligung vorliegen. Ist das nicht der Fall oder sperren neuen Lokale ohne Genehmigung auf, droht eine Strafe von bis zu 7.000 Euro.

Die Polizei kann durch das neue Gesetz künftig auch Freier verstärkt ins Visier nehmen. Wer ab dem 1. November in Wohngebieten, also außerhalb der Ausnahmezonen, ein Geschäft mit einer Prostituierten anbahnt, dem droht eine Strafe von 500 Euro.

http://wien.orf.at/news/stories/2507703/

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Seit Dienstag gilt das neue Prostitutionsgesetz in Wien. Dieses verbietet - bis auf wenige Ausnahmen - Sex-Arbeit im Wohngebiet. In der ersten Nacht seit Inkrafttreten der Regelung gab es bereits fünf Festnahmen von Frauen sowie 40 Anzeigen, sagte Polizeisprecher Mario Hejl. Außerdem seien bereits einige Freier mit Organmandaten belangt worden.

Die Amtshandlungen wurden vorrangig in Wohngebieten durchgeführt, die bisher als Problemzonen in Sachen Straßenprostitution gegolten haben. So war die Polizei etwa im 15. Bezirk im Bereich der Felberstraße oder der Äußeren Mariahilfer Straße aktiv. Die vorübergehend festgenommenen Frauen hätten in den nunmehrigen Verbotszonen ihre Dienste angeboten. Sie seien zuerst darauf hingewiesen worden, dass dies hier nicht mehr erlaubt sei, aber eine Stunde später erneut dort gestanden, so Hejl.

Strafe für Freier
Infolge des neuen Gesetzes können nun auch Freier erstmals belangt werden, die in Wohngebieten anbahnen. Sie müssen mit einer Strafe in Höhe von 500 Euro rechnen. Die ersten Organmandate seien bereits ausgestellt worden, informierte der Polizeisprecher.

Ob die Regelung auch bewirkt hat, dass generell weniger Prostituierte auf der Straße stehen, könne man - nicht zuletzt aufgrund des gestrigen Feiertags - noch nicht sagen, hieß es. Dass betroffene Frauen noch nicht ausreichend informiert wurden, glaubt man bei der Polizei nicht. Schließlich würden auch Betreuungseinrichtungen die Sex-Arbeiterinnen seit einiger Zeit über die gesetzlichen Neuerungen aufklären.

------------------

Die Aussage, dass die betroffenen Frauen ausreichend informiert worden wären bestreiten wir entschieden - speziell die Frage "wo kann ich sicher (!) stehen - und ist dort auch entsprechende Infrastruktur vorhanden" ist bis Heute unbeantwortet geblieben....

http://www.news.at/articles/1144/10/310 ... gen-strich

Nicht einmal die deutschsprachigen Folder wurden ausreichend verteilt - fremdsprachige gibt es ja nach wie vor nicht - wie schon weiter oben erwähnt: Manch Polizist weiß nicht einmal, dass es Informationen geben soll.....

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Ein User dieses Forums (persönlich bekannt und selbstverständlich nur im "offenen Teil" des Forums zugelassen) hat mich soeben kontaktiert und er meinte, dass er vielleicht ein wenig Licht in die unterschiedliche Wahrnehmungsweisen des gestrigen Tage bringen könne.

Er erzählte mir, dass es sehr wohl vorkommen kann, dass eine Behörde aus taktischen Gründen (um etwas zu bewirken) unter Umständen nicht ganz so genaue Zahlen nennen kann, oder auch will.

Zum Beispiel würden im Falle eines Raubüberfalles in einigen Fällen zu niedrige Schadenszahlen genannt worden sein, um Nachahmungstäter nicht noch zu ermutigen. Dies erscheint mir logisch und auch sinnvoll.

Ob es sich bei der gestrigen Information auch um so eine taktische Zahl genannt haben könnte, kann (und will) ich nicht beurteilen. Was ich aber behaupten kann: Das wir die Geschichte (das man bereits um 21 Uhr von 40 Anzeigen und 5 Verhaftungen spricht) nicht nachvollziehen können (und wir waren mit mehreren Teams vor Ort) - aber natürlich sind wir nicht der Weisheit letzter Schluss.

christian

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Aoife
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Re: RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Aoife »

          Bild
Zwerg hat geschrieben:Ob es sich bei der gestrigen Information auch um so eine taktische Zahl genannt haben könnte, kann (und will) ich nicht beurteilen.
Ob es sich um eine taktische Aussage handelt kann ich auch nicht nachvollziehen. Aber aus welchen Gründen Behörden auch immer lügen, die Notwendigkeit dazu zu vermuten zeugt von der fehlenden Rechtmäßigkeit des Vorgehens.

Der Vergleich von Prostitution mit einem Raubüberfall spricht für sich - hier werden moralische Bewertungen über jede Beachtung der Menschenrechte gestellt.

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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Marc of Frankfurt
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Videobericht

Beitrag von Marc of Frankfurt »

1. Nacht unter neuem Prostitutionsgesetz - Hexenjagd gegen Sexworker?

"Wien heute" vom 2.11.2011:



Kontrollen im 2., 14. und 15. Bezirk
5 Festnahmen
40 Sexworker angezeigt

100 Euro Strafe wg. Stehen in der Verbotszone (bei Barzahlung, auch bis zu 500 Euro),
Festnahme bei Wiederholung.




Bürgerinitiativlerin behauptet:

Die Politiker wären nur für die Anwohner aber nicht die Sexworker da.

Die Zeiten für Beratung der Sexworker, die seien vorbei.

Gesetze müssen scharf exekutiert werden.

Die Bürger kämpfen gegen die angedachten 3 weiteren Strichgebiete.

Die Mädels sind arm, die Männer seien ekelhaft.

Die Behörden sollen den Sexworkern Waschgelegenheiten und Toiletten zur Verfügung stellen.

Gabriele Schön - Bürgerplattform Felberstraße
Bruno Rossmann - Anreiner, ehem. Grün-Abgeordneter
Martha Proidl-Stachl - Anrainerin
Monika Konlechner - Bürgerinitiative Äußere Mariahilferstraße
Karin Rossmann - Anrainerin

Video
http://tvthek.orf.at/programs/70018-Wie ... ng-im-Test

Archiv
www.youtube.com/user/allesbleibtgut#g/u


Sexworker gehören zur Gesellschaft, so wie Sex und Geld zum Leben. Aber Sexworker haben wenige bis kaum Rechte. Sie sind nicht eingebunden in das rechtliche Sozialgeflecht der bürgerlichen Gesellschaft. Sie werden rausgedrängt bzw. fallen durch die Maschen (des sozialen Netzes).





- Gibt es eigentlich eine Strafgebührentabelle? Hier im Forum? (Strafhöhen sollte eigentlich auch einem guten Infoflyer an Sexworker genannt sein. Den Teilnehmer am KFZ-Straßenverkehr teil man solche Zahlen ja auch mit:)

- Wieviel nimmt die Exekutive eigentlich im Jahr an Strafgebühren bei Sexworkern ein? (Evt. eine kleine Anfrage stellen.)

