Guter Kredit - - - Schlechter Kredit ?!
Maßstäbe für gute Sexarbeit!
Kredit (=Schulden machen) ist zeitliches verzögertes Sparen.
Ohne Kreditmöglichkeit muß man erst verdienen und ansparen (Input) um dann kaufen oder konsumieren zu können (Output). Es ist eine Manipulation der zeitlichen Ordnung.
Mit der Erfindung von Kredit geht es auch umgekehrt, man kann sofort Geld ausgeben (Waren oder Leistung erhalten) und muß später abbezahlen (inkl. Kreditgebühr (Zinseszins) kann das bedeuten auch schon mal
4x soviel zu bezahlen als man geliehen hatte). Dieses 'die Zeit umkehren zu können' ist die historische Erfindung von Kredit
lat. credo = ich glaube und basiert auf sozialem Vertrauen zwischen Mitmenschen und Wirtschaftssubjekten (Ich glaube an dich und deine Leistungsfähigkeit in der Zukunft dein Schulden zurückverdienen und abbezahlen zu können). Es ist eine Spekulation und
Wette auf die Zeit. Diese soziale Erfindung und revolutionärer Umgang mit Zeit ist ein Mehrwert den Gemeinschaft bietet gegenüber isoliert wirtschaftenden Einsiedlern/Einzelkämpfern (Gemeinschaft als Absicherung, Versicherung erklärt warum Community etwas heiliges hat vgl. Mutter Kirche, Sanga, Solidarität). Die Erfindung fand vmtl. bereits vor über 5.000 Jahren statt, lange vor der eigentlichen Gelderfindung und ist Basis von Kulturentstehung.
Beim Geldausgeben gibt es zwei Formen:
- Konsumieren
(Verbrauchen von Geld, Leistungen, Gütern und Ressourcen um zu leben (Existenzialismus;), um sich zu vergnügen (Hedonismus).)
- Investieren
(Erzeugen d.h. Produzieren von Gütern, um zu verkaufen, verdienen d.h. damit andere oder man selbst später konsumieren kann.)
Hier zeigt sich wie das im Raum verteilte soziale Netz und die auf einer Achse ablaufende Zeit auf komplexe 4dimensionale Weise verwoben sind, das wir Leben oder Evolution nennen (Netz, Tantra). Die Polarität zwischen sozial im hier-und-jetzt und individuell über die Zeit spiegelt sich auch im Wettbewerb der Systeme der
gesetzlichen Rente mit der
privaten Kapitalmarktrente wieder.
Entsprechend der Polarität Konsumieren/Produzieren gibt es zwei unterschiedlich zu bewertende grundsätzliche Kreditformen:
- Produktionskredit
Kredit für Unternehmer für Produktionsanlagen. Kredit für Arbeitsmaterialien...
Achtung: Gefahr bei Blockschulden, wenn durch überhöhte Verbrausmaterialpreise und Abnahmezwang im Bordell und tageweise(!) berechnete Wucherzinsen die Sexworker in eine Abhängigkeit vom Geldverleiher oder Bordell-Betreiber gelockt werden sollen, um indirekt zur Prostitution in seinem Betrieb gezwungen zu werden. Es ist ein raffiniert-perfides System, um Sexworker als Arbeiter an einen Betrieb oder Boss zu binden. Es existiert und ist ein Ersatzmechanismus weil bindende Arbeitsverträge und ein Arbeitsrecht der Prostitution wegen dem Zuhälterstigma und Prostitutionsstigma selbst 10 Jahre nach Einführung des ProstG immer noch nicht möglich und nicht existent sind.
- Konsumkredit
Kredit für Lebenshaltungsausgaben (Überziehungskredit, CC, Abzahlungskauf, Ratenkredit). Das würde die sog. sparsame schwäbische Hausfrau nie machen. Aus Schulden kann man sich auch nicht mehr mit neuen Schulden befreien d.h. Umschuldung (Rollover) führt langfristig auch in die Schuldknechtschaft.
Der einzige erlaubte "gute" Kredit für den Privatmann war immer nur der Hauskredit, die Hypothek. Erst mit der zinseszinsbedingten Geldmengenblase in der Finanzindustrie (Geldschöpfung, Zertifikate, Subprime Krise 2007/8) wurde versucht immer mehr Menschen und Staaten egal ob solvent oder nicht (subprime, Ninja) als Schuldner und Kreditnehmer aufzureißen.
