Ökonomie der Sexarbeit

Hier können SexarbeitInnen ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsbedingungen beschreiben. Was erlebt Ihr alles in Eurem Beruf?
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Marc of Frankfurt
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BWL vs. VWL

#461

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das klingt so einfach und ist auch so richtig: "Ich bin im Haben".


Denn über das Gegenteil machen sich die meisten erst Gedanken, wenn es zu spät ist: Schulden wachsen exponentiell-explosiv mit dem unerbittlichen Gesetz des Zinseszins e^x (Exponentialfunktion so wie Krebswachstum oder Atomexplosion).

Wer das für sich positiv anwenden will bei Guthaben, Sparen und Altersvorsorge, d.h. zum Kapitalaufbau, der muß (1) früh (jung mit 21+) anfangen, (2) willensstark-standfest sein d.h. (3) bei Verdienst-Krise oder Krankheit (SWBO) nicht sein Erspartes angreifen und (4) über einges Wissen verfügen, so wie z.B. Banker-Familien oder die Kirchen-Funktionäre seit Jahrhunderten...

Hier gibt es eine Rechenhilfe (Tabellenkalkulation) für Sexworker:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=117017#117017

Danke dass du uns an diese gute "Haushaltsregel" erinnerst (vgl. die Masche von manchen Betreibern mit den Blockschulden).





Dennoch muß für die Politik und derzeitige Finanzkrise gesagt werden, dass diese Haushaltsregel der sog. "Schwäbischen Hausfrau" NICHT auf die Volkswirtschaft übertragen werden kann:

"Rationalitätenfalle nach Prof. Stützel" [Wikipedia]:

Wenn einer im Kino aufsteht, um mehr zu sehen, dann funktioniert das.
Wenn aber alle aufstehen, um mehr zu sehen, dann funktioniert das nicht mehr! Alle sehe genauso viel oder wenig wie vorher sitzend, müssen aber jetzt alle stehen. ;-(((





Der Grund liegt darin, dass die schwäbische Hausfrau, die einzelne Sexarbeiter_in ein Einzelhaushalt oder Individuum ist (Teilsystem: dann gilt die BWL - Betriebswirtschaftslehre), während die Volkswirtschaft, EU oder intl. Finanzmarkt ein Gesamtsystem ist (dann gilt die VWL - Volkswirtschaftslehre)...
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 06.09.2012, 23:06, insgesamt 1-mal geändert.

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Marktgesetze

#462

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Prostitutionsgegner benutzen falsche neo-klassisch, ökonomische Argumente, um Prostitutionsnachfrage einzudämmen


Prostitutionsegner versuchen die Prostitutionsnachfrage zurückzudrängen, um Prostitution insgesamt zu reduzieren und vorgeblich Sexworker vor Ausbeutung oder unmoralischer Tätigkeit zu schützen. Dass sie damit das "Kind mit dem Bade ausgießen" soll folgende ökonomische Analyse aufzeigen:

Abolitionisten gehen vermutlich implizit von der klassichen ökonomischen Gleichgewichtsmechanik des Gütermarktes aus. Diese Theorie besagt, dass bei sinkender Nachfrage (Demand high, Dh --> Demand low, Dl) sich der Markt-Schnittpunkt entlang der Angebotslinie (Supply, S) nach links unten verschiebt und damit die verkaufte Prostitutions-Menge (Quantity von high, Qh --> low, Ql) und auch die Preise (Ph --> Pl) sinken.


1.: Gütermarkt ("Prostituierte als Ware")
Sinkende Nachfrage --> sinkende Preise und Transaktionsmengen
Bild
Marktgleichgewicht-Verschiebung bei Preisbildung am Gütermarkt
gemäß Gleichgewichtstheorie der klassischen Ökonomie



Dabei folgen die Prostitutionsgegner vmtl. unausgesprochen ihrem eigenen Vorurteil, was sich in der Sexworker diskriminierenden Formulierungen "seinen Körper verkaufen", "Frau zur Ware machen" wiederspiegelt: sie betrachten unsere Dienstleistungskunst und Orte der lustvollen Begegnung rein als Dienstleistungs- d.h. Gütermarkt.

Aber Sexworker sind keine Firmen, die flexibel auf Marktschwankungen reagieren können, in dem sie markt-elastisch Produktion und Mitarbeiterzahl anpassen können (hire & fire). Sexworker sind Arbeiter, die sich und ihre Familien und Angehörigen versorgen müssen (Remittance) und daher wenig elastisch reagieren können. Dieser Unterschied von Familien-Erwerbsarbeit zu Unternehmens-Güterproduktion gilt insbesondere je angespannter die finanzielle, familiäre Lage ist. Zumindest ist das vielfach im prekären oder niedrigpreisigen Bereich der Prostitution der Fall.

Dieses Eherne Lohngesetz des Pauperismus (Verelendungstheorie): "Der Lohn schwankt bei vollkommener Konkurrenz unter den Bedingungen eines schrankenlosen Kapitalismus stets um das Existenzminimum" stammt bereits von Ferdinand Lassalle (1825-1864), einem Mitbegründer der Arbeiterbewegung und späteren SPD.
Mehr dazu auf Seite 2: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=39353#39353
und Seite 20: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=98835#98835

Bei sinkenden Löhnen oder Auftragseingängen (End Demand, Rezession) sind Arbeiter und Sexarbeiter mit fixen Haushaltskosten gezwungen mehr zu arbeiten, um gestiegene Umsatzverlust auszugleichen. Sie müssen mehr und sogar zu niedrigeren Preisen arbeiten (nicht-elastisches Marktverhalten). Das ist das typische Marktversagen was man auf Arbeitsmärkten findet.

Sexwork ist also gleichzeitig ein Dienstleistungsmarkt und ein Arbeitsmarkt. Der Sexmarkt ist darüberhinaus in weiten Bereichen ein frühkapitalistischer Arbeitsmarkt ohne Sozialsysteme und Arbeiter_innenschutz, weil das ProstG seine Wirkung und Ausstrahlwirkung nicht wie beabsichtigt entfalten konnte (fortbestehendes Prostitutionstabu, Stigmatisierung, kriminalisierende Sondergesetze, Hintertreibung des Bundesgesetzes auf lokaler Ebene).


2.: Arbeitsmarkt (Sexdienstleister als Arbeitnehmer_innen ihrer Selbst)
Sinkende Nachfrage --> Mehrarbeit und Preisverfall
Bild
Marktversagen bei prekären Arbeits- und Prostitutionsmärkten
gemäß Ehernem Lohngesetz


Erst wenn man das Prostitutionsgeschehen als komplex verketteten Dienstleistungs- UND Arbeitsmarkt begreift, kann man erkennen, dass die ideologiegeleitete Politik des "end Demand" oder der "Freierkriminalisierung" das Gegenteil bewirkt und Sexworker prekarisiert d.h. in wirtschaftliche Armut und damit verbundenes risikoreiches Verhalten zwingt (unsafe Sex, keine Risikokunden mehr ablehnen können, Phänomene der Schattenwirtschaft wie z.B. Zuhälterei).

Die vermeintliche, gutgemeinte Reduktion von Prostitutionsnachfrage z.B. durch Freier-Stigmatisierung bis hin zur Kriminalisierung bewirkt also das Gegenteil von dem was behauptet wird. Notleidende Sexworker müssen sogar noch mehr und niederpreisiger arbeiten, um ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können...



Quelle:
Emi Koyama
“End demand” policies toward prostitution *increase* supply: an insight from development economics
August 30, 2012
www.EMInism.org/blog/entry/340


Siehe auch diese gute Broschüre von ihr:
"The war on whores: War on Terror & War on Trafficking - A Sex Worker Activist Confronts the Anti-Trafficking Movement.
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=99606#99606


Deutscher Text
Prostitution: der verkannte Wirtschaftsfaktor
Dr. Richard Reichel und Karin Topper 2003
(Diagramm auf Seite 19)
http://gkpn.de/reichel_topper.pdf
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 24.09.2012, 12:31, insgesamt 5-mal geändert.

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Dreiklassengesellschaft der Sexworker

#463

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fortsetzung:


Mit den selben Werkzeugen der Angebots-/Nachfrage-Kurvendiagramme gibt es jetzt ein weiteres mutiges Posting in dem die Sexwork-Aktivistin Emi ein Tabu anpackt und die interne Struktur der Prostituierten d.h. die Unterschiede von uns Sexworkern erklärt.