- Wieviele Festnahmen (Gefängnisstunden) gibt es im Jahr bei 200 geschätzen Sexworkern, die im öffentlichen Straßenraum arbeiten?
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 03.11.2011, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Besonders bemerkenswert ist das Video http://www.youtube.com/user/allesbleibt ... mc10wg1RLk ab Minute 7:30 - zeigt eine Amtshandlung der Wiener Polizei (wissentlich vor der Kamera - also ist anzunehmen, dass man als Polizist besonders auf seine Sprache achtet) die völlig "per Du" abläuft - und in einer Rechtsbelehrung gipfelt, die ihres Gleichen sucht.

Die Strafsummen, welche von SexarbeiterInnen eingehoben werden, sind meines Wissens nie veröffentlicht worden - es dürfte aber kein schlechtes Geschäft sein (wenn man davon absieht, welche Kosten es mit sich bringt etliche Mannschaftswagen des Nächtens für die Ausstellung der Strafen (ist so voriges Jahr geschehen) bereitzustellen). Es kursieren nur 2 Zahlen (Beide von Frau Hebein (GRÜN)) ins Spiel gebracht. Sie spricht von 700 000 Euro (internationaler Hurentag 2011) und auch von 1 Million Euro (vor 3 Wochen - Veranstaltung Architektur und Prostitution) welche von der Amnestie umfasst werden sollten (was ja jetzt nicht mehr so aussieht - nach wie vor weiß Niemand, ob und wie weit die Amnestie überhaupt kommt - Wir rechnen mit einigen hundert Euro, da scheinbar nur die "nicht rechtskräftigen Strafen" betroffen sind)

Wohlgemerkt: Wir sprechen bei den obigen Summen nur von dem Teil der Strafen, welche auf die Schutzzonen zurückzuführen sind.

Ich persönlich kenne Frauen, welche mehrere 10 000 Euro Strafen offen haben - ABER: Wegen der mittlerweile aufgehobenen (da die Politik selbst erkannt hat, dass diese nicht wirklich nachvollziehbar war und Willkür Tür und Tor geöffnet hat) Schutzzonenregelung. Die aufgehobene Regelung besagte, dass man im Umkreis (Luftlinie) von 150 Metern von schützenswerten Personen und Gebäuden sowie in Sichtweite (Schulen, Kindergärten - aber auch Sandkisten und Straßenbahnstationen) keiner Prostitution nachgehen darf - obwohl zu der Tageszeit wo Prostitution stattfinden durfte, keine Schulen, Kindergärten und Dergleichen offen waren.

christian

Das eine der interviewten AktivistInnen der Meinung ist, dass die Politik nicht für alle BürgerInnen da zu sein hätte, wurde auch von mir als äußerst spannend empfunden. Solche Äußerungen zeigen nicht nur vom fehlenden Rechtsbewusstsein, sondern hinterlassen auch den Geschmack von Fremdenfeindlichkeit (sind es überhaupt "Fremde").

Auch die Tatsache, dass viele SexarbeiterInnen keinen anderen Job machen dürfen! Das sie auf Grund der gesetzlichen Lage (fehlende (arbeitsrechtliche) Freizügigkeit in der EU) nicht als Putzfrau, VerkäuferIn oder sonst was arbeiten dürfen. Gerade diese Gruppe (sicherlich die Schwächste) konsequent zu vertreiben und auch zu beschimpfen ist einer Stadt wie Wien unwürdig.

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Zwerg
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Gotham City für Huren

Beitrag von Zwerg »

Ab mit den Huren in die Ghettos…!

* Pohl-Position von Walter Pohl

Es gab einmal Zeiten des Geschäfts mit der Liebe, in denen die Politik den Prostituierten unterlegen war. Als etwa Maria Theresia im 18. Jahrhundert mit Keuschheitspolizisten Jagd auf Dirnen machen ließ, obwohl die Kronprinzen der Habsburger gleichzeitig notorische Puffgeher waren. Die Sondertruppe wurde wenige Jahre später wieder aufgelöst.

Auch im frühen 21. Jahrhundert versucht sich die Politik an der Prostitutionsfrage. Mit ähnlich untauglichen Mitteln.

Seit 1. November gilt das neue Wiener Prostitutionsgesetz, das den Straßenstrich aus Wohngebieten verbannen soll. Wie billige Ware werden die Mädchen auf Stehplätze gezwungen, die den Legisten in einem ziemlich sinnentleerten Moment eingefallen sein müssen. Und so übersiedeln die Prostituierten nun in Gegenden, wo allen Beteiligten das Gruseln kommen muss: einerseits der Tankstellen- und Shoppingmoloch Wien-Auhof, andererseits der finstere Strich hinter dem Wiener Messegelände und – als besondere Chuzpe – das Areal rund um den Josef-Holaubek-Platz. Am Ende des Garagenmonsters der Wirtschaftsuni. Alles Plätze, die in den Nachtstunden eher ein Sicherheitsrisiko darstellen, unbewohnt, düster, Gotham City für Huren sozusagen.

Warum das alles? Weil eine „überparteiliche“ Bürgerinitiative das Gebiet um den Westbahnhof „hurenfrei“ bekommen wollte. Und zu Demos gegen den Strich immer wieder mit an den Ku-Klux-Klan erinnernden Fackeln aufmarschiert ist. Und die Politik vor fast jeder Bürgerinitiative devot in die Knie geht. Überhaupt, wenn’s um die Huren geht, deren Lobby eher überschaubar ist. Sind ja kaum WählerInnenstimmen zu gewinnen, oder?

http://www.news.at/articles/1144/512/31 ... en-ghettos

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Marc of Frankfurt
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Sexworker kommen in den Schuld-Turm

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Strafsummen gegen Sexworker...


...aufgrund Verletzung der 300m-Schutzzonen (Duchmesser) betragen pro Jahr [oder angelaufen auf inzwischen diesen Wert(?)]:

700.000 - 1.000.000 Euro

100 - 500 Euro je Übertretung, d.h.
2.000 - 10.000 Strafverfahren
bei ca. 200 Sexworkern die auf der Straße arbeiten
10 - 100 Strafverfahren je Sexworker im Durchschnitt!


Diskriminierung durch höhere und häufigere Strafen für Sexworker als Kunden auch mit neuem Prostitutionsgesetz vom 1.11.11. Allein der einfache Richtwert Strafeobergrenze ist 60% höher für Sexworker als für Freier:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=107127#107127





Hier ist die Karte für die unsägliche alte Schutzzonenregelung vom 15. Bezirk (Rudolfsheim-Fünfhaus, wo sich auch befinden: Beratunsstelle SOPH!E, eingelaufener Straßenstrich Zonen Felberstraße, Äußere Mariahilfer Strasse und vegrebliche Verlegungen nach Linzer Straße und Linke Wienzeile):

(Karte entfernt, da falsch und somit nicht vor Strafen schützend)

Heute ist der gesammte Bezirk Sperrgebiet = Sexworkverbotszone weil er als Wohngebiet gilt.

