PROstitutions-Def., Leitbilder Sexwork & StigmaForschung

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
Hanna
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Re: Wortgebrauch und Stigmatisierung gehen zusammen

Beitrag von Hanna »

Marc of Frankfurt hat geschrieben:Was für ein Ersatzschimpfwort können wir Ramsauer vorschlagen?


du...

POLITIKER
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Marc of Frankfurt
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Machismo erzeugt Putophobie

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Stalkingskandal
Schweizer Armeechef machte seine Heilige zur Hure




20. Juli 2008, 22:28 – Von Res Strehle
Analyse
Armeechef mit sexistischen Fantasien?

Wenn Roland Nef seine Ex-Partnerin nach der Trennung mit Telefonanrufen, E-Mails und Nachstellung terrorisiert hat, dann ist das in der Tat «unbesonnen», wie der Armeechef am Freitag vor den Medien einräumte. Wenn er sie darüber hinaus mit gefälschten Antworten auf Sexanzeigen Männern aussetzte, die auf schnellen Sex aus sind, wie die «SonntagsZeitung» schreibt, dann ist das hinterhältig. Es wäre - im wahrsten Sinne des Wortes - sexistisch. Und es enthöbe die Fakten im Fall Nef augenblicklich dem Schutz jener Privatsphäre, der im Falle einer nachvollziehbaren Reaktion eines enttäuschten Liebenden die Medien vor weiteren Recherchen abzuhalten hat.



Entweder Heilige oder Hure

Nefs Verhalten bestätigte fatal jene «Männerfantasien», die der Karlsruher Philosoph Klaus Theweleit einst dem Frauenbild im deutschen Reichswehrkorps des 19. Jahrhunderts unterstellte: Frauen sind in dieser kaputten Männerpsyche entweder Heilige oder Huren, dazwischen gibt es nichts. Aktualisiert auf den Fall Nef hiesse das: Nachdem die Ex-Geliebte nicht mehr bereit war, seine Heilige zu sein, wurde sie in seiner Fantasie zur Hure. Das würde den Bock zum Gärtner machen in einer Institution, die in der Vergangenheit verschiedentlich ihre Pornoskandale hatte an Abschlussabenden von Wiederholungskursen. Es würde ihn disqualifizieren in diesem Amt, selbst wenn Nef in Fällen wie dem Kander-Unglück noch tausendmal brillant reagierte. Im eigenen Fall hätte er verharmlost, die Fakten zurechtgebogen und zur Privatsache einer gescheiterten Partnerschaft gemacht, was das Strafrecht ausdrücklich als gesellschaftliches Anliegen erfasst.

Auch Bundesrat Schmid hätte mit seiner langen Deckung von Nefs Verhalten in neuer Qualität versagt und sich faktisch zum Komplizen gemacht. Indem er die Kollegen im Bundesrat über diese gravierende Vorgeschichte nicht informierte, hat er ihnen die Chance genommen, sich ein eigenständiges Urteil zu bilden. Und sich als Eigenbrötler erwiesen, der im Nach-Blocher-Bundesrat mit seinem angeblich neuen Teamgeist nichts zu suchen hat.



Schmid nicht durch jede Krise tragen

Die Tatsache, dass sich nach Schmids Rücktritt die Frage der SVP-Regierungsbeteiligung neu stellt, dürfte nicht dazu führen, einen unfähigen Bundesrat durch jede Krise zu tragen. Wenn die SVP nichts aus Christoph Blochers Doppelspiel zwischen Regierungsbeteiligung und Oppositionspolitik gelernt hat, gehört sie weiterhin nicht in den Bundesrat, und Schmids Nachfolger müsste in einer anderen Partei gesucht werden. Falls doch, sollte die SVP einen teamfähigen Kandidaten, wenn nicht gar eine Kandidatin, vorschlagen. Falls Mann, am besten einen, der die Männerfantasien aus dem 19. Jahrhundert nicht für Privatsache hält.

http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/sc ... 13522.html





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Marc of Frankfurt
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Schimpfwort "Die prostituiert sich"

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Folgende Schadensersatzklage stellt indirekt den Wert/Unwert des Prostitutions-Schimpfwortes fest:
"Sie prostituiert sich" ist ein fünfstelliger Betrag wert!


Der Spiegel:
Kampf der angeblichen Prostitution

Atomic-Kitten-Sängerin Kerry Katona gewinnt Schadensersatzklage gegen Boulevardzeitung "Sunday Mirror",

Die Zeitung hatte verbreitet, ihre Mutter habe in ihrem Buch der Tochter unterstellt sich zu prostituieren.


Eine Entschuldigung, Schadensersatz und jede Menge Genugtuung: Nachdem eine Boulevardzeitung verbreitet hatte, die eigene Mutter bezichtige sie der Prostitution, verklagte Kerry Katona das Blatt. Jetzt entschied der High Court in London zu Gunsten der diffamierten Sängerin.

London - Katonas Rechtsanwalt David Price hatte vor Gericht angeführt, seine Mandantin sei "schwer verletzt" und "peinlich berührt" durch die Anschuldigungen, die der britische "Sunday Mirror" am 22. Juni verbreitet hatte. Unter der Überschrift "Von der Mutter betrogen - Kerrys Mutter serviert schmutzige Details in brisantem neuem Buch" hatte die Zeitung behauptet, dass Sue Katona in einem Buch der Tochter unterstelle, sich zu prostituieren.

"Die Wahrheit ist, dass Sue Katona der Klägerin niemals unterstellt hat, sie arbeite als Prostituierte, weder in einem Buch noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt. Eine solche Behauptung ist schlicht unwahr", betonte Price dem Gericht. Gerade weil unterstellt wurde, die eigene Mutter habe das Gerücht lanciert, hätten viele Leser daran geglaubt, so der Anwalt.

Katona, die selbst nicht vor Gericht erschienen war, habe den "beträchtlichen" aber bisher nicht genannten Schadensersatz sowie die Entschuldigung der Herausgeber des "Sunday Mirror" angenommen. Die britische BBC spricht von einer "fünfstelligen Summe". Die "Mirror Group Newspapers" wird zudem die Gerichtskosten übernehmen. Am Sonntag hatte der "Mirror" seine Entschuldigung gedruckt und erklärt, die Anschuldigungen seien "vollkommen falsch".

Im Mai gab Katonas Mutter der BBC zufolge vor Gericht zu, Leistungen erschlichen zu haben. Sie soll unter anderem unberechtigt Sozialhilfe beantragt haben. Im Juli soll die 27-jährige Tochter Kerry Katona nach einem mutmaßlichen Raubüberfall im eigenen Haus in eine Klinik gegangen sein, wo sie wegen einer manischen Depression behandelt wurde.