Anmerkung (Exkurs): Die Schuldenproblematik von Menschen und Wirtschaftsatomen (Mikro) ist nicht übertragbar auf die von Staaten, Märkten oder Gesamtsystemen (Makro) d.h. das Bild der
sparsamen schwäbischen Hausfrau, was Kanzlerin Dr. Merkel verwendet um ihre Sparpolitik (Austerity) zu begründen ist
sachlich falsch! Im Gesamtsystem gilt: "die Ausgaben der einen sind die Einnahmen der anderen" und dennoch gilt: "ein Staat kann durch Mehrausgaben (Konjunkturpolitik) Mehreinnahmen erzeugen (Steuereinnahmen)". Bei Gesamtsystemen und Staaten gilt die
Saldenmechanik nach Prof. Wolfgang Stützel und "Staatsschulden sind fehlende Steuereinnahmen - Außenhandelsbilanzüberschüsse" d.h. aufgebaute Vermögen im Bereich des privaten Sektors bei einigen wenigen ("1%").
Während der Privatmann verleitet ist Geld als Ding aufzufassen (
Warengeld, Selbstwertgeld, Münze [Quantitätstheorie]) ist (heutiges) Geld ein
Werteverhältnis, ein verteiltes Buchhaltungssystem (
Informationsgeld, Vertragsgeld, Schein [Saldenmechanik]).
Wirtschaften heißt Vorfinanzieren und nicht Tauschen. Wirtschaften mit Hilfe von Kredit ist die eigentliche Funktion des Geldsystems.
Etwas was auf Bargeld-Tausch fixierte Sexworker nur sehr schwer lernen können, oder geradezu durch ihr tägliches Tun beim Sexdienstleistungs-Geld-Tausch verlernen. Sexworker sind nach meiner Monetaren-Sexwork-Theorie auch deshalb
stigmatisiert, weil sie zu den begnadeten, priviligierten Kaufleuten gehören, die verkaufen können ohne vorfinanzieren (d.h. zuvor arbeiten und sparen) zu müssen, weil sie das natürliche Geschenk der sexuellen Attraktivität (i.V.m. Tabulosigkeit/Promiskuität/Menschenkenntnis/Menschenliebe...) geschenkt/ererbt haben. Sie stehen damit in Opposition und wirtschaftlicher Konkurrenz zu denen im Hamsterrad von Lohnarbeit und Leistungs-Konkurrenz gefangenen Normalerwerbstätigen und Normalunternehmern und werden entsprechend angefeindet und isoliert...
Weil der wirtschaftlich ausbeutbare Sexappeal jedoch zeitlich befristet ist, entsteht die sog.
Falle Prostitution, für diejenigen, die dieses Naturphänomen nicht mit den Gesetzmäßigkeiten der postkapitalistischen Eigentumsrechte-Verwertungsökonomie langfristig im Verlauf ihrer Sexarbeitskarriere in Einklang bringen können, z.B. weil sie zu wenig Wissen, Selbstkontrolle und daher nur vorläufigen, zeitlich begrenzten Geschäftserfolg haben können (oder einfach kein Glück haben).
Weil selbst die Gesellschaft damit überfordert ist ihrem ungesunden in periodischen Krisenzyklen ausgesetzten Wirtschaftsystem widersprechende sichere Arbeits- und Lebensverhältnisse für Sexworker zu erschaffen bzw. zu tolerieren, reagieren Gesellschaft und Staat resignierend mit Prostitutionsverbot und -eindämmung (dem Gegenteil von Marktliberalismus). Doch Kriminalisierung ist wiederum Ursache für viele Probleme: Prekarisierungen und organisierte Kriminalität. So konnte Prostitution über die Jahrhunderte zum Sündenbock verkommen und zunehmend mißbraucht werden etwa indem damit geschickt Proteste von "versklavten Normalarbeitern" auf Prostituierte umgelenkt werden. (Ende Exkurs.)
Entsprechend der Unterscheidung in guten und schlechten Kredit kann man auch "gutes" und "schlechtes" Geldverdienen unterscheiden:
- Geldverdienen nur zum Leben
(Leben im hier und jetzt, status quo, Suffizienzprinzip, Paradies)
Das ist das Prinzip des Arbeiters, Wanderarbeiters, Künstlers, Tagelöhners (also auch vieler Sexworker).