Ihre Diagramme zeigen 3 Klassen von Sexworkern und anhand der Kurvendiagramme versteht sie es, die unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Befindlichkeiten zu erklären, die oft zu internen Mißverständnissen oder sogar Streit unter Sexworkern führen. Daneben kommt es oft auch zu externen Problemen, wenn unwissende Außenstehende oder Prostitutionsgegner eine Klasse von Sexworkern als alleinige Gruppe mißdeuten und dann falsche verallgemeinerte Aussagen über Sexarbeit verbreiten ...





A.) Unterschicht: Niedrigpreisige Sexarbeit - Nachfragermarkt
Überlebenssexualität, Armutsprostitution

Bild
In diesem prekären Marktsegment, wirkt sich Prostitutionseindämmung und -bekämpfung sofort negativ auf die Lebensverhältnisse der Sexworker aus.
SW-Angebots-Elastitzität nahe bei Null (steile bis senkrechte Angebots-Kurve) d.h. Zwang zur Mehrarbeit bei sinkenden Preisen.





B.) Mittelschicht: Gleichgewichtsmarkt
Gutverdienende (vollerwerbs) Sexarbeiter

Bild





C.) Oberschicht: hochpreisiges Luxussegment
High-Class-Escorts, Kurtisanen, "Gelegenheitsprostituierte", "Hobby-Sexworker"

Bild
Dieses kleine(?) Marktsegment ist rel. unempfindlich gegen Kriminalisiserungen.





Memo: Supply-side elasticity and three distinct market segments for commercial sex

www.EMInism.org/blog/entry/342





.

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Planungshilfe

#464

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein Modul für die kommende Sexworker Akademie / Huren Uni


Kann man hippe BWL-Managementmethoden auch auf Sexwork anwenden?
Der Sexworker als "Unternehmer_in seiner Selbst"!

Das SW Geschäftsmodell // Business Model Sex Work:
Eine einfache Planungshilfe





Hier ein innovativer Ansatz aus "Business Model Generation"
nach Alexander Osterwalder

Jedes Geschäftsmodell bewegt sich in einem äußeren gegebenen, gesetzlichen Rahmen und besteht aus verschiedenen Komponenten und Ressourcen, um für die Kunden Werte und für den Unternehmer Einkommen zu generieren.

Viele wichtigen geschäftlichen Kernfragen werden angesprochen.
Die Anpassung an unser eigenes Business und Branche ist spannend und regt die unternehmerische Kreativität an. Das kann nur gut fürs Geschäft sein.





Homepage mit engl. Erklärvideo:
www.businessmodelgeneration.com

Das dazugehörge moderne Manager-Buch 2010:
www.amazon.de/Business-Model-Generation ... 0470876417

Die zugrundeliegende Dissertation 2004 in Lausanne:
www.stanford.edu/group/mse278/cgi-bin/w ... tology.pdf

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Wirtschaftskompetenz Selbständigkeit

#465

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Gestern lief auf Arte erneut die ...


... Lebensgeschichte der Flick-Affäre

In der hervoragenden Doku kann man erkennen wie patriarchal-mafiöse Kräfte in der Wirtschaft und also auch in der Prostitution vorgehen



Der Senior-Chef Friedrich Flick aus dem Siegerland (1883-1972), ist ein typischer Vertreter des Patriarchen und auch das von Nicole beschriebene private trifft zu. Er hatte eine starke dominante Frau an seiner Seite, die wohl im häuslichen Bereich das Regiment führte... (Aber das gilt m.E. allg. im Patriarchat, sowohl im klassischen Griechenland als auch bei Traditionalisten heute: Christen, Juden und im Islam.)

Heute ist über Flick im Rahmen der CDU-Spendenaffäre, der NS-Zwangsarbeiter-Entschädigungen und der Nürnberger-Prozesse bereits mehrfach geurteilt und gestraft worden, aber meine Verurteilung im Sinne der Patriarchats-und-Mafia-(Herrschafts)-Kritik geht noch weiter. Bis vor der CDU-Spendenaffäre, wo auch die Wirtschaftsminister Friedrichs und Lambsdorf neben vielen anderen abgeurteilt wurden, galt Flick im Nachkriegsdeutschland als vorbildlicher Wirtschaftsführer, der die Bundesrepublick wieder aufgebaut hatte.





Interessant sind die Faktoren seiner Karriere die ich mal aufzulisten versuche.
  • Er bekommt von Hause aus das Denken des selbständigen Kaufmanns eingeimpft vom Vater der Bauer und Holzhändler ist. Er bekommt Taschengeld dafür dass er bei der Buchführung hilft (fast so wie hier (engl. Video)).
  • Er findet einen Jugendfreund, der ihm als 'treuer Heinrich' in allen Karrierestufen folgt.
  • Er bekommt vom Vater und Staat eine hervorragende Ausbildung und studiert BWL u.a. im selben Gebäude wie ich.
  • Er findet eine Stelle in der damals führenden Industrie, in einem Stahlwerk.
  • Er schafft die Karriere bis zum Direktor.
  • Er heiratet in eine Familie aus höherem Stand (Textilfirma, d.h. er schläft sich hoch).
  • Aber jetzt kommt der erste Clou. Er will nicht Angestellter bleiben, sondern unabhängiger Inhaber werden. Dazu muß er mal eben das Stahlwerk kaufen. Das geht selbst mit einem Direktorengehalt kaum, also macht er das genauso wie auch die Mafia z.B. wenn bei Firmen, Bordellen oder Agenturen die alten Eigentümer verdrängt werden sollen z.B. indem eigene Leute eingeschleust werden (feindliche Übernahme).
    Er kauft sich als stiller Teilhaber beim Zulieferer ein, einem Schrotthandel, was nicht ganz so teuer ist. Dann macht er vermutlich rechtswidrige Insichgeschäfte, in dem er von sich selbst vmtl. überteuert Schrott für sein Stahlwerk kauft (Straftatbestand der Untreue?). So kann er neben dem Direktorengehalt hohe Profite privat erwirtschaften.
    Mit dem Geld kauft er heimlich über Strohmänner Anteile am Stahlwerk, welches natürlich so groß und finanzschwer ist, dass es als Aktiengesellschaft aufgestellt ist (franz: société anonyme). Aber daher ist auch der anonyme, heimliche Erwerb möglich, denn auf Aktien genauso wie auf Bargeld-Scheinen steht nicht der Name des Eigentümers oder Käufers, weswegen bekanntlich auch in der Prostitution anonym, bar gezahlt wird. Er kauft also seine Fabrik genauso heimlich wie ein Freier Sex kauft (OTC). Sexbiz und derartiger Firmenkauf stehen somit in einem zentralen Aspekt moralisch auf derselben Ebene.
  • Ist er einmal Besitzer einer Fabrik, begnügt er sich nicht als Industrieller und Fabrikant (Produzent), sondern er kauft weitere Firmen und wird wieder zum Händler und zwar diesmal von ganzen Industrieunternehmen, er wird damit zum Kapitalisten und Banker (Händler von Geld und Eigentumsrechten). Er kauft Firmen auf Kredit und zerlegt sie und verkauft sie weiter um aus ihrem eigenen Wert heraus seine Kredite zu tilgen, so wie es heute Hedge Fonds machen (Heuschrecken). In der Wirtschaft ist er damit in der obersten denkbaren Liga angekommen.
  • Daher wendet er sich der Politik zu und zwar nicht indem er einer Partei beitritt, Parteiarbeit leistet d.h. Anträge schreibt oder selbst kandidiert, sondern indem er "Landschaftspflege" betreibt, d.h. an alle konservativen Parteien inkl. Nazis regelmäßig spendet (schmiert).
  • In der Weltwirtschaftskrise 1923, wo auch er vor der Pleite steht, gelingt es ihm den Wirtschaftsminister der Regierung Brüning zu überreden ein Werk zum 4x überteuerten Preis abzukaufen, weil es sonst angeblich der französische 'Erbfeind' kaufen würde. Er sozialisisert seine Verluste, so wie die Banken in der Weltwirtschaftskrise II. gerettet werden, nachdem die Regierung Merkel überzeug wurde 600 Mrd. Eur an "to big to fail" zu überweisen (heimlicher Staatsstreich).
  • In der NS Zeit wird er zum Rüstungsfabrikanten (Staat als Kunde) und nutzt die billige Arbeitskraft von Zwangsarbeitern aus dem eroberten Ostgebieten (Ukraine), die der Staatsterror ihm besorgt. (Heute liefert der Staat der Wirtschaft zwangsverpflichtete Harz IV-Empfänger oder billige Leiharbeiter.)
  • Er übernimmt im Zuge der Arisierung Unternehmen preiswert von der Konkurrenz, weil Juden (auswandern und) verkaufen müssen (wirtschaftliche Begründung und "Nutzen" von Ausländerfeindlichkeit und Rassenhass).
  • In den Nürnberger-Strafprozessen bekennt er sich 'nicht schuldig', wird verurteilt zu 7 Jahren, kann aber später aus dem Gefängnis in Landshut seine Firmen leiten (wie es Drogenbossen auch nachgesagt wird) und wird bereits nach 3 Jahren entlassen.
  • In der Zeit des Wiederaufbaus läßt er mangels Eigenkapital sein Werk Maxhütte vom Bayerischen Staat für sich vorläufig zurückkaufen. Er betreibt wieder umfangreiche Parteispenden, wohl in dem Wissen, dass letztlich der Staat der beständigste, finanzkräftigste Kunde eines Kapitalisten ist (lender of last resort).
  • Im Zuge von Strukturwandel und Montankrise verkauft er seine Stahlindustrie und kauft High-Tech: Daimler Benz, Feldmühle, Dynamit-Nobel... Später als er Daimler an die Deutsche Bank weiterverkauft muß er keine Steuern zahlen und spart 1 Milliarde aufgrund von Ministergenehmigungen.
  • Später kommt heraus, dass bis in die 70er Jahre die Spitzenpolitiker der Republik mit Millionen "gekauft" wurden über die Geldwaschanlage/Strohmann "Staatsbürgerliche Vereinigung". (Ex-Kanzler Kohl hält die Namen seiner 2 Mio-Spender weiterhin geheim und mußte deshalb unrühmlich abdanken, was vmtl. seine Gattin in die tödliche psycho-somatischen Isolationskrankheit trieb.)
  • In den NS-Zwangsarbeiter-Entschädigungsfond haben die Flick-Erben nur minimal eingezahlt.
  • Er zieht an den Bodensee, Schweizer Seite, wo die Steuern geringer sind und leitet die Firma noch als fast 90jähriger.
  • Der Konzern wird steueroptimiert an die Söhne verschenkt und vererbt; die Familie wollte er zur Dynastie ausbauen, wo aber der Patriarch im zwischenmenschlichen-familiären Bereich schwer gescheitert ist. Sein "Mafia-Gen" hat sich offensichtlich nicht weitervererbt, wohl aber die Macht des schieren Geldes.