Kerry Katona ist mit dem Taxifahrer Mark Croft verheiratet und hat insgesamt vier Kinder - zwei davon aus einer Beziehung mit dem Ex-Westlife-Sänger Bryan McFadden. Bis zum Jahr 2001 war sie Sängerin in der Girlie-Group "Atomic Kitten". Drei Jahre später machte sie als Gewinnerin des TV-Trash-Formats "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" von sich reden.

ala/Reuters
http://www.spiegel.de/panorama/leute/0, ... 33,00.html





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Marc of Frankfurt
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Vermächtnis einer Sexarbeiterin

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Veronica Monet:

Bild

Selbstbefreiung durch Überwindung des Hurenstigmas

"I am a Whore and a Slut"



[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=m5rWC0vm5cs[/youtube]



Ihr Werdegang:
http://www.youtube.com/watch?v=fYCxG_uDsGs

Ihre SW-Fortbildungen und Hompages:
viewtopic.php?p=36602#36602

Veronica zur Finanzkrise:
viewtopic.php?p=49744#49744

Ihr Kunde über Sexualassistenz:
viewtopic.php?p=51649#51649

Veronica zum Fall Spitzer:
viewtopic.php?p=45715#45715

Veronica's Vortrag Uni Yale:
viewtopic.php?p=51483#51483 (Video)

Konzept Shamlessness:
viewtopic.php?p=76425#76425

Keynote "History of Feminismus" bei Sex2.0, Seattle 2009:
viewtopic.php?p=84592#84592





Homepage www.sexwithoutShame.com

Blog http://veronicamonet.wordpress.com





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JayR
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Aufklärung gegen Stigma

Beitrag von JayR »

Stella, die kanadische Sexworker Organisation, hat eine Broschüre herausgegeben, die 14 Fragen beantwortet.
http://www.chezstella.org/stella/?q=en/14answers

1. WHY USE THE TERM SEX WORK INSTEAD OF PROSTITUTION?

2. WHAT DO SEX WORKERS DO?

3. WHY DO SEX WORKERS DO THIS WORK?

4. IS PROSTITUTION LEGAL IN CANADA?

5. WHAT DO SEX WORKERS AGREE OR REFUSE TO DO?

6. ARE SEX WORKERS UNDER THE CONTROL OF PIMPS?

7. DO SEX WORKERS HAVE A LOVE LIFE?

8. DO SEX WORKERS DISCUSS THEIR WORK WITH THEIR FRIENDS AND FAMILY?

9. HAVE SEX WORKERS BEEN SEXUALLY ABUSED DURING THEIR CHILDHOOD?

10. DO SEX WORKERS USE DRUGS?

11. ARE SEX WORKERS VULNERABLE TO HIV?

12. WHAT IMPACT DOES SEX WORK HAVE ON THE HEALTH OF WORKERS?

13. WHAT DO SEX WORKERS NEED?

14. HOW TO BETTER INTERVENE WITH SEX WORKERS?


Bild

Maria Nengeh Mensah's Präsentation am WAC Mexiko:
http://cybersolidaires.typepad.com/phot ... sahuqa.jpg

Ihr Poster "Training to Reduce Stigma":
http://www.chezstella.org/docs/14answers-affiche.jpg
Dateianhänge
14answers.pdf
(254.9 KiB) 1871-mal heruntergeladen

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Marc of Frankfurt
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Schimpfwort 'Hure' am Fußballgeschäft anal-ysiert

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fortsetzung der beliebten Serie:
"Schimpfwort 'Hure' und Fußball"

Diesmal das Wort gewendet gegen einen Fußballförder-Milliardär:


Hoffenheim wird bewundert und beleidigt


25. August 2008, 02:35 Uhr
Von Jens Bierschwale


Nach zwei Spieltagen steht die Mannschaft von Trainer Rangnick überraschend auf Platz eins - Anfeindungen gegen Klubmäzen Hopp

Mannheim - Lediglich die letzte Aufgabe eines ereignisreichen Arbeitstages misslang. Als Ralf Rangnick am Abend im "Sportstudio" des ZDF an die Torwand trat, scheiterte er sechsmal. Dabei hatte er vorher einen klaren Auftrag mit auf den Weg bekommen. "Mein Sohn hat gesagt, ich soll drei Dinger machen", erzählte Rangnick.

Die persönliche Schmach wird der Trainer der TSG 1899 Hoffenheim vermutlich leicht wegstecken können, weil die wirklich wegweisenden Dinge dieses Tages glückten. Dank des 1:0 (1:0) in Mannheim gegen Borussia Mönchengladbach führt der Klub aus dem kleinen Dörfchen zwischen Heidelberg und Heilbronn weiter die Bundesliga an, und langsam bekommt die Branche einen Eindruck davon, zu welchen Leistungen Ralf Rangnicks Mannschaft schon in ihrer Premierensaison im Stande ist.

Gemeinsam waren Hoffenheim und Mönchengladbach im Sommer aufgestiegen, nun ist der eine Klub Tabellenführer, der andere Ligaschlusslicht. Welten, so scheint es, trennen inzwischen die noch vor Wochen als gleichwertig eingestuften Vereine.

Der seltsame Hoffenheimer Höhenflug führt dazu, dass Rangnick nicht nur als Übungsleiter, sondern auch als Mahner und Bremser gefragt ist. "Wir sind schlau genug und nicht so naiv zu glauben, dass die aktuelle Tabelle die Realität widerspiegelt", sagte er. "Nice to have" sei die Situation, mehr nicht. Dabei sind Art und Weise der errungenen Siege äußerst clever, gegen Borussia Mönchengladbach etwa ließ das Team nach Vedad Ibisevics drittem Saisontreffer (31.) keine große Tormöglichkeit für den Gegner zu. "Die Mannschaft hat verinnerlicht, warum wir schon in der Rückrunde der Zweiten Liga so stark geworden sind", sagte Rangnick. Eine sattelfeste Defensive sei die Basis für Erfolg.

Chef der Abwehr ist der Schwede Per Nilsson, mit 25 Jahren ältester Spieler der Startelf und Kapitän des Aufsteigers. Er ist auf dem Spielfeld quasi der Leiter des "Jugend forsch"-Projekts. Vor einer Woche in Cottbus hatte er beim 3:0 einen Ellenbogenschlag von Mariusz Kukielka abbekommen, am Samstag stand er mit blau-grün-gelb umrandetem rechten Auge vor dem Carl-Benz-Stadion, er sah Furcht einflößend aus. "Wir schauen noch nicht auf die Tabelle", sagte Nilsson, "es sind ja gerade einmal zwei Spieltage geschafft. Aber wir wollen uns immer verbessern."

Derlei Aussagen zeugen von großem Selbstbewusstsein und sind offenbar keine Einzelmeinung im Team, das sich - anders als der Trainer - offen zu den Stärken bekennt. "Wir können noch besser spielen", sagte auch Rechtsverteidiger Andreas Beck, "wir sind alle hungrig und lechzen nach mehr." Beck war im Sommer für rund drei Millionen Euro aus Stuttgart herüber in den Rhein-Neckar-Kreis gewechselt, weil ihn die Einmaligkeit des Hoffenheimer Modells im deutschen Fußball überzeugt hatte.

Die jugendliche Ausrichtung, die Talenten Spielpraxis ermöglicht und auf die Verbesserung eines jeden Einzelnen zielt, könnte noch weitere vielversprechende Nachwuchshoffnungen nach Hoffenheim locken. Den Schweizer Nationalspieler Eren Derdiyok würde die TSG nur allzu gern unter Vertrag nehmen, allerdings sperrt sich der FC Basel noch gegen einen Transfer und soll acht Millionen Euro Ablöse verlangen.

"Er will unbedingt zu uns", sagte Manager Jan Schindelmeiser, der den 20 Jahre alten EM-Teilnehmer am Mittwoch im Länderspiel gegen Zypern (4:1) noch einmal begutachtet hatte. Und offenbar stellt selbst die hohe Ablöseforderung keine Schwierigkeiten für die Hoffenheimer dar. "Wenn es irgendwo auf dem Markt einen Spieler gibt, von dem wir der Meinung sind, dass er zu uns passt, haben wir immer die Möglichkeit, ihn zu holen", sagte Rangnick leicht verklausuliert. Das sind zweifelsohne paradiesische Verhältnisse, die sich so manch anderer Bundesligaklub von Herzen wünschen würde.