(P.S.: Es ist erstaunlich und ich bewerte es als Defizit der Sexworker-Vernetzung, dass diese Zonen-Karte erst heute nach Außerkrafttreten hier im Sexworker Forum zugänglich ist für lokale Sexworker, die das betroffen hätte und für die anderen internationalen Sexworker und Aktivisten, wofür so eine Karte als Faktenmaterial unerläßliche Basis ist, um die Gegen-Sexworker-Politik zu verstehen und um Pro-Sexworker-Emanzipations-Politik machen zu können. Bsp. Australien 200m-Zonen, Adelaide.
Deswegen wär es nicht verkehrt, wenn noch ein paar Wiener Sexworker aktiviert werden könnten hier mitzuposten... Evt. unter einem "Aktivisten-Account" statt eines "Suche-Hilfe-Usernamen".)





Diese Problematik der Finanzabschöpfung bei Sexworkern durch Behördenstrafen haben auch The English Prostitute Collective www.prostitutesCollective.net London erkannt und diese Plakate angefertigt:

Bild

Bild





Und das ganze hängt natürlich grundsätzlich mit dem "Policing", dem herrschenden Prostitutions-Regime, d.h. der aktuellen Form der Prostitutions-Regulierung zusammen. Je nach politisch-rechtlich-polizeilichem Ansatz zwischen vollständiger Entkriminalisierung (Neuseeland) oder vollständiger Kriminalisierung (USA) fallen unterschiedlich hohe Verwaltungs- und Polizeikosten an.

Diese Erkenntniss hat The Margo St.James Task Force on Prostitution in San Francisco U.S.A. in einer vielbeachteten Plakatkampagne umgesetzt:

Bild
vergrößern


"The City employs 12 vice squads officers who do nothing but arrest street prostitutes. Their salaries aside, it cost well ofer $5 million a year [3,6 Mio Euro] to process the 4900 cases they added to our already backed-up court system last year. And it hasn't worked for the last 200 years. Se we do think you'll find these women rather expensive. Because under the current laws, you'r the one who ends up paying for them."
[700 Euro je Fall]

"If the police arrested half as many murderers, rapist and burglars, we wouldn't have that high crime statistic in the city. When a law attemts to put our "morality" before our safety, it's not a law. It's a crime."

"Laws like these benefit noboy. Exept for a few irresitable men."

Alle Motive:
www.flickr.com/photos/21977951@N07/sets ... 787365289/
Pressebericht zur aktuellen Kampagne:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=105202#105202

Auch ein Plakat, warum Leute in der Sexarbeit sind und der Ausstieg nicht gelingt:
- Vorstrafenregister durch diese Form der Prostituionsreglementierung verunmöglicht eine bürgerliche Karriere
- Fehlende Anerkennung von ausländischen Zeugnissen und Qualifikationen
(eine Form der Ausländerfeindlichkeit durch Markt-Protektionismus und als Extremform:)
- Arbeitsverbot für Ausländer
- Eine gewaltige Strafe treibt die Sexworker geradezu erneut auf die Straße zum anzuschaffen.


Evtl. gibt es ja jemand aus der Foren Gemeinde der gute Plakatideen für uns hat.


Die Straßenstrichgegner haben auch so ihre Ideen:
No Schatzi Flyer für Prater-Park-Bäume
Da könnte man z.B. eine URL und kostenfreie Hotline-Telefonnummer für Hilfs- und Infoabgebot für Sexworker drüberstempeln...


Weiteres Kosten-Beispiel: Jagd nach Kinderprostituierten unter angeblichem Zuhälterzwang, USA: 400,000 $ per rescued child, average [300.000 Euro je Fall].



Die Sexarbeiter in Madrid, die im öffentlichen Straßenraum arbeiten, haben mit einem politischen Manifest geantwortet auf die prekarisierende Verhältnisse und stigmatisierende, kriminalisierende Gesetze:

Bild
Madrid SW Manifest


Die Sexworker in Frankreich haben 1975 eine Kirche Besetzt:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=6536




________________

Material für sachliche evidenzbasierte Risiko Abschätzung:

Tabelle der sozialen Kosten für Verbrechen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=88671#88671

Tabelle der Risikowahrscheinlichkeiten für Verbrechen
"8 times more likely to be killed by a police officer than by a terrorist"
[2004 National Safety Council Estimates USA]
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=90059#90059

Statistik-Infographiken, woran Leute erkranken oder sterben
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=93709#93709
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 19.11.2011, 15:20, insgesamt 3-mal geändert.

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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Wien
Frauenberger: Neues Prostitutionsgesetz "wirkt"
03. November 2011 13:45

*

Es würden"deutlich" weniger Frauen auf der Straße stehen

Wien - Seit drei Tagen ist das neue Prostitutionsgesetz in Wien in Kraft. Kernstück der neuen Regelung: Der Straßenstrich im Wohngebiet wurde verboten. "Es ist ein gutes Gesetz", betonte Frauenstadträtin Sandra Frauenberger am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz. Zudem unterstrich sie: "Es wirkt."

Das neue Gesetz hat laut Frauenberger drei ganz konkrete Ziele: die Verlagerung der Prostitution in Gebäude, die Sicherheit der Sex-Arbeiterinnen und eine Entlastung der Anrainer. Die Stadträtin merkte an, dass es schon vor Inkrafttreten der neuen Regelung eine Bewegung Richtung Innenräume gegeben habe. Jetzt würden "deutlich" weniger Frauen auf der Straße stehen. (APA)

http://derstandard.at/1319181881498/Wie ... setz-wirkt

Also das man sogar jetzt noch behauptet, dass dieses Gesetz der Sicherheit der SexarbeiterInnen dienen würde, wenn sie gezwungen werden auf Plätzen zu stehen, welche nicht einmal die grundlegensten Bedürfnisse erfüllen, dann kann ich nur mehr den Kopf schütteln!

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Marc of Frankfurt
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nicht mehr empfohlener Straßenstrich Auhof

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Laut Polizei wurden in den ersten beiden Nächten 30 Frauen angezeigt und 8 festgenommen."
Sexworker migrieren stadtintern zu neuen Arbeitsplätzen (forced migration):


Der andere von derzeit 2 erlaubten ("empfohlenen") Straßenstrichen:

"Auhof" am Stadtrand gelegen im 14. Bezirk/Penzing



Bild
Was ist öffentlicher Raum und was Privatparkplatz? Wo ist der den Sexworkern und ihren Kunden empfohlene Strichbereich?

Empfohlener Straßenstrich Auhof, ganz im Westen gelegen nahe der Stadtgrenze, Autobahn A1 und Bundesstraße B1 (Wiener Strasse).
15 km oder 30 Minuten mit PKW entfernt von Stephansdom und Innenstadt.
S-Bahn Station "Wolf in der Au" oder Buslinie 151, Station "Auhof Novotel":
http://maps.google.com/maps?ll=48.202871,16.227354
http://www.wien.gv.at/stadtplan

Bild


Hat der Magistrat an die Prostitutionskunden, Sexworker und ihre Freunde, Fahrer, Partner und Security (manche sagen Zuhälter) schon eine detaillierte Karte oder Regel ausgegeben, welche Straßen, Abschnitte, Flächen und Bürgersteige erlaubt sind (bzw. als Privatgrundstücke verboten sind), etwa so wie eine längst überfällige Karte zum "Wiener Zentralstrich Prater-Messe-Struverviertel"? Wo ist der vom Magistrat den Sexworkern und ihren Kunden empfohlene Bereich?