Herausragende Wirtschaftspersönlichkeiten gibt es natürlich auch in der Prostitution. Was sind wohl die Erfolgsfaktoren einer berühmten Sexarbeiterin, Bestseller-Autorin und heute Urlaubspension-Besitzerin wie Xaviera Hollander hatte ich damals gefragt?
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=40595#40595

Auch das Porno-Netzwerk www.manwin.com von Fabian Thylmann aus Aachen ist so eine Konzerngeschichte:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=124038#124038

Liste der Geldverdien-Hierarchie-Stufen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=72790#72790

Chart "Lebens-, Berufs- und Sexworker-Karriere"
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=105681#105681
alle Postings im Sammelthema "Berufskarriere/Outplacement/Um-/Aussteig"
www.sexworker.at/exit


Wiederholung der Flick-Sendungen läuft auch auf Arte+7
www.arte.tv/de/Das-System-Flick/3221698 ... 21920.html
www.de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Flick
www.de.wikipedia.org/wiki/Flick-Aff%C3%A4re
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 02.12.2013, 18:07, insgesamt 6-mal geändert.

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RE: Ökonomie der Sexarbeit

#466

Beitrag von annainga »

arbeit von daniela brücker (kennt die einer?) über:

Eine Untersuchung über die Lebenslage älterer Prostituierter


gewidmet ist die arbeit "Für meine Oma"

gedankt wurde sogar den "Exfreunden", neben der familie, den freunden, den schwestern, den freunden ihrer schwestern .....

befragt wurden fünf (5!) sexarbeiterinnen.

das ist dann eine "qualitative studie" in akademikerdeutsch.

ich würde sagen eine aussagelose studie, zumal diese sexarbeiterinnen auch noch durch beratungsstellen vermittelt wurden.

dennoch würde mich interessieren, was unter dem kapitel "Prostitution als Verletzung der Menschenwürde" steht.

( http://books.google.de/books?id=nZmNnoS ... &q&f=false)
(http://books.google.de/books?id=nZmNnoS ... on&f=false)

"Ein realistisches Abbild der Lebenssituation älterer Prostituierter" kann sie damit nicht abbilden wie Herr Naegele schreibt (der begleitende professor)

sie gibt ein subjektives abbild von sexarbeiterinnen, die in beratungsstellen um hilfe gebeten haben bzw. ein abbild von dem subjektiven bild das mitarbeiter von beratungsstellen von bedürftigen sexarbeiterinnen haben.

von der lebenssituation älterer sexarbeiterinnen, die im arbeitsleben stehen, die keine hilfe von beratungsstellen in anspruch nehmen, weiß sie nichts.

lieben gruß, annainga

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Re: Lebenslage älterer Prostituierter

#467

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Habe mir erlaubt einen klickbaren Link zur Titelseite in deinem posting einzufügen

Auch im Buch kann man Suchen und auf gezielte Seiten springen


Daniela Brücker
Eine Untersuchung über die Lebenslage älterer Prostituierter

Kapitel 6.6
Prostitution als Verletzung der Menschenwürde:

http://books.google.de/books?id=nZmNnoS ... de&f=false




Was die evangelische Mitternachtsmission Dortmund (die sich öffentlich auch gegen Prostitution ausspricht) für extreme Erfahrungen mit verarmten isolierten alten Ex-Sexworkern macht kann man hier in ihrem ausführlichen Bericht nachlesen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=28685#28685

Auch in diesem Buch (Margrit Brückner und Christa Oppenheimer: "Lebenssituation Prostitution. Sicherheit, Gesundheit und soziale Hilfen") wurde prostitutionsfeindlich argumentiert...
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=10542#10542
...und die befragten Sexworker einseitig ausgewählt wie Christane Howe herausgefunden hatte
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=41150#41150
Dateianhänge
Auszug Kapitel 6
Auszug Kapitel 6
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 26.09.2012, 13:09, insgesamt 2-mal geändert.

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#468

Beitrag von annainga »

das kapitel "Prostitution als Verletzung der Menschenwürde" kann man nicht lesen, es ist ausgenommen von der leseprobe.

ja, schade, dass einige beratungsstellen ihren einseitigen blick nicht erkennen. es gilt auch hier und auch für die autorin:

"Bei der Befragung von Hilfsorganisationen gehen die Autorinnen von einer deformation professionelle" aus, d.h. Expertinnen sehen den Ausschnitt der Prostitution, mit dem sie beschäftigt sind besonders scharf."

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Re: Kapitel Prostitution und Menschenwürde

#469

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Evt. liegt es daran, dass Google bei jedem user user-spezifisches anzeigt (algorithmisches Filtern erzeugt jedem seine eigene Informationsblase)? Habe mal oben hochgeladen was ich vom Kap. 6 lesen kann.


Weil die Akademiker_innen eine so eigenwillige Perspektive auf unsere Profession haben, müssen wir langfristig fordern, dass in den Hilfsorganisationen für Sexworker eine Quotenregelung eingeführt wird, dass selbständige Sexworker und Ex-Sexworker professionell bei der Beratung mitarbeiten.
(Siehe die vielen unzulänglichen Stellenausschreibungen, die wir hier schon oft diskutiert haben)

Und wir brauchen Sexworker und Ex-Sexworker als Wissenschaftler_innen, die selbst Sexwork-Forschung betreiben so wie Dr. Belle de Jour of Bristol
http://belledejour-uk.blogspot.de/
http://sexonomics-uk.blogspot.com/

(Alles andere ist wie im "Mittelalter", wo nur Männer-Ärzte über Frauen-Medizin und -Gesundheit forschten.)



Sammelthema Sexwork und Menschenwürde
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3754

Forschung über zufriedene Sexworker (happy hooker research)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1384

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RE: Ökonomie der Sexarbeit

#470

Beitrag von annainga »

prima - ich hatte gedacht, dass bestimmte seiten grundsätzlich nicht als leseprobe zur verfügung stehen. danke für das einstellen.

liest sich vernünftig. der auszug dieses kapitels ist stimmig mit meiner meinung.

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Stabiler gerechter Markt?

#471

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Neue Forschungsrichtung: Market Design


Der diesjahre Wirtschaftsnobelpreis geht an Al Roth und Lloyd Shapley für ihre Forschung zum Design von Märkten und ihre Theorie "stabiler Verteilungen".