Schon in der Vergangenheit hat Hoffenheim dank des steinreichen Mäzens Dietmar Hopp große Transfers stemmen können. Im vorigen Jahr kam der bravourös aufspielende Brasilianer Carlos Eduardo für sieben Millionen Euro aus Porto Alegre. Stürmer Chinedu Obasi, der mit Nigeria gerade in Peking olympisches Silber gewann, hatte sich der Klub immerhin fünf Millionen Euro kosten lassen.

Derlei unbegrenzte Möglichkeiten erzeugen Neid, die Hopp in den Stadien zunehmend zu spüren bekommt. Am Samstag intonierten Mönchengladbacher Fans gleich mehrmals Spottgesänge, die deutlich unterhalb der Gürtellinie lagen: "Dietmar Hopp, du Sohn einer Hure" - was den Mitbegründer des Softwareunternehmens SAP sichtlich traf. "Das ist peinlich", sagte Hopp, der sich die Auswärtsspiele seiner Mannschaft ohnehin schon seit längerem aus Furcht vor Übergriffen nicht mehr anschauen mag. Vielleicht überdenkt er noch mal seinen Entschluss. Schließlich verpasst er derzeit sportlich einiges. Vielleicht auch wieder am Samstag in Leverkusen.

Original:
http://www.welt.de/welt_print/arti23696 ... idigt.html

Weitere:
http://www.tagesspiegel.de/sport/Fussba ... 33,2603004
http://fussball.zdf.de/ZDFsport/inhalt/ ... .html?dr=1
http://www.rp-online.de/public/article/ ... itsch.html
http://www.rp-online.de/public/article/ ... nlich.html





Anal-yse

Schimpfwortgebrauch Hure



Schimpfwortgebrauch ist eine verbale Kampfform, ein Angriff auf die moralische Integrität des Gegners. Quasi eine kultivierte Form der Auseinandersetzung, die auf pysische Gewalt verzichtet und diese dem staatlichen Gewaltmonopol überläßt.

Verbale Angriffe können in der Öffentlichkeit in einer sexualitätsfeindlichen Kultur, die Sexualität eigendlich nur im Privaten duldet, wirkungsvoll gelingen durch öffentliche sexuelle Beleidigung.

Das ist die Methode Abwertung des Gegners durch Sexualisierung wie schon bei den sakralen Sexdarstellungen gegen Muslime in mittelalterlichen Kirchen am Jakobsweg zu Kreuzfahrerzeiten.

Auch die Fußball-Gegnerschaft ist nicht nur eine sportliche, sondern auch eine ökonomische, denn der Milliardär finanziert den Menschenhandel von potenten Fußballspielern (www.transfermarkt.de). In dieser komplexen Konstellation wird der Schimpfwortgebrauch Hure sofort verständlich.

Denn auch die Hure ist die beneidete, weil ökonomisch quasi aus dem nichts Reichtum schöpfende Unternehmerin. Sie wird sexuell begehrt und zusätzlich ökonomisch beneidet. Sie hat damit gleich zwei Problemzonen, um sich als sozial schwer integrierbar zu erweisen (a-sozial im Sinne von inkompatibel zum Stinknormalverdiener-Familienleben).





Eine andere Interpretationsmöglichkeit wäre, seinen wirtschaftlichen Erfolg als Gründer des Weltkonzerns SAP zu brandmarken als ein sich prostituieren gegenüber den Geflogenheiten des Wirtschaftsleben oder Weltmarktes. Er sei Teil, Produkt oder Sohn eines Wirtschaftssystems, welches als große Hure erlebt wird (vgl. Babylon-Mythos).

Man sieht, das Schimpfwort wirkt zwar zunächst sexuell. Dahinter steckt aber grundlegende evt. sogar existentielle Antipathie d.h. ökonomischer Wettbewerb, sei es auch nur der Neid der Mittellosen bis weniger Bemittelten oder älteren Vereine ohne Großsponsor.

Das ist das perfide an der herrschenden Sexualmoral und der dazu passenden Methoden von sexueller Stigmatisierung und Ausgrenzung. Sie sind sehr schwer zu durchschauen geschweige denn zu entlarven. Weil sie getarnt daher kommt, wie K.O.-Tropfen in einem Party-Drink. Und in der Erregung der Auseinandersetzung sollen Männer 4x so bereitwillig sein illegale Methoden anzuwenden. Und wer sind nun die ökonomischen Wettbewerber der Sexarbeiterinen? Es sind die Ehefrauen und somit auch die Ehemänner als Teil der bürgerlichen Gesellschaft (Profs. Lena Edlund und Evelyn Korn (Uni Marburg): "A Theory of Prostitution").





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Kebsweib

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Familienname 'Hure' - schweres Erbe?

Frau Kebschull beim Namesforscher/Onomastiker Jürgen Udolph:



Der Weg [der Wortherkunft] führt über Weißrussland. Die Basis des Wortes, hatte Udolph herausgefunden, findet sich im weißrussischen kepsa. Übersetzt steht das für eine "dicke, schwerfällige, ungeschickte Frau". Das Wort kepsa wiederum ist aus dem Litauischen entlehnt und darin steckt das deutsche Wort für Nebenbuhler[in]. Im ostpreußischen Dialekt wurde dann gar nichts mehr verheimlicht: das Kebsweib ist dort ein "altes Weib" - meist sogar eine Hure.

...

[Der Wissenschaftler] Udolph entscheidet sich für die Wahrheit, keine Grenzen für die Wissenschaft. Und Frau Kebschull? Sie reagiert gefasst: "Da kommt ja eh niemand drauf."

http://www.stern.de/politik/panorama/:N ... 37934.html





Wo die Kebschulls wohnen kann man hier herausfinden:
http://christoph.stoepel.net/geogen/v3/
(Einfach Familienname eingeben)





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Baudelaire

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Der Dichter als Soziologe des Prostitutionstabus

Charles Baudelaire wird 1857 zensiert




Blumen des Bösen

Im Jahr 1857 fand die französische Zensur zwei prominente Opfer. Betroffen waren der Roman „Madame Bovary“ von Gustave Flaubert und der Lyrikband „Les Fleurs du mal“ („Die Blumen des Bösen“) von Charles Baudelaire. Der 36-jährige Baudelaire wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Sechs Gedichte durften in der Neuauflage nicht mehr erscheinen.

Die 6. Strafkammer von Paris kritisierte den „krassen und das Schamgefühl verletzenden Realismus“, welcher „zur Aufreizung der Sinne“ führt und die „öffentliche Moral verhöhnt“.

Dabei kann man Baudelaires Werk durchaus auch als Folge einer religiösen Weltsicht interpretieren. Das Menschenbild des Autors beruht auf dem biblischen Mythos von der Erbsünde.

Baudelaire war davon überzeugt, dass sehr viel Schlechtes im Menschen steckt, sympathisierte freilich mit der Theorie, dass Gott selbst im Schöpfungsakt das Übel mitverschuldet habe. Der von Gott enttäuschte Mensch – hinausgeworfen aus dem Paradies – wendet sich dann eben Satan zu.



Heilige und Hure

Erkennbar wird das existenzielle Unglück am Gegensatz von Geist und Natur, von „spiritualité“ und „animalité“. Dass die Animalität, die Verworfenheit, vor allem der Frau zugeschrieben wird, war im 19. Jahrhundert und darüber hinaus keine Seltenheit.

„Das Weib“ galt als Inbegriff der sexuellen Verführung. Auf der Grundlage dieses neurotischen Frauenbildes entstanden literarische Frauenfiguren, die auf zwei Grundtypen hinauslaufen: Heilige und Hure, keusche Geistigkeit oder animalische Triebhaftigkeit. Dazwischen scheint es nicht mehr viel zu geben.