Erste Bürgerstimmen, die die Presse aufgreift:

"Bei uns herrschen derzeit fürchterliche Zustände", empört sich die Geschäftsführerin des Hotels Lenas West. "Die ganze Gegend rund um unser Hotel ist seit vergangener Woche quasi mit Prostituierten zugepflastert."

Die Prostituierten wurden umgehend des Hauses verwiesen [Hausverbot nur weil man vermutlich Sexworker ist, oder so aussieht??? Anm.]. In unmittelbarer Nähe würden sie aber weiterhin ihrem Gewerbe nachgehen. "An der Bundesstraße gleich oberhalb des Hotels stehen ab 14 Uhr 8 - 10 Damen. Wenn sich das herumspricht, müssen wir mit deutlichen Rückgängen bei den Buchungen rechnen."

Seitens des Hotels kritisiert man, dass man von Stadt und Bezirk viel zu spät darüber informiert wurde, was auf den Auhof zukommt.

"Die Zone reicht bis zum Wohngebiet, wo sich Schulen und Kindergärten befinden", ärgert sich Wolfgang Forstner, der in Hadersdorf wohnt.

Bei der Autobahn-Abfahrt würden 20 - 30 Prostituierte ihrem Job nachgehen. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Unfall passiert."

...

http://kurier.at/nachrichten/wien/4312205.php





Im 15. Bezirk (Rudolfsheim-Fünfhaus) mit den angestammten Strichgebieten, Kontaktbars, Stundenhotels und Prostituiertenberatungsstelle SOPH!E www.sophie.org.at , der mit dem neuen Prostitutionsgesetz auf politischem Druck der 2 Bürgerinitiativen vollständig zum Sperrbezirk umdeklariert wurde, werden alle Sexworker vertrieben bzw. arbeiten noch versteckter oder migrieren freiwillig zu Prater und Auhof... "Es sind keine Prostituierten mehr auf der Straße."


P.S. Welche Fehler waren eigentlich in der Karte 15. Bezirk vom Stadtvermessungsamt 11/2004, in der die 300m-Verbotszonen (Durchmesser) violett eingezeichnet sind und die bis zum 1.11.11 gültig waren, nach denen die Sexworker bestraft und abkassiert wurden?

Wurden Sexworker selbst dann bestraft, wenn sie in den verbleibenden weißen Zwickel-Flächen, den Erlaubniszonen standen? Davon gab es auf der Felberstrasse 3 und auf der Äußeren Mariahilferstrasse auch ca. 3 Erlaubniszonen.
Wieviele Sexworker wurden vermutlich zu unrecht bestraft?

Sowas wär es mal wert, über eine offizielle Anfrage im Parlament geklärt zu werden, falls es denn überhaupt Politiker oder Fraktionen im Parlament gibt, die sich für diese Sache der Sexworker-Menschenrechte einsetzen.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 19.11.2011, 15:20, insgesamt 3-mal geändert.

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Problemlage von Sexworkern

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Wenn Sexarbeiter von ihren angestammten Arbeitsplätzen vertrieben werden, an Orte, wo evt. viel weniger Kunden anzutreffen sind und sie somit unter sehr erschwerten ökonomische Randbedingungen arbeiten, anschaffen oder ackern müssen, so wurden sie zu sog. 'Zwangsprostituierten' gemacht."



Zumindest, wenn man die verbreitete Begriffslogik von Prostitutionsgegnern oder Opfer-Hilfsindustrie zugrunde legt.

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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Die Gefahren des unsichtbaren Straßenstrichs

Das Auto gilt unter Prostituierten als der mitunter gefährlichste Ort, um dem Geschäft nachzugehen. Da es in den neuen Zonen zu wenig Infrastruktur gibt, bleibt vielen keine andere Wahl.

Viele Prostituierte halten sich an das neue Gesetz und schaffen im Wohngebiet nicht mehr an - Dort, wo sie stehen dürfen, sind sie den Freiern jedoch schutzlos ausgeliefert


Wien - Der Gang in den Prater sei "der schwerste seines Lebens gewesen", erzählt Edi Gruber. Schließlich habe er als "Anzettler" der Bürgerinitiative maßgeblich zum Ende der Straßenprostitution in der Felberstraße im 15. Bezirk beigetragen. Dass die Frauen nun im finsteren Prater stehen müssen, das habe er nicht gewollt.

Zehn Minuten später stößt Gruber eine junge Prostituierte an die Wand, die ihn anschreit.
Wutentbrannt war sie aus dem "Club 28" auf der Felberstraße auf ihn zugestürmt, als sie ihn Samstagnacht vor dem Fenster patrouillieren sah. "Hau ab, du hast alles kaputtgemacht", schreit sie. Nach seinem Stoß spuckt sie Gruber ins Gesicht, bevor sie wieder in das Lokal verschwindet, wo die Frauen dichtgedrängt sitzen.

Herr Gruber ist in ihren Augen schuld daran, dass sie kein Geschäft mehr machen. Denn seit Wiens neues Prostitutionsgesetz am vergangenen Dienstag in Kraft getreten ist, darf keine Anbahnung mehr im Wohngebiet stattfinden, dafür hat sich die Bürgerinitiative monatelang starkgemacht. Die Rumänin, mit der Gruber die Auseinandersetzung hatte, hat ausprobiert, was das neue Gesetz mit sich bringt: Weil zu wenige Freier ihren Weg ins Lokal gefunden haben, stieg sie mit einem ins Auto. Das faustgroße Hämatom auf ihrer Hüfte zeugt noch von dem Biss, den ihr der Mann im Schutz der Abgeschiedenheit zugefügt hat. Sie konnte fliehen, aber das Auto als Ort des Geschäftes sei keine Option mehr für sie.

Für die anderen etwa 20 Frauen, die im "Club 28" verzweifelt auf Laufkundschaft warten, ebenso wenig. Übergriffe kämen hier natürlich auch vor - doch im Stundenhotel hat jedes Zimmer einen Alarmknopf. Im Parkhaus oder auf der Raststation sind sie dem Freier noch mehr ausgeliefert, als ohnehin.

Strafen schrecken Freier ab

Die Frauen sind vorerst von der Straße verschwunden und mit ihnen die Freier, die neuerdings gestraft werden können, wenn sie im Wohngebiet Prostituierte ansprechen. Waren es vorher zwischen fünf und zehn Kunden am Tag, seien es jetzt mit Glück zwei, erzählt Zita. Vor ein paar Tagen hat sie einem Kunden auf der anderen Straßenseite etwas zugerufen. Ein Polizist hat sie dabei erwischt, die Strafe wird sie bald per Post bekommen. Mindestens 300 Euro. Allein im "Club 28" haben die Frauen Strafen von 25.000 Euro offen. Die Vollamnestie, wie es SPÖ und Grüne ursprünglich geplant hatten, blieb aus. Sie wäre verfassungswidrig.