Bild


Märkte, wozu auch die Prostitution gehört, gelten in der neoliberalen Volkswirtschaftslehre (macro economics) als effizient. Es wird unterstellt, dass sich ein gemitteltes Preisgleichgewicht einstellt und dass Angebot und Nachfrage optimal zusammenfinden und ausgetauscht werden. Doch diese optimale Distribution (Verteilung/Konsum) und Allokation (Zuordnung/Investition) ist letztich ein religiöses Konzept, die "unsichtbare Hand" der Märkte von schottischen Moralphilosoph Adam Smith (1723-90).

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise II. beginnend 2007/8 hat jedoch allen gezeigt, dass diese Hypothese viele Fehler hat und nur unter bestimmten Voraussetzungen in engen Grenzen gilt (vgl. Steve Keen: "Debunking Economics"). Folge ist "Marktversagen", was im Idealfall bedeutet es kommt kein Markt und keine Geschäfte zustande (Vertreibung der Marktteilnehmer) und im Negativfall gibt es eine regelrechte Krise (Crash) z.B. wenn eine Spekulationsblase, bestehend aus vielen unternehmerischen Wetten auf die Zukunft, plazt und Preise und Kurse fallen. Eine Regel ist, es dürfen für funktionierende Märkte keine marktbeherrschenden und damit wettbewerbsverzerrenden Oligopole (Firmenzusammenschlüsse) im Markt sein, die unfaire Trix durchsetzen können (market cornering), sondern es muß polypolistische (kleinteilige) Konkurrenz herrschen.

Das ist im Sexdienstleistungsmarkt meist sichergestellt (Zwang zur Alleinselbständigkeit mit allen ihren negativen Folgen, eingeschränkte Weisungsbefugnis inkl. Abtretungsverbot laut ProstG www.sexworker.at/prostg , fortbestehendes Sonderstrafrecht wie Zuhältereiverdikt und Anti-Menschenhandelparagraphen). Nicht aber so im Markt für Sexworkarbeitsplätze, von dem wir wesentlich abhängen und der unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten und Freiheit determiniert (einschränkt). Bei Bordellzimmern und Terminwohnungen gibt es große (unsichtbare) Konzentrationen und daher überteuerte Mietpreise (vgl. Wucherei-Verbot laut § 138 BGB etwa wenn der hohe Preis nicht einer hohen Leistung entspricht). Leistungen können sein: Ausstattung wie Marmorbäder, großer Kundenzustrom exklusiver hochpreisiger Kundschaft oder besondere fördernde Betreuung wie Promotion/Werbung und Fortbildung (gute Einstiegsberatung)... Ferner verbieten Sperrgebietsverordnungen in ca. 95% der Landesfläche die Sexarbeit und sind daher mitschuld an einer bestehenden oligopolistischen Marktstruktur in der Prostitution www.bit.ly/sexworkatlas ). Wegen Marktversagen gibt es in Staaten mit sozialer Marktwirtschaft sogenannte Anti-Trust oder Kartellgesetze oder wg. dem "ehernem Lohngesetz" und daraus folgenden Arbeitsmarktversagen die Erfindung der Gewerkschaften und betriebliche Mitbestimmung laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), was für Bordelle erst noch geschrieben werden muß. Interessanterweise hat aber bei der geplanten Revision des ProstG bisher noch niemand solche Instrumente des Sexworker-Empowerment angesprochen oder gar zu fordern gewagt?! Wir brauchen also dringend mehr Ökonomieforschung und -wissen! In der Prostitution drückt sich Anti-Trust-Zerschagung als O.K.-Bekämpfung aus etwa in Großrazzien gegen zu stark gewordene Betreiber, wie z.B. die Schließung der Rethel-Bordelle in Düsseldorf oder die Schließung der Flatrate-Bordelle der Pussy-Club-Kette aus Fellbach bei Stuttgart. Unser Razzia-Blog dokumentiert dieses Rasenmäherprinzip: alles schön klein halten, damit sich nur viele kleine Pflanzen entwickeln können, was ganz im Sinne der Kunden im Patriarchat ist;-).





Schon 2009 gab es einen Nobelpreis für die Organisation von gerechter Verteilung und zwar von Allgemeingütern an die inzwischen verstorbene Frau Prof. Elinor Ostrom (Almendeforschung). Die Frage die sich mir damals aufdrängte war, inwieweit wir "öffentlich verfügbare Personen" in den öffentlichen Hurenhäusern Allgemeingut sind und von ihren Erkenntnissen direkt profitieren können, z.b. was die Bereitstellung und Verwaltung von Strichplätzen betrifft, was andernfalls Zuhälter unter sich ausmachen (Urteil Berlin: Die Absprachen zwischen Sexarbeiterinnen und Zuhältern sind nichtig).

„Märkte sind ein wunderbares Werkzeug, um Wohlfahrt zu schaffen“ das wissen wir Sexworker seit Jahrtausenden. Prostitution ist ein Umverteilungsmechanismus zwischen den Geschlechtern, von Älteren zu Jüngeren, von vermögenden, abgesicherten oder solventen Kunden zu aufstrebenden, Existenz und Zukunft absichernwollenden, abenteuerlustigen, erotischen Anbieter_innen.

„Aber Märkte sind nicht per se gut. Die Details des Marktdesigns können wesentlich für ihr Funktionieren oder Scheitern sein.“ Daher diese neue Fachrichtung: „mikroökonomisches Engineering“. Wenn Sexworker und ihre Interessenvertreter als SRB (self-regulatory board der SW wie in Kolkata oder in der Lenkunggruppe in Wien oder dem runden Tisch Prostitution in NRW und zuvor in anderen Großstädten wie Amsterdam, HH, F, Marburg...) mit ins Boot geholt werden, sind das erste Ansätze sowohl für Bürgerbeiligung (Deliberation) statt nur Regierungshandeln durchzusetzen (Governance) als auch von Marktgestaltung (Wirtschaftsdemokratie). Wir Sexworker sind dabei die "Stakeholder" (Anspruchsberchtigte, Betroffene, Interessenvertreter im Gegensatz zu Shareholder Anteils-Eigentümer): "Nothing about us - without us".





Ein Beispiel für Market Desing sind Online-Auktionen von Privatleuten oder Sexwork-Dienstleistungen wie www.gesext.de aus Stuttgart, www.kaufmich.de etc. und Versteigerung von Jungfräulichkeit. Eine Form der Mizuage, zeremoniellen Defloration im Netz-Zeitalter.

Labor-Experimente zeigen: Ein Markt, auf dem anonym Waren angeboten werden, die der Kunde nicht vorher prüfen kann aber im Voraus bezahlen muss, bricht schnell zusammen – zu groß ist das Risiko, vom Verkäufer übers Ohr gehauen zu werden. Ein Problem welches wir als Sexworker auch kennen und deshalb spezielles Kobern anwenden (Die Kunst besteht darin aus den Preiskäufern (Billigheimer) dann Qualitätskäufer und Stammkunden zu machen). Markt-Designer wiesen Ebay und Co. den Ausweg: Mit einem Bewertungssystem, in dem ehrliche Käufer und Verkäufer Reputation aufbauen, lässt sich das Marktversagen überwinden. Prostitutonskunden haben zu Selbsthilfe gegriffen und die sog. Freierforen gegründet. Wir Sexworker haben unser Sexworker Forum inkl. ersten Ansätzen von Ugly-Mugs Schemes (Blacklists, Warnlisten) oder Cover Circles (Sicherheits-Netzwerken).





Das Handwerkszeug der Markt-Designer stammt aus den Teildisziplinen Spieltheorie und experimentelle Wirtschaftsforschung. Die Spieltheorie dient dazu, die strategische Interaktionen von Anbietern und Nachfragern theoretisch zu durchleuchten (vgl. Gefangenendilemma, moral hazard, Rationalitätenfalle, Braess Paradox und Condorcet-Paradox...). Mit Labor-Experimenten, in denen die Wissenschaftler die Märkte simulieren, lässt sich überprüfen, ob die Akteure in der Praxis auch das tun, was die Ökonomen erwarten – wie im Windkanal oder Labor findet danach die Feinabstimmung der Rahmenbedingungen für Angebot und Nachfrage statt. Die frühere Annahme, dass im Markt gegeneinander handelnde Egoisten (homo economicus) zu einem für das Gemeinwohl positiven Ergebnis führen hat sich als unhaltbar erweisen (Behavioristische Ökonomie).