Ästhetik des Bösen

Baudelaire verwendete zwar traditionelle lyrische Formen wie Sonett und Alexandrinervers, füllte sie aber – ähnlich wie später Georg Trakl – mit neuen, ungewohnten Sprachbildern und Gedanken. So gilt er als Wegbereiter der modernen Lyrik.

Seiner „Ästhetik des Bösen“ entspricht auch Baudelaires Gegnerschaft zum bürgerlichen Optimismus des 19. Jahrhunderts.

Der Fortschritt der Technik und der Ökonomie täuscht uns Menschen nur darüber hinweg, dass wir zutiefst sündhaft sind.

Erlösung scheint zwar möglich, allerdings nicht im irdischen Leben: „O Tod, alter Kapitän (…), flöße uns dein Gift ein, dass es uns stärke! Wir wollen (…) zur Tiefe des Abgrunds tauchen, Hölle oder Himmel, gleichviel!“

http://www.nachrichten.at/kultur/731155





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Whore Revolution Now

Beitrag von Marc of Frankfurt »

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Foto: Marie-Eve Gauvin, Poster: www.apnsw.org
[Welt AIDS Konferenz Mexiko 08]

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Schimpfwort 'Hure'

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fortsetzung meiner beliebten Serie:
"'Hure' und Fußball"


Kicker Bordon vom DFB freigesprochen


Der DFB-Kontrollausschuss hat den Schalker Marcelo Bordon aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Bordon soll den Schiedsrichter nach dem Spiel als "Hure" bezeichnet haben.

Weil der Tatnachweis nicht ausreichend war, hat der DFB-Kontrollausschuss die Verfahren gegen die beiden Schalker Fußball-Profis Mladen Krstajic und Marcelo Bordon eingestellt.

Ihnen war vorgeworfen worden, sich nach dem Revier-Derby bei Borussia Dortmund (3:3) am vergangenen Samstag unsportlich gegenüber dem Schiedsrichtergespann geäußert zu haben.

Die Schalker Spieler hatten den Vorwurf in einer Stellungnahme an den DFB-Kontrollausschuss bestritten. Laut Darstellung des DFB reichten die vorliegenden Beweismittel nicht aus.

http://www.n24.de/news/newsitem_3855917.html
und unverhältnismäßig viele weitere Artikel in der Boulevardpresse.





Leider reichen oft auch die sog. Beweismittel nicht, um ein im Sinne der globalisierten Wett-Mafia "verschobenes" Spiel nachzuweisen. Wollte der Fußballer mit dem Kraftwort 'Hure' womöglich feinsinnig auf diese ökonomisch-rechtlichen Verflechtungen des Fußballgeschäftes hinweisen?

Habe leider keine einzige Stellungnahme in der gesammten Mediendebatte gefunden von Organisationen, die sich professionell um Sexarbeit und professionelle Huren kümmern.

;-(





Die spannende Frage im Fall Bordon

18.09.2008, 12:55
Kommentar von Thiemo Müller


Wenn der DFB-Kontrollausschuss, dieser Tage über eine Anklage gegen die Schalker Marcelo Bordon und Mladen Krstajic wegen deren angeblicher Schiedsrichter-Beleidigung nach dem Derby in Dortmund befindet, steht nicht nur für beide Profis viel auf dem Spiel. Sondern auch der Ruf des DFB-Gremiums als unabhängig funktionierende Instanz.

Sicher, der Kontrollausschuss muss ermitteln, wenn Bild titelt: "Bordon beleidigt Schiri als Hure." Und wenn aus Krstajics Aussage "zum Schluss haben wir neun gegen 14 gespielt" ein "klarer Vorwurf der Parteilichkeit" abgeleitet wird. Dass Krstajic Referee Lutz Wagner bei dessen erwiesenen Fehlentscheidungen damit Absicht unterstellte, ist freilich ebenso konstruiert wie Bordons Attacke.

Als Bordon und Kollegen Richtung Kabine stapften, fiel aus deren Kreis das Wörtchen "puta", das "Hure" bedeutet. Wem der Fluch und ob er überhaupt einem konkreten Adressaten galt, bleibt Interpretation. Weder hat Wagner die Äußerung mitbekommen, noch hätte Bordon (oder ein anderer) davon ausgehen können, dass Wagner Spanisch versteht. Der Tatbestand der Beleidigung lässt sich so nicht erfüllen. Konkretere Angriffe auf Unparteiische gab es schon zuhauf, die nur nicht Gegenstand journalistischer "Anklage" wurden. Und die der Kontrollausschuss mit Rücksicht auf die "Emotionen" der Beteiligten überging. Der Ausgang des "Falls" Bordon/Krstajic beantwortet also auch die Frage, ob im deutschen Fußball die Gewaltenteilung zwischen Medienmacht und Sportgerichtsbarkeit weiter intakt ist.

Quelle:
http://sport.msn.de/news/fussball/bunde ... kel/227350

Aber die Macht der Emotionen und Stigmatisierungen gegen Sexworker beachtet wohl keiner???





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 15.10.2008, 05:14, insgesamt 2-mal geändert.

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Theologie der Hurenunterdrückung und Opferbetreuung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bibelstunde gegen Prostitution:




P. Raniero Cantalamessa: Eine Botschaft der Befreiung auch für die Dirnen

Kommentar zum Evangelium des 26. Sonntags im Jahreskreis (Lesejahr A)


ROM, 26. September 2008 (ZENIT.org).- Mit dem Grenzfall von Frauen, die oft zur Prostitution gezwungen werden, vergleicht Jesus die moralische Wertigkeit von Treue und Abfall im Leben der Gläubigen angeht, erklärt P. Raniero Cantalamessa OFM Cap., Prediger des päpstlichen Hauses, anhand der Evangeliumsstelle zum 26. Sonntag im Lesejahr A (Ez 18,25-28, Phil 2,1-11; Mt 21,28-32). Das Evangelium sei „Evangelium“, das heißt frohe Botschaft, „Botschaft der Befreiung, der Hoffnung, auch für die Dirnen“, erklärt der Franziskaner. „Ja vielleicht vor allem für sie. Jesus hat es gewollt, dass es so ist“.

***
Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr

„Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht. Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn, und er ging doch. Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite.”

Der Sohn des Gleichnisses, der „Ja“ sagt und nicht dementsprechend handelt, repräsentiert jene, die Gott kannten und sein Gesetz befolgten; als es dann aber darum ging, Christus anzunehmen, der „das Ziel des Gesetzes“ war, haben sie sich zurückgezogen. Der Sohn, der „Nein“ sagt und „Ja“ tut steht für jene, die einst außerhalb des Gesetzes und des Willens Gottes lebten, sich dann aber angesichts Christus besannen und das Evangelium angenommen haben. Daraus ergibt sich der Schluss, den Jesus vor den „Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes“ zieht: „Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.“

Kein Wort Christi ist mehr manipuliert worden als dieses. Man kam sogar dazu, um die Dirnen manchmal eine Art von evangelischer Aura zu schaffen, sie zu idealisieren und den so genannten Konformisten entgegenzustellen, die insgesamt heuchlerische Schriftgelehrte und Pharisäer wären. Die Literatur ist voll von „guten“ Dirnen. Man denke nur an Verdis „Traviata“ oder an die gutmütige Sonja in Dostojewskijs „Schuld und Sühne“.