Im Bereich von Sexarbeit heißt es Überlebenssexualität und es führt oft geradezu in die Armutsprostitution, immer dann wenn man seine Verdienstmöglichkeiten nicht richtig für sein gesamtes Leben/Arbeitsleben abschätzt, abschätzen kann und auf seine Verdienstnotwendigkeit (d.h. Konsumbedarf und Geldbedarf in Zukunft und Alter) nicht richtig abstimmen kann (insbesondere bei Verlußt von Einkommenserzielungsmöglichkeit oder Arbeitsplatz wg. mit Alter absinkender Leistungsfähigkeit oder Attraktivität oder Sonderrisiken wie Krankheit, Unfall, Kündigung, Rezession... ohne über angemessene Absicherungen oder Versicherungen... Wissen... Inklusionsmechanismen zu verfügen).
- Geldverdienen als Basis für Investition und Produktion
(Expansion, Wachstumszwang, Ausbeutung)
Das ist das Prinzip des Unternehmer und Kapitalisten. Im Bereich selbständiger Arbeit ist das ein Arbeiter, der sich ständig fortbildet und spart, um immer produktiver zu werden und später eine Absicherung zu haben (in sich und seine Zukunft investieren).
Im Bereich Sexwork ist das ein Sexworker, der Geld verdient um:
- sein Studium zu finanzieren (Privileg Studenten-Sexworker)
- Geld für sein eigenes Studio zu verdienen (Studio als Produktionsmittel 2. Grades)
- Geld für die Fortbildung als Sexworker (Fachtagungen...)
- Geld für einen eigenen Betrieb mit Mitarbeitern zu verdienen (Tabuschwelle Zuhälterei)
- Geld für eine Geldanlage z.B. Altersversorgung zu verdienen (das ist dann indirekte kapitalistische Ausbeutung anderer Schuldner. Denn es gibt kein "Geld dass für einen arbeiten kann", sondern immer nur andere Menchen die arbeiten bzw. ausgebeutet werden durch Mehrwertbeschneidung.)
- Geld für eine Immobilie zu verdienen (Zimmervermietung, Familienplanung, Altersvorsorge)
- ...
Das Unterscheidungskriterium Konsum-Produktion ist allerdings recht abstrakt und teilweise materialistisch. Letztendlich läßt sich Leben und Wertschöpfung auf eine Zahl, die sog. Rentabilität oder Rendite also einen Zinssatz zusammenfassen. Da schließt sich dann der Kreis von Leben = Kredit und berührt die Spähre des Glaubens.
Aber, ein Mensch, der in seine Zufriedenheit durch Konsum oder Muße (Auszeit) investiert und dadurch gesünder bleibt kann auch ein produktiverer, länger lebendigerer Mensch sein... Ferner ist das Produktivitäts-Konzept nicht unproblematisch. Es wird in der postindustriellen Überflußgesellschaft hinterfragt angesichts von Umweltzerstörung, Klimawandel, Ressourcenknappheit (Peak-Everything) und wird hinterfragt von notwendigen alternativen Konzepten wie
Gemeinwohlökonomie und
BGE wo die Grundsatz- und Sinnfrage gestellt wird: "Was würden sie arbeiten, wenn ihr Einkommen abgesichert wäre?".
Wer von uns wäre dann Sexworker? Dann würde sich herausstellen, welcher Teil der Prostitution aus wirklich freien Stücken, aus Lust, Leidenschaft, Selbstverwirklichung und
Berufung zur Sexarbeit und Sexualassistenz ausgeführt wird. Es würden sich nur sehr selbstbestimmte, humane, qualitätsvolle Arbeitsplätze und Arbeitsformen erhalten. Das "Milieu" würde sich extrem wandeln und die gesamte Arbeitswelt und Gesellschaft und zwischenmenschlichen Beziehungsformen mit ihm.
Das macht vielen Menschen Angst, insbesondere denen die vom jetztigen System profitieren, und sie bekämpfen daher utopisch anmutende Reformenansätze solange bis es nicht mehr anders geht... Währenddessen bleibt uns nicht anderes übrig, als unsere individuellen Freiheiten und Chancen zu suchen und hoffentlich gute Wetten auf die Zukunft abschließen zu könnnen.
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