Auktionen sind die mit Abstand wichtigsten ökonomischen Designobjekte (vgl. Mobilfunk UMTS-Versteigerung 2000-2010, Strombörse seit 2002 EEX in Leipzig, Versteigerungen von Staatsanleihen durch die Bundesfinanzagentur und EZB in Frankfurt, Klimazertifikate seit UN-Kyoto-Konferenz 1997... Alles, sogar die Umwelt wird zum Markt gemacht im Zeitalter des globalisiert-entgrenzten Neoliberalismus und da beklagen sich die Prostitutionsgegner scheinheilig über unser uraltes Gewerbe *LOL*). Im Vergleich zu anderen Mechanismen der Preisfindung haben Auktionen von Hause aus entscheidende Vorteile: Sie machen das Marktgeschehen in aller Regel transparent und führen schon daher tendenziell zu besseren Ergebnissen (allerdings haben Profiseller z.B. auf ebay Tools, über die Otto-Normalverkäufer kaum informiert werden). Zudem sind dank der Fortschritte in der Informationstechnologie heute wesentlich komplexere Auktionen als früher möglich – und Käufer und Verkäufer müssen sich nicht an einem geografischen Ort treffen. Beim Algotrading dank Internet- und Computertechnik müssen sie nicht einmal mehr persönlich beteiligt sein (robots). Bei der ersteigerten Sexdienstleistung dann wiederum schon, es sei denn sie greifen auf auch in unserer Branche neulich vorgestellte Sex-Roboter zurück.

All dies hat sowohl in Unternehmen wie auch bei Privatleuten zu einem bemerkenswerten Auktionsboom geführt – und Marktdesignern jede Menge Arbeit beschert. Eine zentrale Aufgaben dabei ist es, den für das jeweilige Produkt und die Marktstruktur optimalen Auktionsmechanismus zu finden und die Versteigerung fair zu gestalten. Sie sollen „strategy proof“ sein, strategiefest (manipulations-sicher). Das ist der Fall, wenn sich Käufer und Verkäufer keine großen Gedanken über ihre Strategie machen müssen und „dumme“ Akteure nicht von versierteren über den Tisch gezogen werden können (front running durch den Betreiber, Insidergeschäfte). Beim Nanotrading der Großbanken (1 Nanosekunde = 10^-9 Sekunden = 0,000 000 001 s) wird z.B. vermutet, dass es viele computergenerierte kurzzeitige Angebote nur gibt, um Preise zu manipulieren und so beständig minimale Gewinne sicher abgreifen zu können (vgl. den LIBOR-Skandal wo seit 16 Jahren der globale Zertifikate-Markt mit einem Marktvolumen von 300 Billionen (=800fach der Haushalt der deutschen Bundesregierung) abgeschöpft wurde. Wenn diese Märkte zu groß und zu schnell sind und nur noch von Robotern organisiert werden, kann es zu Kursabstürzen kommen, die mit ihren chaos-theoretisch unvermeidbaren Crashs die gesammte Wirtschaft gefährden. Eine Kontrollmöglichkeit zur Entschleunigung der Finanzmärkte ist dabei die heiß diskutierte Tobin-Steuer, benannt nach ihrem Erfinder, der erstmals diese Börsen-Umsatzsteuer für den Verkauf von Geld- und Vermögenswerten vorgeschlagen hat. Eigentlich völlig unverständlich, wieso auf den Verkauf von Sexdienstleistung Umsatzsteuer + Einkommensteuer + evt. demnächst Gewerbesteuer fällig wird, aber bei Börsengeschäften dies nie so war. Da sieht man, was es für Auswirkungen hat, wenn man eine starke Lobby hat und das längst nicht alle Menschen gleich sind, sondern manche gleicher.





Auch sozialen Communities und Internet Foren wie unseres hier sind gewisserweise Märkte. Um Märkte ohne Geld hatten sich auch die diesjährigen Nobelpreisträger gekümmert wie z.B. die Verteilung von Studienplatzen oder Organtransplationen (optimiert als Ringtausch so wie Sexworker die Arbeitsapartments tauschen). Das Gesetz im Internet ist die Aufmerksamkeitsökonomie. Und was bei Facebook die Likes und der Edge-Rank sind (mit denen die Ressource "User Content und personenbezogene Konsumentendaten" letztlich auch wieder zu Geld vermarktet werden, damit FB Profit machen kann), ist in unserem Forum die Zahl der Aufrufe und die aktive Beteiligung in Form von interessanten Kommentaren und Postings (über die unser Forum Bedeutung gewinnen kann im öffentlich-politischen Raum und Prostitutionsdiskurs). Je nachdem wie wir unseren Markt gestalten, nutzen und ausbauen, desto attraktiver und bedeutsamer kann er werden, was wiederum gut ist für unsere Arbeit als Interessenvertretung, Lobby, NGO, Hilfeplattform, Erwachsenenbildungs-Tool/virtueller Sexworker Academy oder Gewerkschaftsprototyp/Berufsverband.

verwendete Quellen und Textblöcke: Wikipedia, Google und
www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/ ... 04990.html
www.zeit.de/wirtschaft/2012-10/nobelpre ... eistraeger





Buchempfehlung:
RA Dr. Valentin Landmann, Zürich: "Verbrechen als Markt":
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=8917#8917

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Marc of Frankfurt
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Braucht es jetzt Männerbeauftragte?

#472

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Geschlechterkampf ein Verteilungskampf?

Soll sich der Staat einmischen mittels Gender-Mainstreaming?



Markus Theunert (Zürich, war für 3 Monate der erste Männerbeauftragte Europas): "Bisher wird der Konflikt zwischen den Geschlechtern, auch von der institutionalisierten Frauenbewegung, meist als Verteilungskampf um beschränkte Ressourcen inszeniert.


Marc: Die Welt gedacht als geschlossenes materielles System und Null-Summen-Spiel, bsp. Goldmünzen-Sachwertegeld (linkes Bild) im Gegensatz zu Papierschein-Informationsgeld (rechts Bild) d.h. die Welt als offenes System mit Informations-, Struktur-Entstehung und Werte-Produktion (Mehrwert, vgl. Arbeitswertlehre).
Bild


Markus: Mit der alten Logik des Verteilungskampfes betrachtet, bedeutet die Benachteiligung von Frauen Profit für die Männer.

Das ist aber zu kurz gedacht. Beispiel Lohnungleichheit: Die paar Prozente mehr Lohn sind zwar vordergründig ein Profit für Männer [23% weniger für Frauen in Deutschland, 8%(?) in der Schweiz]. Faktisch sorgen sie aber dafür, dass die Männer die Ernährerrolle übernehmen - und das rächt sich spätestens bei Trennung und Scheidung. Man darf die geschlechtsspezifischen Herausforderungen nicht einfach nur quantifizieren und "gleich viel für beide" zur einzigen Handlungsmaxime erklären.

Ich setze diesem quantitativen Benachteiligungsdiskurs einen qualitativen Chancengleichheitsdiskurs gegenüber. Wenn Geschlechterpolitik eine Politik im Sinne der Chancengleichheit ist, haben beide Geschlechter ihren Beitrag zu leisten. Und zwar verschiedene Beiträge, schließlich kommen Männer und Frauen von soziohistorisch unterschiedlichen Positionen.





Radfem oder institutionalisierter Feminismus

[... Ein] patriarchales Subsystem mit umgekehrten Vorzeichen hat sich entwickelt und darauf spezialisiert, die hart erkämpften Ressourcen nicht teilen zu müssen. Wenn man das zuspitzt - so weit würde ich aber nicht gehen wollen -, könnte man die These einer unheiligen Allianz zwischen Gleichstellungsfrauen und Machtmännern wagen. Die finanziellen Mittel für die Gleichstellung wären dann Teil eines Stillhalteabkommens - Schweigegeld dafür, dass die Gleichstellungsarbeit die Machtmänner in ihrem Selbstverständnis nicht infrage stellt.





Kapitalistisch-partriarchale Matrix erzeugt Wertzuschreibungen, erzeugt Werte und auch Ungleichheit:

- Markus: Gegenmodelle wie "Hausmann" oder "Teilzeitmann" sind nicht attraktiv. Männer werden abgestraft, wenn sie dem traditionellen Ernährerbild nicht entsprechen. Teilzeit arbeitende Frauen erhalten im Schnitt -6% weniger Lohn als Vollzeitbeschäftigte, Männer hingegen -16% weniger (Unterschied fast Faktor 3) [Lohnanalyse des Kantons Zürich].