Es handelt sich aber um ein schreckliches Missverständnis. Jesus nimmt als Beispiel einen Grenzfall, so als sagte er: „Sogar die Dirnen – und das will viel heißen – werden eher in das Reich Gottes gelangen.“ Die Prostitution wird in all ihrem Ernst gesehen und als Vergleichsgegenstand genommen, um die Schwere der Sünde dessen festzulegen, der hartnäckig die Wahrheit ablehnt.

[Sollte Jesus tatsächlich "Dirnen" hier im Schimpfwortgebrach im Sinne von unter seinen Zuhörern konsensfähigen Putophobie verwendet haben? Oder sind nicht gerade gegenüber seiner universellen Menschenliebe alle Sünden augenblicklich verziehen und alle Menschen absolut gleich, sobald der Mensch Selbstbewustheit [i.e. Erlösung in Gott/Christus] erlangt. Anm.]

Man wird sich darüber hinaus nicht klar darüber, dass durch die Idealisierung der Kategorie der Dirnen auch jene der Zöllner, das heißt der Wucherer, idealisiert wird, welche im Evangelium die erstere immer begleitet. Wenn Jesus diese beiden Kategorien nebeneinander stellt, so geschieht dies nicht ohne Grund; die einen wie die anderen haben das Geld über alles andere im Leben gestellt.

[Das trifft auf viele Sexarbeiter gar nicht zu. Viele haben keine andere Wahl des Subsistenzerwerbs und sind gleichzeitig reinen Herzens. Anm.]

Es wäre tragisch, wenn jenes Wort des Evangeliums die Christen weniger aufmerksam bei ihrem Kampf gegen das entwürdigende Phänomen der Prostitution machen würde, das in unseren Städten derart alarmierende Ausmaße angenommen hat. Jesus hegte zuviel Achtung für die Frau, als dass er nicht ob dessen litt – er als erster –, was aus ihr wird, wenn sie derart herunterkommt.

[Sie kommt herunter, wenn sie von der Gesellschaft ausgestoßen wird und a-sozial gemacht wird, weil nur die mit Ehevertrag geknechteten Frauen gewollt sind. Anm.]

Nicht die Lebensart der Dirne ist es, die er wertschätzt, sondern ihre Fähigkeit, sich zu ändern, und dass sie ihr Vermögen, zu lieben, in den Dienst des Guten stellt. Wie Maria von Magdala, die umkehrte, Christus bis unter das Kreuz folgte und zum ersten Zeugen der Auferstehung wurde.

[Das Hurenstigma ist jedoch gerade so konstruiert, dass die Umkehr unmöglich gemacht werden soll, um die pseudoreinheit des übrigen Volkskörpers zu bewahren. Durch ein aufwendiges Lebenskräfte verzehrendes Doppelleben muß sich die Sexarbeiterin die Tür zur 'Umkehr' in ein bürgerliches Leben mühsam offen halten. Anm.]

Was Jesus mit jenem Wort einprägen will, sagt er klar am Ende: die Zöllner und die Dirnen haben sich zur Verkündigung des Johannes des Täufers bekehrt; die Hohenpriester und die Ältesten nicht. Das Evangelium drängt uns somit nicht zum Vorantreiben von moralistischen Kampagnen gegen die Dirnen [da haben wir ja nochmal Glück gehabt nicht gekreuzigt zu werden. Anm.], ebenso wenig aber dazu, über das Phänomen zu scherzen, als sei es unwesentlich.

Unter anderem liegt heute die Prostitution in einer neuen Form vor, mit der Geld wie Heu gemacht wird [Wo? Wird hier etwa. Ausbeutung von Sexsklaven mit Prostitution i.S.v. Sexarbeit verwechselt? Anm.], ohne dabei jene schrecklichen Gefahren zu laufen, denen von immer schon die armen Frauen ausgesetzt waren, die zum Leben auf der Straße verurteilt waren. Diese Form besteht darin, seinen Körper zu verkaufen [Körper bleibt beim Anbieter. Nur Dienstleistung wird veräußert. Anm.] und dabei ruhig hinter einem Fotoapparat oder einer Videokamera zu stehen, im Rampenlicht. Das, was die Frau tut, wenn sie sich der Pornographie oder gewissen Exzessen der Werbung hingibt [der Priester hat scharf erkannt, dass der optische Blick und die Medienkultur als solche immanent pornographisch sind. Anm.], entspricht einem Verkauf des eigenen Körpers, um gesehen, ja berührt zu werden. Das ist eine richtig gehende Prostitution [s.o. 1. Posting: nichtsexuelle Prostituion = seine eigenen Ideale verkaufen], und sie ist schlimmer als die traditionelle [sexuelle Prostitution = Sexarbeit], da sie sich öffentlich aufzwingt und die Freiheit und die Gefühle der Leute nicht respektiert.

Nach dieser gebührenden Anklage jedoch würden wir den Geist des Evangeliums verraten, wenn wir nicht auch das Licht der Hoffnung ins Licht rückten, das jenes Wort Christi den Frauen bietet, die sich aufgrund verschiedener Lebensumstände, zumeist als Opfer von skrupellosen Ausbeutern, und oft aus Verzweiflung, auf der Straße vorgefunden haben [Wer die Lebensweise SexarbeiterIn nicht verstehen oder annehmen kann, kann nur Opfer und Täter erkennen. Anm.]. Das Evangelium ist „Evangelium“, das heißt frohe Botschaft, Botschaft der Befreiung, der Hoffnung, auch für die Dirnen. Ja vielleicht vor allem für sie. Jesus hat es gewollt, dass es so ist.

[Scheinheilig, nenne ich so eine Disputation. Anm.]

http://www.zenit.org/article-15990?l=german
[ZENIT-Übersetzung des italienischen vom Autor zur Verfügung gestellten Originals]





Mehr kirchliches:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=18112#18112

Meine Bibelexegese zu Rahab aus Jericho:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=37178#37178

Befreiungstheologie Sexwork:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3698&start=62





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Noch mehr Religiöses:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Weils gerad zum vorigen Posting passt:


Sexualität
29.09.08

Baptisten:

Männer von Prostituierten fernhalten



[Foto] Teilnehmer der Europäischen Baptistischen Föderation in Lissabon.

L i s s a b o n (idea) – Die europäischen Baptisten wollen sich dafür einsetzen, dass Männer keine Prostituierten mehr besuchen.

Man erstelle zur Zeit ein Handbuch für alle Gemeinden in Europa mit Tipps, um die Prostitution einzudämmen, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF), der schwedische Baptistenpastor Sven-Gunnar Liden (Stockholm), auf der EBF-Ratstagung, die vom 24. bis 27. September in Lissabon stattfand. Wenn die Nachfrage nach käuflichem Sex sinke, werde es auch weniger Menschenhandel mehr mit Frauen geben, die zur Prostitution gezwungen werden.

[Das ist genau so wahr und zugleich falsch bzw. sehr schwer empirisch belastbar zu belegen wie die Behauptung: "Wenn es weniger Messer und Schußwaffen gibt, wird es auch weniger Morde geben".
Aber bei der Diskriminierung der Anderen und Fremden, hier der Sexarbeiter und Sexarbeitskunden, dürfen halt holzschnitzartige Vereinfachungen herhalten. Anm.[/b]

Liden begrüßte es, dass die schwedische Gesetzgebung den Besuch bei Prostituierten unter Strafe stellt. Er rief dazu auf, den 18. Oktober zum Gebetstag gegen den Menschenhandel zu erklären.