Wie sie die alten Strafen abbezahlen sollen, jetzt, wo sie ihre Kunden nicht mehr auf der Straße finden, wissen sie nicht. In den Prater oder nach Auhof, wo sie stehen dürfen, wollen die Frauen des "Club 28" auf gar keinen Fall. Dort sei es schmutzig, schlecht besucht und vor allem: gefährlich. In der Nacht von Freitag auf Samstag soll es bei Auhof laut Christian Knappik, der für die Plattform Sexworker.at das Frauennotruf-Telefon betreut, zur ersten Vergewaltigung gekommen sein. Anzeigen wollte die Frau den Täter nicht. Zu groß ist die Angst, sich selbst zu belasten - sie arbeitet illegal, wie geschätzte 2.500 weitere Frauen in Wien. Ein Arzt, der die NGO unterstützt, hat ihre Verletzung genäht. Anonym.

Notfall

Während Knappik die Geschichte erzählt, läutet wieder sein Telefon. Der nächste Notfall. Eine Sexarbeiterin wurde von ihrem Zuhälter verprügelt, Knappik gibt ihr Anweisung, die Wohnung zu verlassen, am Telefon zu bleiben, laut zu schreien, wenn er ihr nachläuft. Dann organisiert er eine Schutzwohnung, wo sie über Nacht bleiben kann. Sie wird später ein Handy und Bargeld von einer Frau bekommen, die auch für "Sexworker" im Einsatz ist.

In der Perspektivstraße beim Prater stehen an diesem Abend ein gutes Dutzend Frauen auf der Straße, alle paar Meter eine. Geht es nach dem Gesetz, soll ein Großteil der 150 Wiener Straßenprostituierten dort ihrem Geschäft nachgehen. Aber in der Umgebung gibt es zu wenige Stundenhotels. Ihre Notdurft müssen die Frauen hinter den Bäumen verrichten, mit den Freiern fahren sie ins nebenstehende Parkhaus.

Straßenstrich ohne Zufahrt

In der zweiten Erlaubniszone bei Auhof sieht es nicht viel besser aus. Dass es hier einen legalen Straßenstrich gibt, der mit dem Auto nicht erreicht werden kann, verwirrt selbst die Polizei. Aber hier befindet sich tatsächlich eine mit einem Schranken versperrte Sackgasse, in der Prostituierte stehen dürften. "Bisher war aber noch keine da" , sagt der Beamte, der einen der drei Streifenwagen besetzt, die in der Nacht auf Sonntag eine Sonderstreife fahren, um etwaige Verwaltungsübertretungen anzuzeigen.

Eine erfolglose Aufgabe. Gab es in der Nacht auf Samstag noch fünf Anzeigen, waren es von Samstag auf Sonntag exakt null. Der ursprünglich geplante massive Einsatz ist bereits deutlich reduziert worden. Ganz glücklich sind manche mit der neuen Regelung nicht. In Wien-Auhof gibt es beispielsweise einen weiteren legalen Bereich: auf dem Lkw-Parkplatz der Autobahnstation. "Infrastruktur haben die Frauen hier keine. Und ob es so sicher ist, wenn die Frauen zu einem Fernfahrer einsteigen, der sofort auf die Autobahn fahren kann?"

Wie lange die Polizisten noch auf die Jagd nach Prostituierten gehen, ist offen. Wo sich der Straßenstrich hinverlagern wird, ebenso. "In Wohnungen, in die U-Bahn, in illegale Bordelle", schätzt Knappik. Auch Gruber von der Bürgerinitiative sagt, die Frauen stünden zwar nicht mehr unter seinem Fenster, aber er habe nicht das Gefühl, gewonnen zu haben. (Julia Herrnböck, Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 7.11.2011)

http://derstandard.at/1319182098754/Die ... senstrichs

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Marc of Frankfurt
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Sexworker gehen auf die Straße

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Noch ein aktuelles Foto aus Madrid, was sicher auch ganz gut die Forderungen der Sexworker in Wien beschreibt:


Bild


"Keine Bestrafungen

Verhandlungen über Strichgebiete"




www.colectivoHetaira.org

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Diskussion in Wien
Neues Prostitutionsgesetz "nicht zu verantworten"
08. November 2011 18:19

Scharfe Kritik an Vorgehensweise - Rechtslage sei komplex und intransparent

Wien - Wiens neues Prostitutionsgesetz, das seit 1. November in Kraft ist, war Montagabend Thema der "Gedankentauschbörse" im Flex Cafe. Denn seit gut einer Woche ist der Straßenstrich im Wohngebiet verboten, lediglich bei Auhof und im Prater dürfen Sexarbeiterinnen legal anschaffen gehen.

Die Rechtslage sei damit komplex und intransparent, kritisierte Marie-Theres Prantner von der Frauensektion des Bundeskanzleramtes das Gesetz, das von der rot-grünen Stadtregierung beschlossen wurde. Eine Arbeitsgruppe sei bereits beauftragt eine Vereinheitlichung auf Bundesebene voranzutreiben. Derzeit regelt jedes Bundesland Prostitution selbst. Das Frauenministerium habe versucht Empfehlungen auszusprechen. Sie selbst sei erstaunt gewesen über die Vorgehensweise und Unklarheit, die bis zur letzten Sekunde bestanden habe, sagt Prantner.

Kritik kam auch von Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle Schlepperkriminalität und Menschenhandel im Innenministerium. Er selbst habe bis zum 26. Oktober keine Details erfahren. Vor allem Betreiber würden sich über das neue Gesetz freuen. Möglicherweise dränge es einige Frauen in Abhängigkeitssituationen, wo es vorher keine gab.

Die Frage, ob das neue Gesetz das Aufdecken von Menschenhandel leichter mache, verneinte Tatzgern. "Wir waren nicht einmal in die Steuerungsgruppe eingeladen, die das Gesetz erarbeitet hat." Es werde schwieriger, an die Frauen heranzukommen - auch deshalb, weil die Polizei nicht als Freund und Helfer in der Szene angesehen wird, räumte Tatzgern ein. Die Polizei werde meist erst im extremen Notfall kontaktiert.

Freiwild-Pickerl auf der Stirn

"Kein Wunder", entgegnet ihm eine Sexarbeiterin aus dem Publikum. Schikanen, Respektlosigkeit und willkürliches Strafmaß würden eben nicht gerade das Vertrauensverhältnis stärken.

Dass sie jetzt nicht mehr auf ihrem Platz hinter dem Technischen Museum darf, obwohl es nie zu Zwischenfällen kam, sehe sie nicht ein. "Wir sind nicht nur Prostituierte, sondern Bürger wie sie", rief sie in Richtung der DiskutantInnen und Anwesenden. "Uns wird die Existenzgrundlage unter den Füßen weggezogen - nun frage ich mich: mit welchem Recht?" In den Zonen in Auhof oder im Prater könne sie sich gleich ein Freiwild-Pickerl auf die Stirn kleben, so gefährlich sei es dort.