- Marc: Die Bekämpfung der Prostitution und Unterdrückung der Sexworker macht die Nichtsexworker-Frauen begehrter auf dem Heiratsmarkt für die Ernährerrollen-Männer:

"Sex is a valuable resource, possessed by women. Women use this resource to obtain other resources from men. The same is not true for men- a much lower premium is placed on their sexuality. Basically, men pay for sex, and women do not. Now, as in any economy, the market value of sex decreases if there is too much supply and not enough demand. In other words, if women are slutting it up, the value of the vagina decreases. Women compete with other women for the attention of men, and become resentful of women who “give it up too easily.” Thus slut-shaming." [Vaillancourt, T. & Sharma, A. (2011). Intolerance of sexy peers: Intrasexual competition among women. Aggressive Behavior, 37, 569-577.]

Wertunterschied m/w Sexualität: Faktor 230 bei Internet-Mizuage!

"Just as any monopoly tends to oppose the appearance of low-priced substitutes that could undermine its market control, women will oppose various alternative outlets for male sexual gratification, even if these outlets do not touch the women’s own lives directly. Prostitution, pornography, and other forms of sexual entertainment may offer men sexual stimulation. By satisfying some of the male demand for sex, these entertainment forms could undermine women’s negotiating power, and so women would naturally have an interest in stifling them." [Cott, 1979, as cited in Baumeister, R.F., & Twenge, J.M. (2002). Cultural suppression of female sexuality. Review of General Psychology, 6, 166-203. Beide englischen Zitate via Christina Page http://legalizetoprotect.blogspot.de/20 ... other.html ].

- Christliche Sozialhilfe (z.B. für "gefallene Mädchen") war ein Feld, wo Frauen erstmals Berufstätigkeit erreichen konnten ["Helferindustrie", Dr. Laura Agustín].

- Markus: Branchen, die von Frauen erobert worden sind, sind im Prestige und in der Bezahlung gesunken - zum Beispiel der Lehrerberuf.

- Wenn Männer verstärkt einen Frauenberuf wählen, wird er aufgewertet - zum Beispiel das Kochen.

- Was ist besser: 5 Jahre früher zu sterben (Mann) oder 8% weniger zu verdienen (Frau)? Eine falsche Frage?! Das traditionelle Männlichkeitsbild ist beispielsweise ein beträchtliches Gesundheitsrisiko. Bis zum 65. Lebensjahr sterben Männer 5x so oft an einem Herzinfarkt wie Frauen und 3x so oft an Suizid und Verkehrsunfällen.




Das ganze Interview mit dem Ex-Männerbeauftragten Markus Theunert:
www.brandeins.de/magazin/interessen/ich ... gkeit.html
www.maenner.ch

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3 Marktformen

#473

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Angeregt von den diesjährigen Medienberichten und Adultus Einschätzung zur diesjährigen Venus-Messe Berlin:



Märkte
Es gibt 3 wichtige Marktformen:

Markt - Börse - Messe



1. Markt und Börse sind Produkt-Verkaufs-Märkte, wo Waren in Massen den Besitzer wechseln.
Beim Markt sind die Verkäufer räumlich sortiert in einer Markthalle, sodaß der Käufer einen guten Überblick bekommt (Markt-Transparenz) und fair kaufen kann (Schutz seiner geringeren Marktmacht als Individuum gegenüber gewerblichen Anbietern). Das führt dazu dass viele Käufer für die Verkäufer erscheinen und in kurzer Zeitfrist alle Geschäfte bis zum Ausverkauf (Markträumung) getätigt werden können (effizienter Markt). Dieser Markt wird oftmals von der Allgemeinheit, der Kommune organisiert (Marktamt als Teil im Ordnungsamt der Stadt).

Zeitlich unlimitiert d.h. dauerhaft ist das Marktprinzip realisiert beim Verkauf im Supermarkt, Großhandel, Kaufhaus und Einkaufsstrasse mit ihren täglichen Öffnungszeiten oder sogar rund um die Uhr (Tankstelle oder Supermarkt/Kiosk im Ausland). Hier organisiert ein privater Händler den Produktemarkt.

Im Sexmarkt sind selbstorganisierte Märkte der Straßenstrich, die Koberbar und das Bordell/Laufhaus (juristisch eine Zimmervermietung) oder der FKK-Club, quasi ein privatisierter, überdachter Straßenstrich.


2. Bei der Börse sind die Verkäufer zusätzlich zum Raum auch zeitlich sortiert. Nacheinander z.B. in Chargen werden die Produkte allen Käufern gleichzeitig im Hörsaal-ähnlichen Verkaufsraum präsentiert. Die Preisfindung und Verkäufer-Käuferzuordnung funktioniert über einen Versteigerungsmechanismus mit Preisanzeigeautomat. So funktionieren Urerzeugermarkt (Pferde, Blumen) und Aktien- und Finanz-Zertifikate-Markt. Es sind B2B Märkte für Wiederverkäufer und Händler und der Markt ist oftmals genossenschaftlich organisiert, d.h. im Besitz der Händler. Private Versteigerungen sind z.B. Kunstauktion, Pfandhausauktion.

Im Sexmarkt bei der Prostitution ist dieses Verkaufsmodell verboten wegen Zuhälterei- und Menschenhandelsverbot im Strafgesetzbuch.

Große Ausnahme und Besonderheit ist die Tabledancebar, der Stripclub. Hier werden die Künstler wie im Showprogramm in einer zeitlichen Serie präsentiert und quasi dem Meistbietenden versteigert.

Hinzu kommt die Erfindung der clubeigenen Währung, mit der die Darbietungen und sexuellen Mikro-Dienstleistungen (Berührung/Show) bezahlt werden. Der Clubbesitzer wird durch Ausgabe von Tabledance-Dollars zum privaten Bankier und kann theoretisch alle besonderen Trix der Finanzwelt anwenden:
• to market and spread the brand and logo of his business or himself (idolocracy)
• enhance gambling and turnover (chasing)
• set different exchange rates (inflation/deflation)
• profit from different exchange rates (arbitrage)
• get an additional cut for issuing or exchanging money (seigniorage)
• use the time value of cash flow or money (credit creation)
• count the transactions and control the sex worker business which is important for taxation (slavery to the state) (bookkeeping and research)
• invisible make extra profit from the monetary system (surplus, exploitation, banking)


3. Bei der Messe sollte man meinen, es wird garnicht verkauft, sondern nur Innovationen und Produktspektrum präsentiert (Leistungsschau, Weltausstellung, Aufmerksamkeitsökonomie). Tatsächlich ist der Kern des Messegeschäfts der Eigentums-Verwertungsrechte-Handel (= "passives massives Einkommen"). Die Messe ist also ein Markt für Vertriebsrechte, Lizensproduktionsrechte, Zulieferer-Hersteller-Koopertionen etc. Wenn Bundeskanzler oder Endverbraucher und Presse sich auf diesen Messen zeigen, sind sie lediglich Teil des Begleitprogramms bzw. der Imagepflege für die gesamte Branche bzw. den Messeveranstalter.
Auch sind "Transfermärkte" zwar beim Fußball, nicht aber bei der Prostitution erlaubt.


4. Das Internet ermöglicht nun eine räumlich-zeitliche Entgrenzung und daher Neukombination all dieser Verkaufsmechanismen.

Das Internet wird unsere Wirtschaft und Gesellschaft wesentlich verändern in den kommenden Jahren und keine Berufsgruppe oder Qualifikation wird davon unberührt bleiben.

Im Prostitutionsmarkt gibt es dabei erstmals auch Versteigerungen, weil hier eine gesetzliche Grauzone oder Lücke gefunden wurde, das Zuhälterei-Verdikt zu umgehen, weil i.a. kein körperlicher Zugriff der Handelsplattform oder des Händlers auf den Sexworker stattfindet. Dennoch sprechen die Prostitutionsgegner bereits von den Web-Mastern als den Zuhältern2.0. Die meisten Prostitutionswebseiten sind jedoch ledigliche Werbekataloge vergleichbar virtuellen Messepräsentationen, wo Käufer und Verkäufer unabhängig von der Platform auf eigenem Wege zusammen kommen müssen (Weiterleitung auf Homepage, E-Mail, Telefonkontakt) und die Anbieter nur virtuellen Werbeplatz und Plazierung bezahlen.

Was bisher fehlt ist eine genaue Untersuchung und Kategorisierung der Vielfalt der Sexbiz-Märkte. Wir haben schlieslich bisher kein brancheneigenes Wirtschaftsforschungsinstitut. Dr. Laura Agustín mahnt die Erforschugung des "adult Entertainment", der Erotikservices seit Jahren an (siehe ihren hervoragenden Aufsatz dazu). Meine hier vorgestellte unvollständige Dreigliederung soll helfen den unübersichtlichen Markt und die SW-Diversity zu gliedern und genauer hinzuschauen.