Original:
http://www.idea.de/index.php?id=917&tx_ ... 85d8a67007




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17. Dezember

Intl. Gedenktag gegen Haßtaten und Gewalt an Sexarbeitern


viewtopic.php?p=7675#7675





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Da wo die Wirtschaft von den Huren lernt:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Promizitat zum "Selling-Sex-Sells":

  • Christina Aguilera:
    “Meine Großmutter hat immer gesagt: ‘Christina, du siehst aus wie eine Hure.’ Da habe ich ihr erklärt, dass das unser Konzept ist.”


Quelle:
http://www.vienna.at/news/tp:vol:leute/ ... 2-02085082





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Huren-Konzept als Mißbrauchsopfer

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Vergewaltigte Frau fühlt sich als Hure
und Gericht sowie Medienberichterstatter lassen dies unkommentiert.



So wird der Schimpfwortgebrauch Hure bekräftigt und als ein Mittel zur Sexworker-Unterdrückung gesellschaftsfähig.
  • "Ich habe Nein gesagt. Er hat trotzdem meine Hose ausgezogen. Ich kam mir vor wie eine Hure. Mir war das unheimlich peinlich"
    sagte die Frau, das Vergewaltigungsopfer
Prozessbericht:
http://www.szon.de/lokales/friedrichsha ... 00478.html





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Dirty Talk: Hure

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Dirty Talk kommt nicht immer an:


Im Internet schreibt jemand über eine Szene in der Serie "Sex and the City":
  • Charlotte geht mit einem Mann aus, der sie unbewusst kurz vor dem Orgasmus als Hure beschimpft.
    Ich wäre vor Lachen fast von der Couch gefallen, als ich ihr entsetztes Gesicht gesehen habe. Charlotte ist wohl so ziemlich die Letzte, zu der man etwas in dieser Richtung sagen kann.
    http://www.myfanbase.de/index.php?mid=286&eid=1392


Warum sagt ein Mann im Bett zu seiner Partnerin "Hure":

- Weil es ihn selbst anmacht. Die Sexphantasie einer willigen, weil bezahlten Dienstleisterin ist nach wie vor eine der intensivsten.

- Weil er seine Partnerin animieren will animalisch zu agieren.

- Weil er ein schlechtes Gewissen hat, wenn nach dem sexuellen Höhepunkt die moralischen Leitbilder wieder die Oberhand über die der Triebe gewinnen.

Also zum Dirty Talk sollte man sein Gegenüber doch sehr gut einschätzen können ... damit es nicht nach hinten losgeht. Sicher auch ein Kompetenzfeld für Sexworker.





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Spruch

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Spruch des Tages
  • Sexarbeit und Prostitution haben so viel gemein mit sog. "Zwangsprostitution",
    wie Banken und Versicherungen mit Bankenpleiten.

    MOF



Attak:
www.casino-schliessen.de





Nachtrag:

Inzwischen mußten wir aber von der Existenz des sog. Schattenbankensystem lernen, wo die Derivate gehandelt werden und Risiken ausgelagert werden konnten im Zuge von durch Bankenlobby errungene weitreichende Finanzmarktliberalisierung...

Als doch völlig vergleichbar zu Rotlichtmilieu und Schwarzmarkt?





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Gefühlsarbeiter prostituieren sich

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Buchbesprechung:

Das Elend der Gefühlsarbeiter

Peter Winterhoff-Spurk zeigt die psychischen Folgen der Globalisierung


VON ROLAND MISCHKE

Der Bau des Turms zu Babel war der erste Globalisierungsversuch. Er ging schief. Die Geschichte lehrt: Will der Mensch zu schnell zu hoch hinauf, lässt er seine Gesellschaft, Beziehungsgruppe und engsten Angehörigen zurück. Der biblische Mythos führt alle Probleme der Menschheit auf deren Größenwahn zurück. Im Ersten Buch Mose heißt es: "Also zerstreute sie der Herr von dort über die ganze Erde, und sie ließen ab, ihre Stadt zu bauen." Die erste Globalisierung scheiterte an einem Muster, das wir zum Beispiel aus Finanzkreisen kennen: Einige wollten reich werden, die Mehrheit blieb arm. Am Ende zahlen alle drauf, vor allem die weniger Begüterten.

Der flämische Maler Pieter Bruegel schuf in den 1560er Jahren rund 200 Babel-Gemälde. Damit reagierte er auf die gewaltigen ökonomischen und sozialen Umbrüche seiner Zeit. Peter Winterhoff-Spurk, Psychologieprofessor in Saarbrücken, nimmt ein Bruegel-Bild als Beleg dafür, dass "sozioökonomischer Wandel auch schief gehen kann, wenn er nicht richtig gestaltet wird". Indem der Autor ausschnittweise das Bild analysiert, macht er heutige gesellschaftliche Vorgänge transparent.

Beschrieben wird, wie ein "neuer Sozialcharakter entsteht". Damit sind Gefühle, Denk- und Verhaltensweisen gemeint. Für unsere Zeit bedeutet das: Nach der Phase des Narzissmus, die in der New Economy zum Ausdruck kam, ist dem Autor zufolge jetzt die der Simulation angebrochen. Es gibt immer mehr Dienstleistungen, in denen "Gefühlsarbeit" gefragt ist. Früher hatten nur Prostituierte Lust vorzutäuschen, heute müssen das auch Verkäufer, Schalterpersonal, Call-Center-Mitarbeiter sowie Lehrer, Professoren, Ärzte und sogar Behörden.



Falsche Freundlichkeit

Das "unechte Lächeln" verbreitet sich rasant, die falsche Freundlichkeit wird durchschaut und doch gewünscht, der allgegenwärtige Kommerz verbiegt Menschen. "Die Hure verkauft im Allgemeinen nur die zeitweise Nutzung intimer Teile ihres Körpers, der Gefühlsarbeiter hingegen verkauft zentrale Teile seines Selbst", meint Winterhoff-Spurk. Die Folgen sind gravierend: Der Mensch verliert sich, wenn er sich der verordneten Gefühlsarbeit hingibt.

An vielen Beispielen und Trends wird das erläutert: Die Medialisierung der Gesellschaft erzeugt Nachahmermassen, der Einzelne und seine Originalität bleiben auf der Strecke. Charakter ist keine Frage des Charakters mehr, sondern der Selbstdarstellung. Wer eine Karriere anstrebt, lässt sich coachen, um geschmeidiger in der Anpassung zu werden. Das macht Arbeitnehmer und auch Manager bis in die höchste Geschäftsetage immer austauschbarer - und treibt die Quote von psychischen Erkrankungen und Scheidungen steil nach oben. "Schleichend", so Winterhoff-Spurk, verändere sich das soziale Klima.

"Wozu das Ganze?", fragt der Autor, und versucht sich an einer Antwort: "Es muss ein anderes Verhältnis zur Arbeit her", die "noch auf lange Sicht eine Kerndimension menschlichen Lebens" bleiben würde. Sie dürfe nicht als Ich-Aktie und Shareholder Value enggeführt werden.

"Unternehmen müssen so gebaut sein, dass die Bedürfnisse aller in ihnen und mit ihnen tätigen Menschen dauerhaft befriedigt werden". Nur so könne Arbeit als sinnvoll erfahren werden. Bruegel hat auf seinem Bild vom Turmbau zu Babel schlafende Arbeiter gemalt und damit das Menschenrecht auf "Müßiggang" ausgedrückt: Der "Feierabend" gehört auch für Gefühlsarbeiter zum Leben - wie die Arbeit.