Sie rate keiner Frau sich dorthin zu stellen, sagte Elisabeth Jarolim vom Ambulatorium für sexuell übertragbare Krankheiten des Gesundheitsamtes. "Das ist nicht zu verantworten", sagte Jarolim und appellierte an die Sexarbeiterinnen, sich zu organisieren. (Julia Herrnböck/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2011)

http://diestandard.at/1319182322548/Dis ... rantworten

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Warum nur die Zeitung die Titel der Funktionsträger_innen den Leser_innen unterschlägt?

- Mag.a Elisabeth Jarolim (Gesundheitsdienst der Stadt Wien www.wien.gv.at/ma15/amb.htm),
- Mag.a Marie-Theres Prantner (Frauensektion des Bundeskanzleramts www.bka.gv.at/site/5481/default.aspx),
- Oberst Gerald Tatzgern (BMI – Leiter Büro II/BK 3.6-ZBS, Abt. Bekämpfung der Schlepperkriminalität www.bmi.gv.at)
- ...





Mittwoch 23 Uhr Club 2 mit Sexarbeiterin und Coach Stephanie Klee aus Berlin zur Problemlage vor Ort in Wien...

http://tvthek.orf.at/programs/1283-Club ... 547-CLUB-2 80 Minuten
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=37805#37805
http://felberstrich.wordpress.com/2011/ ... ele-schon/

Sie hat in Deutschland als erste Sexarbeiterin von einem Kunden erfolgreich Honorarzahlung eingeklagt, hat den siegreichen Prozess des Café Pssst gegen Schließungsverfügung begleitet, hat die Einführung des ProstG angeschoben und begutachtet, hatte den Bundesverband Sexualität (BSD) gegründet und aufgebaut und zahlreiche Veröffentlichungen betreut und Gutachten angeschoben, hat den erfolgreichen Prozess des Club Prestige in Berlin begleitet, hat die Sexworker Akademien in Bordellen gestartet... Ihr kennt sie ja vom SWOD.

Gemäß dem Sprichwort "Der Prophet gilt nichts im eigenen Land" wird jetzt eine kompetente Sexarbeiterin und Expertin zur Prostitutionsreglementierung aus Berlin eingeflogen.

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Club2: SexworkerMigranten-Deportation & Internierung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Die ORF-Sendung Club2 stand unter einem Prostitutionsfeindlichen Stern, schon weil sie mit den Fragen begann: "Kann man das älteste Gewerbe der Welt abschaffen? Was bedeutet ein Verbot der Prostitution? ..."


Diese grundlegend SW verbietenwollende Denkhaltung wurde nocheinmal mit unlauteren journalistischen Mitteln verschärft, als im letzen Teil der Diskussionsrunde ein schwer überprüfbarer Kinderprostitution-Menschenhandelsfall eingespielt wurde vom Journalistinnen Team bestehend aus der Moderatorin Corinna Milborn ("Die Ware Frau") und der neben ihr plazierten Gesprächsteilnehmerin Inge Bell (Heiratsmigrantin in Zwangslage, weil deutscher Mann Raucher (Maischberger-Sendung)).


Für einen einzigen Einspieler der ansonsten recht ausgeglichenen und fairen Sendung, wurde ein extremer, krimineller Menschenhandelsopferfall mißbraucht. Ohne Angabe von Fakten, Namen, Aktenzeichen wurde mit Bildern instinktauslösend Stimmung zur Prostitutionseindämmung und für Kinderschutz gemacht. Das ist gegen Sexwork-Entkriminalisierung gerichtet, die aber so notwendig ist um Sexworkern erstmals genau die Rechte zu geben, die ihnen bisher in diskriminierender Weise vorenthalten werden. Diese allgemeinen Rechte werden benötigt um überhaupt sicher und nicht ausbeutungsgefährdet arbeiten und leben zu können.


Bild


Solche Materialnutzung ist methodologisch unlauter (Checkliste). Es wird von Prostitutionsgegnern und Medien jedoch häufig gemacht, nicht zuletzt deshalb weil Menschen stärker auf Geschichten reagieren als auf Wissenschaft und Fallstatistiken. Politik soll aber auf wissenschaftlicher Evidenz basieren und nicht Moralurteilen!


So eine einseitige Fallauswahl (cherry picking) ist so als würde in einem Gespräch über Lage von Ehe und Familie in unserer Gesellschaft der Fall Fritzl eingespielt.


Der Fall von Inge Bell zeigt ein verpixeltes minderjähriges Mädchen im Interview mit ihr im Zimmertürrahmen in einem Heim-Gefängnis in Bulgarien. Das bulgarische Mädchen war als minderjährige Geheimprostituierte in Wien von den Behörden ausgehoben worden und dann abgeschoben (deportiert) und dorthin verbracht (interniert).

Inge Bell sagt m.E. zu recht sinngemäß: "Sie ist ein Menschenhandelsopfer aber kein krimineller Verbrecher". Ihre Argumentation, die sie in der Sendung wiederholt zielt allerdins auf die Abschaffung von Prostitution und die Bestrafung von Freiern wie in Schweden. Zur dortigen Lage ist sie nur fähig die Programmatik zu referieren, aber nicht auf die kontroverse Realität und Faktenlage der Sexworker-Ausgrenzung einzugehen. Die anwesenden Sexworker und Politiker konnten jedoch aufzeigen, das Freierbestrafung kontraproduktiv und gefährlich ist für legale ebenso wie für illegale Sexworker. Das Schwedische Modell hat sich nach unserer hier im Forum breit Dokumentierten Wahrnehmung keinesfalls bewährt. Es ist eine Form von staatlicher Scheinheiligkeit.





Den Fall von Inge Bell kann man aber auch noch weiter auswerten. Er zeigt die unselige Beteiligung und Mitverantwortung von Staat und Behörden an der Misere dieses Opfers.


Illegalen Migranten und Sexworkern droht schlimmstes Schicksal, selbst wenn sie "gerettet werden", dann wenn sie in die Mühlen der Polizei und Justiz gelangen. Sexworker und Migrant_innen werden wie in diesem Beispiel grausam gezeigt deportiert und interniert.


Das bestätigen auch Forschungen und Berichte aus Ländern wie Indien, Thailand, Kambodscha.

Hier spricht eine Forscherin und Sexarbeiterin aus Australien, wo es überall für Sexworker Internierungslager gibt, in denen sie zur Zwangsarbeit herangezogen werden. Das ganze wird dann als Hilfsprojekt, Ausstiegshilfe oder Umerziehungslager deklariert und getarnt. Es ist ein ganzes Berufsfeld einer Helferindustrie aus christlichen oder feministischen Fundamentalisten geworden. Und die Finanzierung läßt sich zurückverfolgen bis zur höchsten US-Politik unter Clinton und Bush jun.