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Marc of Frankfurt
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Ökonomische Theorie vom Ende der Sklaverei

#474

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Wo die Bevölkerungsdichte steigt, sinkt die Rentabilität der Sklaverei, da irgendwann die Bewachungskosten höher werden als der Grenznutzen des Sklaven"

-- US-Wirtschaftshistoriker Douglass North (Nobelpreisträger) und Robert Paul Thomas



Bild
Sklaven-Handel-Dreieck 1600-1800
Sklaven - Naturwaren - Industriewaren
5% des BIP von Großbritannien
12 Mio Sklaven
davon 1,8 Mio Tote allein beim Transport auf Britischen Sklavenschiffen
+6 Mio getötet bei der Sklavenjagd in Afrika

Die jeweils herrschende Eigentumsordnung ist ein öffentliches Gut so wie gesunde Umwelt.
Das beste System kann ohne Kopierschutz in anderen Ländern nachgeahmt werden.
Eine Eigentumsordnung ohne das "Institut der Sklaverei" war wirtschaftlich effektiver und hat sich durchgesetzt
(1861-65 Sezessionskrieg USA).

- sinkender Grenznutzen (Profitrate)
- Sklaverei außerhalb geschlossener Systeme lohnt nicht.
- Sklaven sind kapitalintensiv, d.h. binden Kapital. Ein Sklave kostete in heutigem Geldwert ca. 40.000$.
- Entlohnte Arbeiter anstatt Sklaven erzeugen eine Nachfrage, die die Wirtschaft zusätzlich antreibt.
- Industrialisierung lenkte Migrationsströme in die Nordstaaten.
- Die Automatisierung und Industrialisierung (Kapitalismus) hat somit letztlich die Sklaverei abgeschafft.

Dass die Sklaverei wg. den Menschenrechten, Freiheitswillen oder Christlichen Werten abgeschafft wurde ist Propaganda, die in den heftigen Auseinandersetzungen während des schmerzvollen Strukturwandels eingesetzt wird.

Vgl. die Gesellschaftstransformation im Mittelalter vom Feudalismus zur Marktwirtschaft (Merkantilismus): "Stadtluft macht frei".





The fraudulent concept of "modern day slavery"

Exploitation of labour to explain with "modern times slavery" is missing the fact, that the public good of property right of slavery was abolished 1808 and "new slavery" is exerted by other means.

Root causes is structural poverty due to over population in combination with exponential growth of inequality.

When poverty increases and people migrate into sex work in order to keep or improve their income, that is NOT slavery, even if violence and fraud are extorted on them.
The structural inequality is consequences of new modern times property rights found in the production system, banking system and root cause: monetary system. E.g. the power of corporations and privatized to some banks of them the privilege of fiat money creation...
  • "Wo die Bevölkerungsdichte steigt, sinkt die Rentabilität der Sklaverei, da irgendwann die Bewachungskosten höher werden als der Grenznutzen des Sklaven"
    -- US-Wirtschaftshistoriker Douglass North und Robert Paul Thomas (Fachbuch 1973: The Rise of the Western World: A New Economic History)
    http://wirtschaftsblatt.at/home/meinung ... ommen-wird

    "Where population density increases, the *profitability* of slavery diminishes, since cost for guarding increases up to the point of *marginal utility* of slaves"
    -- Douglas North winning the Nobel Prize in economics
    http://eh.net/node/2721



Why to force women into prostitution, when there are so many to willingly migrate into sex work?

The "modern day slavery approach" is flawed in order to cover the moralistic issues on sexuality, money-market and prostitution and to legitimate misopornistic (anti-sex work, whorephobic) measures.


Warum also Frauen und junge Männer in die Prostitution zwingen, wenn so viele bereit sind freiwillig in die Sexarbeit zu migrieren?

Die Theorie der "Modernen Sklaverei" ist fehlerhaft, um die moralischen Knackpunkte bezüglich Sexualität, Geld/Markt und Prostitution zu überdecken und um prostitutionsfeindliche Maßnahmen zu rechtfertigen.

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Marc of Frankfurt
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Ökonomie von Freiheit und Sklaverei

#475

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Der ökonomische Vorteil einer freien Wirtschaft (und freier Sexarbeit) heißt:

Freedom-Dividend // Freiheits-Dividende



- Prof. Kevin Bales, free the slaves, London (und meine Ergänzung).





Diese Freiheits-Dividende hat zur Abschaffung der Sklaverei geführt! In allen Länder der Welt ist heute Sklaverei verboten. Wenn Menschen also sklavenähnlich überleben müssen, wäre das -wenn die These von der "Modernen Sklaverei" stimmte- ein Indiz für nicht richtig angewendete Gesetze, ein Indiz für Korruption und Staatsversagen (Landkarte).

Die Fülle der Prostitutions-Überwachung, Razzien und Zuhälterei-/Anti-Menschenhandelsprozesse spricht gegen die These von Staatsversagen oder unfähigen Polizei-Behörden hierzulande. Den weltweiten Anteil von sexueller Ausbeutung in der Prostitution an allen Formen von Arbeitsausbeutung schätzt Prof. Bales auf nur 10-15% (Video) (genaue Zahlen kenne keiner), obwohl jeder bei Ausbeutung meist zuerst an Prostitution denke, wie er offen zugibt.





Wesentlich ist, dass sich die Welt und Wirtschaft über die Jahrhunderte grundsätzlich verändert hat. Galt früher das Selbstversorgungsprinzip (Jagd, Landwirtschaft... mit nur wenig Markt-Tausch), so hat sich heute aufgrund von Bevölkerungsexplosion und Landknappheit das Prinzip des Leistungstausch überall durchgesetzt (arbeitsteilige Wertschöpfung und Güterproduktion, Urbanisierung, globalisierte Märkte, Kapitalismus).

Bild

"Heute braucht man einen Menschen nicht zu kidnapen um ihn zum Sklaven zu machen, man braucht jemanden nur einen Job anzubieten", sagt Prof. Bales (einen Job mit ausbeuterischen sklaverei-ähnlichen Arbeitsbedingungen; ein Problem des Arbeitsrechts?). Die globale Lage von Angebot und Nachfrage nach existenzsichernder Tätigkeit hat diese prekäre Situation zwangsläufig herbeigeführt (vgl. Malthusianische Katastrophe und davon abgeleitet das Ehernes Lohngesetz von Lassalle).

So verzweifelt sind die Menschen heute. Jeder ist gezwungen sich oder seine Arbeitskraft zu verkaufen, weil die meisten heute in Städten leben und kein Selbstversorgungsland besitzen. Der Unterschied zwischen "sich verkaufen" = "seine Arbeitskraft verkaufen" und "seine Dienstleistungs-Produkte verkaufen" hat Karl Marx genau herausgearbeitet (siehe Posting #1 auf der 1. Seite):

:001 Wer ein Dienstleistungs-Produkt verkauft, verkauft zum Preis des Tauschwertes auf dem Dienstleistungs- oder Gütermarkt. Der Tauschwert richtet sich z.B. nach dem Gebrauchswert der Dienstleistung für den Endkunden und dem Kräfteverhältnis von Angebot und Nachfrage (z.B. Dominanz von Kunden beim sog. Nachfragermarkt).

:001 Wer seine Arbeitskraft verkauft, verkauft zu einem im Prinzip geringeren Preis, dem Tauschwert von Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt. Er verkauft das (bei fehlenden Qualifikationsnachweisen niedrigpreisige) "Vorprodukt", seine "Arbeitsfähigkeit" (vgl. Lohnstückkosten < Stückkosten).

Aus diesem Vorprodukt Arbeit werden dann in den Betrieben des Unternehmers höherpreisige End-Produkte und Dienstleistungen hergestellt (Mehrwertproduktion, Wertschöpfung), die wiederum zum höheren Tausch- oder gar Gebrauchswert auf dem Diensstleistungs- und Gütermarkt verkauft werden, wo sie mit den Produkten der alleinselbständigen Solounternehmer_innen konkurrieren.

Die Differenz von Tauschwert der erstellten Leistungen und Wert der Arbeitskraft heißt Mehrwert. Sie fällt dem Unternehmer zu und enthält seinen Unternehmerlohn neben den Kosten für den Arbeitsplatz, Kapitaldienst (Kreditkosten, Finanzierung, Kapitalbindung), unternehmerische Risikoprämie etc. Daher der Unternehmer als Mehrwertbeschneider oder Ausbeuter im Sprachgebrauch marxistischer Wirtschaftstheorie. Von Nichtmarxisten wird diese schonungslose Anal-yse der ungleichen Besitz- und Ausbeutungsverhältnisse fast wie selbstverständlich akzeptiert nur für den Bereich der Prostitution: Zuhälter oder Pimp werden im bürgerlichen Strafgesetzbuch als Ausbeuter klassifiziert, gegen die der Staat vorgehen muß. Eine strafgesetzliche Regulierung von Arbeitsteiligkeit gibt es nur im Bereich Prostitution.