Peter Winterhoff-Spurk: Unternehmen Babylon. Wie die Globalisierung die Seele gefährdet. Verlag Klett-Cotta 2008,

280 S., 19,90 Euro.
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... eiter.html





Die Babylon-Ausstellung Berlin:
viewtopic.php?p=38200#38200

Arbeitspsychologie Sexwork:
viewtopic.php?t=397

Solange die Massen das Elend der Gefühlsarbeiter noch nicht begriffen haben,
werden weiterhin Sexarbeiter und ihre Kunden als Sündenbock für soziales Fehlverhalten abgestraft.






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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Kann Begierde Sünde sein?


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Der Oxford-Cambridge Philosoph Simon Blackburn verteidigt brillant und unerschrocken die Wollust


Die Welt
Von Wolfgang Sofsky 11. Oktober 2008, 03:33 Uhr


Von Krates, dem freigebigsten Schüler des Diogenes, berichtet die Legende, er habe sich gleich nach der Trauung mit seiner Frau Hipparchia auf den Stufen des Tempels niedergelassen und dort vor den Augen aller Welt das Werk der Aphrodite verrichtet. Derart begeistert war Hipparchia von ihrem Auserwählten, dass sie alle betuchten Freier verschmäht hatte. Mit ihrem mittellosen Gatten zog sie umher, vergnügte sich mit ihm in der Öffentlichkeit und nahm als einzige Frau an den Gastmählern der Philosophen teil. Anders als Diogenes, der sich auf der Agora hin und wieder mit sich selbst beschäftigte und nur gelegentlich die Dienste einer Hetäre bemühte, nutzte das Paar den Stand der Ehe zur Kopulation coram publico. Für die Zeitgenossen, vor allem aber für die christlichen Nachfahren machte dies keinen Unterschied. Sie verurteilten die Liederlichkeiten der Kyniker als tierische Verirrung, die Menschen zu Hunden herabwürdigte.

Zur Fortpflanzung oder Provokation dienten die Sexspiele vermutlich nicht. Auch politische oder philosophische Hintergedanken dürften die genügsamen Kyniker kaum gehegt haben. Es war pures Vergnügen, und die ungestüme Begierde scherte sich weder um den rechten Ort noch um die rechte Zeit. Ob zufällig Publikum zugegen ist, kümmert die Wollust nicht. Sie kennt keine Etikette und keine guten Sitten. Obwohl heutzutage nackte Tatsachen überall zu besichtigen sind, steht die Wollust weiter im moralischen Zwielicht. Zwar reden nur noch blasse Greise, prüde Gouvernanten oder bigotte Fanatiker von Todsünden, aber auch die offizielle Sexualmoral misstraut zutiefst den zwecklosen Gelüsten des Fleisches. Mit Wohlgefallen betrachtet man ein junges Pärchen auf der Parkbank beim Händchenhalten. Ertappt man die beiden jedoch dabei, wie sie sich hinterm Gebüsch stöhnend ihrer Lust hingeben, sind nicht wenige pikiert.

Liebe indes genießt allseits Anerkennung. Sie will ja nur das Glück des anderen. Liebende blicken einander tief in die Augen, sind einander - eine Zeit lang zumindest - die ganze Welt. Das Verstehen scheint grenzenlos, und seine Entfaltung gedeiht unter Kerzenschimmer und gedämpfter Konversation.

Wollust hingegen nimmt, was gerade kommt. Sie ist treulos, wahllos, gewissenlos. Ihre Befriedigung findet sie im Lift oder Taxi. Sie arbeitet mit Tricks, Täuschung und Verführung. Unduldsam ist sie gegen jede Kontrolle oder Kommunikation. Selbstverlust ist ihr Ziel, Lust um ihrer selbst willen. Leidenschaft mag man dem Liebespaar zwar zugestehen, aber Lust ohne Liebe, ohne den blinden Wahn, der den anderen zum Inbegriff der Vollkommenheit verklärt, das scheint vielen auf Dauer allzu animalisch.


Gegen diese Abwertung der Wollust wendet sich Simon Blackburn, Professor für Philosophie in Oxford, mit britischer Kühle, Ironie und analytischem Scharfsinn. Sein ebenso gelehrter wie amüsanter Essay durchstreift die Philosophiegeschichte nach Spuren der Wollust, nicht ohne Seitenblicke auf Literatur, Evolutionspsychologie und Theologie. Punkt für Punkt korrigiert er das populäre Zerrbild der Sünde. Wollust ist nicht nur nützlich, sondern lebensnotwendig. Ohne sie bevölkerte kein Mensch die Erde. Zudem sorgt sie für Kurzweil. Wie ein Sturm durchflutet sie den Leib, bringt ihn in Wallung und vergisst darüber den Rest der Welt. Wollust unterbindet das Denken und befreit die Menschen von den Lasten des Selbst. Liebe ist eine Ausgeburt der Vorstellungskraft. Wer ihr verfällt, bildet sich ein, was er sehen möchte. Gegen derlei Illusionen bietet die Wollust ein exzellentes Heilmittel. Sie hält es mit den handgreiflichen Fakten des Körpers statt mit den Fiktionen der Einbildungskraft.

Dieser Wirklichkeitssinn war den Intellektuellen seit je suspekt. Schon Platon und Hippokrates hielten die Verschwendung des männlichen Samens für einen gefährlichen Verlust an Lebensenergie. Zwar wollten sie das Vergnügen keineswegs ausgetilgt wissen, aber der Sex sollte durch die harmonische Seele und das nicht minder harmonische Gemeinwesen streng kontrolliert werden. Von der Lust bliebe nach diesem Modell kaum etwas übrig. Im Zustand der Leidenschaft, will man spüren, wie man fortgerissen wird. Eine domestizierte Begierde wäre keine. Die Stoiker propagierten daher sogleich die Überwindung aller Gelüste durch konzentriertes Nachdenken, und für die asketischen Kirchenväter war die Wollust die Fessel, welche die Seele an die Kräfte der Finsternis bindet. Bereits die Erregung des Körpers galt als Auflehnung gegen Gott.

Für Blackburn ist Wollust kein individueller, sondern ein sozialer Prozess. "Ich begehre dich und begehre, dass du mich begehrst. Ich hoffe, dass du mein Begehren nach deinem Begehren begehrst, und wenn alles gut geht, wirst du es auch." Blackburn beruft sich auf Thomas Hobbes, den man hierzulande allenfalls als Apologeten des absoluten Staates kennt, kaum jedoch als Anthropologen des Körpers. Die reine, unmittelbare Gegenseitigkeit der Wollust erscheint geradezu als Gegenbild zum berüchtigten Wolfskampf eines jeden gegen jeden anderen.

In der Wollust will der Mensch Gefallen erregen und erfreut werden. Das Vergnügen, das er an der Lust des anderen empfindet, ist weniger ein sinnlicher Genuss als ein Frohlocken des Geistes. Er erkennt seine Potenz, die Feuer der Begierde entfachen zu können. Das erotische Wir hebt die Individualität der Person auf und befreit sie aus dem Kerker existenzieller Isolation. Indem die Körper einander durch Berührung, Umklammerung, Penetration stimulieren, erlangen sie Macht über die Person. Es ist, als näherten sich die Menschen wieder jener ursprünglichen, androgynen Einheit, da beide Geschlechter noch eins waren. Wollust vermittelt eine Vorahnung davon, dass die endlose Suche nach dem verlorenen Partner der Traumzeit doch ein Ende haben könnte.