Video-Vortrag
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=106712#106712



www.sexworker.at/menschenhandel

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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Prostitution vor WU: Hilferuf des Rektors

10.11.2011 | 18:57 | KLAUS STÖGER (Die Presse)

Geplante Erlaubniszone vor Wirtschaftsuniversität wäre „großes Sicherheitsrisiko“. Christoph Badelt, Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien, befürchtet nun einen Imageschaden.

Wien. Kein Ende der Diskussionen um das seit November geltende neue Prostitutionsgesetz in Wien: Zu den fünf Erlaubniszonen (zwei sind bereits offiziell), in denen die Straßenprostitution legal ist, hagelt es nach wie vor heftige Kritik. Christoph Badelt, Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, befürchtet nun einen Imageschaden. Denn zwischen der WU und dem Bundeskriminalamt soll künftig die Straßenprostitution erlaubt sein.

Badelt glaubt, dass durch den Straßenstrich vor dem WU-Gebäude „negative Reaktionen aus dem Ausland zu erwarten“ wären, wie er in einem der „Presse“ vorliegenden Brief an die Alsergrunder Bezirksvorstehung formuliert. Mit einer solchen Entscheidung würde „nicht nur das Image der WU, sondern auch das der Stadt Wien gefährdet“, schreibt Badelt. „Rufschädigungen in beachtlichem Ausmaß“ seien nicht auszuschließen.


Unsichere Tiefgarage

Zudem fürchtet er um die Sicherheit von Studenten und Mitarbeitern. Vor allem in der Tiefgarage könnte es zu einem „großen Sicherheitsrisiko“ kommen.

Beobachter meinen, dass sich dort – falls die Zone kommt – dennoch kein wirklicher Straßenstrich etablieren wird. Mit der Absiedlung der WU in einigen Jahren könnten dort Wohnungen entstehen. Und dann wäre auch die dortige Erlaubniszone passé.

http://diepresse.com/home/panorama/wien ... n/index.do

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Ironiemodus an
Und wir hatten so gehofft, dass sich auch wer um die Sicherheit der SexarbeiterInnen Gedanken macht - Alleine die Frage, wo können die Frauen dort sicher ihren Job verrichten, wäre doch spannend von Seiten der Wirtschaftsuni geklärt zu wissen.

Vielleicht gäbe es auch die Möglichkeit in der Uni ein Zimmer zu mieten? Oder kommen wir da dem ebenfalls dort etablierten Kriminalamt oder gar dem Verkehrsbüro in die Quere?
Ironiemodus aus

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Zwerg
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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Selbstbestimmte Sexarbeiterin als trügerisches Idealbild

Während europäische Frauenlobbys mittlerweile gegen Prostitution als Gewerbe kampagnisieren, hält man in Österreich unbeirrt am Fernziel der "selbstbestimmten Sexarbeiterin" fest - Eine Illusion, wie Experten meinen

Wien - Der Videoclip spielt alle ungustiösen Stücke: ein schummriges Hotelzimmer, ältere Frauen, offenbar gutsituiert, geben einander die Klinke in die Hand, ein junger Prostituierter, der zwischen ihren Schenkeln versinkt - und sich danach mit traurigem Gesichtsausdruck Zähne putzt. Am Ende dann die "Pointe": "Das ist die tägliche Lebensrealität prostituierter Personen. Prostitution ist eine Form von Gewalt und Unterdrückung."

Der Clip ist Teil der Anti-Prostitutions-Kampagne der "Europäischen Frauenlobby", einer NGO, der 2500 Frauen-Dachorganisationen in 30 Ländern angehören. Er soll die tradierte Sicht auf Prostitution verändern.

Der Kampagne haben sich fast alle Mitglieder angeschlossen - bis auf drei: Deutschland, die Niederlande und Österreich. Christa Pölzlbauer vom Österreichischen Frauenring sagt, sie habe den Clip "entsetzlich" gefunden: "Man hat Mitleid mit dem jungen Mann." Bewusstseinsänderung erreiche man so nicht, fürchtet Pölzlbauer. Nicht einmal mit dem Ziel der Kampagne, Prostitution selbst zu verdammen, ist die Frauenring-Chefin vorbehaltlos einverstanden.

Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern, wo Feministinnen, NGOs und Politik teils heftig diskutieren, ob Prostitution als "Form der Gewalt und Unterdrückung von Frauen" gebannt werden muss, findet diese Debatte in Österreich kaum statt.

NGOs wie der Migrantinnenverein Lefö oder sophie (BildungsRaum für Prostituierte) konzentrieren sich seit Jahren darauf, die Arbeitsbedingungen Prostituierter so zu verbessern, dass "selbstbestimmte Sexarbeit" in Österreich möglich wird. Der Bann von Prostitution steht nicht auf der Agenda. Bei beiden Organisationen war für den Standard niemand zum Thema zu sprechen.

Peter Goldgruber von der Wiener Polizei bezweifelt, dass "speziell am Straßenstrich selbstbestimmt gearbeitet wird". Von den rund 120 am Wiener Straßenstrich arbeitenden Prostituierten würden zwei Drittel aus dem Ausland nach Wien gekarrt. Goldgruber: "Ich behaupte, die meisten würden allein gar nicht zum Auhof finden." Ein generelles Verbot sieht er skeptisch. Aber das Wiener Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung, weil: "Erstmals werden auch die Männer bestraft, wenn sie Sex in Verbotszonen kaufen."

Wiens Frauenstadträtin Sandra Frauenberger bekennt, dass "zwei Seelen in meiner Brust wohnen". Ihr falle es schwer, "politisch korrekt von Sexarbeit" zu sprechen, weil "es mir widerstrebt, dies als normale Arbeit zu betrachten". Dennoch sei sie gegen ein generelles Verbot wie in Schweden.

Rolle der "Freier"

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat andere Prioritäten: "Das OGH-Urteil, das Prostitution für sittenwidrig erklärte, gilt seit 22 Jahren. Es ist hoch an der Zeit, das abzuschaffen", sagt sie zum Standard. Sie fordere Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) "dringend" auf, tätig zu werden. Danach sei sie gern bereit, über Fragen wie etwa Kondompflicht für "Freier" zu reden. Die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner sieht das ähnlich: "Wir müssen den bigotten Umgang mit dem Thema diskutieren." Flüchtlingshelferin Ute Bock gibt zu bedenken, "dass Prostitution die einzige Arbeit ist, die Asylwerberinnen machen dürfen". Ein Verbot bringe gerade diese Frauen "noch mehr ins Elend".

In Schweden sieht man das anders (siehe Artikel unten): Stockholms Kripo-Chefin Kaisa Wahlgren etwa sagt, Schweden habe ein weitaus geringeres Problem mit Menschenhandel als etwa Deutschland oder Österreich.