Bild





Der Körper des freien Sexworkers ist so etwas wie das eigene Farmland zur Selbstversorgungswirtschaft, was einem niemals genommen werden kann (aber mit den Jahren zeitlich im Wert sinkt). (Landnahme und Verteibung waren das Kernelement der Entstehung von Adel (Enclosure Movement), der Besiedlung der USA oder von Eroberungskriegen/Imperialismus... Methoden der Finanzierung auf Kosten anderer.) Der Besitz des Körpers als unveräußerlicher/unverlierbarer (sexueller Re-)Produktionsanlagen bedeutet einen ökonomischen Wettbewerbsvorteil und Freiheitsversprechen für sexuell begehrte und sich verfügbare machende (willige/tabulose) Sexworker. Diese biologisch-wirtschaftliche Tatsache erzeugt Unterschiedlichkeit (aufgrund der sexuellen Selektion), Neid und soziale Spannung im Gemeinwesen. Das ist ein wesentlicher ökonomisch-sozialer Grund für die herrschende Misopornie (die Prostitutionsfeindlichkeit und Whorephobia).

Letztlich mündet dieser Konflikt in der Systemfrage zwischen kurzfristigen Lustbeziehungen bei Promiskuität und Prostitution und langfristigen vermögensbildenden Beziehungen wie bei eingetragener Partnerschaft und Ehe (Zeit d.h. Nachhaltigkeit als Unterscheidungskriterium der konkurrierenden Lebens- und Gesellschaftsentwürfe). Letztlich sind beide komplementären sozialen Institutionen Ehe und Prostitution patriarchal d.h. sexistisch-kapitalistisch überformt. Bei der Ehe ist die männliche Dominanz mannigfaltig in Recht und Brauchtum festgeschrieben und bei der Prostitution vielfach schlicht realexistierende Praxis (Immoblien und Bordellbesitzer meistens(?) männlich...). Grund ist nicht dass Prostitution per se das entartet ausbeuterische Patriarchat darstellt, sondern weil Frauen oder junge Leute bereits grundsätzlich im Patriarchat, dem Machtsystem der Patriarchen und der herrschenden Eigentumsrechteordnung benachteiligt sind. So entsteht oder verfestigt sich letztlich erst die sog. "Prostitutionsfalle" (vgl. Marktwert von Jungfäulichkeit und Gebährfähigkeit patrilinearer männlicher Nachfolger vs. Schlampenstigma, Prostitutionsstigma, Exklusion, Hexenverbrennung).

Dass die Nachhaltigkeit oder der Zeitfaktor das Unterscheidungskriterium für die unterschiedliche Wertigkeit von Prostitution und Ehe ist, liegt wiederum an der generellen Ressourcenknappheit bzw. vorherrschenden -ungleichverteilung (Dr. James DeMeo: Die Saharasia-These). Knappheit war schon als die Ursache von Sklaverei und Ausbeutung erkannt worden.





Geld-Theorie in Lebenslaufbetrachtung - Warum Sexworker anders wirtschaften und mit Geld umgehen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=102351#102351

Psychologie der Zeit bezogen auf Geld und Sexworker:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=122715#122715
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 10.12.2012, 16:53, insgesamt 1-mal geändert.

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Interessenkonflikt

#476

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Soziale Arbeit ist oft auch ein Geschäftsmodell

Keiner weiss das besser als Sexworker
Aber erfolgreicher (nachhaltiger) sind die Kirchen



Denn auch ihre Sozialhilfe-Konzerne röm.katholische Caritas und evangelische Diakonie wissen das. Die haben übrigens ein Fast-Monopol bei Sozialberatungsstellen für Prostituierte, die gemäß dem kanonischen Leitsatz entscheiden: "für die Prostituierten, aber gegen die Prostitution" und damit seelenzerstörende Double-Binds in die Welt setzen.



Für deutschlands größte Arbeitgeber und Tendenzbetriebe gilt:

- Ein Drittel der Bundestagsabgeordneten hat ein Amt bei den Wohlfahrtskonzernen.

- Marktwirtschaftlicher Wettbewerb und Politische Demokratie sind weitgehend ausgeschaltet.

- Weniger als 6% des Etats kommen aus Kirchensteuern, der Großteil sind Steuergelder, aber die Hilfsvereine werden nach vordemokratischem Kirchenrecht streng hierarchisch geführt.

- Für Geschiedene, Homosexuelle und (Ex-)Prostituierte gibt es da also i.A. keine Stellen oder Jobmöglichkeiten (Bericht Ausstiegsprojekt proFrida mit Projektpartner Diakonie).

- Erst seit einem Gerichtsurteil in diesem Jahr dürfen die Mitarbeiter auch streiken.


Ausführlicher Bericht:
www.handelsblatt.com/politik/deutschlan ... 8-all.html



___
Übersicht Kirchenfinanzen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=85494#85494

Übersicht Kirchengeschichte
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=6323

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Sex sells oder doch nicht?

#477

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Sexonomics:

Büchermarkt Prostitution



"Dr. Belle de Jour of Bristol" klärt auf zum Thema "Sex sells & sex work even more" [MoF]:

Auch wenn Bücher von Sexworkern und Strippern zweifellos ein Hingucker sind und manchmal auch sehr erfolgreich sind, so ist doch das größte Marktsegment der "Poverty Porn" d.h. die wirtschaftliche Ausbeutung von Emotionen des Mitleids z.B. für Opfergeschichten von sog. Zwangsprostituierten und Menschenhandelsopfern.


shedloads - Riesenmenge
nuff - (mehr als) genug
Bild

http://sexonomics-uk.blogspot.co.uk/201 ... books.html




__
Infos für Autor_innen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=23101#23101

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Ökonomische junk science von Professor Dreher

#478

Beitrag von friederike »

Hier ein Link zu einer Kolumne im Wirtschaftsteil der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS), "Der Sonntagsökonom" von Johannes Pennenkamp.

http://faz-community.faz.net/blogs/fazi ... -egal.aspx


Berichtet wird über ökonomische Untersuchungen von sehr zweifelhaftem Wert zur Legalisierung der Prostitution aus dem DIW und der Uni Heidelberg.

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RE: Ökonomie der Sexarbeit

#479

Beitrag von annainga »

"Die Ökonominnen erklären die hohe Bezahlung in ihrem komplexen Modell als Entschädigung für geringere Heiratschancen der Prostituierten."

neulich kam auf wdr 5 eine sendung, in der für wirtschaftswissenschaften der rang einer wissenschaft diskutiert wurde, da sie nicht in der lage ist, funktionierende formeln aufzustellen.

http://gffstream-2.vo.llnwd.net/c1/m/13 ... 4_2100.mp3

das passt zu diesem artikel, denn die grundannahme "hohe bezahlung" sehen viele experten zum thema sexarbeit als falsch an. oder dass sexarbeiterinnen überwiegend jung sind. ich kenne keine altersstudie.

interessant, dass als anzahl von sexarbeitern in deutschland die zahl 150.000 genannt wird, mal was anderes .....

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Marc of Frankfurt
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Prostitutionsstudien

#480

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier nochmal der Querverweis-Link "Debunking der Studie von Axel Dreher, Cho, Neumeyer Universitäten Göttingen und LSE":
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=8562&start=7





Formen der nichtsexuellen Prostitution:

Mathias Binswanger schreibt: "von Frey (2003) beschriebene akademische Prostitution, bei der Autoren alles tun, um für ihre möglichen Gutachter sexy zu erscheinen"Als Beispielsfall führt er an die Arbeit der Autoren Arunachalam und Shah (2008, verlinkt weiter oben) bezüglich Lund und Korn (2002, verlinkt auf erster Seite).

Quelle: Mathias Binswanger, KOF ETH Zürich, 19. Jan. 2012
www.oekonomenStimme.org/artikel/2012/01 ... s-mahnmal/

"Akademische Prostitution" nicht zu verwechseln mit Prostitution von Student_innen.





@annainga, tolle Radiosendung zum Thema Methodenreflexion, Methodologie (auch wichtig bei Sexworker-Forschung) etc., aber über Sexwork habe ich nichts gehört?

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