Ohne eine Prise Mythos und Idealismus scheint die moralische Ehrenrettung der Wollust kaum möglich. Blackburn erhöht die Temperatur der sexuellen Aktivität beträchtlich. Kühlere Kalkulationen der Libertinage sind ihm fremd, ebenso die erotische Sammelwut des Don Juan oder die perfekte Sexualkunst chinesischer Lüstlinge, die während des Kopulierens Briefe zu diktieren pflegten. Wahre Wollust beginnt bei Blackburn erst in dahinschmelzender Hingabe.

Es ist die zeitweilige Aufhebung der Personalität, welche die Lust für Christentum und Humanismus bis heute so anrüchig macht. Ihre Vordenker fordern Würde und Achtung in allen Lebenslagen. Anerkennung gibt es allerdings nur auf Abstand. Den Bürden der Distanz und Reflexion trachtet die Wollust zu entkommen. Dies diffamieren ihre Feinde als Erniedrigung, Verdinglichung, sexistische Instrumentalisierung. Auch Simon Blackburn kennt die Katastrophen, die Strapazen, die Tränen im Bett. Aber der prüde Moralismus verwechselt die Preisgabe der Identität mit Verdinglichung, moniert das respektlose Gebaren in der Ekstase als Missachtung der Autonomie, verachtet das alberne Necken, Kichern und Kitzeln beim Lustspiel als Verlust der Menschenwürde und verteufelt Prostitution und Pornografie als männliches Teufelswerk.

Simon Blackburn ist um entsprechende Einwände nicht verlegen. Bei Vergnügungen der pornografischen Art gibt es überhaupt keinen echten Partner aus Fleisch und Blut, und bei der Prostitution gibt es keinen Partner, der das Begehren des anderen begehrt, sondern nur einen, der sein Geld will. Der Freier zahlt nicht für Wollust, sondern für ein Theaterstück [Anmerkung], und der Onanist verdinglicht nicht eine Frau, sondern lässt durch ein Stück Papier seine Fantasie anregen. Dass Partner sich in den höheren Lustsphären nicht sonderlich respektvoll behandeln, liegt schlichtweg daran, dass sie in der Ekstase einander überhaupt nicht behandeln, weil ihre Körper längst das Regiment übernommen haben. Geraten die Partner nun nicht in diesen anderen Zustand, bleibt die Enttäuschung nicht aus.

In Zeiten der Prohibition, da selbsternannte Moralapostel beiderlei Geschlechts sich aufmachen, der Gesellschaft nach und nach sämtliche Genüsse auszutreiben, ist Simon Blackburns Plädoyer für die Wollust hochwillkommen. Gründlich entfernt es den Schmutz von der schönen Todsünde. Die kleine Schrift gibt ein lehrreiches Exempel für jenen freien und heiteren Geist, der dem hitzigen Moralismus hierzulande völlig abzugehen pflegt.

Simon Blackburn: Wollust.

Die schönste Todsünde. Aus dem Engl. von Matthias Wolf. Wagenbach, Berlin. 144 S., 10,90 Euro

Quelle
www.welt.de/welt_print/article2561372/K ... -sein.html

Von Blackburn's Homepage:
www.phil.cam.ac.uk/~swb24/books/lust.html





Anmerkung:

"Prostitution gibt es keinen Partner, der das Begehren des anderen begehrt, sondern nur einen, der sein Geld will. Der Freier zahlt nicht für Wollust, sondern für ein Theaterstück"

Richtig, wir wollen unser Geld und wir inszenieren. Wir sind schlieslich die Profis.
Aber unsere Gäste wollen eindeutig mehr. Sie wollen gerade unser Begehren, die Geilheit und unsere Wollust spüren.

Es ist allerdings bei professionellen Paysex-Kunden nicht die von uns auf ihre individuelle Person im Sinne auf Alleinstellung ausgerichtete Beziehung gerichtete Lust. Es ist die freie Lust an sich. Die Lust am Sex, an Kontakt, Körperlichkeit, an Promiskuität, die als Lebenselexier und -energie konsumiert wird. Es ist unsere Lustkompetenz, sexuelle Offenheit und hohe Energie, die die Teilhabe und Teilnahme selbst eines Fremden erlaubt.

Es kommt nicht auf den Partner an, so wie bei einer Liebesbeziehung. Und doch kommt es auf ihn an bei der bezahlten Wollust, eben anders, so wie sie anders ist. Für den Kunden muß der Partner sexy, jung, schön, exotisch, gut ausgestattet, erfahren, gesund, kultiviert, unterhaltsam, diskret ... sein. Für den Sexworker muß er unkompliziert, höflich, gepflegt ... sein und das Setting und den Sexworker akzeptieren und wertschätzen.
Und wenn die Gäste uns neben Geld auch Anerkennung mitbringen, turnt uns das ungemein an ...
und es wird eine für beide Seiten um so befriedigendere Begegnung.

Wenn schon für die Wollust eine philosophische Lanze gebrochen wird,
dann bitte nicht aufkosten sondern auch für das Institut der Prostitution,
die uralte kulturelle Tradition der kultivierten Wollust.






Die Künstler Hironimus Bosch und Lukas Maximilian Hüller zur Wollust (Luxuria):
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=28633#28633
Dort auch ein Link zu guten Traktaten von Wolfgang Sofsky zu 6 modernen Untugenden.





Nachtrag 11.4.9:

Der Sex, die Lust/Wollust kommt aus der Sexualität (Fortpflanzungstrieb).

Die Liebe kommt von der Mutterliebe (Aufzucht der noch unfertigen Säuglinge beim Menschen).

Also beides Naturerfindungen.

Beide zu vermählen und miteinander als Ideal zu verketten ist eine kulturelle Erfindung des aufstrebenden, wohlhabender werdenden Bürgertums in der Zeit der Romantik (1790-1850).



Nachtrag 25.9.9:

Der Sex wird regiert vom Testosteron..

Die Liebe vom Oxytocin:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=47574#47574 (sw-only)

Beides existenzielle Phasen des Lebens.

Und wenn Sex und Liebe oder Liebe und Sex die ersten beiden Phasen von Partnerschaft sind, so ist die dritte diejenige von Vertrautheit und Mitgefühl ...


Zwei scheinbar unvereinbare Skalen:
Sex und Arbeit
Freiwilligkeit und Zwang.
Das eröffnet Möglichkeiten für Manipulation ist ist möglicherweise eine Ursache für Stigmatisierung.
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=95790#95790


Fachbuch: Subjektivität = Sexuelle Arbeit
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=66929#66929





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Frauenrollen und Besitzanspruch mit Stoff verhüllt:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Die Sprache der Mode:
  • Stimmen Sie zu, dass der Geschmack von Männern eher simpel ist: Hauptsache knapp und kurz?

    Der französische Modedesigner Roland Mouret:
    Männer mögen es zwar sexy, allerdings nicht bei ihren Freundinnen oder Ehefrauen. Tänzerinnen, eine Hure, eine Bardame, okay, die finden sie scharf, wenn sie fast nichts trägt. Aber wenn Frauen in Gegenwart ihrer Männer hochgeschlossen gehen, dann nicht etwa, weil die Frauen spießig wären, sondern weil ihre Männer es meist so wollen. Da ist so ein Besitzanspruch. Eine Frau soll ihrem Mann, nicht allen Männern gefallen.

    http://www.welt.de/wams_print/article25 ... -Mond.html
Das nenn ich funktionale Mode ;-)


Also das selbe Prinzip wie hinter Schleier und Burka.
Bild





Mode der Sexworker:
viewtopic.php?t=788





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Fundstück der Woche

Beitrag von Marc of Frankfurt »

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Mehr:
viewtopic.php?p=30951#30951
(Ökonomische Theorie der Prostitution, Profs. Edlund und Korn)





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