Die Psychoanalytikerin und Universitätsprofessorin Rotraud Perner könnte der schwedischen Position einiges abgewinnen, aber: "Das wird nicht passieren, die Pornoindustrie macht erfolgreich Werbung in die Gegenrichtung." Man müsse "auch die Psyche der Kunden ansehen", sagt sie, denn: "Am Ende hat niemand etwas von seelenlosem Sex. Die Frauen werden krank, und auch den Männern hilft es nichts. Positive Lebensenergie kann man so nicht bekommen." (Petra Stuiber, DER STANDARD/Printausgabe 11. November 2011)

Freitag im TV
Recherchen im "größten Puff Europas"

ORF-Reportage "Am Schauplatz" über Prostitution in Deutschland und Schweden - Reporterin Grabner: "Die mondäne Hure gibt es nicht"

Wien - Christine Grabner hat sie nicht gefunden: die Vorzeigebordelle, in denen sich Frauen aus freier Entscheidung prostituieren und damit ein gutes Leben führen. "Die mondäne Hure gibt es nicht." Nicht in Österreich, nicht in Deutschland.

Weil Gegner des Verbots gern das selbstbestimmte Anschaffen propagieren und in der Prostitution einen "normalen" Beruf sehen, tritt Grabner im ORF-Schauplatz (Freitag, 21.20) mit Patrice Fuchs den Wahrheitsbeweis an: Blühen Ausbeutung und Menschenhandel in Schweden, wo Sexkauf seit 1999 verboten ist? Und herrschen in Deutschland mit liberaler Regelung menschenwürdige Verhältnisse?

30 Euro für 15 Minuten

Die Rechercheergebnisse des Ländervergleichs dokumentieren das genaue Gegenteil: Das liberale Deutschland steht im Ruf, "größtes Puff Europas" zu sein. Die Preise sind im Keller, 15 Minuten "Französisch" kosten in Dortmund 30 Euro. Um überhaupt arbeiten zu dürfen, zahlen Frauen bis zu hundert Euro täglich an die Bordelle. Ein Insider filmte im Puff mit "Flatrate"-Angebot: unbegrenzt Alkohol und Sex für 70 bis 90 Euro. "Die Männer schlafen irgendwann im Vollrausch auf den Frauen ein", erzählt Grabner. Im Hintergrund überwacht eine Managerin mit Stricherlliste, wie oft die Frauen ins Zimmer gehen. Eine kommt in zwei Stunden auf acht Striche.

Die CDU ist gegen Verbote. Sinnlos, erklärt ein Staatssekretär: Als Begründung führt er Triebabfuhr bei Männern an, und dann zitiert er die Bibel: Jesus hatte schließlich auch eine Prostituierte. Was Männer tun, wenn sie ihre Triebe legal abführen, behält Grabner für sich. Die abscheulichsten, gewalttätigen Details spart sie aus. Es bleibt genug übrig: "Alles ohne"-Sex, Gangbang-Partys, "Schlamm schieben" - organisierter Massensex, offen beworben im Web.

"Sex zu kaufen gilt dort als nicht normal"

Schweden bestraft Freier, nicht die Prostituierten. In Beratungsstellen können sich Freier zu Therapien und Beratungen anmelden. "Sex zu kaufen gilt dort als nicht normal", erzählt Grabner. 1998 gab es 2500 Prostituierte in Schweden, Studien weisen darauf hin, dass die Zahl zumindest nicht gestiegen ist, was in dem Business als Erfolg zu werten ist. Schätzungen in Deutschland belaufen sich auf mehr als 400.000 Sexarbeiterinnen.

Und Österreich? Verbindungen zwischen Wiener Zuhältern und rumänischen Menschenhändlern recherchierte Grabner bereits in einer früheren Reportage. Ihr Resümee nach dem Ländervergleich in puncto Ausbeutung und Menschenhandel: "Österreich ist nicht anders als Deutschland." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 11.11.2011)

Hinweis
"Am Schauplatz - Kein Sex gegen Geld": Freitag, 21.20 Uhr, ORF 2

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RE: LokalNachrichten: WIEN

Beitrag von Zwerg »

Grünen kritisieren Umsetzung des neuen Gesetzes
11. November 2011 07:07


Sozialsprecherin Hebein: "Noch nicht ausreichend sichere Plätze für Straßenprostitution"

Wien - Die Wiener Grünen kritisieren die bisherige Umsetzung des neuen Prostitutionsgesetzes, das seit 1. November in Kraft ist. "Wir stecken auf halbem Weg", stellte Sozialsprecherin Birgit Hebein fest. Es gebe noch nicht genügend sichere und ausreichend Plätze für die Straßenprostitution. Man müsse "Tacheles reden und mutige Entscheidungen treffen", wo die Frauen stehen dürfen, forderte sie. Die grüne Mandatarin will unter anderem über Erlaubnisbereiche in der Innenstadt diskutieren.

Seit Anfang des Monats ist der Straßenstrich im Wohngebiet verboten. Lediglich beim Auhof und beim Prater dürfen Frauen legal anschaffen gehen. Der Auhof sei jedoch "unsicher und abgelegen" und im Prater würde es zu Konflikten unter den Damen kommen, da dort zu wenig Platz sei, beklagte Hebein.

"Rot-grüner Kompromiss"

Sie betonte, dass das neue Prostitutionsgesetz ein "rot-grüner Kompromiss" sei. Hebein hat das Regelwerk mitverhandelt. Zwei Ziele hätte man mit dem neuen Gesetz erreichen wollen: Einerseits sollten die Wohngebiete entlastet werden. Im alten Gesetz sei die Situation eskaliert, weil der Raum, wo Frauen stehen durften, immer enger geworden sei, so die Sozialsprecherin. Andererseits hätten bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes Bereiche geschaffen werden sollen, wo Frauen Straßenprostitution im sicheren Rahmen ausüben können: "Das haben wir nicht geschafft."

Drei Erlaubniszonen

Derzeit sind Verordnungsverfahren für die Schaffung von drei Erlaubniszonen, die im Wohngebiet liegen, im Gang. Die betroffenen Bereiche befinden sich am Neubaugürtel in Neubau, am Sechshausergürtel in Rudolfsheim-Fünfhaus und am Josef-Holaubek-Platz am Alsergrund. Doch das ist Hebein zu wenig, sie fordert weitere Erlaubniszonen: "Wir brauchen dringendst noch Bereiche, im Interesse aller." Sie hoffe sehr auf den gemeinsamen Willen, um zu Verbesserungen zu kommen.

Es müssten "mutige Entscheidungen" getroffen werden, wo die Sex-Arbeiterinnen stehen dürften, forderte die grüne Mandatarin. In diesem Zusammenhang erneuerte sie ihren Appell an die Bezirksvorsteher, Bereiche zur Verfügung zu stellen. Die Grünen haben auch Vorschläge, wo denn Straßenprostitution stattfinden könnte: Neben Abschnitten am Gürtel und dem Handelskai käme auch der Südbahnhof-Bereich infrage. "Wir haben auch vorgeschlagen, über den ersten Bezirk zu diskutieren - warum nicht?", so Hebein.

Wie viele Erlaubniszonen insgesamt notwendig sind, konnte Hebein nicht sagen. Es gebe in Wien 200 Straßenprostituierte, für die sichere Plätze geschaffen werden müssten. "Eine Verdrängung und Kriminalisierung führt nur zu mehr Problemen", mahnte sie. (APA)

http://derstandard.at/1319182550106/Gru ... n-Gesetzes